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Allgemeine Zeitung. Nr. 49. Augsburg, 18. Februar 1840.

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die in der obigen Rede vorkommenden vielen Unrichtigkeiten aufzuklären.

"Die ungarischen Städte (wird gesagt) gründeten fremde Colonien. Durch fremde Sprache, Einrichtungen und Begriffe abgesondert, nie mit der Nation verschmolzen, konnten sie keinen besonderen Einfluß auf die Gesetzgebung bilden. Vertreter der beweglichen Industrie und des kosmopolitischen Handels, stets demokratischen Principien huldigend, widerstreben sie immer den Ansichten eines aristokratischen Landes. Spät, erst im 14ten Jahrhundert, gewannen sie Einfluß auf die Gesetzgebung, aber dieser war nur gering."

Also fremde Colonien sollen die ungarischen Städte seyn? fremd durch Abkunft, Sprache, Einrichtung und Begriffe? Referent hofft, der Redner werde wenigstens nicht alle ungarischen Städte darunter meinen. Der in der Geschichte auch nur wenig Bewanderte wird sehr gut wissen, daß viele der dermaligen ungarischen Städte schon unter den Römern, also mehrere Jahrhunderte vor Einwanderung der Magyaren, Städte dieses Landes, einheimische, waren. - Er denke nur an Acincum und Contraacincum (Ofen und Pesth), Osones (Stuhlweißenburg), Colonia Julia (Oedenburg), Arrabona (Raab), Mursa (Essegg), Zambara (Temeswar), Eburum (Trenchin) Carpis oder pons ad Herculem (Gran) u. s. w. Er denke, daß wo jetzt Schemnitzer und Kremnitzer Fleiß die Gruben baut, einst Arsicum und Uscenum blühten. - Wahr ist es, in den Wirren des Mittelalters, durch die Kreuzzüge, durch die Einfälle und Verheerungen der Tataren und Mongolen und später durch die Türken, ist wohl viel Land, sind wohl viele Städte öde geworden; allein hat diese Geißel der Vernichtung nicht auch den Adel eben so getroffen? Wie viele Adelige dürften wohl Abkömmlinge seyn der arpadischen Einwanderer? wie viele neue Sprößlinge eingepfropft aus allen Ländern Europa's und hier erst nationalisirt? Das läßt sich eben so von den Städten sagen. Und wahrlich, will man nur oberflächlich statistische und geographische Daten berühren, wer wird nicht erkennen; daß viele der ungarischen Städte und ihre Marken und Gauen gerade dasjenige Land sind, welches mit Recht für das nationalste gilt - nationaler als die größere Hälfte der Comitate an Abkunft, Sprache, Einrichtungen und Begriffen. Debreczin, Szathmarnemeti, Nagybanya, Szegedin, Comorn, Raab, Stuhlweißenburg, die Hajduckenstädte, die der Jazyger und Cumanier können als die Centralpunkte der Nationalität betrachtet, mehrere andere auch in dieser Hinsicht vielen Comitaten gleichgestellt werden. - Zugegeben ferner, daß von den anderen mehrere wirklich durch fremde Colonien gegründet worden, Colonien aus den Zeiten des heiligen Stephans Geysa, des 2ten Bela, des 4ten, muß man ihnen nicht die Rechte halten, die ihnen als Bedingniß ihrer Einwanderung und Ansiedlung gesetzt, oder aus Rücksicht ihrer Verdienste gewährt worden? Hat ein sechs-, achthundertjähriger Besitz sie nicht zu Bürgern des gemeinsamen Vaterlandes erhoben, dessen glückliche und unglückliche Tage, alle Lasten und Gefahren sie brüderlich getheilt?

