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Allgemeine Zeitung. Nr. 40. Augsburg, 9. Februar 1840.

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Die Revue de Paris meint, die Ernennung des Hrn. Guizot zum Botschafter in London sey ein stilles Geständniß der Verlegenheiten des Ministeriums in den auswärtigen Angelegenheiten. Um den schlimmen Eindruck, welchen die Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow mit dem brittischen Cabinet erzeugten, zu zerstören, wollte das Ministerium irgend eine Maaßregel ergreifen, und hoffte vielleicht durch die Weigerung der Krone, den General Sebastiani zurückzurufen, erwünschten Anlaß zu einem eclatanten Rücktritt zu erhalten. Auf diese Weise wäre es jeder Verantwortlichkeit glücklich entgangen. Daß dieß die Absicht des Ministeriums gewesen, sey wahrscheinlicher, als die Deutung einiger Blätter, welche in dem Vorgang nur eine zwischen dem Cabinet und der Krone im voraus abgemachte Komödie gesehen. Sehr ernstlich habe die Krone den General Sebastiani gegen das Ministerium in Schutz genommen, zuletzt aber der einstimmigen Meinung des Conseils nachgegeben. Am Tage nach der Unterzeichnung der Ernennung des Hrn. Guizot sey eine lange und wichtige Depesche vom General Sebastiani über die orientalische Frage eingelaufen, worin der Botschafter bewiesen habe, daß er seine Instructionen treu befolgt. Der König, welcher die Depesche vom Marschall Soult erhalten, habe sie alsbald dem Minister mitgetheilt, welcher am stärksten auf der Zurückberufung Sebastiani's bestanden; der König habe ihn dabei gefragt, ob er glaube, daß diese Depesche von einem ganz abgenützten Mann verfaßt worden. Graf Sebastiani, fügt die Revue bei, habe damals von seiner Zurückberufung noch nicht die leiseste Ahnung gehabt. Uebrigens sey Hr. Guizot seinem neuen Posten ganz gewachsen, und werde wohl auch eine gute Aufnahme in einem Lande finden, wo eine berühmte, ausgezeichnete Persönlichkeit stets hochgeachtet und willkommen sey. "Soll man aber, fährt die Revue de Paris fort, die nahe Abreise des Hrn. Guizot mit der Annahme eines andern Systems in Verbindung bringen, wie dieß bei Hrn. v. Pontois' Ernennung geschah? Es würde von zu viel gutmüthiger Leichtgläubigkeit zeugen, wollte man zweimal in die gleiche Illusion verfallen. Das Cabinet wechselt die Botschafter nur, um der öffentlichen Unterhaltung einen Nahrungsstoff zu geben; es glaubt, ein Wechsel der Personen werde seiner Politik einen Schein von Kraft leihen. So oft der Marschall Soult sich einer von ihm nicht vorausgesehenen ernsten Schwierigkeit gegenüber sieht, kommt er in Verlegenheit, geräth in Aufwallung, und glaubt sich aus der Sache zu ziehen, wenn er es die Personen entgelten läßt. So sind bereits zwei Botschafter unter ihm gefallen. Es sind dieß die einzigen Resultate, die uns das jetzige Ministerium hinsichtlich der orientalischen Frage vorzulegen hat. Wir wollen nun sehen, ob jene zwei Zurückberufungen einige Früchte tragen werden. Vielleicht handelt Hr. v. Soult mehr nach plötzlichen, unerwarteten Einfällen, als er beharrlich einen angenommenen Plan verfolgt. Manchmal treiben auch die Rückerinnerungen seines glorreichen Handwerks mit dem alten Marschall ihr Spiel. Wenn Graf Medem sich bei ihm über die Art beschwert, in der unsere Journale sich gegen Rußland äußern, ruft Marschall Soult aus: Glaubt ihr, daß ich die Kanonen fürchte? - Es werden keine Kanonenschüsse fallen, äußerte eine erlauchte Person, welchem der russische Geschäftsträger die kriegerischen Worte des Marschalls mittheilte. Es handelt sich nicht von Krieg, sondern von Diplomatie, kein Aufbrausen, sondern Geschicklichkeit ist dabei nothwendig. Am Ende wird aber doch wohl für das Cabinet der Augenblick kommen, wo es seine auswärtige Politik darlegen muß. Jener zweifache Botschafterwechsel macht parlamentarische Erläuterungen nöthig; vielleicht wird General Sebastiani bei seiner Rückkehr weniger schweigsam als Admiral Roussin seyn, und auf der Rednerbühne über die englische Allianz Aufklärung geben."

