Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 37. Augsburg, 6. Februar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

bin; aber ich würde ebenso gemein und weibisch handeln, als influirte mich wirklich die Erinnerung an jene Vorgänge, wenn ich vor der Erfüllung dessen, was ich als meine Pflicht erkannte, zurückbebte aus Furcht, daß Jemand aufstehen und mir zurufen könnte: "Sie handeln so aus Groll über jene Vorgänge." Uebrigens stimm' ich gegen das von dem edlen Lord vorgeschlagene Geldvotum nicht auf den Grund der jetzigen Finanzbedrängnisse des Landes hin (Hört!), denn das Land ist annoch reich und mächtig genug, um jede nothwendige Vorsorge für den Gemahl seiner Fürstin treffen zu können; sondern ich stimme dagegen nur darum, weil 50,000 Pf. an und für sich zu viel, und 30,000 Pf. an und für sich reichlich genug sind. (Hört, hört!) Zieh' ich mir damit ein temporäres Mißfallen zu, sey es drum; ich getröste mich der Ueberzeugung, daß ich der Krone besten Interessen gemäß handle, indem ich mit ihnen die Interessen des Volkes, so viel an mir ist, in Einklang zu bringen suche." Das Ergebniß der Abstimmung ist bekannt.

In der Unterhaussitzung am 29 Jan. wurden die Debatten über Sir J. Y. Bullers Motion, das Haus wolle seinen Mangel an Vertrauen in das jetzige Ministerium erklären, fortgesetzt. Unter einer Anzahl ziemlich obscurer Mitglieder ließ sich Hr. Muntz, das neue Mitglied für Birmingham, auf ministerieller Seite mit einer "Maiden-Speech" vernehmen, worin er sich gegen die Anspielung eines Torymitglieds mit der Bemerkung vertheidigte, theoretisch sey er allerdings ein Republicaner, und das habe er auch auf den Birminghamer Hustings gesagt; ein praktischer Republicaner aber sey er in England nicht, und im Hause sitze er als ein unabhängiges Mitglied. Die Hauptredner des Abends waren: auf der Oppositionsseite Sir James Graham, auf ministerieller Seite Lord Howick, der vorige, und Hr. Macaulay, der jetzige Kriegsminister, welchem letztern bis jetzt die Palme der Beredsamkeit in dieser Discussion gebührt. Man erwartete den Schluß derselben erst in der folgenden Sitzung.

Unter den vielen Bittschriften, die jetzt an das Parlament einlaufen, auf daß es sich für die Begnadigung Frosts und seiner Mitverurtheilten verwenden möge, befindet sich auch eine, die von 5285 Frauen der Stadt Aberdeen unterzeichnet, und mit deren Ueberreichung Lord Brougham beauftragt ist.

Frankreich.

Ueber die Resultate der Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London sind, wie wir gesehen haben, die französischen Journale unter sich sehr in Widerspruch. Auch die sonst bestunterrichteten behaupten, es sey noch zu keiner Uebereinkunft gekommen, so namentlich das Journal des Debats. Der Courrier francais meint zwar, Hr. v. Brunnow und Lord Palmerston seyen wenigstens ganz einig. Die neueste Revue des deur Mondes versichert aber, noch sey nichts verloren, der Augenblick des Handelns sey noch nicht vorüber, wenn auch die Dinge nicht mehr ganz im alten Stande seyen. Deßwegen sey das Ministerium entschlossen, diese wichtigen Unterhandlungen Hrn. Guizot anzuvertrauen. Wir verweisen übrigens auf den heutigen Brief unsers gut unterrichteten Pariser Correspondenten -.

Das vormalige Conventsmitglied Simon Camboulas, der im Convent das Departement de l'Aveyron repräsentirte, ist zu Riom gestorben.

