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Allgemeine Zeitung. Nr. 30. Augsburg, 30. Januar 1840.

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wohl mehr, Frankreich besorgt zu machen, als eine ernstliche Lösung der Frage herbeizuführen.

In den Bureaux des Capitole und in der Wohnung des Grafen Fontaine-Martel, Eigenthümer des Journals, wie in der des Hrn. Bellemois, seines Geranten, wurden neue Durchsuchungen vorgenommen.

Der Pariser Polizei gelang es, in den letzten Tagen einer Bande von Individuen auf die Spur zu kommen, welche die Fabrication falscher Wechsel ins Große trieben, und namentlich in einigen der Norddepartements unter dem Handelsstande großen Schrecken verbreiteten. Sie wußten die Unterschriften einiger der achtbarsten Handelshäuser, unter andern der HH. Forceville-Duvette u. Comp., Bankiers in Amiens, und Lecot in Paris, täuschend nachzuahmen, und machten entweder Waareneinkäufe damit oder ließen sie escomptiren. Eine bedeutende Zahl falscher Tratten kam dadurch in Umlauf. Die Polizei hat bis jetzt neun Individuen dieser Wechselverfälscherbande verhaftet Man fand in ihren Wohnungen über zweihundert lithographirte falsche Wechsel. Die Verhafteten sind sämmtlich junge Leute, darunter zwei Studenten der Medicin, Sprachlehrer, auch einige junge Mädchen, welche kürzlich eine Reise nach Brüssel machten, um dort die fabricirten Wechsel in Umlauf zu bringen. Alle gestehen ihr Verbrechen ein.

Der König hat für seine Privatbibliotheken mehrere Exemplare der Biographie des premieres annees de Napoleon Bonaparte, das heißt, von seiner Geburt bis zur Zeit seines Obercommando's der Armee von Italien, mit einem Anhang von entweder noch unbekannten oder wenig bekannten Urkunden nach dieser Zeit, von Baron Coston, pensionirtem Obristlieutenant der Artillerie, Officier der Ehrenlegion, 2 Bände in Octav, anschaffen lassen.

Einem unter den Deputirten umlaufenden (jedoch sehr unwahrscheinlichen) Gerüchte zufolge soll die Regierung beabsichtigen, einen Gesetzvorschlag einzubringen, der einen Credit von 100 Millionen begehrte, um Landungstruppen zum Schutz Mehemed Ali's gegen die russischen Streitkräfte nach Aegypten zu schaffen, und die Flotte in einen noch besseren Stand für den Fall eines Conflicts mit England zu setzen. Dieser Gesetzvorschlag würde dahin deuten, daß es dem Cabinet mit der Nichtzustimmung zu der englisch-russischen Convention in Betreff der orientalischen Angelegenheiten Ernst sey; und der Entwurf würde in der Nation Anklang finden, welche für Verbindungen mit Aegypten eben so günstig gestimmt, als sie mit Rußland und seit den letzten Monaten auch mit England unzufrieden ist. Indessen findet jenes Gerücht wenig Glauben, und man glaubt eher an die gewohnte Nachgiebigkeit unserer Regierung, sobald die andern Mächte mit Festigkeit auftreten. -- Das Ministerium hat das früher ertheilte Versprechen, nach der Annahme der Adresse dem Don Carlos seine Pässe nach Salzburg zu ertheilen, noch nicht erfüllt. Die Ertheilung dieser Pässe ist nun ins eigentliche Frühjahr verschoben: die Regierung hofft bis dahin auf den Tod von Cabrera, der dem Ueberrest des Aufstandes ein Ende mache, während eine frühere Abreise des Don Carlos von Bourges von den Blättern als eine Begünstigung der Rückkehr desselben nach Spanien ausgelegt würde.