Hr. Genoude ist nach 52tägiger Abwesenheit von Rom zurück wieder in Paris angekommen.

Die Abfahrt der von dem Pairshof verurtheilten 18 Individuen hat in der Nacht vom 2 auf den 3 Febr. stattgefunden. Sie erfolgte in zwei Cellenwägen, dem einen mit 7, dem andern mit 11 Plätzen im Hofe der Conciergerie. In den Wagen mit sieben Plätzen wurden Blanqui, Quignot, Charles, Hendrick, Herbulet, Godard und Dubourdieu gebracht und nach Mont St. Michel abgeführt. Im zweiten Wagen, der nach Doullens fuhr, saßen Elie, Bonnefond, Valiere, Espinousse, Dugrospre, Pieford, Faucillon, Lombard, Simon, Hubert und Petermann. Vor der Abfahrt haben die Verurtheilten, den Verordnungen gemäß, dem Brigadier ihr Geld und ihren Tabak abgeliefert. Die meisten verhielten sich still und ruhig; Blanqui schien niedergeschlagen und leidend. Bei der Frage über seine Identität in Betreff der über ihn verhängten Strafe antwortete er: "Ich weiß nicht, ich habe das Urtheil nicht gehört." Blanqui hatte dringend gebeten, während der Hinfahrt einen Roman von Alexander Dumas behalten zu dürfen; die bestehenden Verordnungen gestatteten dieß aber nicht. Auf speciellen Befehl des Ministers des Innern wurden keinem der Verurtheilten Ketten angelegt.

Dem National wird aus London geschrieben, daß Capitän Driver wegen des derben Briefs, den er kürzlich gegen die Franzosen an die Times gerichtet, von einem in London anwesenden Franzosen eine Ausforderung erhalten habe. Die beiden Zeugen, welche dem Commandanten des Kauffahrteischiffs Greenlaw die Ausforderung überbrachten, fanden statt einer martialischen Gestalt, wie sie nach der donnernden Schreibart des Briefs sich vorgestellt hatten, einen kleinen dicken Seemann von 50 bis 55 Jahren, der nicht einmal zugestanden, daß er jenes Schreiben verfaßt, sondern jede Antwort verweigert und die Ausforderung zurückgewiesen habe. (Es ist auffallend, und mindestens gegen das Herkommen, daß der National die Namen der Ausforderer verschweigt.)

Marschall Valee hat unterm 25 Jan. an den Kriegsminister folgenden Bericht geschickt: "Die Araber, welche sich seit dem Gefecht vom 25 Jan. nicht mehr in der Metidscha gezeigt hatten, erschienen gestern am 24 Jan. wieder. Eine Colonne von ungefähr 1500 Reitern überschritt die Chiffa und näherte sich dem Blockhaus Mered, um die nach dem Gehölze geschickten Detaschements des 23sten Linienregiments zu beunruhigen. Obrist Gueswiller rückte zum Schutze dieser Detaschements von Buffarik gegen den Feind an. Ein Gefecht entspann sich, in welchem uns drei Mann verwundet wurden. Der Feind zog sich zurück, nachdem er einige Leute verloren hatte. General Duvivier meldet mir, daß die arabische Infanterie sich auf dem nördlichen Abhang des Atlas gezeigt hat. Ein Mann wurde unter den Mauern von Belida getödtet. Die erste Division, welche im Westen steht, hat gegenwärtig 10,000 Mann verfügbare Truppen. General d'Houdetot ist demnach im Stand, in allen Fällen den Kampf anzunehmen. - General Guehenneuc erstattet mir Bericht über zwei in der Provinz Oran vorgefallene Gefechte. Am 17 Jan. haben die Reiter Buhamedi's den Duairs und Zmelas Heerden abgenommen. General Mustapha nahm dem Feind diese Heerden wieder ab und verfolgte ihn. General Guehenneuc ließ diese Bewegung durch eine französische Colonne unterstützen, welche sich dem Plateau Sidi-Mussa, wo Buhamedi sein Lager hatte, näherte. Der Feind wagte nicht, den Kampf anzunehmen: die einbrechende Nacht zwang unsere Truppen zum Rückzug. Am 22 Jan.