Mehr Wahrheit liegt in dem Umstand, daß sie Vertreter sind der Gewerbe, des kosmopolitischen Handels, demokratischen Principien huldigen, und darum den Ansichten eines aristokratischen Landes entgegenstreben. Kann aber dieß einen Vorwurf begründen? Ist es nicht Bestimmung der Städte, Gewerbe und Handel zu treiben? Liegt es nicht in der Natur der Sache, daß das demokratische Princip das aristokratische mäßige, oder sollen Gewerbe und Handel nicht vertreten werden? Hat die Gesetzgebung die Städte, ungeachtet sie für demokratisch gehalten werden, nicht dennoch aufgenommen? Liegt nicht vielleicht gerade hierin die Weisheit der Gesetzgebung unserer Voreltern, daß sie dadurch das Uebergewicht des Adels einigermaßen milderten? Ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Ständen herzustellen, eine Einrichtung zu treffen, daß auf dem Reichstage die Interessen aller Classen der bürgerlichen Gesellschaft vertreten werden, zu verhindern, daß nicht ein bevorzugter Stand die anderen unterdrücke, daß das Wohl nicht einer einzelnen Kaste, sondern des ganzen Volkes beachtet und gefördert werde. Das ist ja Zweck und Aufgabe der Gesetzgebung.

Die Zeit betreffend, seit welcher die Städte zur Gesetzgebung berufen worden, gesteht der Redner selbst ein, daß sie bis in das 14te Jahrhundert hinauf reiche; das ist nun bereits ein halbes Jahrtausend, und doch möchte er ihnen diesen Einfluß, wo nicht ganz benehmen, doch gewiß sehr beschränken; er behauptet: "dieser Einfluß sey stets nur gering gewesen, weil die Städte auch anfangs bloß vertreten erschienen, während der ganze Adel persönlich Theil nahm an der Verfassung der Gesetze; - die wenigen Gesetze, auf welche sich die Städte berufen, seyen in jenen Zeiten gemacht worden, wo die Türken im halben Lande hausten, und auf ihre jetzige Stellung nicht anwendbar. Der 1ste Art. 1608, welcher den damaligen Städten, deren acht waren, Sitz und Stimme gab, verdanke seinen Ursprung einem Landtage, der mit dem jetzigen durchaus nicht verglichen werden könne, denn auf ihm seyen noch Stände und Magnaten bei einer Tafel vereint in einem Saale gesessen. - Das Gesetz von 1687, welches die Inarticulation neu entstehender Städte darum verbietet, weil die bereits bestehenden durch ihre Macht dem Adel gefährlich waren, sey noch weniger anwendbar, weil es mehr beweißt als es sollte, auch sey es nie gehalten worden, indem man eine Menge Freistädte seit jener Zeit inarticulirte und gesetzlich anerkannte."

Will man kürzlich sehen, ob und wie weit diese Facta und Behauptungen bestehen, muß sich Referent in der That wundern, wie der Redner, der doch sonst auch als Schriftsteller sich bereits einen Namen erworben, dieselben vorbringen konnte. - Der Beispiele, wo der ganze Adel auf dem Reichstage erschien, sind in der ungarischen Geschichte nur wenige - es geschah solches nur dann, wenn gleich vom Landtage aus in das Feld gezogen wurde, oder richtiger, wenn die Kriegsmacht, mit ihrem Könige versammelt, noch vor dem Aufbruche auf offenem Felde einige gesetzliche Verfügungen traf. - Daß bei solcher Gelegenheit außer den Banderien der Baronen, Magnaten, Bischöfe, und außer den Banderien des kleineren Adels unter dem Fähnlein des Comitats, auch die Städte, nicht, wie der Redner zu deuten scheint, bloß durch drei, vier Abgeordnete, wohl aber durch ihre Bewaffneten, und eine unter gleichem Fähnlein versammelte Kriegsmacht erschienen seyen, daß namentlich die Städte die Armee bei solcher Gelegenheit mit ihrer Artillerie versehen haben, beweißt die Geschichte in hundert noch vorhandenen Urkunden. - Der Redner möge nachweisen, wenn er kann, daß seit dem Fundamental-Artikel 1, 1608, ja seit dem Regierungs-Antritt der königl. österreichischen Dynastie, der Adel auch nur einmal persönlich erschienen; daß seit der Zeit nicht stets eben so viel Deputirte von den Städten, zwei, drei vier, ja mehr als von den Comitaten zugegen waren; - er mag sich erinnern, daß als bis zum Jahre 1681 von jedem Comitate und jeder Stadt nur zwei Deputirte berufen wurden, eben auf diesem Landtage von den drei Deputirten, welche das Gömörer Comitat geschickt, einer abtreten mußte.

