Allgemeine Zeitung. Nr. 44. Augsburg, 13. Februar 1840.Werken glücklich abgestreift, und obgleich seiner innern Gefühlsrichtung vor wie nach unwandelbar folgend und den in den katholischen Typen vorwaltenden symbolischen Styl festhaltend, zeigt er in ihnen eine freie und breite Behandlung bei tiefem Sinn und Gemüth und strenger technischer Vollendung. Kupelwieser wäre gewiß der Mann zur Ausführung größerer historischer Gemälde, wenn ihm eine angemessene Aufgabe der Art zu Theil würde. Joseph Führich hatte bereits einen bedeutenden und verdienten Ruf, ehe er seinen Wohnsitz zu Wien aufschlug. Seine Compositionen haben noch mehr Innigkeit und Leben als jene Kupelwiesers, der ihn seinerseits an Farbe und malerischer Technik übertrifft; vielleicht die Folge, daß Führich mehr zeichnete und componirte als malte. Beide Männer sind noch im Steigen, und ihre Thätigkeit erwartet noch günstiger Anlässe von außen, um sich in der ganzen, ihnen inwohnenden Kraft zu entwickeln. An diese beiden eben genannten schließt sich Steinle, der zu hohen Erwartungen berechtigt, wenn er erst durch umfassende Aufgaben genöthigt ist, aus der ascetischen Beschaulichkeit, die ihn bisher befangen hielt, herauszutreten und seine Kräfte freudiger zu üben. Es soll ihm dadurch nicht zugemuthet werden, dem Ernste seines Strebens zu entsagen. Joseph Dannhauser ist unstreitig einer der am reichsten ausgestatteten Künstler Wiens. Nachdem Dannhauser sich in früherer Zeit mit Kirchengemälden für die Kathedrale in Erlau nicht ohne Erfolg und jedenfalls mit großem Nutzen für seine Ausbildung beschäftigt hatte, wendete er sich später dem Kreise von Darstellungen zu, für die er ganz besonders geeignet erscheint. Obgleich diese ihrem Gegenstande nach mehr der Genremalerei angehören, erheben sie sich doch durch die nicht gewöhnliche Auffassung, in der eine gewisse poetische Ironie ein Hauptelement bildet, sichtlich in die Sphäre historischer Productionen. Dennoch müssen wir ihm zurufen, sich von dieser Eigenthümlichkeit nicht allzu sehr verlocken zu lassen. In Zeiten scheint er seinen Stoff nicht ganz klar zu überblicken, und sich bei der Ausführung irgend einer launenhaften Zufälligkeit zu überlassen, wo denn aus einem sentimental angelegten Bild in irgend einem Winkel ein Faungesicht hervorguckt und eine Fratze schneidet, welche die Wirkung des Ganzen stört. Dannhauser ist ein junger Mann und im rüstigsten Vorwärtsschreiten. Schwind, in Wien gebildet, hat sich durch den Antheil, welchen er an der Ausschmückung des Königsbaues in München genommen, bereits einen Namen erworben. Seine Compositionen sind geistvoll und sehr ansprechend. In der Ausführung wird die gleichmäßige Durchbildung und tieferes Studium der Form und Farbe vermißt; daher seine Werke nicht immer jene Wirkung hervorbringen, welche sie nach ihrer genialen Conception und Anlage zu erzeugen berechtigt wären. Schwind ist in diesem Augenblick mit den Cartons zu den Fresken beschäftigt, welche er zu Karlsruhe im Auftrag des Großherzogs zu verfertigen hat. Ludwig Schnorr v. Karolsfeld, Bruder des durch seine grandiosen Leistungen zu München berühmt gewordenen Meisters, nimmt jedenfalls unter den Historienmalern Wiens einen bedeutenden und ehrenvollen Platz ein, wenn gleich der Styl, in dem er seine Werke ausführt, ihm wenig Anklang im Publicum verschafft. Seine Compositionen sind durchdacht, sie zeigen ein aufmerksames und sorgsames Studium, die Ausführung ist sehr fleißig und die Einzelheiten mit vieler Genauigkeit und Liebe darstellend. Man erkennt in jeder derselben den Künstler von Geist und Bildung. Dennoch vermochten seine späteren Gemälde nicht mehr jene Theilnahme zu erwecken, die z. B. seinem Faust so verdient und in so reichem Maaße zu Theil wurde. Wir kommen nun zum Porträt, einem Zweig, auf welchen gemeinhin sogenannte Kunstkenner