Die Revue de Paris meint, die Ernennung des Hrn. Guizot zum Botschafter in London sey ein stilles Geständniß der Verlegenheiten des Ministeriums in den auswärtigen Angelegenheiten. Um den schlimmen Eindruck, welchen die Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow mit dem brittischen Cabinet erzeugten, zu zerstören, wollte das Ministerium irgend eine Maaßregel ergreifen, und hoffte vielleicht durch die Weigerung der Krone, den General Sebastiani zurückzurufen, erwünschten Anlaß zu einem eclatanten Rücktritt zu erhalten. Auf diese Weise wäre es jeder Verantwortlichkeit glücklich entgangen. Daß dieß die Absicht des Ministeriums gewesen, sey wahrscheinlicher, als die Deutung einiger Blätter, welche in dem Vorgang nur eine zwischen dem Cabinet und der Krone im voraus abgemachte Komödie gesehen. Sehr ernstlich habe die Krone den General Sebastiani gegen das Ministerium in Schutz genommen, zuletzt aber der einstimmigen Meinung des Conseils nachgegeben. Am Tage nach der Unterzeichnung der Ernennung des Hrn. Guizot sey eine lange und wichtige Depesche vom General Sebastiani über die orientalische Frage eingelaufen, worin der Botschafter bewiesen habe, daß er seine Instructionen treu befolgt. Der König, welcher die Depesche vom Marschall Soult erhalten, habe sie alsbald dem Minister mitgetheilt, welcher am stärksten auf der Zurückberufung Sebastiani's bestanden; der König habe ihn dabei gefragt, ob er glaube, daß diese Depesche von einem ganz abgenützten Mann verfaßt worden. Graf Sebastiani, fügt die Revue bei, habe damals von seiner Zurückberufung noch nicht die leiseste Ahnung gehabt. Uebrigens sey Hr. Guizot seinem neuen Posten ganz gewachsen, und werde wohl auch eine gute Aufnahme in einem Lande finden, wo eine berühmte, ausgezeichnete Persönlichkeit stets hochgeachtet und willkommen sey. „Soll man aber, fährt die Revue de Paris fort, die nahe Abreise des Hrn. Guizot mit der Annahme eines andern Systems in Verbindung bringen, wie dieß bei Hrn. v. Pontois' Ernennung geschah? Es würde von zu viel gutmüthiger Leichtgläubigkeit zeugen, wollte man zweimal in die gleiche Illusion verfallen. Das Cabinet wechselt die Botschafter nur, um der öffentlichen Unterhaltung einen Nahrungsstoff zu geben; es glaubt, ein Wechsel der Personen werde seiner Politik einen Schein von Kraft leihen. So oft der Marschall Soult sich einer von ihm nicht vorausgesehenen ernsten Schwierigkeit gegenüber sieht, kommt er in Verlegenheit, geräth in Aufwallung, und glaubt sich aus der Sache zu ziehen, wenn er es die Personen entgelten läßt. So sind bereits zwei Botschafter unter ihm gefallen. Es sind dieß die einzigen Resultate, die uns das jetzige Ministerium hinsichtlich der orientalischen Frage vorzulegen hat. Wir wollen nun sehen, ob jene zwei Zurückberufungen einige Früchte tragen werden. Vielleicht handelt Hr. v. Soult mehr nach plötzlichen, unerwarteten Einfällen, als er beharrlich einen angenommenen Plan verfolgt. Manchmal treiben auch die Rückerinnerungen seines glorreichen Handwerks mit dem alten Marschall ihr Spiel. Wenn Graf Medem sich bei ihm über die Art beschwert, in der unsere Journale sich gegen Rußland äußern, ruft Marschall Soult aus: Glaubt ihr, daß ich die Kanonen fürchte? – Es werden keine Kanonenschüsse fallen, äußerte eine erlauchte Person, welchem der russische Geschäftsträger die kriegerischen Worte des Marschalls mittheilte. Es handelt sich nicht von Krieg, sondern von Diplomatie, kein Aufbrausen, sondern Geschicklichkeit ist dabei nothwendig. Am Ende wird aber doch wohl für das Cabinet der Augenblick kommen, wo es seine auswärtige Politik darlegen muß. Jener zweifache Botschafterwechsel macht parlamentarische Erläuterungen nöthig; vielleicht wird General Sebastiani bei seiner Rückkehr weniger schweigsam als Admiral Roussin seyn, und auf der Rednerbühne über die englische Allianz Aufklärung geben.“

Hr. Genoude ist nach 52tägiger Abwesenheit von Rom zurück wieder in Paris angekommen.

