Allgemeine Zeitung. Nr. 27. Augsburg, 27. Januar 1840.Protestantismus, so könnten sie ihre Achtung für denselben auf viel bessere Weise kundgeben. Untersucht die Aufführung eurer protestantischen Geistlichkeit, erforscht die Ursachen, warum in so manchen Fällen die öffentliche Achtung, die ein Geistlicher genießt, mit seiner Beförderung auf fette Pfründen in gerade umgekehrtem Verhältniß steht - damit werdet ihr der protestantischen Religion besser dienen, als mit dieser affectirten Mückenseigerei über den Katechismus des Prinzen Albert." Der Examiner spottet, nach dem Wunsche der Tories und dem Grundsatz, daß des Guten nie zu viel seyn könne, hätte die angefochtene Stelle in der Thronrede eigentlich so lauten müssen: "Mylords und meine Herren! Seit Sie das letztemal versammelt waren, hab' ich meinen protestantischen Entschluß erklärt, mein protestantisches Ich in protestantischer Ehe zu verbinden mit dem protestantischen Prinzen Albert vom protestantischen Sachsen-Coburg und nicht minder protestantischen Sachsen-Gotha. Ich flehe in Demuth, daß der Gott der Protestanten diesen protestantischen Bund segnen und ersprießlich machen wolle für die protestantischen Interessen meines protestantischen Volks sowohl als für mein protestantisches häusliches Glück. Es wird für mich eine protestantische Quelle des lebhaftesten protestantischen Vergnügens seyn, den protestantischen Entschluß, den ich protestantischerweise gefaßt, ebenso protestantisch von dem protestantischen Theil meines Parlaments gutgeheißen zu finden." Der Spectator hängt seinen radicalen Tadel an die Stelle der Thronrede, die für den künftigen königlichen Gemahl ein seinem Rang und der Würde der Krone angemessenes Einkommen begehrt, und schließt mit den Worten: "Was wir in Abrede stellen, ist die Nothwendigkeit und die politische Klugheit einer solchen Geldbewilligung in einer Zeit, wo das Volk unter Noth und Mangel leidet, und durch die Fruchtlosigkeit der Parlamentsreform und die grausame Härte der Armengesetzbill erbittert ist; zu einer Zeit, wo der bewaffnete Chartismus, an einer Stelle besiegt, an zwei andern wieder das Haupt erhebt, die Massen mehr und mehr Trotz und Haß gegen die "bestehende Ordnung der Dinge" zeigen und von demselben Geist erfüllt scheinen, der einst die Anhänger Wat Tylers fragen ließ: "Als Adam hackt' und Eva spann, *)Wo war damals der Edelmann?" (Eine Antwort auf diese Frage ertheilte bekanntlich der deutsche Kaiser Maximilian: "Ich bin ein Mann wie ein anderer Mann, Nur daß mir Gott der Ehren gann.") Schweiz. Zürich, 21 Jan. Gerade diejenigen Ausländer, welche am liebsten in Zürich gesehen werden und am liebsten in Zürich blieben, werden durch die glänzenden Aussichten, welche ihnen das Ausland eröffnet, von uns weggelockt. So folgte Schönlein - anfangs widerstrebend - doch dem erweiterten Wirkungskreise, welchen ihm Berlin darbot. So wird nun auch Negrelli durch überaus günstige Anerbietungen, welche ihm von Wien aus gemacht werden, dorthin gezogen. Negrelli war in Zürich Oberingenieur der Züricherischen Kaufmannschaft. Er leitete die großen Neubauten, welche in den letzten Jahren die hiesige Kaufmannschaft ausführen ließ. Glücklicherweise sind diese Bauten nunmehr ihrem