und wohl auch Künstler mit gewisser Vornehmthuerei als auf eine geistlose Brodfrohne herab zu blicken pflegen. Die Geistlosigkeit liegt aber nicht in irgend einem Fache der Kunst, sondern in der Art, es zu betreiben. Das Gemüth des Menschen ist eine unergründliche Tiefe, und da das Gesicht der Spiegel ist, auf welchem das Innere dieses Abgrundes reflectirt, so ist es wohl der Mühe werth, diesen Spiegel zu einem eigenen Studium zu machen. Aus diesem Standpunkt erscheint die Porträtmalerei keineswegs als bloßes gleichgültiges Nachpinseln der Gesichtszüge, sondern als ein Zweig der Kunst, der allerdings ein würdiges Pensum für die Künstler seyn kann. Wenn ich vom Porträt mit besonderer Beziehung auf Wien spreche, ziemt es, Ammerling zuerst zu nennen, denn er ist Meister in diesem Fach, und waltet hier als Herr in seiner Domäne. Das Interesse, das seine Bilder erregen, besteht indeß nicht in dem Wiedererkennen eines uns nahe gestellten oder bekannten Individuums, sondern in dem Wohlbehagen, welches das Schöne überhaupt hervorzubringen geeignet ist. Daher Ammerlings Studienköpfe, ungeachtet Niemand die Originale kannte, noch sich um ihre Bekanntschaft kümmerte, eben so große, ja noch größere Theilnahme erregten, als die Bildnisse bekannter Personen, bei denen gerade die das Gewöhnliche verschmähende Auffassung Bemerkungen über die oft minder festgehaltene Aehnlichkeit, besonders bei Damen, laut werden ließ. Wenig Künstler belebt ein so ernstes, tiefes Streben als Ammerling, und diese Gluth und Inspiration steigerte sich nicht selten zu Effecten, die einen Schrei des Erstaunens erklärbar machen. Gespartes Licht, aus breiten, dunkeln Massen hervortretend, ist von jeher das Mittel gewesen, um dem Haufen zu imponiren. Ammerlings Köpfe dagegen sind vom Licht umflossen; sie sind nicht bemalte Marmorbüsten, unter ihrer Haut liegt lebendiges Fleisch, fließt warmes Blut. Ammerling spielt mit Effecten, die Andere zur Verzweiflung bringen würden, und nicht leicht dürfte der Versuch oft wiederholt werden, das Porträt einer schönen Dame (der Frau Marchese d'Adda) von rückwärts zu beleuchten, und das Gesicht ganz im milden Halbschatten, bloß im Reflex sehen zu lassen. Dennoch sind es eben diese Lichtspiele, vor welchen der Referent den wackern Künstler am meisten warnen muß. Sie sind nicht das Wesen der Kunst; sie sind ein Scherz, der nicht zu oft wiederholt werden darf, wenn er seinen Werth behalten soll. Einmal entzückte der rosige Strahl, welcher durch eine Purpurgardine auf die Wange eines schlafenden Mädchens fiel, das zweitemal - ließ er kalt. - Das Porträt also ist, wie wir am Eingang bemerkten, das eigentliche Gebiet Ammerlings. Dieses Gebiet dünkt ihm indeß manchmal zu eng, und er möchte auch als Historienmaler gleiche Kränze erringen; hierzu scheint er aber keinen Beruf zu haben. Er stößt hier auf Hindernisse, welche ihre Erklärung in seiner Bildungsgeschichte finden. Er ist mehr nach außen als nach innen gewendet, und gestaltet mehr von außen hinein, als von innen heraus. Möge sich der edle Ehrgeiz des trefflichen Künstlers beruhigen. Er wird auf seinem eigentlichen Felde nie unbedeutend erscheinen, und eigener Mißstimmung am besten entgehen, wenn er die Reflexion nicht der That folgen, sondern dieser vorausgehen läßt. Schentzberg verspricht dereinst ein Nebenbuhler Ammerlings zu werden. Einige Porträte, die er in der letzten Ausstellung zeigte, erfreuten sich mit Recht allgemeinen Beifalls, Werken glücklich abgestreift, und obgleich seiner innern Gefühlsrichtung vor wie nach unwandelbar folgend und den in den katholischen Typen vorwaltenden symbolischen Styl festhaltend, zeigt er in ihnen eine freie und breite Behandlung bei tiefem Sinn und Gemüth und strenger technischer Vollendung. Kupelwieser wäre gewiß der Mann zur Ausführung größerer historischer Gemälde, wenn