Die Abfahrt der von dem Pairshof verurtheilten 18 Individuen hat in der Nacht vom 2 auf den 3 Febr. stattgefunden. Sie erfolgte in zwei Cellenwägen, dem einen mit 7, dem andern mit 11 Plätzen im Hofe der Conciergerie. In den Wagen mit sieben Plätzen wurden Blanqui, Quignot, Charles, Hendrick, Herbulet, Godard und Dubourdieu gebracht und nach Mont St. Michel abgeführt. Im zweiten Wagen, der nach Doullens fuhr, saßen Elie, Bonnefond, Valière, Espinousse, Dugrospré, Piéford, Faucillon, Lombard, Simon, Hubert und Petermann. Vor der Abfahrt haben die Verurtheilten, den Verordnungen gemäß, dem Brigadier ihr Geld und ihren Tabak abgeliefert. Die meisten verhielten sich still und ruhig; Blanqui schien niedergeschlagen und leidend. Bei der Frage über seine Identität in Betreff der über ihn verhängten Strafe antwortete er: „Ich weiß nicht, ich habe das Urtheil nicht gehört.“ Blanqui hatte dringend gebeten, während der Hinfahrt einen Roman von Alexander Dumas behalten zu dürfen; die bestehenden Verordnungen gestatteten dieß aber nicht. Auf speciellen Befehl des Ministers des Innern wurden keinem der Verurtheilten Ketten angelegt.

Dem National wird aus London geschrieben, daß Capitän Driver wegen des derben Briefs, den er kürzlich gegen die Franzosen an die Times gerichtet, von einem in London anwesenden Franzosen eine Ausforderung erhalten habe. Die beiden Zeugen, welche dem Commandanten des Kauffahrteischiffs Greenlaw die Ausforderung überbrachten, fanden statt einer martialischen Gestalt, wie sie nach der donnernden Schreibart des Briefs sich vorgestellt hatten, einen kleinen dicken Seemann von 50 bis 55 Jahren, der nicht einmal zugestanden, daß er jenes Schreiben verfaßt, sondern jede Antwort verweigert und die Ausforderung zurückgewiesen habe. (Es ist auffallend, und mindestens gegen das Herkommen, daß der National die Namen der Ausforderer verschweigt.)

Marschall Valée hat unterm 25 Jan. an den Kriegsminister folgenden Bericht geschickt: „Die Araber, welche sich seit dem Gefecht vom 25 Jan. nicht mehr in der Metidscha gezeigt hatten, erschienen gestern am 24 Jan. wieder. Eine Colonne von ungefähr 1500 Reitern überschritt die Chiffa und näherte sich dem Blockhaus Mered, um die nach dem Gehölze geschickten Detaschements des 23sten Linienregiments zu beunruhigen. Obrist Gueswiller rückte zum Schutze dieser Detaschements von Buffarik gegen den Feind an. Ein Gefecht entspann sich, in welchem uns drei Mann verwundet wurden. Der Feind zog sich zurück, nachdem er einige Leute verloren hatte. General Duvivier meldet mir, daß die arabische Infanterie sich auf dem nördlichen Abhang des Atlas gezeigt hat. Ein Mann wurde unter den Mauern von Belida getödtet. Die erste Division, welche im Westen steht, hat gegenwärtig 10,000 Mann verfügbare Truppen. General d'Houdetot ist demnach im Stand, in allen Fällen den Kampf anzunehmen. – General Guehenneuc erstattet mir Bericht über zwei in der Provinz Oran vorgefallene Gefechte. Am 17 Jan. haben die Reiter Buhamedi's den Duairs und Zmelas Heerden abgenommen. General Mustapha nahm dem Feind diese Heerden wieder ab und verfolgte ihn. General Guehenneuc ließ diese Bewegung durch eine französische Colonne unterstützen, welche sich dem Plateau Sidi-Mussa, wo Buhamedi sein Lager hatte, näherte. Der Feind wagte nicht, den Kampf anzunehmen: die einbrechende Nacht zwang unsere Truppen zum Rückzug. Am 22 Jan.