Ende nahe. Dagegen ist der Verlust dieses ausgezeichneten und gewandten Ingenieurs für unsern Staat und die Regierung um so mehr zu bedauern, als er erst in der neuesten Zeit und im Zusammenhang mit den politischen Veränderungen bei dieser den seinen Kenntnissen gebührenden Einfluß erhalten hat. Wenn nämlich schon die radicale Partei sich jene Neubauten in Zürich vorzüglich auf ihre Rechnung schreiben und diesen Ruhm in die Welt hinaus posaunen läßt, so hatte doch die nichts weniger als radical gesinnte Kaufmannschaft Mühe genug, sich aus allen von oben her bereiteten Hemmnissen heraus zu arbeiten und ihre Plane größtentheils aus eigenem Geld auszuführen. Eben diese Verbindung, in welcher Hr. Negrelli mit der Kaufmannschaft gestanden, hatte auf seine Stellung gegenüber der abgetretenen Regierung etwas ungünstig gewirkt. Und nun diese Schwierigkeiten gänzlich gehoben sind, und er sich auch in dieser Hinsicht in angenehmern Verhältnissen fühlt, wird er an die Kaiser Ferdinand-Nordbahn als Generalinspector berufen. - Die Nachrichten aus dem Kanton Tessin lauteten in der neuesten Zeit etwas günstiger. Da alle Kreise gewählt hatten, und von keiner Seite her Einsprachen gegen die Revolution bei dem Vorort erhoben worden waren, so eröffnete dieser wieder seine Verbindung mit der Tessiner Regierung, und gab davon auch denjenigen Gesandtschaften Kenntniß, welche bisher keine Tessiner Pässe visirt hatten. Die Schweiz hat kein großes Interesse, welche Partei gerade im Tessin herrsche, aber ein sehr großes, daß der dortige Zustand sich beruhige und wieder bessere Gewähr für die Dauer liefere, als es den Anschein hatte. Die einflußreichen Mitglieder der dortigen Regierung scheinen auch einen mäßigern Weg einschlagen und auf Versöhnung hinarbeiten zu wollen. Es ist dieß dringend nöthig, wenn sie nicht in ganz kurzer Zeit eine Reaction gewärtigen sollen. Denn die Tessiner Revolution beruhte auf keinen tieferen Interessen; die Masse des Volks, großentheils von dem ungeheuren Unglück der Ueberschwemmungen - Hr. Negrelli gibt den Schaden im Kanton Tessin auf etwa 1,200,000 Franken an - niedergedrückt, war ziemlich theilnahmlos und gleichgültig. Geistlichkeit, Landvolk und die lombardische Regierung sind nicht für sie eingenommen. Alles wird darauf ankommen, wie die neue Regierung sich diesen Elementen und Mächten gegenüber stellen werde. Der erste Schritt aber wird die Einstellung aller Verfolgungen seyn müssen gegen die abgetretenen Regierungsglieder. Darauf hat besonders auch Zürich gedrungen. Es ist dieß um so nöthiger, als man weiß, daß die ganze Verfolgung fast nur deßhalb angehoben wurde, um die 150,000 Lire, welche die Revolution gekostet hat, durch eine Abfindung mit den Bedrohten decken zu können. Daß in Tessinischen Zeitungen versichert wurde, die Revolution sey rein von Bestechungen, ist nicht zu verwundern; aber daß es noch Leute gibt, welche derlei Dinge glauben, verräth eine große Unkenntniß der Tessinischen Zustände. Die Anlehen der amerikanischen Staaten. 2.Anlehen, Handel und Tarif. (Beschluß.) Die obenangeführte Zeitung ergießt sich jedoch nicht bloß in leere Invectiven, sie führt auch den Grund ihrer Abneigung gegen eine solche Maaßregel, abgesehen von ihrer Ungerechtigkeit, an. "Die südlichen Staaten, bemerkt dieß Blatt, würden mit einer bleibenden Abgabe, in Gestalt eines hohen Tarifs, belastet, um die Interessen dieser Schulden zu zahlen." Es kann kein Zweifel seyn, daß dieß das Resultat wäre, wenn je die Union die Schulden der einzelnen Staaten übernehmen *)
