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Allgemeine Zeitung. Nr. 53. Augsburg, 22. Februar 1840.

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nach Marseille zu schicken, und ging zu Rothschild, um einen Wechsel zu nehmen, aber man sagte mir dort: "Machen Sie es, wie wir selbst, und schicken Sie das Geld in einem Sack durch die Diligence." Dieß sollte in einem Lande, wo eine Staatsbank ist, offenbar nicht vorfallen, aber die allzu große Aengstlichkeit der Bank hat ihre Wirkung beschränkt, und dagegen sollte das neue Gesetz vorbauen. In Amerika und England kann das Gesetz nicht genug gegen die Unvorsichtigkeit der Banken vorbauen, aber hier bedürfen sie eines Stachels.

Das Carnevalsfest der Künstler in München.

Das große Fest, das unsere Künstler der Stadt München und sich selbst bereitet, ist vorüber, und unter activen wie passiven Theilnehmern herrscht nur eine allgemeine Stimme vollkommener Befriedigung. Man sagt es sich und Andern, daß man ein ähnliches Schauspiel noch nicht erlebt, und daß man es auch in der That in solcher Ausdehnung und Ausführung nur hier erleben kann, wo es unbedingt als eine Aeußerung, ja als ein Ergebniß von Kunstbestrebungen und Leistungen, und wohl noch mehr von dem Zusammenwirken künstlerischer Kräfte anzusehen ist, wie sie gegenwärtig nicht leicht in solcher Anzahl und Bewegung angetroffen werden. Schon an der Quelle des Unternehmens, am ersten Gedanken dazu, treffen wir auf die Bestätigung des Gesagten. Wer in München längere Zeit, und gar wer als Künstler in München sich aufhält, dem tritt Wesen und Werth des Kunstlebens, seine Bedeutung fürs öffentliche Wohl, ja für Privatinteressen und selbst seine industrielle Bedeutsamkeit klar ins Bewußtseyn, und er fühlt sich in der Steigerung aller geistigen und materiellen Kräfte selbst gehoben. München darf nur sich mit sich selbst, mit seinem fünfzehn Jahre jüngern Bild vergleichen, um über das jetzige Befinden und dessen Ursachen Gewißheit zu erhalten. Wer die höchsten Interessen der Menschheit fördert, der fördert sie alle; es heißt mit Recht hier: trachtet zuerst etc., so wird euch Alles andere von selbst zufallen. Nicht so, wo materielle und industrielle Zwecke die Kräfte und deren Bewegung ausschließlich leiten. Wenn daher die Stände des Königreichs Sachsen aus mißverstandenem Eifer dem Aufbau eines Museums widerstreben, um die Staatscassenüberschüsse zu erhalten, und lieber einen Schatz preisgeben, um den die Welt das kleine Land beneidet; wenn sie lieber die erste, schönste und großartigste Gemäldesammlung dem erweislichen Verderben aussetzen, als einige Hunderttausende opfern wollen, so werden sie zur Bereicherung ihres Volkslebens wenig beitragen, sondern vielmehr einer Periode der Glanzlosigkeit vorarbeiten, in der ihre Hauptstadt, die in der Ferne mit der "Galerie" fast gleichbedeutend klingt, aufhören wird, Fremde anzuziehen und zu fesseln. Wie anders ist das hier, wo der Kunst eine Heimath gegründet worden, in der sich Alles froh bewegt und schaffend regt, und wohin Neues von allen Seiten zuströmt! Der größere Theil unserer Künstler gehört dem mittlern und nördlichen Deutschland an, allein sie alle bekennen es einmüthig, daß sie erst hier ihren wahren nährenden Boden, die eigentliche Lebenslust, gefunden haben.

