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Allgemeine Zeitung. Nr. 71. Augsburg, 11. März 1840.

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Rußland.

Bei Modlin, Zamosc und an der Mündung des Wieprz hat die russische Regierung ungeheure Ländereien aufgekauft, welche Colonisten aus dem Innern Rußlands, hier Kazappen genannt, überlassen werden, um diese Festungen statt der polnischen Ortschaften mit treu ergebenen russischen Unterthanen zu umgeben. Ueberhaupt wird die Befestigung der vier polnischen Festungen mit der größten Kraft und Umsicht betrieben. Es hat die russische Regierung statt der bisherigen aufgehobenen Lehranstalten in Polen Kreis- und Gouvernementsschulen nach russischer Verfassung errichtet und meist mit russischen Lehrern besetzt. Welcher Qualität aber, bei dem Mangel an hiezu geeigneten Subjecten und der ausdrücklichen Ausschließung aller Fremden, namentlich Deutscher, die Angestellten sind, ergibt sich daraus, daß nach glaubwürdigen Nachrichten in russisch-Polen kürzlich ein Russe als Schuldirector angestellt ward, in dessen Anstellungspatent es heißt: "welcher wegen begangener Unehrlichkeit aus dem Militärstande ausgestoßen, aber wegen seiner besondern Kenntnisse und Wissenschaftlichkeit dem höhern Lehrfache überwiesen worden." - Dem Vernehmen nach sind, in Berücksichtigung der allgemeinen Klagen über das russische Sperrsystem, Verhandlungen der hiesigen Regierung mit der russischen eingeleitet. Daß diese, glücklicher als die bisherigen, wenigstens überhaupt erträgliche Erleichterungen zur Folge haben mögen, ist der sehnlichste Wunsch der beiderseitigen Gränzbevölkerungen. Möge solche Landessperre aus sanitätspolizeilichen Rücksichten an der schwach bevölkerten österreichisch-türkischen Gränze zu rechtfertigen und ausführbar seyn; möchte sie, wenn die Flußgebiete des Dnieper und der Düna die beiderseitige Landesgränze bestimmen würden, weniger fühlbar seyn; hier aber, wo nicht höchstens 600, sondern bis 3000 Einwohner auf der Quadratmeile leben, wo bevölkerte Fabrikstätten fast eben so häufig sind, als dort die armseligen Etablissements der Leibeigenen, hier an der Gränze Deutschlands ist sie zerstörend, vernichtend, dem Umlauf und der Bewegung des Stadtlebens tödtlich. Nicht allein die Städte Königsberg, Elbing, Danzig, Thorn, Bromberg, Posen, Breslau, Krakau, Lemberg, Frankfurt a. d. D. und Leipzig, sondern durchweg sämmtliche an Rußland gränzende Abendländer empfinden auf die fühlbarste Weise die Wirkungen einer allgemeinen Landes- und Handelsblokade, welche Rußland im Gegensatze der von ihm an den asiatischen Gränzen befolgten Grundsätze der liberalsten Wechselbeziehungen in fortgehend gesteigerter Verschärfung gegen sie zur Anwendung bringt. (Nordd. Bl.)

[846]

Todes-Anzeige.

Gestern Nachmittag 1 1/4 Uhr entschlief sanft zu einem bessern Jenseits Johann Michael Steindl, adelig von Barthischer Patrimonial-Gerichtshalter dahier, nach einem mehrwöchentlichen Krankenlager und nach empfangenen Tröstungen der heiligen Religion, im 64sten Jahre seines thätigen Lebens, in dem 27sten eines mit seltener Dienstestreue und unermüdeter Thätigkeit bekleideten Amtes. Das Andenken dieses eben so treuen Gatten als liebevollen Vaters wird nicht allein uns, sondern auch unsern lieben Verwandten und Freunden theuer bleiben, um deren stille Theilnahme wir bitten.

Eurasburg, im Landgericht Wolfrathshausen, den 5 März 1840.

Elisabeth Steindl, geborne Gossens. - Dorothea Steindl. - Philipp Steindl, der Rechte Candidat.