Eben so unrichtig ist es, daß die Gesetze, wodurch die Städte zur Legislation berufen wurden, aus Zeiten stammen, wo die Türken im halben Lande hausten. - Im 14ten Jahrhundert unter Sigismund, wo das Decret von 1405 beinahe allein von städtischen Deputirten berathen und verfaßt wurde, war noch kein Türke im Lande; der 3te Art. Uladislai Decret 7 vom Jahre 1514, auf welches sich das Hauptgesetz von 1608 ausdrücklich beruft, enthält nicht 8, wie er sagt, sondern 17 Städte, deren Abgeordneten unter den übrigen Ständen Sitz und Stimme gegeben wird, und wurde zu einer Zeit gemacht, wo die Türken weit außer Ungarn hausten, 13 Jahre vor der unglücklichen Schlacht bei Mohacs.

(Fortsetzung folgt.)

die in der obigen Rede vorkommenden vielen Unrichtigkeiten aufzuklären.

„Die ungarischen Städte (wird gesagt) gründeten fremde Colonien. Durch fremde Sprache, Einrichtungen und Begriffe abgesondert, nie mit der Nation verschmolzen, konnten sie keinen besonderen Einfluß auf die Gesetzgebung bilden. Vertreter der beweglichen Industrie und des kosmopolitischen Handels, stets demokratischen Principien huldigend, widerstreben sie immer den Ansichten eines aristokratischen Landes. Spät, erst im 14ten Jahrhundert, gewannen sie Einfluß auf die Gesetzgebung, aber dieser war nur gering.“

Also fremde Colonien sollen die ungarischen Städte seyn? fremd durch Abkunft, Sprache, Einrichtung und Begriffe? Referent hofft, der Redner werde wenigstens nicht alle ungarischen Städte darunter meinen. Der in der Geschichte auch nur wenig Bewanderte wird sehr gut wissen, daß viele der dermaligen ungarischen Städte schon unter den Römern, also mehrere Jahrhunderte vor Einwanderung der Magyáren, Städte dieses Landes, einheimische, waren. – Er denke nur an Acincum und Contraacincum (Ofen und Pesth), Osones (Stuhlweißenburg), Colonia Julia (Oedenburg), Arrabona (Raab), Mursa (Essegg), Zambara (Temeswar), Eburum (Trenchin) Carpis oder pons ad Herculem (Gran) u. s. w. Er denke, daß wo jetzt Schemnitzer und Kremnitzer Fleiß die Gruben baut, einst Arsicum und Uscenum blühten. – Wahr ist es, in den Wirren des Mittelalters, durch die Kreuzzüge, durch die Einfälle und Verheerungen der Tataren und Mongolen und später durch die Türken, ist wohl viel Land, sind wohl viele Städte öde geworden; allein hat diese Geißel der Vernichtung nicht auch den Adel eben so getroffen? Wie viele Adelige dürften wohl Abkömmlinge seyn der arpadischen Einwanderer? wie viele neue Sprößlinge eingepfropft aus allen Ländern Europa's und hier erst nationalisirt? Das läßt sich eben so von den Städten sagen. Und wahrlich, will man nur oberflächlich statistische und geographische Daten berühren, wer wird nicht erkennen; daß viele der ungarischen Städte und ihre Marken und Gauen gerade dasjenige Land sind, welches mit Recht für das nationalste gilt – nationaler als die größere Hälfte der Comitate an Abkunft, Sprache, Einrichtungen und Begriffen. Debreczin, Szathmárnémeti, Nagybánya, Szegedin, Comorn, Raab, Stuhlweißenburg, die Hajduckenstädte, die der Jazyger und Cumanier können als die Centralpunkte der Nationalität betrachtet, mehrere andere auch in dieser Hinsicht vielen Comitaten gleichgestellt werden. – Zugegeben ferner, daß von den anderen mehrere wirklich durch fremde Colonien gegründet worden, Colonien aus den Zeiten des heiligen Stephans Geysa, des 2ten Bela, des 4ten, muß man ihnen nicht die Rechte halten, die ihnen als Bedingniß ihrer Einwanderung und Ansiedlung gesetzt, oder aus Rücksicht ihrer Verdienste gewährt worden? Hat ein sechs-, achthundertjähriger Besitz sie nicht zu Bürgern des gemeinsamen Vaterlandes erhoben, dessen glückliche und unglückliche Tage, alle Lasten und Gefahren sie brüderlich getheilt?