Nach fünftägiger Berathung hat der Pairshof endlich am 31 Januar das Urtheil über die zweite Kategorie der Angeklagten des Maiaufstands in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht. Zwei der Angeklagten, Moulines und Huard, wurden wegen nicht zureichender Beweise freigesprochen; die übrigen, neun und zwanzig an der Zahl, sind eines Attentats, dessen Zweck war, 1) die Regierung zu stürzen und zu ändern, 2) die Bürger und Einwohner zur Bewaffnung gegen die königliche Behörde aufzureizen; 3) den Bürgerkrieg anzustiften durch Bewaffnung und Aufreizung der Bürger und Einwohner gegen einander, schuldig erklärt worden. Dem Art. 89 des Strafcoder zufolge wurden Ludwig August Blanqui als Hauptanstifter des Attentats zum Tod, Guignot und Clie zu fünfzehnjähriger Gefängnißstrafe (Detention), Bonnefonds, Hendrick, Herbulet, Valliere, Godard, Dubourdieu zu zehnjähriger, Espinousse und Dugros zu siebenjähriger, dreizehn andere zu fünfjähriger Gefängnißstrafe (Detention) und zu lebenslänglicher polizeilicher Aufsicht verurtheilt; drei Angeklagte wurden zu fünfjähriger und zwei zu dreijähriger Einsperrung (emprisonnement) und zu fünfjähriger polizeilicher Aufsicht verurtheilt. Um 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Die Galerien waren gedrängt voll Neugieriger, aber die größte Ruhe herrschte in den Umgebungen des Luxembourg. Gleich nach der Sitzung verfügte sich der Gressier nach dem Gefängniß und theilte jedem der Angeklagten das ihn betreffende Urtheil mit.

Mehrere Journale melden, daß Hr. Blanqui der ältere, Mitglied des Instituts, und dessen Schwägerin, Madame Blanqui, Gattin des Verurtheilten, sich am Abend in die Tuilerien begeben, und von dem König die Versicherung erhalten haben, daß die Strafe August Blanqui's umgeändert werden soll.

(Commerce.) Nach den heute (31 Jan.) von den Deputirten in den Bureaux und im Conferenzsaale kund gegebenen Gesinnungen ist die Annahme des Gesetzesentwurfs der Dotation für den Herzog von Nemours sehr zweifelhaft. Gewiß scheint, daß der Entwurf wenigstens nicht ohne Amendement durchgehen wird. Die Majorität der Deputirten scheint nicht sehr geneigt, die Beständigkeit der Dauer der Dotation zu bewilligen. Das Amendement soll bestimmen, daß diese Dotation der Revision unterworfen werden solle, wenn die Finanzverhältnisse des Prinzen eine Aenderung erfahren würden. Der Herzog von Nemours hat bekanntlich beträchtliche Erbschaften zu erwarten. Die Privatdomäne des Königs ist nicht geringer als 120 Millionen, und dieses Vermögen wird nicht unter alle Kinder des Königs getheilt. Bekanntlich ist durch eine ausdrückliche Verfügung die Privatdomäne den durch den Civilcoder bestimmten Vorschriften nicht unterworfen. Der Herzog von Orleans, der nach Eröffnung des Nachlasses seines Vaters auf den Thron kommt, wird nicht daran Theil nehmen, und eben so wenig der Herzog von Aumale, der schon durch Einkünfte von dem Nachlaß des Herzogs von Bourbon mehr als drei Millionen Einkünfte besitzt.

* In der Sitzung der Deputirtenkammer am 1 Febr. verlas der Kriegsminister einen Gesetzesentwurf zur Aushebung von 80,000 Mann auf die Classe von 1839, ferner einen Gesetzesentwurf zu Eröffnung eines Credits von 3,700,000 Fr. zur Umänderung der Steingewehre bei der Armee in Percussionsgewehre. Der Siegelbewahrer verlas einen Gesetzesentwurf zur Organisation des Staatsraths in 39 Artikeln. Die Kammer war in ziemlicher Vollständigkeit beisammen. Auf allen Bänken herrschte große Bewegung. Von allen Seiten knüpften sich lebhafte Gespräche an. Der Präsident forderte mehrmals vergeblich zur Stille auf. Die widersprechendsten Gerüchte liefen unter den Gruppen um. Die Kammer verhandelte mehrere unbedeutende Petitionen. Hr. Bresson entwickelte seinen im Einverständniß mit den HH. Defitte, Las Cases, Armez, Glais Bizoin und Lacrosse gemachten Vorschlag zur Modification des