[811]

Zur Jubelfeier der Buchdruckerkunst
wird demnächst in der Stettin'schen Buchhandlung zu Ulm ein Werk erscheinen, von dem sie kühn sagen darf, daß es seinem Inhalt nach die vierte Säcularfeier der größten Erfindung auf die würdigste Weise bezeichnen werde. Es führt den Titel: Geschichte der Buchdruckerkunst zu Ulm, beschrieben von Dr. K. D. Haßler; mit neuen Beiträgen zur Culturgeschichte, dem Facsimile eines der ältesten und merkwürdigsten Drucke und vielen artistischen Beilagen, insbesondere zur Geschichte der Xylographie. - Namentlich wird hierin zum erstenmal das Wirken eines Mannes urkundlich nachgewiesen, dessen Bedeutung für Xylographie, Typographie und Culturgeschichte bisher von Künstlern, Gelehrten und Geschichtschreibern nur geahnet wurde, und der nun seinem Geistes- und Schicksalsverwandten Gutenberg nach vierhundertjähriger Vergessenheit als schwäbischer Gutenberg

Rußland.

Bei Modlin, Zamosc und an der Mündung des Wieprz hat die russische Regierung ungeheure Ländereien aufgekauft, welche Colonisten aus dem Innern Rußlands, hier Kazappen genannt, überlassen werden, um diese Festungen statt der polnischen Ortschaften mit treu ergebenen russischen Unterthanen zu umgeben. Ueberhaupt wird die Befestigung der vier polnischen Festungen mit der größten Kraft und Umsicht betrieben. Es hat die russische Regierung statt der bisherigen aufgehobenen Lehranstalten in Polen Kreis- und Gouvernementsschulen nach russischer Verfassung errichtet und meist mit russischen Lehrern besetzt. Welcher Qualität aber, bei dem Mangel an hiezu geeigneten Subjecten und der ausdrücklichen Ausschließung aller Fremden, namentlich Deutscher, die Angestellten sind, ergibt sich daraus, daß nach glaubwürdigen Nachrichten in russisch-Polen kürzlich ein Russe als Schuldirector angestellt ward, in dessen Anstellungspatent es heißt: „welcher wegen begangener Unehrlichkeit aus dem Militärstande ausgestoßen, aber wegen seiner besondern Kenntnisse und Wissenschaftlichkeit dem höhern Lehrfache überwiesen worden.“ – Dem Vernehmen nach sind, in Berücksichtigung der allgemeinen Klagen über das russische Sperrsystem, Verhandlungen der hiesigen Regierung mit der russischen eingeleitet. Daß diese, glücklicher als die bisherigen, wenigstens überhaupt erträgliche Erleichterungen zur Folge haben mögen, ist der sehnlichste Wunsch der beiderseitigen Gränzbevölkerungen. Möge solche Landessperre aus sanitätspolizeilichen Rücksichten an der schwach bevölkerten österreichisch-türkischen Gränze zu rechtfertigen und ausführbar seyn; möchte sie, wenn die Flußgebiete des Dnieper und der Düna die beiderseitige Landesgränze bestimmen würden, weniger fühlbar seyn; hier aber, wo nicht höchstens 600, sondern bis 3000 Einwohner auf der Quadratmeile leben, wo bevölkerte Fabrikstätten fast eben so häufig sind, als dort die armseligen Etablissements der Leibeigenen, hier an der Gränze Deutschlands ist sie zerstörend, vernichtend, dem Umlauf und der Bewegung des Stadtlebens tödtlich. Nicht allein die Städte Königsberg, Elbing, Danzig, Thorn, Bromberg, Posen, Breslau, Krakau, Lemberg, Frankfurt a. d. D. und Leipzig, sondern durchweg sämmtliche an Rußland gränzende Abendländer empfinden auf die fühlbarste Weise die Wirkungen einer allgemeinen Landes- und Handelsblokade, welche Rußland im Gegensatze der von ihm an den asiatischen Gränzen befolgten Grundsätze der liberalsten Wechselbeziehungen in fortgehend gesteigerter Verschärfung gegen sie zur Anwendung bringt. (Nordd. Bl.)

[846]

Todes-Anzeige.

Gestern Nachmittag 1 1/4 Uhr entschlief sanft zu einem bessern Jenseits Johann Michael Steindl, adelig von Barthischer Patrimonial-Gerichtshalter dahier, nach einem mehrwöchentlichen Krankenlager und nach empfangenen Tröstungen der heiligen Religion, im 64sten Jahre seines thätigen Lebens, in dem 27sten eines mit seltener Dienstestreue und unermüdeter Thätigkeit bekleideten Amtes. Das Andenken dieses eben so treuen Gatten als liebevollen Vaters wird nicht allein uns, sondern auch unsern lieben Verwandten und Freunden theuer bleiben, um deren stille Theilnahme wir bitten.