Mehr Wahrheit liegt in dem Umstand, daß sie Vertreter sind der Gewerbe, des kosmopolitischen Handels, demokratischen Principien huldigen, und darum den Ansichten eines aristokratischen Landes entgegenstreben. Kann aber dieß einen Vorwurf begründen? Ist es nicht Bestimmung der Städte, Gewerbe und Handel zu treiben? Liegt es nicht in der Natur der Sache, daß das demokratische Princip das aristokratische mäßige, oder sollen Gewerbe und Handel nicht vertreten werden? Hat die Gesetzgebung die Städte, ungeachtet sie für demokratisch gehalten werden, nicht dennoch aufgenommen? Liegt nicht vielleicht gerade hierin die Weisheit der Gesetzgebung unserer Voreltern, daß sie dadurch das Uebergewicht des Adels einigermaßen milderten? Ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Ständen herzustellen, eine Einrichtung zu treffen, daß auf dem Reichstage die Interessen aller Classen der bürgerlichen Gesellschaft vertreten werden, zu verhindern, daß nicht ein bevorzugter Stand die anderen unterdrücke, daß das Wohl nicht einer einzelnen Kaste, sondern des ganzen Volkes beachtet und gefördert werde. Das ist ja Zweck und Aufgabe der Gesetzgebung.

Die Zeit betreffend, seit welcher die Städte zur Gesetzgebung berufen worden, gesteht der Redner selbst ein, daß sie bis in das 14te Jahrhundert hinauf reiche; das ist nun bereits ein halbes Jahrtausend, und doch möchte er ihnen diesen Einfluß, wo nicht ganz benehmen, doch gewiß sehr beschränken; er behauptet: „dieser Einfluß sey stets nur gering gewesen, weil die Städte auch anfangs bloß vertreten erschienen, während der ganze Adel persönlich Theil nahm an der Verfassung der Gesetze; – die wenigen Gesetze, auf welche sich die Städte berufen, seyen in jenen Zeiten gemacht worden, wo die Türken im halben Lande hausten, und auf ihre jetzige Stellung nicht anwendbar. Der 1ste Art. 1608, welcher den damaligen Städten, deren acht waren, Sitz und Stimme gab, verdanke seinen Ursprung einem Landtage, der mit dem jetzigen durchaus nicht verglichen werden könne, denn auf ihm seyen noch Stände und Magnaten bei einer Tafel vereint in einem Saale gesessen. – Das Gesetz von 1687, welches die Inarticulation neu entstehender Städte darum verbietet, weil die bereits bestehenden durch ihre Macht dem Adel gefährlich waren, sey noch weniger anwendbar, weil es mehr beweißt als es sollte, auch sey es nie gehalten worden, indem man eine Menge Freistädte seit jener Zeit inarticulirte und gesetzlich anerkannte.“