Die beiden Gegner Frankreichs in Algerien, Achmet Bey und Abd-El-Kader, haben gleichzeitig dem Gouverneur Vorschläge gemacht. Achmet erbietet sich, gegen Abd-El-Kader Krieg zu führen; letzterer hat Friedensanträge gemacht. General Galbois ist eigens von Constantine nach Algier gekommen, um mit dem Marschall Valee hinsichtlich des Anerbietens des Ex-Bey's Rücksprache zu nehmen. Achmet, welcher türkischen Ursprungs ist, und der Secte der Hanefis angehört, ist des Emirs politischer und religiöser Gegner, und es ist außer Zweifel, daß er gegen ihn einen energischen Krieg führen würde, wenn er nur einigermaßen auf unsere Unterstützung rechnen könnte. Da es im Westen des Landes noch viele Türken und Kuruglis gibt, welche Ab-El-Kader mit aller Macht unterdrückt, so würden diese sicherlich einem Oberhaupt ihres Stammes und ihres Ritus sich anschließen. Wenn man geschickt genug wäre, mit diesen Elementen des Widerstands gegen die Herrschaft des Emirs die ehemaligen Stämme des Makhzen zu vereinigen, so würde man dadurch gegen den Sohn Mahiddins eine starke Opposition organisiren. Man begreift aber leider nicht, daß in diesem Land eine gute Politik wirksamer sey, als der Krieg. Man glaubt Alles für Algerien zu thun, wenn man uns viele Truppen schickt; die, welche wir beim Friedensbruch hier hatten, wären hinreichend gewesen, wenn ein geschickterer Führer sie befehligt hätte. Mit den gegenwärtig hier versammelten Truppen könnten wir den Feind überall schlagen, wenn er es für gut fände, Stand zu halten. Aber positive und dauernde Resultate wird man nur durch eine politische Organisirung der Eingebornen erhalten.

Fünf Linienschiffe haben, wie man heute versichert, Befehl erhalten, Proviant einzuschiffen, und zur Abfahrt nach der Levante sich bereit zu halten. Das Dampfboot Acheron, welches plötzlich nach der Levante abging, hat Befehl, gleich nach der Uebergabe seiner Depeschen an den Admiral Lalande, nach Alexandria zu fahren. Es scheint, daß man Mehemed Ali irgend einen wichtigen Beschluß notificiren will.

Belgien.

Ein Brüsseler Blatt, der Fanal, bemerkt: "In Belgien beschäftigt man sich gar wenig mit dem, was in Bayern vorgeht. Es wird daher viel seyn, wenn unsere Leser sich erinnern, unter unserer Rubrik Deutschland gelesen zu haben, daß der König von Bayern die achte Versammlung seiner Stände am 8 Jan. in Person eröffnete. Zu bedauern ist, daß die Eröffnungsrede nicht zu größerer Oeffentlichkeit gelangte, um so mehr, als die merkwürdige Schlußstelle derselben wohl eines Commentars werth ist. Sie lautet: "Vertrauen fördert das Gute; Mißtrauen hindert es; möge dieses nie verkannt werden." Gestehen wir es offen: ein constitutioneller König in Frankreich, in Belgien, in England würde es nicht wagen eine solche Stelle auszusprechen. Diese Sprache, so umfassend als einfach, dieser rein väterliche Rath eines Monarchen, der durch sein hohes, königliches Wort die Bande des Volks und der Monarchie fester zu knüpfen sucht, hat etwas der Urgeschichte Angehöriges, das unser trockener und schwatzender Constitutionalismus nie erreichen wird. Man glaubt sich einen Augenblick zurückversetzt in die Zeiten der Patriarchen, in die ursprüngliche Einfalt und Innigkeit ihrer Beziehungen zu den Mitgliedern ihrer Familie. Das Haupt des Hauses, der Vater, erfüllt sie mit den Gedanken des Guten und bestärkt in ihrer Seele die Nothwendigkeit der Einigung, des Vertrauens. Ach! ist nicht eben darum, weil Mißtrauen unser ganzes Jahrhundert durchdringt, unsere Zeit so arm an großen Männern und an großen Thaten -- nur im Einklang der Gemüther erheben sich die einen, tauchen die andern aus der Tiefe. Ohne Vertrauen aber ist keine Einigkeit möglich. Liebet euch, vertrauet einander, dann werdet ihr, Bürger desselben Vaterlandes, seine Wohlfahrt befördern, und ihm Söhne und Brüder schenken, die sich glücklich preisen ihm anzugehören. Daher scheint uns jenes Wort des Königs

wohl mehr, Frankreich besorgt zu machen, als eine ernstliche Lösung der Frage herbeizuführen.