bin; aber ich würde ebenso gemein und weibisch handeln, als influirte mich wirklich die Erinnerung an jene Vorgänge, wenn ich vor der Erfüllung dessen, was ich als meine Pflicht erkannte, zurückbebte aus Furcht, daß Jemand aufstehen und mir zurufen könnte: „Sie handeln so aus Groll über jene Vorgänge.“ Uebrigens stimm' ich gegen das von dem edlen Lord vorgeschlagene Geldvotum nicht auf den Grund der jetzigen Finanzbedrängnisse des Landes hin (Hört!), denn das Land ist annoch reich und mächtig genug, um jede nothwendige Vorsorge für den Gemahl seiner Fürstin treffen zu können; sondern ich stimme dagegen nur darum, weil 50,000 Pf. an und für sich zu viel, und 30,000 Pf. an und für sich reichlich genug sind. (Hört, hört!) Zieh' ich mir damit ein temporäres Mißfallen zu, sey es drum; ich getröste mich der Ueberzeugung, daß ich der Krone besten Interessen gemäß handle, indem ich mit ihnen die Interessen des Volkes, so viel an mir ist, in Einklang zu bringen suche.“ Das Ergebniß der Abstimmung ist bekannt.

In der Unterhaussitzung am 29 Jan. wurden die Debatten über Sir J. Y. Bullers Motion, das Haus wolle seinen Mangel an Vertrauen in das jetzige Ministerium erklären, fortgesetzt. Unter einer Anzahl ziemlich obscurer Mitglieder ließ sich Hr. Muntz, das neue Mitglied für Birmingham, auf ministerieller Seite mit einer „Maiden-Speech“ vernehmen, worin er sich gegen die Anspielung eines Torymitglieds mit der Bemerkung vertheidigte, theoretisch sey er allerdings ein Republicaner, und das habe er auch auf den Birminghamer Hustings gesagt; ein praktischer Republicaner aber sey er in England nicht, und im Hause sitze er als ein unabhängiges Mitglied. Die Hauptredner des Abends waren: auf der Oppositionsseite Sir James Graham, auf ministerieller Seite Lord Howick, der vorige, und Hr. Macaulay, der jetzige Kriegsminister, welchem letztern bis jetzt die Palme der Beredsamkeit in dieser Discussion gebührt. Man erwartete den Schluß derselben erst in der folgenden Sitzung.

Unter den vielen Bittschriften, die jetzt an das Parlament einlaufen, auf daß es sich für die Begnadigung Frosts und seiner Mitverurtheilten verwenden möge, befindet sich auch eine, die von 5285 Frauen der Stadt Aberdeen unterzeichnet, und mit deren Ueberreichung Lord Brougham beauftragt ist.

Frankreich.

Ueber die Resultate der Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London sind, wie wir gesehen haben, die französischen Journale unter sich sehr in Widerspruch. Auch die sonst bestunterrichteten behaupten, es sey noch zu keiner Uebereinkunft gekommen, so namentlich das Journal des Débats. Der Courrier français meint zwar, Hr. v. Brunnow und Lord Palmerston seyen wenigstens ganz einig. Die neueste Revue des deur Mondes versichert aber, noch sey nichts verloren, der Augenblick des Handelns sey noch nicht vorüber, wenn auch die Dinge nicht mehr ganz im alten Stande seyen. Deßwegen sey das Ministerium entschlossen, diese wichtigen Unterhandlungen Hrn. Guizot anzuvertrauen. Wir verweisen übrigens auf den heutigen Brief unsers gut unterrichteten Pariser Correspondenten –.

Das vormalige Conventsmitglied Simon Camboulas, der im Convent das Departement de l'Aveyron repräsentirte, ist zu Riom gestorben.