ihm eine angemessene Aufgabe der Art zu Theil würde. Joseph Führich hatte bereits einen bedeutenden und verdienten Ruf, ehe er seinen Wohnsitz zu Wien aufschlug. Seine Compositionen haben noch mehr Innigkeit und Leben als jene Kupelwiesers, der ihn seinerseits an Farbe und malerischer Technik übertrifft; vielleicht die Folge, daß Führich mehr zeichnete und componirte als malte. Beide Männer sind noch im Steigen, und ihre Thätigkeit erwartet noch günstiger Anlässe von außen, um sich in der ganzen, ihnen inwohnenden Kraft zu entwickeln. An diese beiden eben genannten schließt sich Steinle, der zu hohen Erwartungen berechtigt, wenn er erst durch umfassende Aufgaben genöthigt ist, aus der ascetischen Beschaulichkeit, die ihn bisher befangen hielt, herauszutreten und seine Kräfte freudiger zu üben. Es soll ihm dadurch nicht zugemuthet werden, dem Ernste seines Strebens zu entsagen. Joseph Dannhauser ist unstreitig einer der am reichsten ausgestatteten Künstler Wiens. Nachdem Dannhauser sich in früherer Zeit mit Kirchengemälden für die Kathedrale in Erlau nicht ohne Erfolg und jedenfalls mit großem Nutzen für seine Ausbildung beschäftigt hatte, wendete er sich später dem Kreise von Darstellungen zu, für die er ganz besonders geeignet erscheint. Obgleich diese ihrem Gegenstande nach mehr der Genremalerei angehören, erheben sie sich doch durch die nicht gewöhnliche Auffassung, in der eine gewisse poetische Ironie ein Hauptelement bildet, sichtlich in die Sphäre historischer Productionen. Dennoch müssen wir ihm zurufen, sich von dieser Eigenthümlichkeit nicht allzu sehr verlocken zu lassen. In Zeiten scheint er seinen Stoff nicht ganz klar zu überblicken, und sich bei der Ausführung irgend einer launenhaften Zufälligkeit zu überlassen, wo denn aus einem sentimental angelegten Bild in irgend einem Winkel ein Faungesicht hervorguckt und eine Fratze schneidet, welche die Wirkung des Ganzen stört. Dannhauser ist ein junger Mann und im rüstigsten Vorwärtsschreiten. Schwind, in Wien gebildet, hat sich durch den Antheil, welchen er an der Ausschmückung des Königsbaues in München genommen, bereits einen Namen erworben. Seine Compositionen sind geistvoll und sehr ansprechend. In der Ausführung wird die gleichmäßige Durchbildung und tieferes Studium der Form und Farbe vermißt; daher seine Werke nicht immer jene Wirkung hervorbringen, welche sie nach ihrer genialen Conception und Anlage zu erzeugen berechtigt wären. Schwind ist in diesem Augenblick mit den Cartons zu den Fresken beschäftigt, welche er zu Karlsruhe im Auftrag des Großherzogs zu verfertigen hat. Ludwig Schnorr v. Karolsfeld, Bruder des durch seine grandiosen Leistungen zu München berühmt gewordenen Meisters, nimmt jedenfalls unter den Historienmalern Wiens einen bedeutenden und ehrenvollen Platz ein, wenn gleich der Styl, in dem er seine Werke ausführt, ihm wenig Anklang im Publicum verschafft. Seine Compositionen sind durchdacht, sie zeigen ein aufmerksames und sorgsames Studium, die Ausführung ist sehr fleißig und die Einzelheiten mit vieler Genauigkeit und Liebe darstellend. Man erkennt in jeder derselben den Künstler von Geist und Bildung. Dennoch vermochten seine späteren Gemälde nicht mehr jene Theilnahme zu erwecken, die z. B. seinem Faust so verdient und in so reichem Maaße zu Theil wurde. Wir kommen nun zum Porträt, einem Zweig, auf welchen gemeinhin sogenannte Kunstkenner und wohl auch Künstler mit gewisser Vornehmthuerei als auf eine geistlose Brodfrohne herab zu blicken pflegen. Die Geistlosigkeit liegt aber nicht in irgend einem Fache der Kunst, sondern in der Art, es zu betreiben. Das Gemüth des Menschen ist eine unergründliche Tiefe, und da das Gesicht der Spiegel ist, auf welchem das Innere dieses Abgrundes reflectirt, so ist es wohl der Mühe werth, diesen Spiegel zu einem eigenen Studium zu