Nicht die gewöhnliche Lust, Vergleiche anzustellen, sondern das poetische Bedürfniß des Menschen, für Erlebtes und Gegenwärtiges ein bezeichnendes Symbol zu finden, leitete die Phantasie unserer Künstler auf die Zeit des Kaisers Maximilian, der, wie er bis ins Kleinste Künstler ehrte und schätzte, so im Großen ein edelsinniger Beförderer der Kunst im Allgemeinen war, und einen großen Theil des Ruhmes rägt, den die deutsche Kunst zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts errungen. Wie nahe steht unsere Zeit der damaligen! und wie mußte ein großes, lebendiges Bild davon, in dem man die Gegenwart verklärt erkennen würde, ansprechen! - Hieraus müssen wir uns die Idee abgeleitet denken, das Zeitalter Maximilians in Sitte und Tracht und nach den Gliederungen der Stände und Gewerbe in eigener Person darzustellen, es gewissermaßen zu erleben. Um nun den rechten Gesichtspunkt nicht aus den Augen zu verlieren, setzte man sogleich zwei weitschimmernde Male: den Kaiser Maximilian als Schutzherrn und Albrecht Dürer als Repräsentanten der deutschen Kunst. Hülfreich kam die Sage entgegen, daß der Kaiser dem Künstler in Nürnberg ein Wappen verliehen, und daß bei der Gelegenheit die Stadt große Festlichkeiten veranstaltet. Nun hatte man die Hauptpersonen und den Schauplatz der Handlung, selbst die Freiheit größter Ausdehnung, und es bildeten sich die Abtheilungen des städtischen oder Bürgerzugs, des Kaiserzugs und endlich der Lustbarkeiten zur Ergötzung des Kaisers. Der erste mußte das ganze gewerbliche, künstlerische, gelehrte Leben einer Stadt, mit seiner Verwaltung und seinem Adel, der andere das kriegerische und reichsherrschaftliche Wesen darstellen; im dritten hatte die Phantasie freien Lauf. - Das Ziel der ganzen Unternehmung war ein Bankett, an dem man in der erwählten Rolle sich nach bestem Vergnügen um drei Jahrhunderte jünger denken, dichten, im Nothfall trinken wollte. Indeß gewann auch der Vorschlag sehr bald Eingang, in dieser Gestalt dem Publicum sich zu zeigen, und so entstand der Festzug, dessen Beschreibung schon hinreicht, die Gründlichkeit und den Umfang der Anordnung zu bescheinigen.

In die innern hellerleuchteten Räume des großen Schauspielhauses, vor den versammelten Hof und das Publicum trat dieses lebendige, vielgegliederte Bild vergangener Zeit unter dem Voraustritt einer eigens zu dem Zweck und im Charakter der Zeit von H. Kunz componirten Festmusik. Der erste oder Bürgeraufzug, dem zwei Zugführer vorangingen, bestand aus der niedern und höhern Bürgerschaft von Nürnberg, voran die Zünfte mit ihren Standarten, Werkzeugen, Fabricaten etc., überall Lehrbuben, Gesellen und Meister, und zwar, wo die Geschichte bedeutende Namen aufbewahrt, überall namhafte Männer eines jeden Gewerbes. Die erste Zunft war die freie der Meistersänger mit ihrem Altmeister Hans Sachs; Junge und Alte mit Cithern und Gesängen, dazu mit Gedichten in Hans Sachsens Weise, die sie unter das Publicum vertheilten, davon das eine: "Wie Hans Sachs nach München kam", an dessen Besuch dieser Stadt im Jahr 1514 erinnert, das andere: "Wie Hans Sachs wieder Abschied nahm", die Verwandtschaft der Jetztzeit mit der des sechzehnten Jahrhunderts hervorhebt. Nach diesen folgten paarweise die Zünfte der Doctoren und Bader (mit Kaspar Rosenblüt gen. Schnepperer und dem Bader Hans Folz, Trauerspieldichter); ferner: die Schäffler und Bräuer, die Metzger und Bäcker, die Wachszieher und Lebküchner, die Schuster und Schneider, die Damast- und Tapetenwirker (mit Bernhard Müllner, Damastwirker), die Schreiner und Dreher (mit Sebald Beck, Hieronymus Gärtner und Wolf Weißkopf), die Wagner und Hufschmiede, die Schwertfeger und Waffenschmiede (mit Georg Hartlieb, Sübenbürger, Kunz Lachner, Wilhelm von Worms), die Armbrust- und Büchsenmacher (mit Hans und Wolf Danner), die Uhrmacher und Schlosser (mit Andr. Heinlein, Georg Heuß, Hans Heele, dem Erfinder der Taschenuhren, und Hans Bullmann), die Buchdrucker und Formschneider (mit Joh. Petrejus und Hans Schäuffelein, Ant. Koburger und Hieronymus