In den Bureaux des Capitole und in der Wohnung des Grafen Fontaine-Martel, Eigenthümer des Journals, wie in der des Hrn. Bellémois, seines Géranten, wurden neue Durchsuchungen vorgenommen.

Der Pariser Polizei gelang es, in den letzten Tagen einer Bande von Individuen auf die Spur zu kommen, welche die Fabrication falscher Wechsel ins Große trieben, und namentlich in einigen der Norddepartements unter dem Handelsstande großen Schrecken verbreiteten. Sie wußten die Unterschriften einiger der achtbarsten Handelshäuser, unter andern der HH. Forceville-Duvette u. Comp., Bankiers in Amiens, und Lecot in Paris, täuschend nachzuahmen, und machten entweder Waareneinkäufe damit oder ließen sie escomptiren. Eine bedeutende Zahl falscher Tratten kam dadurch in Umlauf. Die Polizei hat bis jetzt neun Individuen dieser Wechselverfälscherbande verhaftet Man fand in ihren Wohnungen über zweihundert lithographirte falsche Wechsel. Die Verhafteten sind sämmtlich junge Leute, darunter zwei Studenten der Medicin, Sprachlehrer, auch einige junge Mädchen, welche kürzlich eine Reise nach Brüssel machten, um dort die fabricirten Wechsel in Umlauf zu bringen. Alle gestehen ihr Verbrechen ein.

Der König hat für seine Privatbibliotheken mehrere Exemplare der Biographie des premières années de Napoléon Bonaparte, das heißt, von seiner Geburt bis zur Zeit seines Obercommando's der Armee von Italien, mit einem Anhang von entweder noch unbekannten oder wenig bekannten Urkunden nach dieser Zeit, von Baron Coston, pensionirtem Obristlieutenant der Artillerie, Officier der Ehrenlegion, 2 Bände in Octav, anschaffen lassen.

Einem unter den Deputirten umlaufenden (jedoch sehr unwahrscheinlichen) Gerüchte zufolge soll die Regierung beabsichtigen, einen Gesetzvorschlag einzubringen, der einen Credit von 100 Millionen begehrte, um Landungstruppen zum Schutz Mehemed Ali's gegen die russischen Streitkräfte nach Aegypten zu schaffen, und die Flotte in einen noch besseren Stand für den Fall eines Conflicts mit England zu setzen. Dieser Gesetzvorschlag würde dahin deuten, daß es dem Cabinet mit der Nichtzustimmung zu der englisch-russischen Convention in Betreff der orientalischen Angelegenheiten Ernst sey; und der Entwurf würde in der Nation Anklang finden, welche für Verbindungen mit Aegypten eben so günstig gestimmt, als sie mit Rußland und seit den letzten Monaten auch mit England unzufrieden ist. Indessen findet jenes Gerücht wenig Glauben, und man glaubt eher an die gewohnte Nachgiebigkeit unserer Regierung, sobald die andern Mächte mit Festigkeit auftreten. — Das Ministerium hat das früher ertheilte Versprechen, nach der Annahme der Adresse dem Don Carlos seine Pässe nach Salzburg zu ertheilen, noch nicht erfüllt. Die Ertheilung dieser Pässe ist nun ins eigentliche Frühjahr verschoben: die Regierung hofft bis dahin auf den Tod von Cabrera, der dem Ueberrest des Aufstandes ein Ende mache, während eine frühere Abreise des Don Carlos von Bourges von den Blättern als eine Begünstigung der Rückkehr desselben nach Spanien ausgelegt würde.