Nach fünftägiger Berathung hat der Pairshof endlich am 31 Januar das Urtheil über die zweite Kategorie der Angeklagten des Maiaufstands in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht. Zwei der Angeklagten, Moulines und Huard, wurden wegen nicht zureichender Beweise freigesprochen; die übrigen, neun und zwanzig an der Zahl, sind eines Attentats, dessen Zweck war, 1) die Regierung zu stürzen und zu ändern, 2) die Bürger und Einwohner zur Bewaffnung gegen die königliche Behörde aufzureizen; 3) den Bürgerkrieg anzustiften durch Bewaffnung und Aufreizung der Bürger und Einwohner gegen einander, schuldig erklärt worden. Dem Art. 89 des Strafcoder zufolge wurden Ludwig August Blanqui als Hauptanstifter des Attentats zum Tod, Guignot und Clie zu fünfzehnjähriger Gefängnißstrafe (Detention), Bonnefonds, Hendrick, Herbulet, Valliere, Godard, Dubourdieu zu zehnjähriger, Espinousse und Dugros zu siebenjähriger, dreizehn andere zu fünfjähriger Gefängnißstrafe (Detention) und zu lebenslänglicher polizeilicher Aufsicht verurtheilt; drei Angeklagte wurden zu fünfjähriger und zwei zu dreijähriger Einsperrung (emprisonnement) und zu fünfjähriger polizeilicher Aufsicht verurtheilt. Um 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Die Galerien waren gedrängt voll Neugieriger, aber die größte Ruhe herrschte in den Umgebungen des Luxembourg. Gleich nach der Sitzung verfügte sich der Gressier nach dem Gefängniß und theilte jedem der Angeklagten das ihn betreffende Urtheil mit.

Mehrere Journale melden, daß Hr. Blanqui der ältere, Mitglied des Instituts, und dessen Schwägerin, Madame Blanqui, Gattin des Verurtheilten, sich am Abend in die Tuilerien begeben, und von dem König die Versicherung erhalten haben, daß die Strafe August Blanqui's umgeändert werden soll.

(Commerce.) Nach den heute (31 Jan.) von den Deputirten in den Bureaux und im Conferenzsaale kund gegebenen Gesinnungen ist die Annahme des Gesetzesentwurfs der Dotation für den Herzog von Nemours sehr zweifelhaft. Gewiß scheint, daß der Entwurf wenigstens nicht ohne Amendement durchgehen wird. Die Majorität der Deputirten scheint nicht sehr geneigt, die Beständigkeit der Dauer der Dotation zu bewilligen. Das Amendement soll bestimmen, daß diese Dotation der Revision unterworfen werden solle, wenn die Finanzverhältnisse des Prinzen eine Aenderung erfahren würden. Der Herzog von Nemours hat bekanntlich beträchtliche Erbschaften zu erwarten. Die Privatdomäne des Königs ist nicht geringer als 120 Millionen, und dieses Vermögen wird nicht unter alle Kinder des Königs getheilt. Bekanntlich ist durch eine ausdrückliche Verfügung die Privatdomäne den durch den Civilcoder bestimmten Vorschriften nicht unterworfen. Der Herzog von Orleans, der nach Eröffnung des Nachlasses seines Vaters auf den Thron kommt, wird nicht daran Theil nehmen, und eben so wenig der Herzog von Aumale, der schon durch Einkünfte von dem Nachlaß des Herzogs von Bourbon mehr als drei Millionen Einkünfte besitzt.