nach Marseille zu schicken, und ging zu Rothschild, um einen Wechsel zu nehmen, aber man sagte mir dort: „Machen Sie es, wie wir selbst, und schicken Sie das Geld in einem Sack durch die Diligence.“ Dieß sollte in einem Lande, wo eine Staatsbank ist, offenbar nicht vorfallen, aber die allzu große Aengstlichkeit der Bank hat ihre Wirkung beschränkt, und dagegen sollte das neue Gesetz vorbauen. In Amerika und England kann das Gesetz nicht genug gegen die Unvorsichtigkeit der Banken vorbauen, aber hier bedürfen sie eines Stachels.

Das Carnevalsfest der Künstler in München.

Das große Fest, das unsere Künstler der Stadt München und sich selbst bereitet, ist vorüber, und unter activen wie passiven Theilnehmern herrscht nur eine allgemeine Stimme vollkommener Befriedigung. Man sagt es sich und Andern, daß man ein ähnliches Schauspiel noch nicht erlebt, und daß man es auch in der That in solcher Ausdehnung und Ausführung nur hier erleben kann, wo es unbedingt als eine Aeußerung, ja als ein Ergebniß von Kunstbestrebungen und Leistungen, und wohl noch mehr von dem Zusammenwirken künstlerischer Kräfte anzusehen ist, wie sie gegenwärtig nicht leicht in solcher Anzahl und Bewegung angetroffen werden. Schon an der Quelle des Unternehmens, am ersten Gedanken dazu, treffen wir auf die Bestätigung des Gesagten. Wer in München längere Zeit, und gar wer als Künstler in München sich aufhält, dem tritt Wesen und Werth des Kunstlebens, seine Bedeutung fürs öffentliche Wohl, ja für Privatinteressen und selbst seine industrielle Bedeutsamkeit klar ins Bewußtseyn, und er fühlt sich in der Steigerung aller geistigen und materiellen Kräfte selbst gehoben. München darf nur sich mit sich selbst, mit seinem fünfzehn Jahre jüngern Bild vergleichen, um über das jetzige Befinden und dessen Ursachen Gewißheit zu erhalten. Wer die höchsten Interessen der Menschheit fördert, der fördert sie alle; es heißt mit Recht hier: trachtet zuerst etc., so wird euch Alles andere von selbst zufallen. Nicht so, wo materielle und industrielle Zwecke die Kräfte und deren Bewegung ausschließlich leiten. Wenn daher die Stände des Königreichs Sachsen aus mißverstandenem Eifer dem Aufbau eines Museums widerstreben, um die Staatscassenüberschüsse zu erhalten, und lieber einen Schatz preisgeben, um den die Welt das kleine Land beneidet; wenn sie lieber die erste, schönste und großartigste Gemäldesammlung dem erweislichen Verderben aussetzen, als einige Hunderttausende opfern wollen, so werden sie zur Bereicherung ihres Volkslebens wenig beitragen, sondern vielmehr einer Periode der Glanzlosigkeit vorarbeiten, in der ihre Hauptstadt, die in der Ferne mit der „Galerie“ fast gleichbedeutend klingt, aufhören wird, Fremde anzuziehen und zu fesseln. Wie anders ist das hier, wo der Kunst eine Heimath gegründet worden, in der sich Alles froh bewegt und schaffend regt, und wohin Neues von allen Seiten zuströmt! Der größere Theil unserer Künstler gehört dem mittlern und nördlichen Deutschland an, allein sie alle bekennen es einmüthig, daß sie erst hier ihren wahren nährenden Boden, die eigentliche Lebenslust, gefunden haben.