Die beiden Gegner Frankreichs in Algerien, Achmet Bey und Abd-El-Kader, haben gleichzeitig dem Gouverneur Vorschläge gemacht. Achmet erbietet sich, gegen Abd-El-Kader Krieg zu führen; letzterer hat Friedensanträge gemacht. General Galbois ist eigens von Constantine nach Algier gekommen, um mit dem Marschall Valée hinsichtlich des Anerbietens des Ex-Bey's Rücksprache zu nehmen. Achmet, welcher türkischen Ursprungs ist, und der Secte der Hanefis angehört, ist des Emirs politischer und religiöser Gegner, und es ist außer Zweifel, daß er gegen ihn einen energischen Krieg führen würde, wenn er nur einigermaßen auf unsere Unterstützung rechnen könnte. Da es im Westen des Landes noch viele Türken und Kuruglis gibt, welche Ab-El-Kader mit aller Macht unterdrückt, so würden diese sicherlich einem Oberhaupt ihres Stammes und ihres Ritus sich anschließen. Wenn man geschickt genug wäre, mit diesen Elementen des Widerstands gegen die Herrschaft des Emirs die ehemaligen Stämme des Makhzen zu vereinigen, so würde man dadurch gegen den Sohn Mahiddins eine starke Opposition organisiren. Man begreift aber leider nicht, daß in diesem Land eine gute Politik wirksamer sey, als der Krieg. Man glaubt Alles für Algerien zu thun, wenn man uns viele Truppen schickt; die, welche wir beim Friedensbruch hier hatten, wären hinreichend gewesen, wenn ein geschickterer Führer sie befehligt hätte. Mit den gegenwärtig hier versammelten Truppen könnten wir den Feind überall schlagen, wenn er es für gut fände, Stand zu halten. Aber positive und dauernde Resultate wird man nur durch eine politische Organisirung der Eingebornen erhalten.

Fünf Linienschiffe haben, wie man heute versichert, Befehl erhalten, Proviant einzuschiffen, und zur Abfahrt nach der Levante sich bereit zu halten. Das Dampfboot Acheron, welches plötzlich nach der Levante abging, hat Befehl, gleich nach der Uebergabe seiner Depeschen an den Admiral Lalande, nach Alexandria zu fahren. Es scheint, daß man Mehemed Ali irgend einen wichtigen Beschluß notificiren will.

Belgien.

Ein Brüsseler Blatt, der Fanal, bemerkt: „In Belgien beschäftigt man sich gar wenig mit dem, was in Bayern vorgeht. Es wird daher viel seyn, wenn unsere Leser sich erinnern, unter unserer Rubrik Deutschland gelesen zu haben, daß der König von Bayern die achte Versammlung seiner Stände am 8 Jan. in Person eröffnete. Zu bedauern ist, daß die Eröffnungsrede nicht zu größerer Oeffentlichkeit gelangte, um so mehr, als die merkwürdige Schlußstelle derselben wohl eines Commentars werth ist. Sie lautet: „Vertrauen fördert das Gute; Mißtrauen hindert es; möge dieses nie verkannt werden.“ Gestehen wir es offen: ein constitutioneller König in Frankreich, in Belgien, in England würde es nicht wagen eine solche Stelle auszusprechen. Diese Sprache, so umfassend als einfach, dieser rein väterliche Rath eines Monarchen, der durch sein hohes, königliches Wort die Bande des Volks und der Monarchie fester zu knüpfen sucht, hat etwas der Urgeschichte Angehöriges, das unser trockener und schwatzender Constitutionalismus nie erreichen wird. Man glaubt sich einen Augenblick zurückversetzt in die Zeiten der Patriarchen, in die ursprüngliche Einfalt und Innigkeit ihrer Beziehungen zu den Mitgliedern ihrer Familie. Das Haupt des Hauses, der Vater, erfüllt sie mit den Gedanken des Guten und bestärkt in ihrer Seele die Nothwendigkeit der Einigung, des Vertrauens. Ach! ist nicht eben darum, weil Mißtrauen unser ganzes Jahrhundert durchdringt, unsere Zeit so arm an großen Männern und an großen Thaten — nur im Einklang der Gemüther erheben sich die einen, tauchen die andern aus der Tiefe. Ohne Vertrauen aber ist keine Einigkeit möglich. Liebet euch, vertrauet einander, dann werdet ihr, Bürger desselben Vaterlandes, seine Wohlfahrt befördern, und ihm Söhne und Brüder schenken, die sich glücklich preisen ihm anzugehören. Daher scheint uns jenes Wort des Königs