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[0315/0003] Die Revue de Paris meint, die Ernennung des Hrn. Guizot zum Botschafter in London sey ein stilles Geständniß der Verlegenheiten des Ministeriums in den auswärtigen Angelegenheiten. Um den schlimmen Eindruck, welchen die Unterhandlungen des Hrn. v. Brunnow mit dem brittischen Cabinet erzeugten, zu zerstören, wollte das Ministerium irgend eine Maaßregel ergreifen, und hoffte vielleicht durch die Weigerung der Krone, den General Sebastiani zurückzurufen, erwünschten Anlaß zu einem eclatanten Rücktritt zu erhalten. Auf diese Weise wäre es jeder Verantwortlichkeit glücklich entgangen. Daß dieß die Absicht des Ministeriums gewesen, sey wahrscheinlicher, als die Deutung einiger Blätter, welche in dem Vorgang nur eine zwischen dem Cabinet und der Krone im voraus abgemachte Komödie gesehen. Sehr ernstlich habe die Krone den General Sebastiani gegen das Ministerium in Schutz genommen, zuletzt aber der einstimmigen Meinung des Conseils nachgegeben. Am Tage nach der Unterzeichnung der Ernennung des Hrn. Guizot sey eine lange und wichtige Depesche vom General Sebastiani über die orientalische Frage eingelaufen, worin der Botschafter bewiesen habe, daß er seine Instructionen treu befolgt. Der König, welcher die Depesche vom Marschall Soult erhalten, habe sie alsbald dem Minister mitgetheilt, welcher am stärksten auf der Zurückberufung Sebastiani's bestanden; der König habe ihn dabei gefragt, ob er glaube, daß diese Depesche von einem ganz abgenützten Mann verfaßt worden. Graf Sebastiani, fügt die Revue bei, habe damals von seiner Zurückberufung noch nicht die leiseste Ahnung gehabt. Uebrigens sey Hr. Guizot seinem neuen Posten ganz gewachsen, und werde wohl auch eine gute Aufnahme in einem Lande finden, wo eine berühmte, ausgezeichnete Persönlichkeit stets hochgeachtet und willkommen sey. „Soll man aber, fährt die Revue de Paris fort, die nahe Abreise des Hrn. Guizot mit der Annahme eines andern Systems in Verbindung bringen, wie dieß bei Hrn. v. Pontois' Ernennung geschah? Es würde von zu viel gutmüthiger Leichtgläubigkeit zeugen, wollte man zweimal in die gleiche Illusion verfallen. Das Cabinet wechselt die Botschafter nur, um der öffentlichen Unterhaltung einen Nahrungsstoff zu geben; es glaubt, ein Wechsel der Personen werde seiner Politik einen Schein von Kraft leihen. So oft der Marschall Soult sich einer von ihm nicht vorausgesehenen ernsten Schwierigkeit gegenüber sieht, kommt er in Verlegenheit, geräth in Aufwallung, und glaubt sich aus der Sache zu ziehen, wenn er es die Personen entgelten läßt. So sind bereits zwei Botschafter unter ihm gefallen. Es sind dieß die einzigen Resultate, die uns das jetzige Ministerium hinsichtlich der orientalischen Frage vorzulegen hat. Wir wollen nun sehen, ob jene zwei Zurückberufungen einige Früchte tragen werden. Vielleicht handelt Hr. v. Soult mehr nach plötzlichen, unerwarteten Einfällen, als er beharrlich einen angenommenen Plan verfolgt. Manchmal treiben auch die Rückerinnerungen seines glorreichen Handwerks mit dem alten Marschall ihr Spiel. Wenn Graf Medem sich bei ihm über die Art beschwert, in der unsere Journale sich gegen Rußland äußern, ruft Marschall Soult aus: Glaubt ihr, daß ich die Kanonen fürchte? – Es werden keine Kanonenschüsse fallen, äußerte eine erlauchte Person, welchem der russische Geschäftsträger die kriegerischen Worte des Marschalls mittheilte. Es handelt sich nicht von Krieg, sondern von Diplomatie, kein Aufbrausen, sondern Geschicklichkeit ist dabei nothwendig. Am Ende wird aber doch wohl für das Cabinet der Augenblick kommen, wo es seine auswärtige Politik darlegen muß. Jener zweifache Botschafterwechsel macht parlamentarische Erläuterungen nöthig; vielleicht wird General Sebastiani bei seiner Rückkehr weniger schweigsam als Admiral Roussin seyn, und auf der Rednerbühne über die englische Allianz Aufklärung geben.