Nicht die gewöhnliche Lust, Vergleiche anzustellen, sondern das poetische Bedürfniß des Menschen, für Erlebtes und Gegenwärtiges ein bezeichnendes Symbol zu finden, leitete die Phantasie unserer Künstler auf die Zeit des Kaisers Maximilian, der, wie er bis ins Kleinste Künstler ehrte und schätzte, so im Großen ein edelsinniger Beförderer der Kunst im Allgemeinen war, und einen großen Theil des Ruhmes rägt, den die deutsche Kunst zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts errungen. Wie nahe steht unsere Zeit der damaligen! und wie mußte ein großes, lebendiges Bild davon, in dem man die Gegenwart verklärt erkennen würde, ansprechen! – Hieraus müssen wir uns die Idee abgeleitet denken, das Zeitalter Maximilians in Sitte und Tracht und nach den Gliederungen der Stände und Gewerbe in eigener Person darzustellen, es gewissermaßen zu erleben. Um nun den rechten Gesichtspunkt nicht aus den Augen zu verlieren, setzte man sogleich zwei weitschimmernde Male: den Kaiser Maximilian als Schutzherrn und Albrecht Dürer als Repräsentanten der deutschen Kunst. Hülfreich kam die Sage entgegen, daß der Kaiser dem Künstler in Nürnberg ein Wappen verliehen, und daß bei der Gelegenheit die Stadt große Festlichkeiten veranstaltet. Nun hatte man die Hauptpersonen und den Schauplatz der Handlung, selbst die Freiheit größter Ausdehnung, und es bildeten sich die Abtheilungen des städtischen oder Bürgerzugs, des Kaiserzugs und endlich der Lustbarkeiten zur Ergötzung des Kaisers. Der erste mußte das ganze gewerbliche, künstlerische, gelehrte Leben einer Stadt, mit seiner Verwaltung und seinem Adel, der andere das kriegerische und reichsherrschaftliche Wesen darstellen; im dritten hatte die Phantasie freien Lauf. – Das Ziel der ganzen Unternehmung war ein Bankett, an dem man in der erwählten Rolle sich nach bestem Vergnügen um drei Jahrhunderte jünger denken, dichten, im Nothfall trinken wollte. Indeß gewann auch der Vorschlag sehr bald Eingang, in dieser Gestalt dem Publicum sich zu zeigen, und so entstand der Festzug, dessen Beschreibung schon hinreicht, die Gründlichkeit und den Umfang der Anordnung zu bescheinigen.

In die innern hellerleuchteten Räume des großen Schauspielhauses, vor den versammelten Hof und das Publicum trat dieses lebendige, vielgegliederte Bild vergangener Zeit unter dem Voraustritt einer eigens zu dem Zweck und im Charakter der Zeit von H. Kunz componirten Festmusik. Der erste oder Bürgeraufzug, dem zwei Zugführer vorangingen, bestand aus der niedern und höhern Bürgerschaft von Nürnberg, voran die Zünfte mit ihren Standarten, Werkzeugen, Fabricaten etc., überall Lehrbuben, Gesellen und Meister, und zwar, wo die Geschichte bedeutende Namen aufbewahrt, überall namhafte Männer eines jeden Gewerbes. Die erste Zunft war die freie der Meistersänger mit ihrem Altmeister Hans Sachs; Junge und Alte mit Cithern und Gesängen, dazu mit Gedichten in Hans Sachsens Weise, die sie unter das Publicum vertheilten, davon das eine: „Wie Hans Sachs nach München kam“, an dessen Besuch dieser Stadt im Jahr 1514 erinnert, das andere: „Wie Hans Sachs wieder Abschied nahm“, die Verwandtschaft der Jetztzeit mit der des sechzehnten Jahrhunderts hervorhebt. Nach diesen folgten paarweise die Zünfte der Doctoren und Bader (mit Kaspar Rosenblüt gen. Schnepperer und dem Bader Hans Folz, Trauerspieldichter); ferner: die Schäffler und Bräuer, die Metzger und Bäcker, die Wachszieher und Lebküchner, die Schuster und Schneider, die Damast- und Tapetenwirker (mit Bernhard Müllner, Damastwirker), die Schreiner und Dreher (mit Sebald Beck, Hieronymus Gärtner und Wolf Weißkopf), die Wagner und Hufschmiede, die Schwertfeger und Waffenschmiede (mit Georg Hartlieb, Sübenbürger, Kunz Lachner, Wilhelm von Worms), die Armbrust- und Büchsenmacher (mit Hans und Wolf Danner), die Uhrmacher und Schlosser (mit Andr. Heinlein, Georg Heuß, Hans Heele, dem Erfinder der Taschenuhren, und Hans Bullmann), die Buchdrucker und Formschneider (mit Joh. Petrejus und Hans Schäuffelein, Ant. Koburger und Hieronymus