* In der Sitzung der Deputirtenkammer am 1 Febr. verlas der Kriegsminister einen Gesetzesentwurf zur Aushebung von 80,000 Mann auf die Classe von 1839, ferner einen Gesetzesentwurf zu Eröffnung eines Credits von 3,700,000 Fr. zur Umänderung der Steingewehre bei der Armee in Percussionsgewehre. Der Siegelbewahrer verlas einen Gesetzesentwurf zur Organisation des Staatsraths in 39 Artikeln. Die Kammer war in ziemlicher Vollständigkeit beisammen. Auf allen Bänken herrschte große Bewegung. Von allen Seiten knüpften sich lebhafte Gespräche an. Der Präsident forderte mehrmals vergeblich zur Stille auf. Die widersprechendsten Gerüchte liefen unter den Gruppen um. Die Kammer verhandelte mehrere unbedeutende Petitionen. Hr. Bresson entwickelte seinen im Einverständniß mit den HH. Defitte, Las Cases, Armez, Glais Bizoin und Lacrosse gemachten Vorschlag zur Modification des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0004" n="0292"/>
bin; aber ich würde ebenso gemein und weibisch handeln, als influirte mich wirklich die Erinnerung an jene Vorgänge, wenn ich vor der Erfüllung dessen, was ich als meine Pflicht erkannte, zurückbebte aus Furcht, daß Jemand aufstehen und mir zurufen könnte: &#x201E;Sie handeln so aus Groll über jene Vorgänge.&#x201C; Uebrigens stimm' ich gegen das von dem edlen Lord vorgeschlagene Geldvotum <hi rendition="#g">nicht</hi> auf den Grund der jetzigen Finanzbedrängnisse des Landes hin (Hört!), denn das Land ist annoch reich und mächtig genug, um jede nothwendige Vorsorge für den Gemahl seiner Fürstin treffen zu können; sondern ich stimme dagegen nur darum, weil 50,000 Pf. an und für sich zu viel, und 30,000 Pf. an und für sich reichlich genug sind. (Hört, hört!) Zieh' ich mir damit ein temporäres Mißfallen zu, sey es drum; ich getröste mich der Ueberzeugung, daß ich der Krone besten Interessen gemäß handle, indem ich mit ihnen die Interessen des Volkes, so viel an mir ist, in Einklang zu bringen suche.&#x201C; Das Ergebniß der Abstimmung ist bekannt.</p><lb/>
          <p>In der <hi rendition="#g">Unterhaussitzung</hi> am 29 Jan. wurden die Debatten über Sir J. Y. Bullers Motion, das Haus wolle seinen Mangel an Vertrauen in das jetzige Ministerium erklären, fortgesetzt. Unter einer Anzahl ziemlich obscurer Mitglieder ließ sich Hr. <hi rendition="#g">Muntz</hi>, das neue Mitglied für Birmingham, auf ministerieller Seite mit einer &#x201E;Maiden-Speech&#x201C; vernehmen, worin er sich gegen die Anspielung eines Torymitglieds mit der Bemerkung vertheidigte, theoretisch sey er allerdings ein Republicaner, und das habe er auch auf den Birminghamer Hustings gesagt; ein praktischer Republicaner aber sey er in England nicht, und im Hause sitze er als ein unabhängiges Mitglied. Die Hauptredner des Abends waren: auf der Oppositionsseite Sir James <hi rendition="#g">Graham</hi>, auf ministerieller Seite Lord <hi rendition="#g">Howick</hi>, der vorige, und Hr. <hi rendition="#g">Macaulay</hi>, der jetzige Kriegsminister, welchem letztern bis jetzt die Palme der Beredsamkeit in dieser Discussion gebührt. Man erwartete den Schluß derselben erst in der folgenden Sitzung.</p><lb/>
          <p>Unter den vielen Bittschriften, die jetzt an das Parlament einlaufen, auf daß es sich für die Begnadigung Frosts und seiner Mitverurtheilten verwenden möge, befindet sich auch eine, die von 5285 Frauen der Stadt Aberdeen unterzeichnet, und mit deren Ueberreichung Lord Brougham beauftragt ist.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 1 Febr.</dateline>
          <p/><lb/>
          <p>Ueber die Resultate der Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London sind, wie wir gesehen haben, die französischen Journale unter sich sehr in Widerspruch. Auch die sonst bestunterrichteten behaupten, es sey noch zu keiner Uebereinkunft gekommen, so namentlich das <hi rendition="#g">Journal des Débats</hi>. Der <hi rendition="#g">Courrier français</hi> meint zwar, Hr. v. Brunnow und Lord Palmerston seyen wenigstens ganz einig. Die neueste <hi rendition="#g">Revue des deur Mondes</hi> versichert aber, noch sey nichts verloren, der Augenblick des Handelns sey noch nicht vorüber, wenn auch die Dinge nicht mehr ganz im alten Stande seyen. Deßwegen sey das Ministerium entschlossen, diese wichtigen Unterhandlungen Hrn. Guizot anzuvertrauen. Wir verweisen übrigens auf den heutigen Brief unsers gut unterrichteten Pariser Correspondenten &#x2013;.</p><lb/>