machen. Aus diesem Standpunkt erscheint die Porträtmalerei keineswegs als bloßes gleichgültiges Nachpinseln der Gesichtszüge, sondern als ein Zweig der Kunst, der allerdings ein würdiges Pensum für die Künstler seyn kann. Wenn ich vom Porträt mit besonderer Beziehung auf Wien spreche, ziemt es, Ammerling zuerst zu nennen, denn er ist Meister in diesem Fach, und waltet hier als Herr in seiner Domäne. Das Interesse, das seine Bilder erregen, besteht indeß nicht in dem Wiedererkennen eines uns nahe gestellten oder bekannten Individuums, sondern in dem Wohlbehagen, welches das Schöne überhaupt hervorzubringen geeignet ist. Daher Ammerlings Studienköpfe, ungeachtet Niemand die Originale kannte, noch sich um ihre Bekanntschaft kümmerte, eben so große, ja noch größere Theilnahme erregten, als die Bildnisse bekannter Personen, bei denen gerade die das Gewöhnliche verschmähende Auffassung Bemerkungen über die oft minder festgehaltene Aehnlichkeit, besonders bei Damen, laut werden ließ. Wenig Künstler belebt ein so ernstes, tiefes Streben als Ammerling, und diese Gluth und Inspiration steigerte sich nicht selten zu Effecten, die einen Schrei des Erstaunens erklärbar machen. Gespartes Licht, aus breiten, dunkeln Massen hervortretend, ist von jeher das Mittel gewesen, um dem Haufen zu imponiren. Ammerlings Köpfe dagegen sind vom Licht umflossen; sie sind nicht bemalte Marmorbüsten, unter ihrer Haut liegt lebendiges Fleisch, fließt warmes Blut. Ammerling spielt mit Effecten, die Andere zur Verzweiflung bringen würden, und nicht leicht dürfte der Versuch oft wiederholt werden, das Porträt einer schönen Dame (der Frau Marchese d'Adda) von rückwärts zu beleuchten, und das Gesicht ganz im milden Halbschatten, bloß im Reflex sehen zu lassen. Dennoch sind es eben diese Lichtspiele, vor welchen der Referent den wackern Künstler am meisten warnen muß. Sie sind nicht das Wesen der Kunst; sie sind ein Scherz, der nicht zu oft wiederholt werden darf, wenn er seinen Werth behalten soll. Einmal entzückte der rosige Strahl, welcher durch eine Purpurgardine auf die Wange eines schlafenden Mädchens fiel, das zweitemal – ließ er kalt. – Das Porträt also ist, wie wir am Eingang bemerkten, das eigentliche Gebiet Ammerlings. Dieses Gebiet dünkt ihm indeß manchmal zu eng, und er möchte auch als Historienmaler gleiche Kränze erringen; hierzu scheint er aber keinen Beruf zu haben. Er stößt hier auf Hindernisse, welche ihre Erklärung in seiner Bildungsgeschichte finden. Er ist mehr nach außen als nach innen gewendet, und gestaltet mehr von außen hinein, als von innen heraus. Möge sich der edle Ehrgeiz des trefflichen Künstlers beruhigen. Er wird auf seinem eigentlichen Felde nie unbedeutend erscheinen, und eigener Mißstimmung am besten entgehen, wenn er die Reflexion nicht der That folgen, sondern dieser vorausgehen läßt. Schentzberg verspricht dereinst ein Nebenbuhler Ammerlings zu werden. 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Obgleich diese ihrem Gegenstande nach mehr der Genremalerei angehören, erheben sie sich doch durch die nicht gewöhnliche Auffassung, in der eine gewisse poetische Ironie ein Hauptelement bildet, sichtlich in die Sphäre historischer Productionen. Dennoch müssen wir ihm zurufen, sich von dieser Eigenthümlichkeit nicht allzu sehr verlocken zu lassen. In Zeiten scheint er seinen Stoff nicht ganz klar zu überblicken, und sich bei der Ausführung irgend einer launenhaften Zufälligkeit zu überlassen, wo denn aus einem sentimental angelegten Bild in irgend einem Winkel ein Faungesicht hervorguckt und eine Fratze schneidet, welche die Wirkung des Ganzen stört. Dannhauser ist ein junger Mann und im rüstigsten Vorwärtsschreiten.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Schwind</hi>, in Wien gebildet, hat sich durch den Antheil, welchen er an der Ausschmückung des Königsbaues in München genommen, bereits einen Namen erworben. Seine Compositionen sind geistvoll und sehr ansprechend. 