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Man sagt es sich und Andern, daß man ein ähnliches Schauspiel noch nicht erlebt, und daß man es auch in der That in solcher Ausdehnung und Ausführung nur hier erleben kann, wo es unbedingt als eine Aeußerung, ja als ein Ergebniß von Kunstbestrebungen und Leistungen, und wohl noch mehr von dem Zusammenwirken künstlerischer Kräfte anzusehen ist, wie sie gegenwärtig nicht leicht in solcher Anzahl und Bewegung angetroffen werden. Schon an der Quelle des Unternehmens, am ersten Gedanken dazu, treffen wir auf die Bestätigung des Gesagten. Wer in München längere Zeit, und gar wer als Künstler in München sich aufhält, dem tritt Wesen und Werth des Kunstlebens, seine Bedeutung fürs öffentliche Wohl, ja für Privatinteressen und selbst seine industrielle Bedeutsamkeit klar ins Bewußtseyn, und er fühlt sich in der Steigerung aller geistigen und materiellen Kräfte selbst gehoben. München darf nur sich mit sich selbst, mit seinem fünfzehn Jahre jüngern Bild vergleichen, um über das jetzige Befinden und dessen Ursachen Gewißheit zu erhalten. Wer die höchsten Interessen der Menschheit fördert, der fördert sie alle; es heißt mit Recht hier: trachtet zuerst etc., so wird euch Alles andere von selbst zufallen. Nicht so, wo materielle und industrielle Zwecke die Kräfte und deren Bewegung ausschließlich leiten. Wenn daher die Stände des Königreichs Sachsen aus mißverstandenem Eifer dem Aufbau eines Museums widerstreben, um die Staatscassenüberschüsse zu erhalten, und lieber einen Schatz preisgeben, um den die Welt das kleine Land beneidet; wenn sie lieber die erste, schönste und großartigste Gemäldesammlung dem erweislichen Verderben aussetzen, als einige Hunderttausende opfern wollen, so werden sie zur Bereicherung ihres Volkslebens wenig beitragen, sondern vielmehr einer Periode der Glanzlosigkeit vorarbeiten, in der ihre Hauptstadt, die in der Ferne mit der „Galerie“ fast gleichbedeutend klingt, aufhören wird, Fremde anzuziehen und zu fesseln. Wie anders ist das hier, wo der Kunst eine Heimath gegründet worden, in der sich Alles froh bewegt und schaffend regt, und wohin Neues von allen Seiten zuströmt! Der größere Theil unserer Künstler gehört dem mittlern und nördlichen Deutschland an, allein sie alle bekennen es einmüthig, daß sie erst hier ihren wahren nährenden Boden, die eigentliche Lebenslust, gefunden haben. Nicht die gewöhnliche Lust, Vergleiche anzustellen, sondern das poetische Bedürfniß des Menschen, für Erlebtes und Gegenwärtiges ein bezeichnendes Symbol zu finden, leitete die Phantasie unserer Künstler auf die Zeit des Kaisers Maximilian, der, wie er bis ins Kleinste Künstler ehrte und schätzte, so im Großen ein edelsinniger Beförderer der Kunst im Allgemeinen war, und einen großen Theil des Ruhmes rägt, den die deutsche Kunst zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts errungen. Wie nahe steht unsere Zeit der damaligen! und wie mußte ein großes, lebendiges Bild davon, in dem man die Gegenwart verklärt erkennen würde, ansprechen! – Hieraus müssen wir uns die Idee abgeleitet denken, das Zeitalter Maximilians in Sitte und Tracht und nach den Gliederungen der Stände und Gewerbe in eigener Person darzustellen, es gewissermaßen zu erleben. Um nun den rechten Gesichtspunkt nicht aus den Augen