Allgemeine Zeitung. Nr. 37. Augsburg, 6. Februar 1840.4 Schwadronen Carlisten angegriffen, und sah sich genöthigt, da er nur sechs Compagnien und zwei Schwadronen zu seiner Verfügung hatte, sich über die Brücke von Aundon nach Horche, zwei Meilen von Guadalaxara, zurückzuziehn. Indessen scheinen die Carlisten nicht weiter vorgegangen zu seyn. - Hr. Southern ist in vergangener Nacht mit dem Obristen Fox von hier nach Cadiz abgereist, um sich dort nach Lissabon einzuschiffen. Dagegen scheint es, daß Hr. Aston seine Reise hierher noch auf unbestimmte Zeit aufgeschoben hat. - Ihre Maj. die Königin Isabelle leidet an den Masern, und ist deßhalb auf ihre Gemächer beschränkt. Ein Schreiben aus Madrid in französischen Blättern sagt: "In den Salons, die gewöhnlich am besten unterrichtet sind, gibt man folgende Wahlresultate an: die Zahl der Deputirten wird 240 seyn, darunter werden 120 gemäßigte, 80 Exaltados und 40 Zweifelhafte gerechnet. Wahrscheinlich können 8 bis 10 Exaltados durch glänzende Versprechungen gewonnen werden, und dann würde die ministerielle Majorität ziemlich compact seyn." Cabrera hat unterm 8 Jan. aus seinem Hauptquartier zu Herves eine Proclamation an die Soldaten Espartero's erlassen, wohl um ihnen zu beweisen, daß er noch lebe. Er fordert sie auf, zu ihm überzutreten. "Eure Anführer, sagt er, haben euch hundertmal versprochen, euch nächstens an euern Herd heimkehren, und von den Kriegsstrapazen ausruhen zu lassen. Aber sie haben euch immer getäuscht, und werden nie ihr Wort halten. Spanier, meine Brüder, die Sache, die ihr vertheidigt, ist eine ungerechte! Ihr seyd Christen, und dürft folglich nicht für eine solche Sache euer Blut verspritzen. Spart es lieber auf zur Wiedereroberung der heiligen Religion und der Gesetze, die das Glück eurer Väter ausmachten, und bald werdet ihr in eure Heimath zurückkehren, und eure gewöhnlichen Arbeiten wieder aufnehmen können. Um den Uebeln, die auf unserm unglücklichen Vaterland lasten, den Uebeln, deren Grund allein der Mißbrauch ist, den man mit euerm Blut treibt, ein Ende zu machen, schlage ich euch Folgendes vor: Jeder von euch, der in die königliche Armee, die ich befehlige, übertritt, erhält außer einer Geldbelohnung die Erlaubniß, entweder unsern Reihen sich einzuverleiben, oder frei in seine Heimath zurückkehren zu dürfen." Großbritannien. London, 30 Jan. Wer in England in eine öffentliche Stellung treten will, muß etwas vom Geschlechte der Pachydermen an sich haben, d. h. er darf für die Neckereien der öffentlichen Presse, für ihre Nadelstiche wie für ihre plumpen Boxerhiebe, so wenig überempfindlich seyn, als es die Engländer in der Regel nicht sind. Dieß erfährt jetzt der künftige Gemahl der Königin. Die Tories, als hätten sie nachgerade die Hoffnung aufgegeben, daß unter Königin Victoria ihre Sonne noch einmal aufgehen könne, haben nicht nur im Parlament eine Verminderung der Apanage um 20,000 Pf. St. durchgesetzt, sondern machen auch - sie, deren staatswirthschaftliche Sparsamkeit in ironischem Sinne sprüchwörtlich geworden - in ihren Zeitungen gemeine Sache mit den Radicalen gegen die "rücksichtslose Verschwendung der servilen Whigminister." Die Times dreht von den 30,000 Pf. jeden Schilling um, und sucht zu beweisen, daß der Prinz eigentlich gar keine Apanage nöthig gehabt hätte. "Die Königin," sagt dieses Blatt, "bezieht von dem Land eine Civilliste von nicht weniger als 385,000 Pf. (= 4,620,000 fl. Das ist nach den Begriffen des armen Englands viel! Und doch ist John Bull ein Mann, der "vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat!") Davon