"When Adam delved and Eva span, Where was then the gentleman?" Protestantismus, so könnten sie ihre Achtung für denselben auf viel bessere Weise kundgeben. Untersucht die Aufführung eurer protestantischen Geistlichkeit, erforscht die Ursachen, warum in so manchen Fällen die öffentliche Achtung, die ein Geistlicher genießt, mit seiner Beförderung auf fette Pfründen in gerade umgekehrtem Verhältniß steht – damit werdet ihr der protestantischen Religion besser dienen, als mit dieser affectirten Mückenseigerei über den Katechismus des Prinzen Albert.“ Der Examiner spottet, nach dem Wunsche der Tories und dem Grundsatz, daß des Guten nie zu viel seyn könne, hätte die angefochtene Stelle in der Thronrede eigentlich so lauten müssen: „Mylords und meine Herren! Seit Sie das letztemal versammelt waren, hab' ich meinen protestantischen Entschluß erklärt, mein protestantisches Ich in protestantischer Ehe zu verbinden mit dem protestantischen Prinzen Albert vom protestantischen Sachsen-Coburg und nicht minder protestantischen Sachsen-Gotha. Ich flehe in Demuth, daß der Gott der Protestanten diesen protestantischen Bund segnen und ersprießlich machen wolle für die protestantischen Interessen meines protestantischen Volks sowohl als für mein protestantisches häusliches Glück. Es wird für mich eine protestantische Quelle des lebhaftesten protestantischen Vergnügens seyn, den protestantischen Entschluß, den ich protestantischerweise gefaßt, ebenso protestantisch von dem protestantischen Theil meines Parlaments gutgeheißen zu finden.“ Der Spectator hängt seinen radicalen Tadel an die Stelle der Thronrede, die für den künftigen königlichen Gemahl ein seinem Rang und der Würde der Krone angemessenes Einkommen begehrt, und schließt mit den Worten: „Was wir in Abrede stellen, ist die Nothwendigkeit und die politische Klugheit einer solchen Geldbewilligung in einer Zeit, wo das Volk unter Noth und Mangel leidet, und durch die Fruchtlosigkeit der Parlamentsreform und die grausame Härte der Armengesetzbill erbittert ist; zu einer Zeit, wo der bewaffnete Chartismus, an einer Stelle besiegt, an zwei andern wieder das Haupt erhebt, die Massen mehr und mehr Trotz und Haß gegen die „bestehende Ordnung der Dinge“ zeigen und von demselben Geist erfüllt scheinen, der einst die Anhänger Wat Tylers fragen ließ: „Als Adam hackt' und Eva spann, *)Wo war damals der Edelmann?“ (Eine Antwort auf diese Frage ertheilte bekanntlich der deutsche Kaiser Maximilian: „Ich bin ein Mann wie ein anderer Mann, Nur daß mir Gott der Ehren gann.