zu verlieren, setzte man sogleich zwei weitschimmernde Male: den Kaiser Maximilian als Schutzherrn und Albrecht Dürer als Repräsentanten der deutschen Kunst. Hülfreich kam die Sage entgegen, daß der Kaiser dem Künstler in Nürnberg ein Wappen verliehen, und daß bei der Gelegenheit die Stadt große Festlichkeiten veranstaltet. Nun hatte man die Hauptpersonen und den Schauplatz der Handlung, selbst die Freiheit größter Ausdehnung, und es bildeten sich die Abtheilungen des städtischen oder Bürgerzugs, des Kaiserzugs und endlich der Lustbarkeiten zur Ergötzung des Kaisers. Der erste mußte das ganze gewerbliche, künstlerische, gelehrte Leben einer Stadt, mit seiner Verwaltung und seinem Adel, der andere das kriegerische und reichsherrschaftliche Wesen darstellen; im dritten hatte die Phantasie freien Lauf. – Das Ziel der ganzen Unternehmung war ein Bankett, an dem man in der erwählten Rolle sich nach bestem Vergnügen um drei Jahrhunderte jünger denken, dichten, im Nothfall trinken wollte. Indeß gewann auch der Vorschlag sehr bald Eingang, in dieser Gestalt dem Publicum sich zu zeigen, und so entstand der Festzug, dessen Beschreibung schon hinreicht, die Gründlichkeit und den Umfang der Anordnung zu bescheinigen. In die innern hellerleuchteten Räume des großen Schauspielhauses, vor den versammelten Hof und das Publicum trat dieses lebendige, vielgegliederte Bild vergangener Zeit unter dem Voraustritt einer eigens zu dem Zweck und im Charakter der Zeit von H. Kunz componirten Festmusik. Der erste oder Bürgeraufzug, dem zwei Zugführer vorangingen, bestand aus der niedern und höhern Bürgerschaft von Nürnberg, voran die Zünfte mit ihren Standarten, Werkzeugen, Fabricaten etc., überall Lehrbuben, Gesellen und Meister, und zwar, wo die Geschichte bedeutende Namen aufbewahrt, überall namhafte Männer eines jeden Gewerbes. Die erste Zunft war die freie der Meistersänger mit ihrem Altmeister Hans Sachs; Junge und Alte mit Cithern und Gesängen, dazu mit Gedichten in Hans Sachsens Weise, die sie unter das Publicum vertheilten, davon das eine: „Wie Hans Sachs nach München kam“, an dessen Besuch dieser Stadt im Jahr 1514 erinnert, das andere: „Wie Hans Sachs wieder Abschied nahm“, die Verwandtschaft der Jetztzeit mit der des sechzehnten Jahrhunderts hervorhebt. Nach diesen folgten paarweise die Zünfte der Doctoren und Bader (mit Kaspar Rosenblüt gen. Schnepperer und dem Bader Hans Folz, Trauerspieldichter); ferner: die Schäffler und Bräuer, die Metzger und Bäcker, die Wachszieher und Lebküchner, die Schuster und Schneider, die Damast- und Tapetenwirker (mit Bernhard Müllner, Damastwirker), die Schreiner und Dreher (mit Sebald Beck, Hieronymus Gärtner und Wolf Weißkopf), die Wagner und Hufschmiede, die Schwertfeger und Waffenschmiede (mit Georg Hartlieb, Sübenbürger, Kunz Lachner, Wilhelm von Worms), die Armbrust- und Büchsenmacher (mit Hans und Wolf Danner), die Uhrmacher und Schlosser (mit Andr. Heinlein, Georg Heuß, Hans Heele, dem Erfinder der Taschenuhren, und Hans Bullmann), die Buchdrucker und Formschneider (mit Joh. Petrejus und Hans Schäuffelein, Ant. Koburger und Hieronymus

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 53. Augsburg, 22. Februar 1840, S. 0418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_053_18400222/10>, abgerufen am 23.11.2024.