          <p>Das vormalige Conventsmitglied Simon Camboulas, der im Convent das Departement de l'Aveyron repräsentirte, ist zu Riom gestorben.</p><lb/>
          <p>Nach fünftägiger Berathung hat der Pairshof endlich am 31 Januar das Urtheil über die zweite Kategorie der Angeklagten des Maiaufstands in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht. Zwei der Angeklagten, Moulines und Huard, wurden wegen nicht zureichender Beweise freigesprochen; die übrigen, neun und zwanzig an der Zahl, sind eines Attentats, dessen Zweck war, 1) die Regierung zu stürzen und zu ändern, 2) die Bürger und Einwohner zur Bewaffnung gegen die königliche Behörde aufzureizen; 3) den Bürgerkrieg anzustiften durch Bewaffnung und Aufreizung der Bürger und Einwohner gegen einander, schuldig erklärt worden. Dem Art. 89 des Strafcoder zufolge wurden <hi rendition="#g">Ludwig August Blanqui</hi> als Hauptanstifter des Attentats zum <hi rendition="#g">Tod</hi>, <hi rendition="#g">Guignot</hi> und <hi rendition="#g">Clie</hi> zu fünfzehnjähriger Gefängnißstrafe (Detention), Bonnefonds, Hendrick, Herbulet, Valliere, Godard, Dubourdieu zu zehnjähriger, Espinousse und Dugros zu siebenjähriger, dreizehn andere zu fünfjähriger Gefängnißstrafe (Detention) und zu lebenslänglicher polizeilicher Aufsicht verurtheilt; drei Angeklagte wurden zu fünfjähriger und zwei zu dreijähriger Einsperrung (emprisonnement) und zu fünfjähriger polizeilicher Aufsicht verurtheilt. Um 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Die Galerien waren gedrängt voll Neugieriger, aber die größte Ruhe herrschte in den Umgebungen des Luxembourg. Gleich nach der Sitzung verfügte sich der Gressier nach dem Gefängniß und theilte jedem der Angeklagten das ihn betreffende Urtheil mit.</p><lb/>
          <p>Mehrere Journale melden, daß Hr. Blanqui der ältere, Mitglied des Instituts, und dessen Schwägerin, Madame Blanqui, Gattin des Verurtheilten, sich am Abend in die Tuilerien begeben, und von dem König die Versicherung erhalten haben, daß die Strafe August Blanqui's umgeändert werden soll.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Commerce</hi>.) Nach den heute (31 Jan.) von den Deputirten in den Bureaux und im Conferenzsaale kund gegebenen Gesinnungen ist die Annahme des Gesetzesentwurfs der Dotation für den Herzog von Nemours sehr zweifelhaft. Gewiß scheint, daß der Entwurf wenigstens nicht ohne Amendement durchgehen wird. Die Majorität der Deputirten scheint nicht sehr geneigt, die Beständigkeit der Dauer der Dotation zu bewilligen. Das Amendement soll bestimmen, daß diese Dotation der Revision unterworfen werden solle, wenn die Finanzverhältnisse des Prinzen eine Aenderung erfahren würden. Der Herzog von Nemours hat bekanntlich beträchtliche Erbschaften zu erwarten. Die Privatdomäne des Königs ist nicht geringer als 120 Millionen, und dieses Vermögen wird nicht unter alle Kinder des Königs getheilt. Bekanntlich ist durch eine ausdrückliche Verfügung die Privatdomäne den durch den Civilcoder bestimmten Vorschriften nicht unterworfen. Der Herzog von Orleans, der nach Eröffnung des Nachlasses seines Vaters auf den Thron kommt, wird nicht daran Theil nehmen, und eben so wenig der Herzog von Aumale, der schon durch Einkünfte von dem Nachlaß des Herzogs von Bourbon mehr als drei Millionen Einkünfte besitzt.</p><lb/>