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Aus diesem Standpunkt erscheint die Porträtmalerei keineswegs als bloßes gleichgültiges Nachpinseln der Gesichtszüge, sondern als ein Zweig der Kunst, der allerdings ein würdiges Pensum für die Künstler seyn kann.</p><lb/> <p>Wenn ich vom Porträt mit besonderer Beziehung auf Wien spreche, ziemt es, <hi rendition="#g">Ammerling</hi> zuerst zu nennen, denn er ist Meister in diesem Fach, und waltet hier als Herr in seiner Domäne. Das Interesse, das seine Bilder erregen, besteht indeß nicht in dem Wiedererkennen eines uns nahe gestellten oder bekannten Individuums, sondern in dem Wohlbehagen, welches das Schöne überhaupt hervorzubringen geeignet ist. Daher Ammerlings Studienköpfe, ungeachtet Niemand die Originale kannte, noch sich um ihre Bekanntschaft kümmerte, eben so große, ja noch größere Theilnahme erregten, als die Bildnisse bekannter Personen, bei denen gerade die das Gewöhnliche verschmähende Auffassung Bemerkungen über die oft minder festgehaltene Aehnlichkeit, besonders bei Damen, laut werden ließ. Wenig Künstler belebt ein so ernstes, tiefes Streben als Ammerling, und diese Gluth und Inspiration steigerte sich nicht selten zu Effecten, die einen Schrei des Erstaunens erklärbar machen. Gespartes Licht, aus breiten, dunkeln Massen hervortretend, ist von jeher das Mittel gewesen, um dem Haufen zu imponiren. Ammerlings Köpfe dagegen sind vom Licht umflossen; sie sind nicht bemalte Marmorbüsten, unter ihrer Haut liegt lebendiges Fleisch, fließt warmes Blut. Ammerling spielt mit Effecten, die Andere zur Verzweiflung bringen würden, und nicht leicht dürfte der Versuch oft wiederholt werden, das Porträt einer schönen Dame (der Frau Marchese d'Adda) von rückwärts zu beleuchten, und das Gesicht ganz im milden Halbschatten, bloß im Reflex sehen zu lassen. Dennoch sind es eben diese Lichtspiele, vor welchen der Referent den wackern Künstler am meisten warnen muß. Sie sind nicht das Wesen der Kunst; sie sind ein Scherz, der nicht zu oft wiederholt werden darf, wenn er seinen Werth behalten soll. <hi rendition="#g">Einmal</hi> entzückte der rosige Strahl, welcher durch eine Purpurgardine auf die Wange eines schlafenden Mädchens fiel, das <hi rendition="#g">zweitemal</hi> – ließ er kalt. – Das Porträt also ist, wie wir am Eingang bemerkten, das eigentliche Gebiet Ammerlings. Dieses Gebiet dünkt ihm indeß manchmal zu eng, und er möchte auch als Historienmaler gleiche Kränze erringen; hierzu scheint er aber keinen Beruf zu haben. Er stößt hier auf Hindernisse, welche ihre Erklärung in seiner Bildungsgeschichte finden. Er ist mehr nach außen als nach innen gewendet, und gestaltet mehr von außen hinein, als von innen heraus. Möge sich der edle Ehrgeiz des trefflichen Künstlers beruhigen. Er wird auf seinem eigentlichen Felde nie unbedeutend erscheinen, und eigener Mißstimmung am besten entgehen, wenn er die Reflexion nicht der That folgen, sondern dieser vorausgehen läßt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Schentzberg</hi> verspricht dereinst ein Nebenbuhler Ammerlings zu werden. Einige Porträte, die er in der letzten Ausstellung zeigte, erfreuten sich mit Recht allgemeinen Beifalls,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0347/0011]
Werken glücklich abgestreift, und obgleich seiner innern Gefühlsrichtung vor wie nach unwandelbar folgend und den in den katholischen Typen vorwaltenden symbolischen Styl festhaltend, zeigt er in ihnen eine freie und breite Behandlung bei tiefem Sinn und Gemüth und strenger technischer Vollendung. Kupelwieser wäre gewiß der Mann zur Ausführung größerer historischer Gemälde, wenn ihm eine angemessene Aufgabe der Art zu Theil würde.