Will man kürzlich sehen, ob und wie weit diese Facta und Behauptungen bestehen, muß sich Referent in der That wundern, wie der Redner, der doch sonst auch als Schriftsteller sich bereits einen Namen erworben, dieselben vorbringen konnte. – Der Beispiele, wo der ganze Adel auf dem Reichstage erschien, sind in der ungarischen Geschichte nur wenige – es geschah solches nur dann, wenn gleich vom Landtage aus in das Feld gezogen wurde, oder richtiger, wenn die Kriegsmacht, mit ihrem Könige versammelt, noch vor dem Aufbruche auf offenem Felde einige gesetzliche Verfügungen traf. – Daß bei solcher Gelegenheit außer den Banderien der Baronen, Magnaten, Bischöfe, und außer den Banderien des kleineren Adels unter dem Fähnlein des Comitats, auch die Städte, nicht, wie der Redner zu deuten scheint, bloß durch drei, vier Abgeordnete, wohl aber durch ihre Bewaffneten, und eine unter gleichem Fähnlein versammelte Kriegsmacht erschienen seyen, daß namentlich die Städte die Armee bei solcher Gelegenheit mit ihrer Artillerie versehen haben, beweißt die Geschichte in hundert noch vorhandenen Urkunden. – Der Redner möge nachweisen, wenn er kann, daß seit dem Fundamental-Artikel 1, 1608, ja seit dem Regierungs-Antritt der königl. österreichischen Dynastie, der Adel auch nur einmal persönlich erschienen; daß seit der Zeit nicht stets eben so viel Deputirte von den Städten, zwei, drei vier, ja mehr als von den Comitaten zugegen waren; – er mag sich erinnern, daß als bis zum Jahre 1681 von jedem Comitate und jeder Stadt nur zwei Deputirte berufen wurden, eben auf diesem Landtage von den drei Deputirten, welche das Gömörer Comitat geschickt, einer abtreten mußte.

Eben so unrichtig ist es, daß die Gesetze, wodurch die Städte zur Legislation berufen wurden, aus Zeiten stammen, wo die Türken im halben Lande hausten. – Im 14ten Jahrhundert unter Sigismund, wo das Decret von 1405 beinahe allein von städtischen Deputirten berathen und verfaßt wurde, war noch kein Türke im Lande; der 3te Art. Uladislai Decret 7 vom Jahre 1514, auf welches sich das Hauptgesetz von 1608 ausdrücklich beruft, enthält nicht 8, wie er sagt, sondern 17 Städte, deren Abgeordneten unter den übrigen Ständen Sitz und Stimme gegeben wird, und wurde zu einer Zeit gemacht, wo die Türken weit außer Ungarn hausten, 13 Jahre vor der unglücklichen Schlacht bei Mohacs.

(Fortsetzung folgt.)