“) Schweiz. Zürich, 21 Jan. Gerade diejenigen Ausländer, welche am liebsten in Zürich gesehen werden und am liebsten in Zürich blieben, werden durch die glänzenden Aussichten, welche ihnen das Ausland eröffnet, von uns weggelockt. So folgte Schönlein – anfangs widerstrebend – doch dem erweiterten Wirkungskreise, welchen ihm Berlin darbot. So wird nun auch Negrelli durch überaus günstige Anerbietungen, welche ihm von Wien aus gemacht werden, dorthin gezogen. Negrelli war in Zürich Oberingenieur der Züricherischen Kaufmannschaft. Er leitete die großen Neubauten, welche in den letzten Jahren die hiesige Kaufmannschaft ausführen ließ. Glücklicherweise sind diese Bauten nunmehr ihrem Ende nahe. Dagegen ist der Verlust dieses ausgezeichneten und gewandten Ingenieurs für unsern Staat und die Regierung um so mehr zu bedauern, als er erst in der neuesten Zeit und im Zusammenhang mit den politischen Veränderungen bei dieser den seinen Kenntnissen gebührenden Einfluß erhalten hat. Wenn nämlich schon die radicale Partei sich jene Neubauten in Zürich vorzüglich auf ihre Rechnung schreiben und diesen Ruhm in die Welt hinaus posaunen läßt, so hatte doch die nichts weniger als radical gesinnte Kaufmannschaft Mühe genug, sich aus allen von oben her bereiteten Hemmnissen heraus zu arbeiten und ihre Plane größtentheils aus eigenem Geld auszuführen. Eben diese Verbindung, in welcher Hr. Negrelli mit der Kaufmannschaft gestanden, hatte auf seine Stellung gegenüber der abgetretenen Regierung etwas ungünstig gewirkt. Und nun diese Schwierigkeiten gänzlich gehoben sind, und er sich auch in dieser Hinsicht in angenehmern Verhältnissen fühlt, wird er an die Kaiser Ferdinand-Nordbahn als Generalinspector berufen. – Die Nachrichten aus dem Kanton Tessin lauteten in der neuesten Zeit etwas günstiger. Da alle Kreise gewählt hatten, und von keiner Seite her Einsprachen gegen die Revolution bei dem Vorort erhoben worden waren, so eröffnete dieser wieder seine Verbindung mit der Tessiner Regierung, und gab davon auch denjenigen Gesandtschaften Kenntniß, welche bisher keine Tessiner Pässe visirt hatten. Die Schweiz hat kein großes Interesse, welche Partei gerade im Tessin herrsche, aber ein sehr großes, daß der dortige Zustand sich beruhige und wieder bessere Gewähr für die Dauer liefere, als es den Anschein hatte. Die einflußreichen Mitglieder der dortigen Regierung scheinen auch einen mäßigern Weg einschlagen und auf Versöhnung hinarbeiten zu wollen. Es ist dieß dringend nöthig, wenn sie nicht in ganz kurzer Zeit eine Reaction gewärtigen sollen. Denn die Tessiner Revolution beruhte auf keinen tieferen Interessen; die Masse des Volks, großentheils von dem ungeheuren Unglück der Ueberschwemmungen – Hr. Negrelli gibt den Schaden im Kanton Tessin auf etwa 1,200,000 Franken an – niedergedrückt, war ziemlich theilnahmlos und gleichgültig. Geistlichkeit, Landvolk und die lombardische Regierung sind nicht für sie eingenommen. Alles wird darauf ankommen, wie die neue Regierung sich diesen Elementen und Mächten gegenüber stellen werde. Der erste Schritt aber wird die Einstellung aller Verfolgungen seyn müssen gegen die abgetretenen Regierungsglieder. Darauf hat besonders auch Zürich gedrungen. Es ist dieß um so nöthiger, als man weiß, daß die ganze Verfolgung fast nur deßhalb angehoben wurde, um die 150,000 Lire, welche die Revolution gekostet hat, durch eine Abfindung mit den Bedrohten decken zu können. Daß in Tessinischen Zeitungen versichert wurde, die Revolution sey rein von Bestechungen, ist nicht zu verwundern; aber daß es noch Leute gibt, welche derlei Dinge glauben, verräth eine große Unkenntniß der Tessinischen Zustände. Die Anlehen der amerikanischen Staaten. 