hat Ihre Maj. nichts zu bestreiten, als die Kosten der Hofhaltung, denn die verschiedenen königlichen Paläste in Stadt und Land werden aus einem besondern Fonds eingerichtet und unterhalten, wie denn z. B. die neuen Hofstallungen in Windsorschloß allein 140,000 Pf., d. h. das Doppelte der vom Parlament dafür votirten Summe kosten. Gleichwohl verlangen die Minister noch ein Extra-Einkommen für den Erwählten der Königin, weil, ihrer Meinung zufolge, die "Würde der Krone" es erheischt, daß jeder Prinz und jede Prinzessin aus dem Hause Coburg, der oder die dem brittischen Königshause nahe kommt, eo ipso bereichert werde... Die angerufene Analogie zwischen der Stellung des Prinzen und einer anvermählten Königin dieser Reiche ist durchaus unstichhaltig. Letztere ist eine hohe politische Person, und wurde jederzeit als eine solche anerkannt. Im Rang reicht sie an die Krone selbst hinan. Sie hat große und wichtige Functionen zu verrichten, ernste Verantwortlichkeiten zu tragen, einen kostspieligen Hofstaat zu zeigen, viele Bedienstete zu besolden, dabei allerlei moralische und conventionelle Ansprüche, Berufungen an ihre Freigebigkeit und Protection, zu berücksichtigen. (Und der Gemahl der regierenden Königin nicht auch?) Darum bezog Königin Adelheid, bei Lebzeiten ihres hohen Gemahls, 50,000 Pf. St. jährlich. Hingegen der Gemahl einer regierenden Königin hat an allen Tagen, die Gott schenkt, vom 1 Jan. bis zum 31 Dec., auch nicht einmal eine Flasche Wein aus seinem Eigenen zu bezahlen; der Stuhl, auf dem er sitzt, das Feuer, an dem er sich wärmt, der Armleuchter, der sein Zimmer erhellt, Alles ist für ihn wie aus den Wolken gefallen. Das Pferd, das er reitet, ist aus dem königlichen Marstall, das Buch das er liest, aus der Palastbibliothek, kurz jedes Bedürfniß, jede Bequemlichkeit und jeden Schmuck des Lebens hat er ohne Kosten und Mühe, ohne Verkürzung und ohne Neid. Wenn das Hofpersonal des Prinzen Albert, wie Lord J. Russell angegeben, 7 bis 8000 Pf. St. kostet - wohl! Dann bleiben aber immer 22,000 Pf. als reines Taschengeld u. s. w." - Der radicale Spectator hat vernommen, und äußert sich ungehalten darüber, daß der königliche Bräutigam die Apanage von 2400 Pf., die er als Prinz des Coburgischen Herzogshauses bezog, unter Belastung derselben mit gewissen Annuitäten an seinen erlauchten älteren Bruder abgetreten habe. - Mitten in diesem politischen Parteienhader ist übrigens die Vermählung der Königin fortwährend das große Volksinteresse, das sich hin und wieder in sehr naiven Zügen ausspricht. Jede gute Engländerin scheint sich mit Selbstgefühl zu sagen: "Ich bin es, die unsere Victoria verheirathet;" während andrerseits bei dem roheren Geschlecht, zum Theil in sehr widerlichen Aeußerungen, jener brittische Geldstolz gegenüber dem Continent hervortritt, der sich bis jetzt ungeschwächt erhalten hat, obgleich Altengland keine Subsidien mehr zahlt, und auch schwerlich so bald wieder zahlen dürfte. Selbst die Rhapsoden von St. Giles und die Bänkelsänger (ballad-singers), die mit ihren Drehorgeln an den Londoner Straßenecken stehen, haben sich dieses hochzeitlichen Stoffes bemächtigt, und tragen ihre mit gutmüthigem Volkshumor versetzten lyrischen Ergüsse vor einem bunten Straßenpublicum vor. "Manchmal," sagt der Atlas, "ist es ein Dialog oder Duett zwischen einem Mann und einer Frau, in welchem die persönliche Schönheit des hohen Bräutigams ("To win a high-born maiden's heart, his waist only measures twenty-eight inches in circumference, but his calf measures