Joseph Führich hatte bereits einen bedeutenden und verdienten Ruf, ehe er seinen Wohnsitz zu Wien aufschlug. Seine Compositionen haben noch mehr Innigkeit und Leben als jene Kupelwiesers, der ihn seinerseits an Farbe und malerischer Technik übertrifft; vielleicht die Folge, daß Führich mehr zeichnete und componirte als malte. Beide Männer sind noch im Steigen, und ihre Thätigkeit erwartet noch günstiger Anlässe von außen, um sich in der ganzen, ihnen inwohnenden Kraft zu entwickeln.
An diese beiden eben genannten schließt sich Steinle, der zu hohen Erwartungen berechtigt, wenn er erst durch umfassende Aufgaben genöthigt ist, aus der ascetischen Beschaulichkeit, die ihn bisher befangen hielt, herauszutreten und seine Kräfte freudiger zu üben. Es soll ihm dadurch nicht zugemuthet werden, dem Ernste seines Strebens zu entsagen.
Joseph Dannhauser ist unstreitig einer der am reichsten ausgestatteten Künstler Wiens. Nachdem Dannhauser sich in früherer Zeit mit Kirchengemälden für die Kathedrale in Erlau nicht ohne Erfolg und jedenfalls mit großem Nutzen für seine Ausbildung beschäftigt hatte, wendete er sich später dem Kreise von Darstellungen zu, für die er ganz besonders geeignet erscheint. Obgleich diese ihrem Gegenstande nach mehr der Genremalerei angehören, erheben sie sich doch durch die nicht gewöhnliche Auffassung, in der eine gewisse poetische Ironie ein Hauptelement bildet, sichtlich in die Sphäre historischer Productionen. Dennoch müssen wir ihm zurufen, sich von dieser Eigenthümlichkeit nicht allzu sehr verlocken zu lassen. In Zeiten scheint er seinen Stoff nicht ganz klar zu überblicken, und sich bei der Ausführung irgend einer launenhaften Zufälligkeit zu überlassen, wo denn aus einem sentimental angelegten Bild in irgend einem Winkel ein Faungesicht hervorguckt und eine Fratze schneidet, welche die Wirkung des Ganzen stört. Dannhauser ist ein junger Mann und im rüstigsten Vorwärtsschreiten.
Schwind, in Wien gebildet, hat sich durch den Antheil, welchen er an der Ausschmückung des Königsbaues in München genommen, bereits einen Namen erworben. Seine Compositionen sind geistvoll und sehr ansprechend. In der Ausführung wird die gleichmäßige Durchbildung und tieferes Studium der Form und Farbe vermißt; daher seine Werke nicht immer jene Wirkung hervorbringen, welche sie nach ihrer genialen Conception und Anlage zu erzeugen berechtigt wären. Schwind ist in diesem Augenblick mit den Cartons zu den Fresken beschäftigt, welche er zu Karlsruhe im Auftrag des Großherzogs zu verfertigen hat.
Ludwig Schnorr v. Karolsfeld, Bruder des durch seine grandiosen Leistungen zu München berühmt gewordenen Meisters, nimmt jedenfalls unter den Historienmalern Wiens einen bedeutenden und ehrenvollen Platz ein, wenn gleich der Styl, in dem er seine Werke ausführt, ihm wenig Anklang im Publicum verschafft. Seine Compositionen sind durchdacht, sie zeigen ein aufmerksames und sorgsames Studium, die Ausführung ist sehr fleißig und die Einzelheiten mit vieler Genauigkeit und Liebe darstellend. Man erkennt in jeder derselben den Künstler von Geist und Bildung. Dennoch vermochten seine späteren Gemälde nicht mehr jene Theilnahme zu erwecken, die z. B. seinem Faust so verdient und in so reichem Maaße zu Theil wurde.