2.Anlehen, Handel und Tarif. (Beschluß.) Die obenangeführte Zeitung ergießt sich jedoch nicht bloß in leere Invectiven, sie führt auch den Grund ihrer Abneigung gegen eine solche Maaßregel, abgesehen von ihrer Ungerechtigkeit, an. „Die südlichen Staaten, bemerkt dieß Blatt, würden mit einer bleibenden Abgabe, in Gestalt eines hohen Tarifs, belastet, um die Interessen dieser Schulden zu zahlen.“ Es kann kein Zweifel seyn, daß dieß das Resultat wäre, wenn je die Union die Schulden der einzelnen Staaten übernehmen *)
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So folgte Schönlein – anfangs widerstrebend – doch dem erweiterten Wirkungskreise, welchen ihm Berlin darbot. So wird nun auch Negrelli durch überaus günstige Anerbietungen, welche ihm von Wien aus gemacht werden, dorthin gezogen. Negrelli war in Zürich Oberingenieur der Züricherischen Kaufmannschaft. Er leitete die großen Neubauten, welche in den letzten Jahren die hiesige Kaufmannschaft ausführen ließ. Glücklicherweise sind diese Bauten nunmehr ihrem Ende nahe. Dagegen ist der Verlust dieses ausgezeichneten und gewandten Ingenieurs für unsern Staat und die Regierung um so mehr zu bedauern, als er erst in der neuesten Zeit und im Zusammenhang mit den politischen Veränderungen bei dieser den seinen Kenntnissen gebührenden Einfluß erhalten hat. Wenn nämlich schon die radicale Partei sich jene Neubauten in Zürich vorzüglich auf ihre Rechnung schreiben und diesen Ruhm in die Welt hinaus posaunen läßt, so hatte doch die nichts weniger als radical gesinnte Kaufmannschaft Mühe genug, sich aus allen von oben her bereiteten Hemmnissen heraus zu arbeiten und ihre Plane größtentheils aus eigenem Geld auszuführen. Eben diese Verbindung, in welcher Hr. Negrelli mit der Kaufmannschaft gestanden, hatte auf seine Stellung gegenüber der abgetretenen Regierung etwas ungünstig gewirkt. Und nun diese Schwierigkeiten gänzlich gehoben sind, und er sich auch in dieser Hinsicht in angenehmern Verhältnissen fühlt, wird er an die Kaiser Ferdinand-Nordbahn als Generalinspector berufen. – Die Nachrichten aus dem Kanton Tessin lauteten in der neuesten Zeit etwas günstiger. Da alle Kreise gewählt hatten, und von keiner Seite her Einsprachen gegen die Revolution bei dem Vorort erhoben worden waren, so eröffnete dieser wieder seine Verbindung mit der Tessiner Regierung, und gab davon auch denjenigen Gesandtschaften Kenntniß, welche bisher keine Tessiner Pässe visirt hatten. Die Schweiz hat kein großes Interesse, welche Partei gerade im Tessin herrsche, aber ein sehr großes, daß der dortige Zustand sich beruhige und wieder bessere Gewähr für die Dauer liefere, als es den Anschein hatte. Die einflußreichen Mitglieder der dortigen Regierung scheinen auch einen mäßigern Weg einschlagen und auf Versöhnung hinarbeiten zu wollen. Es ist dieß dringend nöthig, wenn sie nicht in ganz kurzer Zeit eine Reaction gewärtigen sollen. Denn die Tessiner Revolution beruhte auf keinen tieferen Interessen; die Masse des Volks, großentheils von dem ungeheuren Unglück der Ueberschwemmungen – Hr. Negrelli gibt den Schaden im Kanton