sixteen"), die bräutlichen Gefühle der jungen Fürstin - "Und hold durchschauert's ihre Magdlichkeit" - und ihr künftiges häusliches Glück in concreter Volksweise geschildert werden." Ein solches Lied hebt z. B. an: 4 Schwadronen Carlisten angegriffen, und sah sich genöthigt, da er nur sechs Compagnien und zwei Schwadronen zu seiner Verfügung hatte, sich über die Brücke von Auñon nach Horche, zwei Meilen von Guadalaxara, zurückzuziehn. Indessen scheinen die Carlisten nicht weiter vorgegangen zu seyn. – Hr. Southern ist in vergangener Nacht mit dem Obristen Fox von hier nach Cadiz abgereist, um sich dort nach Lissabon einzuschiffen. Dagegen scheint es, daß Hr. Aston seine Reise hierher noch auf unbestimmte Zeit aufgeschoben hat. – Ihre Maj. die Königin Isabelle leidet an den Masern, und ist deßhalb auf ihre Gemächer beschränkt. Ein Schreiben aus Madrid in französischen Blättern sagt: „In den Salons, die gewöhnlich am besten unterrichtet sind, gibt man folgende Wahlresultate an: die Zahl der Deputirten wird 240 seyn, darunter werden 120 gemäßigte, 80 Exaltados und 40 Zweifelhafte gerechnet. Wahrscheinlich können 8 bis 10 Exaltados durch glänzende Versprechungen gewonnen werden, und dann würde die ministerielle Majorität ziemlich compact seyn.“ Cabrera hat unterm 8 Jan. aus seinem Hauptquartier zu Herves eine Proclamation an die Soldaten Espartero's erlassen, wohl um ihnen zu beweisen, daß er noch lebe. Er fordert sie auf, zu ihm überzutreten. „Eure Anführer, sagt er, haben euch hundertmal versprochen, euch nächstens an euern Herd heimkehren, und von den Kriegsstrapazen ausruhen zu lassen. Aber sie haben euch immer getäuscht, und werden nie ihr Wort halten. Spanier, meine Brüder, die Sache, die ihr vertheidigt, ist eine ungerechte! Ihr seyd Christen, und dürft folglich nicht für eine solche Sache euer Blut verspritzen. Spart es lieber auf zur Wiedereroberung der heiligen Religion und der Gesetze, die das Glück eurer Väter ausmachten, und bald werdet ihr in eure Heimath zurückkehren, und eure gewöhnlichen Arbeiten wieder aufnehmen können. Um den Uebeln, die auf unserm unglücklichen Vaterland lasten, den Uebeln, deren Grund allein der Mißbrauch ist, den man mit euerm Blut treibt, ein Ende zu machen, schlage ich euch Folgendes vor: Jeder von euch, der in die königliche Armee, die ich befehlige, übertritt, erhält außer einer Geldbelohnung die Erlaubniß, entweder unsern Reihen sich einzuverleiben, oder frei in seine Heimath zurückkehren zu dürfen.“ Großbritannien. London, 30 Jan. Wer in England in eine öffentliche Stellung treten will, muß etwas vom Geschlechte der Pachydermen an sich haben, d. h. er darf für die Neckereien der öffentlichen Presse, für ihre Nadelstiche wie für ihre plumpen Boxerhiebe, so wenig überempfindlich seyn, als es die Engländer in der Regel nicht sind. Dieß erfährt jetzt der künftige Gemahl der Königin. Die Tories, als hätten sie nachgerade die Hoffnung aufgegeben, daß unter Königin Victoria ihre Sonne noch einmal aufgehen könne, haben nicht nur im Parlament eine Verminderung der Apanage um 20,000 Pf. St. durchgesetzt, sondern machen auch – sie, deren staatswirthschaftliche Sparsamkeit in ironischem Sinne sprüchwörtlich geworden – in ihren Zeitungen gemeine Sache mit den Radicalen gegen die „rücksichtslose Verschwendung der servilen Whigminister.“ Die Times dreht von den 30,000 Pf. jeden Schilling um, und sucht zu beweisen, daß der Prinz eigentlich gar keine Apanage nöthig gehabt hätte. „Die Königin,“ sagt dieses Blatt, „bezieht von dem Land eine Civilliste von nicht weniger als 385,000 Pf. (= 4,620,000 fl. Das ist nach den Begriffen des armen Englands viel! Und doch ist John Bull ein Mann, der „vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat!“) Davon hat Ihre Maj. nichts zu bestreiten, als die Kosten der Hofhaltung, denn die verschiedenen königlichen Paläste in Stadt und Land werden aus einem besondern Fonds eingerichtet und unterhalten, wie denn z. B. die neuen Hofstallungen in Windsorschloß allein 140,000 Pf., d. h. das Doppelte der vom Parlament dafür votirten Summe kosten. Gleichwohl verlangen die Minister noch ein Extra-Einkommen für den Erwählten der Königin, weil, ihrer Meinung zufolge, die „Würde der Krone“ es erheischt, daß jeder Prinz und jede Prinzessin aus dem Hause Coburg, der oder die dem brittischen Königshause nahe kommt, eo ipso bereichert werde... Die angerufene Analogie zwischen der Stellung des Prinzen und einer anvermählten Königin dieser Reiche ist durchaus unstichhaltig. Letztere ist eine hohe politische Person, und wurde jederzeit als eine solche anerkannt. Im Rang reicht sie an die Krone selbst hinan. Sie hat große und wichtige Functionen zu verrichten, ernste Verantwortlichkeiten zu tragen, einen kostspieligen Hofstaat zu zeigen, viele Bedienstete zu besolden, dabei allerlei moralische und conventionelle Ansprüche, Berufungen an ihre Freigebigkeit und Protection, zu berücksichtigen. (Und der Gemahl der regierenden Königin nicht auch?) Darum bezog Königin Adelheid, bei Lebzeiten ihres hohen Gemahls, 50,000 Pf. St. jährlich. Hingegen der Gemahl einer regierenden Königin hat an allen Tagen, die Gott schenkt, vom 1 Jan. bis zum 31 Dec., auch nicht einmal eine Flasche Wein aus seinem Eigenen zu bezahlen; der Stuhl, auf dem er sitzt, das Feuer, an dem er sich wärmt, der Armleuchter, der sein Zimmer erhellt, Alles ist für ihn wie aus den Wolken gefallen. Das Pferd, das er reitet, ist aus dem königlichen Marstall, das Buch das er liest, aus der Palastbibliothek, kurz jedes Bedürfniß, jede Bequemlichkeit und jeden Schmuck des Lebens hat er ohne Kosten und Mühe, ohne Verkürzung und ohne Neid. Wenn das Hofpersonal des Prinzen Albert, wie Lord J. Russell angegeben, 7 bis 8000 Pf. St. kostet – wohl! Dann bleiben aber immer 22,000 Pf. als reines Taschengeld u. s. w.“ – Der radicale Spectator hat vernommen, und äußert sich ungehalten darüber, daß der königliche Bräutigam die Apanage von 2400 Pf., die er als Prinz des Coburgischen Herzogshauses bezog, unter Belastung derselben mit gewissen Annuitäten an seinen erlauchten älteren Bruder abgetreten habe. – Mitten in diesem politischen Parteienhader ist übrigens die Vermählung der Königin fortwährend das große Volksinteresse, das sich hin und wieder in sehr naiven Zügen ausspricht. Jede gute Engländerin scheint sich mit Selbstgefühl zu sagen: „Ich bin es, die unsere Victoria verheirathet;“ während andrerseits bei dem roheren Geschlecht, zum Theil in sehr widerlichen Aeußerungen, jener brittische Geldstolz gegenüber dem Continent hervortritt, der sich bis jetzt ungeschwächt erhalten hat, obgleich Altengland keine Subsidien mehr zahlt, und auch schwerlich so bald wieder zahlen dürfte. Selbst die Rhapsoden von St. Giles und die Bänkelsänger (ballad-singers), die mit ihren Drehorgeln an den Londoner Straßenecken stehen, haben sich dieses hochzeitlichen Stoffes bemächtigt, und tragen ihre mit gutmüthigem Volkshumor versetzten lyrischen Ergüsse vor einem bunten Straßenpublicum vor. „Manchmal,“ sagt der Atlas, „ist es ein Dialog oder Duett zwischen einem Mann und einer Frau, in welchem die persönliche Schönheit des hohen Bräutigams („To win a high-born maiden's heart, his waist only measures twenty-eight inches in circumference, but his calf measures sixteen“), die bräutlichen Gefühle der jungen Fürstin – „Und hold durchschauert's ihre Magdlichkeit“ – und ihr künftiges häusliches Glück in concreter Volksweise geschildert werden.