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[0389/0013] die in der obigen Rede vorkommenden vielen Unrichtigkeiten aufzuklären. „Die ungarischen Städte (wird gesagt) gründeten fremde Colonien. Durch fremde Sprache, Einrichtungen und Begriffe abgesondert, nie mit der Nation verschmolzen, konnten sie keinen besonderen Einfluß auf die Gesetzgebung bilden. Vertreter der beweglichen Industrie und des kosmopolitischen Handels, stets demokratischen Principien huldigend, widerstreben sie immer den Ansichten eines aristokratischen Landes. Spät, erst im 14ten Jahrhundert, gewannen sie Einfluß auf die Gesetzgebung, aber dieser war nur gering.“ Also fremde Colonien sollen die ungarischen Städte seyn? fremd durch Abkunft, Sprache, Einrichtung und Begriffe? Referent hofft, der Redner werde wenigstens nicht alle ungarischen Städte darunter meinen. Der in der Geschichte auch nur wenig Bewanderte wird sehr gut wissen, daß viele der dermaligen ungarischen Städte schon unter den Römern, also mehrere Jahrhunderte vor Einwanderung der Magyáren, Städte dieses Landes, einheimische, waren. – Er denke nur an Acincum und Contraacincum (Ofen und Pesth), Osones (Stuhlweißenburg), Colonia Julia (Oedenburg), Arrabona (Raab), Mursa (Essegg), Zambara (Temeswar), Eburum (Trenchin) Carpis oder pons ad Herculem (Gran) u. s. w. Er denke, daß wo jetzt Schemnitzer und Kremnitzer Fleiß die Gruben baut, einst Arsicum und Uscenum blühten. – Wahr ist es, in den Wirren des Mittelalters, durch die Kreuzzüge, durch die Einfälle und Verheerungen der Tataren und Mongolen und später durch die Türken, ist wohl viel Land, sind wohl viele Städte öde geworden; allein hat diese Geißel der Vernichtung nicht auch den Adel eben so getroffen? Wie viele Adelige dürften wohl Abkömmlinge seyn der arpadischen Einwanderer? wie viele neue Sprößlinge eingepfropft aus allen Ländern Europa's und hier erst nationalisirt? Das läßt sich eben so von den Städten sagen. Und wahrlich, will man nur oberflächlich statistische und geographische Daten berühren, wer wird nicht erkennen; daß viele der ungarischen Städte und ihre Marken und Gauen gerade dasjenige Land sind, welches mit Recht für das nationalste gilt – nationaler als die größere Hälfte der Comitate an Abkunft, Sprache, Einrichtungen und Begriffen. Debreczin, Szathmárnémeti, Nagybánya, Szegedin, Comorn, Raab, Stuhlweißenburg, die Hajduckenstädte, die der Jazyger und Cumanier können als die Centralpunkte der Nationalität betrachtet, mehrere andere auch in dieser Hinsicht vielen Comitaten gleichgestellt werden. – Zugegeben ferner, daß von den anderen mehrere wirklich durch fremde Colonien gegründet worden, Colonien aus den Zeiten des heiligen Stephans Geysa, des 2ten Bela, des 4ten, muß man ihnen nicht die Rechte halten, die ihnen als Bedingniß ihrer Einwanderung und Ansiedlung gesetzt, oder aus Rücksicht ihrer Verdienste gewährt worden? Hat ein sechs-, achthundertjähriger Besitz sie nicht zu Bürgern des gemeinsamen Vaterlandes erhoben, dessen glückliche und unglückliche Tage, alle Lasten und Gefahren sie brüderlich getheilt? Mehr Wahrheit liegt in dem Umstand, daß sie Vertreter sind der Gewerbe, des kosmopolitischen Handels, demokratischen Principien huldigen, und darum den Ansichten eines aristokratischen Landes entgegenstreben. 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Eben so unrichtig ist es, daß die Gesetze, wodurch die Städte zur Legislation berufen wurden, aus Zeiten stammen, wo die Türken im halben Lande hausten. – Im 14ten Jahrhundert unter Sigismund, wo das Decret von 1405 beinahe allein von städtischen Deputirten berathen und verfaßt wurde, war noch kein Türke im Lande; der 3te Art. Uladislai Decret 7 vom Jahre 1514, auf welches sich das Hauptgesetz von 1608 ausdrücklich beruft, enthält nicht 8, wie er sagt, sondern 17 Städte, deren Abgeordneten unter den übrigen Ständen Sitz und Stimme gegeben wird, und wurde zu einer Zeit gemacht, wo die Türken weit außer Ungarn hausten, 13 Jahre vor der unglücklichen Schlacht bei Mohacs. (Fortsetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 49. Augsburg, 18. Februar 1840, S. 0389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_049_18400218/13>, abgerufen am 23.11.2024.