Tessin auf etwa 1,200,000 Franken an – niedergedrückt, war ziemlich theilnahmlos und gleichgültig. Geistlichkeit, Landvolk und die lombardische Regierung sind nicht für sie eingenommen. Alles wird darauf ankommen, wie die neue Regierung sich diesen Elementen und Mächten gegenüber stellen werde. Der erste Schritt aber wird die Einstellung aller Verfolgungen seyn müssen gegen die abgetretenen Regierungsglieder. Darauf hat besonders auch Zürich gedrungen. Es ist dieß um so nöthiger, als man weiß, daß die ganze Verfolgung fast nur deßhalb angehoben wurde, um die 150,000 Lire, welche die Revolution gekostet hat, durch eine Abfindung mit den Bedrohten decken zu können. 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Protestantismus, so könnten sie ihre Achtung für denselben auf viel bessere Weise kundgeben. Untersucht die Aufführung eurer protestantischen Geistlichkeit, erforscht die Ursachen, warum in so manchen Fällen die öffentliche Achtung, die ein Geistlicher genießt, mit seiner Beförderung auf fette Pfründen in gerade umgekehrtem Verhältniß steht – damit werdet ihr der protestantischen Religion besser dienen, als mit dieser affectirten Mückenseigerei über den Katechismus des Prinzen Albert.“
Der Examiner spottet, nach dem Wunsche der Tories und dem Grundsatz, daß des Guten nie zu viel seyn könne, hätte die angefochtene Stelle in der Thronrede eigentlich so lauten müssen: „Mylords und meine Herren! Seit Sie das letztemal versammelt waren, hab' ich meinen protestantischen Entschluß erklärt, mein protestantisches Ich in protestantischer Ehe zu verbinden mit dem protestantischen Prinzen Albert vom protestantischen Sachsen-Coburg und nicht minder protestantischen Sachsen-Gotha. Ich flehe in Demuth, daß der Gott der Protestanten diesen protestantischen Bund segnen und ersprießlich machen wolle für die protestantischen Interessen meines protestantischen Volks sowohl als für mein protestantisches häusliches Glück. Es wird für mich eine protestantische Quelle des lebhaftesten protestantischen Vergnügens seyn, den protestantischen Entschluß, den ich protestantischerweise gefaßt, ebenso protestantisch von dem protestantischen Theil meines Parlaments gutgeheißen zu finden.“
Der Spectator hängt seinen radicalen Tadel an die Stelle der Thronrede, die für den künftigen königlichen Gemahl ein seinem Rang und der Würde der Krone angemessenes Einkommen begehrt, und schließt mit den Worten: „Was wir in Abrede stellen, ist die Nothwendigkeit und die politische Klugheit einer solchen Geldbewilligung in einer Zeit, wo das Volk unter Noth und Mangel leidet, und durch die Fruchtlosigkeit der Parlamentsreform und die grausame Härte der Armengesetzbill erbittert ist; zu einer Zeit, wo der bewaffnete Chartismus, an einer Stelle besiegt, an zwei andern wieder das Haupt erhebt, die Massen mehr und mehr Trotz und Haß gegen die „bestehende Ordnung der Dinge“ zeigen und von demselben Geist erfüllt scheinen, der einst die Anhänger Wat Tylers fragen ließ:
„Als Adam hackt' und Eva spann,
Wo war damals der Edelmann?“
*)
(Eine Antwort auf diese Frage ertheilte bekanntlich der deutsche Kaiser Maximilian:
„Ich bin ein Mann wie ein anderer Mann,
Nur daß mir Gott der Ehren gann.“)
Schweiz.