          <p><bibl>*</bibl> In der Sitzung der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> am 1 Febr. verlas der Kriegsminister einen Gesetzesentwurf zur Aushebung von 80,000 Mann auf die Classe von 1839, ferner einen Gesetzesentwurf zu Eröffnung eines Credits von 3,700,000 Fr. zur Umänderung der Steingewehre bei der Armee in Percussionsgewehre. Der Siegelbewahrer verlas einen Gesetzesentwurf zur Organisation des Staatsraths in 39 Artikeln. Die Kammer war in ziemlicher Vollständigkeit beisammen. Auf allen Bänken herrschte große Bewegung. Von allen Seiten knüpften sich lebhafte Gespräche an. Der Präsident forderte mehrmals vergeblich zur Stille auf. Die widersprechendsten Gerüchte liefen unter den Gruppen um. Die Kammer verhandelte mehrere unbedeutende Petitionen. Hr. Bresson entwickelte seinen im Einverständniß mit den HH. Defitte, Las Cases, Armez, Glais Bizoin und Lacrosse gemachten Vorschlag zur Modification des<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0292/0004] bin; aber ich würde ebenso gemein und weibisch handeln, als influirte mich wirklich die Erinnerung an jene Vorgänge, wenn ich vor der Erfüllung dessen, was ich als meine Pflicht erkannte, zurückbebte aus Furcht, daß Jemand aufstehen und mir zurufen könnte: „Sie handeln so aus Groll über jene Vorgänge.“ Uebrigens stimm' ich gegen das von dem edlen Lord vorgeschlagene Geldvotum nicht auf den Grund der jetzigen Finanzbedrängnisse des Landes hin (Hört!), denn das Land ist annoch reich und mächtig genug, um jede nothwendige Vorsorge für den Gemahl seiner Fürstin treffen zu können; sondern ich stimme dagegen nur darum, weil 50,000 Pf. an und für sich zu viel, und 30,000 Pf. an und für sich reichlich genug sind. (Hört, hört!) Zieh' ich mir damit ein temporäres Mißfallen zu, sey es drum; ich getröste mich der Ueberzeugung, daß ich der Krone besten Interessen gemäß handle, indem ich mit ihnen die Interessen des Volkes, so viel an mir ist, in Einklang zu bringen suche.“ Das Ergebniß der Abstimmung ist bekannt. In der Unterhaussitzung am 29 Jan. wurden die Debatten über Sir J. Y. Bullers Motion, das Haus wolle seinen Mangel an Vertrauen in das jetzige Ministerium erklären, fortgesetzt. Unter einer Anzahl ziemlich obscurer Mitglieder ließ sich Hr. Muntz, das neue Mitglied für Birmingham, auf ministerieller Seite mit einer „Maiden-Speech“ vernehmen, worin er sich gegen die Anspielung eines Torymitglieds mit der Bemerkung vertheidigte, theoretisch sey er allerdings ein Republicaner, und das habe er auch auf den Birminghamer Hustings gesagt; ein praktischer Republicaner aber sey er in England nicht, und im Hause sitze er als ein unabhängiges Mitglied. Die Hauptredner des Abends waren: auf der Oppositionsseite Sir James Graham, auf ministerieller Seite Lord Howick, der vorige, und Hr. Macaulay, der jetzige Kriegsminister, welchem letztern bis jetzt die Palme der Beredsamkeit in dieser Discussion gebührt. Man erwartete den Schluß derselben erst in der folgenden Sitzung. Unter den vielen Bittschriften, die jetzt an das Parlament einlaufen, auf daß es sich für die Begnadigung Frosts und seiner Mitverurtheilten verwenden möge, befindet sich auch eine, die von 5285 Frauen der Stadt Aberdeen unterzeichnet, und mit deren Ueberreichung Lord Brougham beauftragt ist. Frankreich. Paris, 1 Febr. Ueber die Resultate der Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow in London sind, wie wir gesehen haben, die französischen Journale unter sich sehr in Widerspruch. Auch die sonst bestunterrichteten behaupten, es sey noch zu keiner Uebereinkunft gekommen, so namentlich das Journal des Débats. Der Courrier français meint zwar, Hr. v. Brunnow und Lord Palmerston seyen wenigstens ganz einig. Die neueste Revue des deur Mondes versichert aber, noch sey nichts verloren, der Augenblick des Handelns sey noch nicht vorüber, wenn auch die Dinge nicht mehr ganz im alten Stande seyen. Deßwegen sey das Ministerium entschlossen, diese wichtigen Unterhandlungen Hrn. Guizot anzuvertrauen. Wir verweisen übrigens auf den heutigen Brief unsers gut unterrichteten Pariser Correspondenten –. Das vormalige Conventsmitglied Simon Camboulas, der im Convent das Departement de l'Aveyron repräsentirte, ist zu Riom gestorben. Nach fünftägiger Berathung hat der Pairshof endlich am 31 Januar das Urtheil über die zweite Kategorie der Angeklagten des Maiaufstands