Wir kommen nun zum Porträt, einem Zweig, auf welchen gemeinhin sogenannte Kunstkenner und wohl auch Künstler mit gewisser Vornehmthuerei als auf eine geistlose Brodfrohne herab zu blicken pflegen. Die Geistlosigkeit liegt aber nicht in irgend einem Fache der Kunst, sondern in der Art, es zu betreiben. Das Gemüth des Menschen ist eine unergründliche Tiefe, und da das Gesicht der Spiegel ist, auf welchem das Innere dieses Abgrundes reflectirt, so ist es wohl der Mühe werth, diesen Spiegel zu einem eigenen Studium zu machen. Aus diesem Standpunkt erscheint die Porträtmalerei keineswegs als bloßes gleichgültiges Nachpinseln der Gesichtszüge, sondern als ein Zweig der Kunst, der allerdings ein würdiges Pensum für die Künstler seyn kann.
Wenn ich vom Porträt mit besonderer Beziehung auf Wien spreche, ziemt es, Ammerling zuerst zu nennen, denn er ist Meister in diesem Fach, und waltet hier als Herr in seiner Domäne. Das Interesse, das seine Bilder erregen, besteht indeß nicht in dem Wiedererkennen eines uns nahe gestellten oder bekannten Individuums, sondern in dem Wohlbehagen, welches das Schöne überhaupt hervorzubringen geeignet ist. Daher Ammerlings Studienköpfe, ungeachtet Niemand die Originale kannte, noch sich um ihre Bekanntschaft kümmerte, eben so große, ja noch größere Theilnahme erregten, als die Bildnisse bekannter Personen, bei denen gerade die das Gewöhnliche verschmähende Auffassung Bemerkungen über die oft minder festgehaltene Aehnlichkeit, besonders bei Damen, laut werden ließ. Wenig Künstler belebt ein so ernstes, tiefes Streben als Ammerling, und diese Gluth und Inspiration steigerte sich nicht selten zu Effecten, die einen Schrei des Erstaunens erklärbar machen. Gespartes Licht, aus breiten, dunkeln Massen hervortretend, ist von jeher das Mittel gewesen, um dem Haufen zu imponiren. Ammerlings Köpfe dagegen sind vom Licht umflossen; sie sind nicht bemalte Marmorbüsten, unter ihrer Haut liegt lebendiges Fleisch, fließt warmes Blut. Ammerling spielt mit Effecten, die Andere zur Verzweiflung bringen würden, und nicht leicht dürfte der Versuch oft wiederholt werden, das Porträt einer schönen Dame (der Frau Marchese d'Adda) von rückwärts zu beleuchten, und das Gesicht ganz im milden Halbschatten, bloß im Reflex sehen zu lassen. Dennoch sind es eben diese Lichtspiele, vor welchen der Referent den wackern Künstler am meisten warnen muß. Sie sind nicht das Wesen der Kunst; sie sind ein Scherz, der nicht zu oft wiederholt werden darf, wenn er seinen Werth behalten soll. Einmal entzückte der rosige Strahl, welcher durch eine Purpurgardine auf die Wange eines schlafenden Mädchens fiel, das zweitemal – ließ er kalt. – Das Porträt also ist, wie wir am Eingang bemerkten, das eigentliche Gebiet Ammerlings. Dieses Gebiet dünkt ihm indeß manchmal zu eng, und er möchte auch als Historienmaler gleiche Kränze erringen; hierzu scheint er aber keinen Beruf zu haben. Er stößt hier auf Hindernisse, welche ihre Erklärung in seiner Bildungsgeschichte finden. Er ist mehr nach außen als nach innen gewendet, und gestaltet mehr von außen hinein, als von innen heraus. Möge sich der edle Ehrgeiz des trefflichen Künstlers beruhigen. Er wird auf seinem eigentlichen Felde nie unbedeutend erscheinen, und eigener Mißstimmung am besten entgehen, wenn er die Reflexion nicht der That folgen, sondern dieser vorausgehen läßt.
Schentzberg verspricht dereinst ein Nebenbuhler Ammerlings zu werden. Einige Porträte, die er in der letzten Ausstellung zeigte, erfreuten sich mit Recht allgemeinen Beifalls,
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