“ Ein solches Lied hebt z. 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Aber sie haben euch immer getäuscht, und werden nie ihr Wort halten. Spanier, meine Brüder, die Sache, die ihr vertheidigt, ist eine ungerechte! Ihr seyd Christen, und dürft folglich nicht für eine solche Sache euer Blut verspritzen. Spart es lieber auf zur Wiedereroberung der heiligen Religion und der Gesetze, die das Glück eurer Väter ausmachten, und bald werdet ihr in eure Heimath zurückkehren, und eure gewöhnlichen Arbeiten wieder aufnehmen können. Um den Uebeln, die auf unserm unglücklichen Vaterland lasten, den Uebeln, deren Grund allein der Mißbrauch ist, den man mit euerm Blut treibt, ein Ende zu machen, schlage ich euch Folgendes vor: Jeder von euch, der in die königliche Armee, die ich befehlige, übertritt, erhält außer einer Geldbelohnung die Erlaubniß, entweder unsern Reihen sich einzuverleiben, oder frei in seine Heimath zurückkehren zu dürfen.“</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 30 Jan.</dateline><lb/> <p>Wer in England in eine öffentliche Stellung treten will, muß etwas vom Geschlechte der Pachydermen an sich haben, d. h. er darf für die Neckereien der öffentlichen Presse, für ihre Nadelstiche wie für ihre plumpen Boxerhiebe, so wenig überempfindlich seyn, als es die Engländer in der Regel nicht sind. Dieß erfährt jetzt der künftige Gemahl der Königin. Die Tories, als hätten sie nachgerade die Hoffnung aufgegeben, daß unter Königin Victoria ihre Sonne noch einmal aufgehen könne, haben nicht nur im Parlament eine Verminderung der Apanage um 20,000 Pf. St. durchgesetzt, sondern machen auch – sie, deren staatswirthschaftliche Sparsamkeit in ironischem Sinne sprüchwörtlich geworden – in ihren Zeitungen gemeine Sache mit den Radicalen gegen die „rücksichtslose Verschwendung der servilen Whigminister.“ Die <hi rendition="#g">Times</hi> dreht von den 30,000 Pf. jeden Schilling um, und sucht zu beweisen, daß der Prinz eigentlich gar keine Apanage nöthig gehabt hätte. „Die Königin,“ sagt dieses Blatt, „bezieht von dem Land eine Civilliste von nicht weniger als 385,000 Pf. (= 4,620,000 fl. Das ist nach den Begriffen des <hi rendition="#g">armen</hi> Englands viel! Und doch ist John Bull ein Mann, der „vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat!“) Davon hat Ihre Maj. nichts zu bestreiten, als die Kosten der Hofhaltung, denn die verschiedenen königlichen Paläste in Stadt und Land werden aus einem besondern Fonds eingerichtet und unterhalten, wie denn z. B. die neuen Hofstallungen in Windsorschloß allein 140,000 Pf., d. h. das Doppelte der vom Parlament dafür votirten Summe kosten. Gleichwohl verlangen die Minister noch ein Extra-Einkommen für den Erwählten der Königin, weil, ihrer Meinung zufolge, die „Würde der Krone“ es erheischt, daß jeder Prinz und jede Prinzessin aus dem Hause Coburg, der oder die dem brittischen Königshause nahe kommt, eo ipso bereichert werde... Die angerufene Analogie zwischen der Stellung des Prinzen und einer anvermählten Königin dieser Reiche ist durchaus unstichhaltig. Letztere ist eine hohe politische Person, und wurde jederzeit als eine solche anerkannt. Im Rang reicht sie an die Krone selbst hinan. Sie hat große und