_ Zürich, 21 Jan. Gerade diejenigen Ausländer, welche am liebsten in Zürich gesehen werden und am liebsten in Zürich blieben, werden durch die glänzenden Aussichten, welche ihnen das Ausland eröffnet, von uns weggelockt. So folgte Schönlein – anfangs widerstrebend – doch dem erweiterten Wirkungskreise, welchen ihm Berlin darbot. So wird nun auch Negrelli durch überaus günstige Anerbietungen, welche ihm von Wien aus gemacht werden, dorthin gezogen. Negrelli war in Zürich Oberingenieur der Züricherischen Kaufmannschaft. Er leitete die großen Neubauten, welche in den letzten Jahren die hiesige Kaufmannschaft ausführen ließ. Glücklicherweise sind diese Bauten nunmehr ihrem Ende nahe. Dagegen ist der Verlust dieses ausgezeichneten und gewandten Ingenieurs für unsern Staat und die Regierung um so mehr zu bedauern, als er erst in der neuesten Zeit und im Zusammenhang mit den politischen Veränderungen bei dieser den seinen Kenntnissen gebührenden Einfluß erhalten hat. Wenn nämlich schon die radicale Partei sich jene Neubauten in Zürich vorzüglich auf ihre Rechnung schreiben und diesen Ruhm in die Welt hinaus posaunen läßt, so hatte doch die nichts weniger als radical gesinnte Kaufmannschaft Mühe genug, sich aus allen von oben her bereiteten Hemmnissen heraus zu arbeiten und ihre Plane größtentheils aus eigenem Geld auszuführen. Eben diese Verbindung, in welcher Hr. Negrelli mit der Kaufmannschaft gestanden, hatte auf seine Stellung gegenüber der abgetretenen Regierung etwas ungünstig gewirkt. Und nun diese Schwierigkeiten gänzlich gehoben sind, und er sich auch in dieser Hinsicht in angenehmern Verhältnissen fühlt, wird er an die Kaiser Ferdinand-Nordbahn als Generalinspector berufen. – Die Nachrichten aus dem Kanton Tessin lauteten in der neuesten Zeit etwas günstiger. Da alle Kreise gewählt hatten, und von keiner Seite her Einsprachen gegen die Revolution bei dem Vorort erhoben worden waren, so eröffnete dieser wieder seine Verbindung mit der Tessiner Regierung, und gab davon auch denjenigen Gesandtschaften Kenntniß, welche bisher keine Tessiner Pässe visirt hatten. Die Schweiz hat kein großes Interesse, welche Partei gerade im Tessin herrsche, aber ein sehr großes, daß der dortige Zustand sich beruhige und wieder bessere Gewähr für die Dauer liefere, als es den Anschein hatte. Die einflußreichen Mitglieder der dortigen Regierung scheinen auch einen mäßigern Weg einschlagen und auf Versöhnung hinarbeiten zu wollen. Es ist dieß dringend nöthig, wenn sie nicht in ganz kurzer Zeit eine Reaction gewärtigen sollen. Denn die Tessiner Revolution beruhte auf keinen tieferen Interessen; die Masse des Volks, großentheils von dem ungeheuren Unglück der Ueberschwemmungen – Hr. Negrelli gibt den Schaden im Kanton Tessin auf etwa 1,200,000 Franken an – niedergedrückt, war ziemlich theilnahmlos und gleichgültig. Geistlichkeit, Landvolk und die lombardische Regierung sind nicht für sie eingenommen. Alles wird darauf ankommen, wie die neue Regierung sich diesen Elementen und Mächten gegenüber stellen werde. Der erste Schritt aber wird die Einstellung aller Verfolgungen seyn müssen gegen die abgetretenen Regierungsglieder. Darauf hat besonders auch Zürich gedrungen. Es ist dieß um so nöthiger, als man weiß, daß die ganze Verfolgung fast nur deßhalb angehoben wurde, um die 150,000 Lire, welche die Revolution gekostet hat, durch eine Abfindung mit den Bedrohten decken zu können. Daß in Tessinischen Zeitungen versichert wurde, die Revolution sey rein von Bestechungen, ist nicht zu verwundern; aber daß es noch Leute gibt, welche derlei Dinge glauben, verräth eine große Unkenntniß der Tessinischen Zustände.
Die Anlehen der amerikanischen Staaten.
2.Anlehen, Handel und Tarif.
(Beschluß.)
Die obenangeführte Zeitung ergießt sich jedoch nicht bloß in leere Invectiven, sie führt auch den Grund ihrer Abneigung gegen eine solche Maaßregel, abgesehen von ihrer Ungerechtigkeit, an. „Die südlichen Staaten, bemerkt dieß Blatt, würden mit einer bleibenden Abgabe, in Gestalt eines hohen Tarifs, belastet, um die Interessen dieser Schulden zu zahlen.“ Es kann kein Zweifel seyn, daß dieß das Resultat wäre, wenn je die Union die Schulden der einzelnen Staaten übernehmen
*) „When Adam delved and Eva span,
Where was then the gentleman?“
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