in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht. Zwei der Angeklagten, Moulines und Huard, wurden wegen nicht zureichender Beweise freigesprochen; die übrigen, neun und zwanzig an der Zahl, sind eines Attentats, dessen Zweck war, 1) die Regierung zu stürzen und zu ändern, 2) die Bürger und Einwohner zur Bewaffnung gegen die königliche Behörde aufzureizen; 3) den Bürgerkrieg anzustiften durch Bewaffnung und Aufreizung der Bürger und Einwohner gegen einander, schuldig erklärt worden. Dem Art. 89 des Strafcoder zufolge wurden Ludwig August Blanqui als Hauptanstifter des Attentats zum Tod, Guignot und Clie zu fünfzehnjähriger Gefängnißstrafe (Detention), Bonnefonds, Hendrick, Herbulet, Valliere, Godard, Dubourdieu zu zehnjähriger, Espinousse und Dugros zu siebenjähriger, dreizehn andere zu fünfjähriger Gefängnißstrafe (Detention) und zu lebenslänglicher polizeilicher Aufsicht verurtheilt; drei Angeklagte wurden zu fünfjähriger und zwei zu dreijähriger Einsperrung (emprisonnement) und zu fünfjähriger polizeilicher Aufsicht verurtheilt. Um 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Die Galerien waren gedrängt voll Neugieriger, aber die größte Ruhe herrschte in den Umgebungen des Luxembourg. Gleich nach der Sitzung verfügte sich der Gressier nach dem Gefängniß und theilte jedem der Angeklagten das ihn betreffende Urtheil mit. Mehrere Journale melden, daß Hr. Blanqui der ältere, Mitglied des Instituts, und dessen Schwägerin, Madame Blanqui, Gattin des Verurtheilten, sich am Abend in die Tuilerien begeben, und von dem König die Versicherung erhalten haben, daß die Strafe August Blanqui's umgeändert werden soll. (Commerce.) Nach den heute (31 Jan.) von den Deputirten in den Bureaux und im Conferenzsaale kund gegebenen Gesinnungen ist die Annahme des Gesetzesentwurfs der Dotation für den Herzog von Nemours sehr zweifelhaft. Gewiß scheint, daß der Entwurf wenigstens nicht ohne Amendement durchgehen wird. Die Majorität der Deputirten scheint nicht sehr geneigt, die Beständigkeit der Dauer der Dotation zu bewilligen. Das Amendement soll bestimmen, daß diese Dotation der Revision unterworfen werden solle, wenn die Finanzverhältnisse des Prinzen eine Aenderung erfahren würden. Der Herzog von Nemours hat bekanntlich beträchtliche Erbschaften zu erwarten. Die Privatdomäne des Königs ist nicht geringer als 120 Millionen, und dieses Vermögen wird nicht unter alle Kinder des Königs getheilt. Bekanntlich ist durch eine ausdrückliche Verfügung die Privatdomäne den durch den Civilcoder bestimmten Vorschriften nicht unterworfen. Der Herzog von Orleans, der nach Eröffnung des Nachlasses seines Vaters auf den Thron kommt, wird nicht daran Theil nehmen, und eben so wenig der Herzog von Aumale, der schon durch Einkünfte von dem Nachlaß des Herzogs von Bourbon mehr als drei Millionen Einkünfte besitzt. * In der Sitzung der Deputirtenkammer am 1 Febr. verlas der Kriegsminister einen Gesetzesentwurf zur Aushebung von 80,000 Mann auf die Classe von 1839, ferner einen Gesetzesentwurf zu Eröffnung eines Credits von 3,700,000 Fr. zur Umänderung der Steingewehre bei der Armee in Percussionsgewehre. Der Siegelbewahrer verlas einen Gesetzesentwurf zur Organisation des Staatsraths in 39 Artikeln. Die Kammer war in ziemlicher Vollständigkeit beisammen. Auf allen Bänken herrschte große Bewegung. Von allen Seiten knüpften sich lebhafte Gespräche an. Der Präsident forderte mehrmals vergeblich zur Stille auf. Die widersprechendsten Gerüchte liefen unter den Gruppen um. Die Kammer verhandelte mehrere unbedeutende Petitionen. Hr. Bresson entwickelte seinen im Einverständniß mit den HH. Defitte, Las Cases, Armez, Glais Bizoin und Lacrosse gemachten Vorschlag zur Modification des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_037_18400206
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_037_18400206/4
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 37. Augsburg, 6. Februar 1840, S. 0292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_037_18400206/4>, abgerufen am 21.11.2024.