wichtige Functionen zu verrichten, ernste Verantwortlichkeiten zu tragen, einen kostspieligen Hofstaat zu zeigen, viele Bedienstete zu besolden, dabei allerlei moralische und conventionelle Ansprüche, Berufungen an ihre Freigebigkeit und Protection, zu berücksichtigen. (Und der Gemahl der regierenden Königin nicht auch?) Darum bezog Königin Adelheid, bei Lebzeiten ihres hohen Gemahls, 50,000 Pf. St. jährlich. Hingegen der Gemahl einer regierenden Königin hat an allen Tagen, die Gott schenkt, vom 1 Jan. bis zum 31 Dec., auch nicht einmal eine Flasche Wein aus seinem Eigenen zu bezahlen; der Stuhl, auf dem er sitzt, das Feuer, an dem er sich wärmt, der Armleuchter, der sein Zimmer erhellt, Alles ist für ihn wie aus den Wolken gefallen. Das Pferd, das er reitet, ist aus dem königlichen Marstall, das Buch das er liest, aus der Palastbibliothek, kurz jedes Bedürfniß, jede Bequemlichkeit und jeden Schmuck des Lebens hat er ohne Kosten und Mühe, ohne Verkürzung und ohne Neid. Wenn das Hofpersonal des Prinzen Albert, wie Lord J. Russell angegeben, 7 bis 8000 Pf. St. kostet – wohl! Dann bleiben aber immer 22,000 Pf. als reines Taschengeld u. s. w.“ – Der radicale <hi rendition="#g">Spectator</hi> hat vernommen, und äußert sich ungehalten darüber, daß der königliche Bräutigam die Apanage von 2400 Pf., die er als Prinz des Coburgischen Herzogshauses bezog, unter Belastung derselben mit gewissen Annuitäten an seinen erlauchten älteren Bruder abgetreten habe. – Mitten in diesem politischen Parteienhader ist übrigens die Vermählung der Königin fortwährend das große Volksinteresse, das sich hin und wieder in sehr naiven Zügen ausspricht. Jede gute Engländerin scheint sich mit Selbstgefühl zu sagen: „Ich bin es, die unsere Victoria verheirathet;“ während andrerseits bei dem roheren Geschlecht, zum Theil in sehr widerlichen Aeußerungen, jener brittische Geldstolz gegenüber dem Continent hervortritt, der sich bis jetzt ungeschwächt erhalten hat, obgleich Altengland keine Subsidien mehr zahlt, und auch schwerlich so bald wieder zahlen dürfte. Selbst die Rhapsoden von St. Giles und die Bänkelsänger (ballad-singers), die mit ihren Drehorgeln an den Londoner Straßenecken stehen, haben sich dieses hochzeitlichen Stoffes bemächtigt, und tragen ihre mit gutmüthigem Volkshumor versetzten lyrischen Ergüsse vor einem bunten Straßenpublicum vor. „Manchmal,“ sagt der <hi rendition="#g">Atlas</hi>, „ist es ein Dialog oder Duett zwischen einem Mann und einer Frau, in welchem die persönliche Schönheit des hohen Bräutigams („To win a high-born maiden's heart, his waist only measures twenty-eight inches in circumference, but his calf measures sixteen“), die bräutlichen Gefühle der jungen Fürstin – „Und hold durchschauert's ihre Magdlichkeit“ – und ihr künftiges häusliches Glück in concreter Volksweise geschildert werden.“ Ein solches Lied hebt z. B. an:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0290/0002]
4 Schwadronen Carlisten angegriffen, und sah sich genöthigt, da er nur sechs Compagnien und zwei Schwadronen zu seiner Verfügung hatte, sich über die Brücke von Auñon nach Horche, zwei Meilen von Guadalaxara, zurückzuziehn. Indessen scheinen die Carlisten nicht weiter vorgegangen zu seyn. – Hr. Southern ist in vergangener Nacht mit dem Obristen Fox von hier nach Cadiz abgereist, um sich dort nach Lissabon einzuschiffen. Dagegen scheint es, daß Hr. Aston seine Reise hierher noch auf unbestimmte Zeit aufgeschoben hat. – Ihre Maj. die Königin Isabelle leidet an den Masern, und ist deßhalb auf ihre Gemächer beschränkt.