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[0236/0004] wohl mehr, Frankreich besorgt zu machen, als eine ernstliche Lösung der Frage herbeizuführen. In den Bureaux des Capitole und in der Wohnung des Grafen Fontaine-Martel, Eigenthümer des Journals, wie in der des Hrn. Bellémois, seines Géranten, wurden neue Durchsuchungen vorgenommen. Der Pariser Polizei gelang es, in den letzten Tagen einer Bande von Individuen auf die Spur zu kommen, welche die Fabrication falscher Wechsel ins Große trieben, und namentlich in einigen der Norddepartements unter dem Handelsstande großen Schrecken verbreiteten. Sie wußten die Unterschriften einiger der achtbarsten Handelshäuser, unter andern der HH. Forceville-Duvette u. Comp., Bankiers in Amiens, und Lecot in Paris, täuschend nachzuahmen, und machten entweder Waareneinkäufe damit oder ließen sie escomptiren. Eine bedeutende Zahl falscher Tratten kam dadurch in Umlauf. Die Polizei hat bis jetzt neun Individuen dieser Wechselverfälscherbande verhaftet Man fand in ihren Wohnungen über zweihundert lithographirte falsche Wechsel. Die Verhafteten sind sämmtlich junge Leute, darunter zwei Studenten der Medicin, Sprachlehrer, auch einige junge Mädchen, welche kürzlich eine Reise nach Brüssel machten, um dort die fabricirten Wechsel in Umlauf zu bringen. Alle gestehen ihr Verbrechen ein. Der König hat für seine Privatbibliotheken mehrere Exemplare der Biographie des premières années de Napoléon Bonaparte, das heißt, von seiner Geburt bis zur Zeit seines Obercommando's der Armee von Italien, mit einem Anhang von entweder noch unbekannten oder wenig bekannten Urkunden nach dieser Zeit, von Baron Coston, pensionirtem Obristlieutenant der Artillerie, Officier der Ehrenlegion, 2 Bände in Octav, anschaffen lassen. _ Paris, 25 Jan. Einem unter den Deputirten umlaufenden (jedoch sehr unwahrscheinlichen) Gerüchte zufolge soll die Regierung beabsichtigen, einen Gesetzvorschlag einzubringen, der einen Credit von 100 Millionen begehrte, um Landungstruppen zum Schutz Mehemed Ali's gegen die russischen Streitkräfte nach Aegypten zu schaffen, und die Flotte in einen noch besseren Stand für den Fall eines Conflicts mit England zu setzen. Dieser Gesetzvorschlag würde dahin deuten, daß es dem Cabinet mit der Nichtzustimmung zu der englisch-russischen Convention in Betreff der orientalischen Angelegenheiten Ernst sey; und der Entwurf würde in der Nation Anklang finden, welche für Verbindungen mit Aegypten eben so günstig gestimmt, als sie mit Rußland und seit den letzten Monaten auch mit England unzufrieden ist. Indessen findet jenes Gerücht wenig Glauben, und man glaubt eher an die gewohnte Nachgiebigkeit unserer Regierung, sobald die andern Mächte mit Festigkeit auftreten. — Das Ministerium hat das früher ertheilte Versprechen, nach der Annahme der Adresse dem Don Carlos seine Pässe nach Salzburg zu ertheilen, noch nicht erfüllt. Die Ertheilung dieser Pässe ist nun ins eigentliche Frühjahr verschoben: die Regierung hofft bis dahin auf den Tod von Cabrera, der dem Ueberrest des Aufstandes ein Ende mache, während eine frühere Abreise des Don Carlos von Bourges von den Blättern als eine Begünstigung der Rückkehr desselben nach Spanien ausgelegt würde. _ Algier, 18 Jan. Die beiden Gegner Frankreichs in Algerien, Achmet Bey und Abd-El-Kader, haben gleichzeitig dem Gouverneur Vorschläge gemacht. Achmet erbietet sich, gegen Abd-El-Kader Krieg zu führen; letzterer hat Friedensanträge gemacht. General Galbois ist eigens von Constantine nach Algier gekommen, um mit dem Marschall Valée hinsichtlich des Anerbietens des Ex-Bey's Rücksprache zu nehmen. Achmet, welcher türkischen Ursprungs ist, und der