“ Hr. Genoude ist nach 52tägiger Abwesenheit von Rom zurück wieder in Paris angekommen. Die Abfahrt der von dem Pairshof verurtheilten 18 Individuen hat in der Nacht vom 2 auf den 3 Febr. stattgefunden. Sie erfolgte in zwei Cellenwägen, dem einen mit 7, dem andern mit 11 Plätzen im Hofe der Conciergerie. In den Wagen mit sieben Plätzen wurden Blanqui, Quignot, Charles, Hendrick, Herbulet, Godard und Dubourdieu gebracht und nach Mont St. Michel abgeführt. Im zweiten Wagen, der nach Doullens fuhr, saßen Elie, Bonnefond, Valière, Espinousse, Dugrospré, Piéford, Faucillon, Lombard, Simon, Hubert und Petermann. Vor der Abfahrt haben die Verurtheilten, den Verordnungen gemäß, dem Brigadier ihr Geld und ihren Tabak abgeliefert. Die meisten verhielten sich still und ruhig; Blanqui schien niedergeschlagen und leidend. Bei der Frage über seine Identität in Betreff der über ihn verhängten Strafe antwortete er: „Ich weiß nicht, ich habe das Urtheil nicht gehört.“ Blanqui hatte dringend gebeten, während der Hinfahrt einen Roman von Alexander Dumas behalten zu dürfen; die bestehenden Verordnungen gestatteten dieß aber nicht. Auf speciellen Befehl des Ministers des Innern wurden keinem der Verurtheilten Ketten angelegt. Dem National wird aus London geschrieben, daß Capitän Driver wegen des derben Briefs, den er kürzlich gegen die Franzosen an die Times gerichtet, von einem in London anwesenden Franzosen eine Ausforderung erhalten habe. Die beiden Zeugen, welche dem Commandanten des Kauffahrteischiffs Greenlaw die Ausforderung überbrachten, fanden statt einer martialischen Gestalt, wie sie nach der donnernden Schreibart des Briefs sich vorgestellt hatten, einen kleinen dicken Seemann von 50 bis 55 Jahren, der nicht einmal zugestanden, daß er jenes Schreiben verfaßt, sondern jede Antwort verweigert und die Ausforderung zurückgewiesen habe. (Es ist auffallend, und mindestens gegen das Herkommen, daß der National die Namen der Ausforderer verschweigt.) Marschall Valée hat unterm 25 Jan. an den Kriegsminister folgenden Bericht geschickt: „Die Araber, welche sich seit dem Gefecht vom 25 Jan. nicht mehr in der Metidscha gezeigt hatten, erschienen gestern am 24 Jan. wieder. Eine Colonne von ungefähr 1500 Reitern überschritt die Chiffa und näherte sich dem Blockhaus Mered, um die nach dem Gehölze geschickten Detaschements des 23sten Linienregiments zu beunruhigen. Obrist Gueswiller rückte zum Schutze dieser Detaschements von Buffarik gegen den Feind an. Ein Gefecht entspann sich, in welchem uns drei Mann verwundet wurden. Der Feind zog sich zurück, nachdem er einige Leute verloren hatte. General Duvivier meldet mir, daß die arabische Infanterie sich auf dem nördlichen Abhang des Atlas gezeigt hat. Ein Mann wurde unter den Mauern von Belida getödtet. Die erste Division, welche im Westen steht, hat gegenwärtig 10,000 Mann verfügbare Truppen. General d'Houdetot ist demnach im Stand, in allen Fällen den Kampf anzunehmen. – General Guehenneuc erstattet mir Bericht über zwei in der Provinz Oran vorgefallene Gefechte. Am 17 Jan. haben die Reiter Buhamedi's den Duairs und Zmelas Heerden abgenommen. General Mustapha nahm dem Feind diese Heerden wieder ab und verfolgte ihn. General Guehenneuc ließ diese Bewegung durch eine französische Colonne unterstützen, welche sich dem Plateau Sidi-Mussa, wo Buhamedi sein Lager hatte, näherte. Der Feind wagte nicht, den Kampf anzunehmen: die einbrechende Nacht zwang unsere Truppen zum Rückzug. Am 22 Jan.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 40. Augsburg, 9. Februar 1840, S. 0315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_040_18400209/3>, abgerufen am 27.04.2024.