Ein Schreiben aus Madrid in französischen Blättern sagt: „In den Salons, die gewöhnlich am besten unterrichtet sind, gibt man folgende Wahlresultate an: die Zahl der Deputirten wird 240 seyn, darunter werden 120 gemäßigte, 80 Exaltados und 40 Zweifelhafte gerechnet. Wahrscheinlich können 8 bis 10 Exaltados durch glänzende Versprechungen gewonnen werden, und dann würde die ministerielle Majorität ziemlich compact seyn.“
Cabrera hat unterm 8 Jan. aus seinem Hauptquartier zu Herves eine Proclamation an die Soldaten Espartero's erlassen, wohl um ihnen zu beweisen, daß er noch lebe. Er fordert sie auf, zu ihm überzutreten. „Eure Anführer, sagt er, haben euch hundertmal versprochen, euch nächstens an euern Herd heimkehren, und von den Kriegsstrapazen ausruhen zu lassen. Aber sie haben euch immer getäuscht, und werden nie ihr Wort halten. Spanier, meine Brüder, die Sache, die ihr vertheidigt, ist eine ungerechte! Ihr seyd Christen, und dürft folglich nicht für eine solche Sache euer Blut verspritzen. Spart es lieber auf zur Wiedereroberung der heiligen Religion und der Gesetze, die das Glück eurer Väter ausmachten, und bald werdet ihr in eure Heimath zurückkehren, und eure gewöhnlichen Arbeiten wieder aufnehmen können. Um den Uebeln, die auf unserm unglücklichen Vaterland lasten, den Uebeln, deren Grund allein der Mißbrauch ist, den man mit euerm Blut treibt, ein Ende zu machen, schlage ich euch Folgendes vor: Jeder von euch, der in die königliche Armee, die ich befehlige, übertritt, erhält außer einer Geldbelohnung die Erlaubniß, entweder unsern Reihen sich einzuverleiben, oder frei in seine Heimath zurückkehren zu dürfen.“
Großbritannien.
London, 30 Jan.
Wer in England in eine öffentliche Stellung treten will, muß etwas vom Geschlechte der Pachydermen an sich haben, d. h. er darf für die Neckereien der öffentlichen Presse, für ihre Nadelstiche wie für ihre plumpen Boxerhiebe, so wenig überempfindlich seyn, als es die Engländer in der Regel nicht sind. Dieß erfährt jetzt der künftige Gemahl der Königin. Die Tories, als hätten sie nachgerade die Hoffnung aufgegeben, daß unter Königin Victoria ihre Sonne noch einmal aufgehen könne, haben nicht nur im Parlament eine Verminderung der Apanage um 20,000 Pf. St. durchgesetzt, sondern machen auch – sie, deren staatswirthschaftliche Sparsamkeit in ironischem Sinne sprüchwörtlich geworden – in ihren Zeitungen gemeine Sache mit den Radicalen gegen die „rücksichtslose Verschwendung der servilen Whigminister.“ Die Times dreht von den 30,000 Pf. jeden Schilling um, und sucht zu beweisen, daß der Prinz eigentlich gar keine Apanage nöthig gehabt hätte. „Die Königin,“ sagt dieses Blatt, „bezieht von dem Land eine Civilliste von nicht weniger als 385,000 Pf. (= 4,620,000 fl. Das ist nach den Begriffen des armen Englands viel! Und doch ist John Bull ein Mann, der „vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat!“) Davon hat Ihre Maj. nichts zu bestreiten, als die Kosten der Hofhaltung, denn die verschiedenen königlichen Paläste in Stadt und Land werden aus einem besondern Fonds eingerichtet und unterhalten, wie denn z. B. die neuen Hofstallungen in Windsorschloß allein 140,000 Pf., d. h. das Doppelte der vom Parlament dafür votirten Summe kosten. Gleichwohl verlangen die Minister noch ein Extra-Einkommen für den Erwählten der Königin, weil, ihrer Meinung zufolge, die „Würde der Krone“ es erheischt, daß jeder Prinz und jede Prinzessin aus dem Hause Coburg, der oder die dem brittischen Königshause nahe kommt, eo ipso bereichert werde... Die angerufene Analogie zwischen der Stellung des Prinzen und einer anvermählten Königin dieser Reiche ist durchaus unstichhaltig. Letztere ist eine hohe politische Person, und wurde jederzeit als eine solche anerkannt. Im Rang reicht sie an die Krone selbst hinan. Sie hat große und wichtige Functionen zu verrichten, ernste Verantwortlichkeiten zu tragen, einen kostspieligen Hofstaat zu zeigen, viele Bedienstete zu besolden, dabei allerlei moralische und conventionelle Ansprüche, Berufungen an ihre Freigebigkeit und Protection, zu berücksichtigen. (Und der Gemahl der regierenden Königin nicht auch?) Darum bezog Königin Adelheid, bei Lebzeiten ihres hohen Gemahls, 50,000 Pf. St. jährlich. Hingegen der Gemahl einer regierenden Königin hat an allen Tagen, die Gott schenkt, vom 1 Jan. bis zum 31 Dec., auch nicht einmal eine Flasche Wein aus seinem Eigenen zu bezahlen; der Stuhl, auf dem er sitzt, das Feuer, an dem er sich wärmt, der Armleuchter, der sein Zimmer erhellt, Alles ist für ihn wie aus den Wolken gefallen. Das Pferd, das er reitet, ist aus dem königlichen Marstall, das Buch das er liest, aus der Palastbibliothek, kurz jedes Bedürfniß, jede Bequemlichkeit und jeden Schmuck des Lebens hat er ohne Kosten und Mühe, ohne Verkürzung und ohne Neid. Wenn das Hofpersonal des Prinzen Albert, wie Lord J. Russell angegeben, 7 bis 8000 Pf. St. kostet – wohl! Dann bleiben aber immer 22,000 Pf. als reines Taschengeld u. s. w.“ – Der radicale Spectator hat vernommen, und äußert sich ungehalten darüber, daß der königliche Bräutigam die Apanage von 2400 Pf., die er als Prinz des Coburgischen Herzogshauses bezog, unter Belastung derselben mit gewissen Annuitäten an seinen erlauchten älteren Bruder abgetreten habe. – Mitten in diesem politischen Parteienhader ist übrigens die Vermählung der Königin fortwährend das große Volksinteresse, das sich hin und wieder in sehr naiven Zügen ausspricht. Jede gute Engländerin scheint sich mit Selbstgefühl zu sagen: „Ich bin es, die unsere Victoria verheirathet;“ während andrerseits bei dem roheren Geschlecht, zum Theil in sehr widerlichen Aeußerungen, jener brittische Geldstolz gegenüber dem Continent hervortritt, der sich bis jetzt ungeschwächt erhalten hat, obgleich Altengland keine Subsidien mehr zahlt, und auch schwerlich so bald wieder zahlen dürfte. Selbst die Rhapsoden von St. Giles und die Bänkelsänger (ballad-singers), die mit ihren Drehorgeln an den Londoner Straßenecken stehen, haben sich dieses hochzeitlichen Stoffes bemächtigt, und tragen ihre mit gutmüthigem Volkshumor versetzten lyrischen Ergüsse vor einem bunten Straßenpublicum vor. „Manchmal,“ sagt der Atlas, „ist es ein Dialog oder Duett zwischen einem Mann und einer Frau, in welchem die persönliche Schönheit des hohen Bräutigams („To win a high-born maiden's heart, his waist only measures twenty-eight inches in circumference, but his calf measures sixteen“), die bräutlichen Gefühle der jungen Fürstin – „Und hold durchschauert's ihre Magdlichkeit“ – und ihr künftiges häusliches Glück in concreter Volksweise geschildert werden.“ Ein solches Lied hebt z. B. an:
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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