Secte der Hanefis angehört, ist des Emirs politischer und religiöser Gegner, und es ist außer Zweifel, daß er gegen ihn einen energischen Krieg führen würde, wenn er nur einigermaßen auf unsere Unterstützung rechnen könnte. Da es im Westen des Landes noch viele Türken und Kuruglis gibt, welche Ab-El-Kader mit aller Macht unterdrückt, so würden diese sicherlich einem Oberhaupt ihres Stammes und ihres Ritus sich anschließen. Wenn man geschickt genug wäre, mit diesen Elementen des Widerstands gegen die Herrschaft des Emirs die ehemaligen Stämme des Makhzen zu vereinigen, so würde man dadurch gegen den Sohn Mahiddins eine starke Opposition organisiren. Man begreift aber leider nicht, daß in diesem Land eine gute Politik wirksamer sey, als der Krieg. Man glaubt Alles für Algerien zu thun, wenn man uns viele Truppen schickt; die, welche wir beim Friedensbruch hier hatten, wären hinreichend gewesen, wenn ein geschickterer Führer sie befehligt hätte. Mit den gegenwärtig hier versammelten Truppen könnten wir den Feind überall schlagen, wenn er es für gut fände, Stand zu halten. Aber positive und dauernde Resultate wird man nur durch eine politische Organisirung der Eingebornen erhalten. _ Toulon, 22 Jan. Fünf Linienschiffe haben, wie man heute versichert, Befehl erhalten, Proviant einzuschiffen, und zur Abfahrt nach der Levante sich bereit zu halten. Das Dampfboot Acheron, welches plötzlich nach der Levante abging, hat Befehl, gleich nach der Uebergabe seiner Depeschen an den Admiral Lalande, nach Alexandria zu fahren. Es scheint, daß man Mehemed Ali irgend einen wichtigen Beschluß notificiren will. Belgien. Ein Brüsseler Blatt, der Fanal, bemerkt: „In Belgien beschäftigt man sich gar wenig mit dem, was in Bayern vorgeht. Es wird daher viel seyn, wenn unsere Leser sich erinnern, unter unserer Rubrik Deutschland gelesen zu haben, daß der König von Bayern die achte Versammlung seiner Stände am 8 Jan. in Person eröffnete. Zu bedauern ist, daß die Eröffnungsrede nicht zu größerer Oeffentlichkeit gelangte, um so mehr, als die merkwürdige Schlußstelle derselben wohl eines Commentars werth ist. Sie lautet: „Vertrauen fördert das Gute; Mißtrauen hindert es; möge dieses nie verkannt werden.“ Gestehen wir es offen: ein constitutioneller König in Frankreich, in Belgien, in England würde es nicht wagen eine solche Stelle auszusprechen. Diese Sprache, so umfassend als einfach, dieser rein väterliche Rath eines Monarchen, der durch sein hohes, königliches Wort die Bande des Volks und der Monarchie fester zu knüpfen sucht, hat etwas der Urgeschichte Angehöriges, das unser trockener und schwatzender Constitutionalismus nie erreichen wird. Man glaubt sich einen Augenblick zurückversetzt in die Zeiten der Patriarchen, in die ursprüngliche Einfalt und Innigkeit ihrer Beziehungen zu den Mitgliedern ihrer Familie. Das Haupt des Hauses, der Vater, erfüllt sie mit den Gedanken des Guten und bestärkt in ihrer Seele die Nothwendigkeit der Einigung, des Vertrauens. Ach! ist nicht eben darum, weil Mißtrauen unser ganzes Jahrhundert durchdringt, unsere Zeit so arm an großen Männern und an großen Thaten — nur im Einklang der Gemüther erheben sich die einen, tauchen die andern aus der Tiefe. Ohne Vertrauen aber ist keine Einigkeit möglich. Liebet euch, vertrauet einander, dann werdet ihr, Bürger desselben Vaterlandes, seine Wohlfahrt befördern, und ihm Söhne und Brüder schenken, die sich glücklich preisen ihm anzugehören. Daher scheint uns jenes Wort des Königs

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 30. Augsburg, 30. Januar 1840, S. 0236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_030_18400130/4>, abgerufen am 03.12.2024.