Eurasburg, im Landgericht Wolfrathshausen, den 5 März 1840.

Elisabeth Steindl, geborne Gossens. – Dorothea Steindl. – Philipp Steindl, der Rechte Candidat.

[811]

Zur Jubelfeier der Buchdruckerkunst
wird demnächst in der Stettin'schen Buchhandlung zu Ulm ein Werk erscheinen, von dem sie kühn sagen darf, daß es seinem Inhalt nach die vierte Säcularfeier der größten Erfindung auf die würdigste Weise bezeichnen werde. Es führt den Titel: Geschichte der Buchdruckerkunst zu Ulm, beschrieben von Dr. K. D. Haßler; mit neuen Beiträgen zur Culturgeschichte, dem Facsimile eines der ältesten und merkwürdigsten Drucke und vielen artistischen Beilagen, insbesondere zur Geschichte der Xylographie. – Namentlich wird hierin zum erstenmal das Wirken eines Mannes urkundlich nachgewiesen, dessen Bedeutung für Xylographie, Typographie und Culturgeschichte bisher von Künstlern, Gelehrten und Geschichtschreibern nur geahnet wurde, und der nun seinem Geistes- und Schicksalsverwandten Gutenberg nach vierhundertjähriger Vergessenheit als schwäbischer Gutenberg

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[0565/0013] Rußland. _ Aus Oberschlesien vom 28 Febr. Bei Modlin, Zamosc und an der Mündung des Wieprz hat die russische Regierung ungeheure Ländereien aufgekauft, welche Colonisten aus dem Innern Rußlands, hier Kazappen genannt, überlassen werden, um diese Festungen statt der polnischen Ortschaften mit treu ergebenen russischen Unterthanen zu umgeben. Ueberhaupt wird die Befestigung der vier polnischen Festungen mit der größten Kraft und Umsicht betrieben. Es hat die russische Regierung statt der bisherigen aufgehobenen Lehranstalten in Polen Kreis- und Gouvernementsschulen nach russischer Verfassung errichtet und meist mit russischen Lehrern besetzt. Welcher Qualität aber, bei dem Mangel an hiezu geeigneten Subjecten und der ausdrücklichen Ausschließung aller Fremden, namentlich Deutscher, die Angestellten sind, ergibt sich daraus, daß nach glaubwürdigen Nachrichten in russisch-Polen kürzlich ein Russe als Schuldirector angestellt ward, in dessen Anstellungspatent es heißt: „welcher wegen begangener Unehrlichkeit aus dem Militärstande ausgestoßen, aber wegen seiner besondern Kenntnisse und Wissenschaftlichkeit dem höhern Lehrfache überwiesen worden.“ – Dem Vernehmen nach sind, in Berücksichtigung der allgemeinen Klagen über das russische Sperrsystem, Verhandlungen der hiesigen Regierung mit der russischen eingeleitet. Daß diese, glücklicher als die bisherigen, wenigstens überhaupt erträgliche Erleichterungen zur Folge haben mögen, ist der sehnlichste Wunsch der beiderseitigen Gränzbevölkerungen. Möge solche Landessperre aus sanitätspolizeilichen Rücksichten an der schwach bevölkerten österreichisch-türkischen Gränze zu rechtfertigen und ausführbar seyn; möchte sie, wenn die Flußgebiete des Dnieper und der Düna die beiderseitige Landesgränze bestimmen würden, weniger fühlbar seyn; hier aber, wo nicht höchstens 600, sondern bis 3000 Einwohner auf der Quadratmeile leben, wo bevölkerte Fabrikstätten fast eben so häufig sind, als dort die armseligen Etablissements der Leibeigenen, hier an der Gränze Deutschlands ist sie zerstörend, vernichtend, dem Umlauf und der Bewegung des Stadtlebens tödtlich. Nicht allein die Städte Königsberg, Elbing, Danzig, Thorn, Bromberg, Posen, Breslau, Krakau, Lemberg, Frankfurt a. d. D. und Leipzig, sondern durchweg sämmtliche an Rußland gränzende Abendländer empfinden auf die fühlbarste Weise die Wirkungen einer allgemeinen Landes- und Handelsblokade, welche Rußland im Gegensatze der von ihm an den asiatischen Gränzen befolgten Grundsätze der liberalsten Wechselbeziehungen in fortgehend gesteigerter Verschärfung gegen sie zur Anwendung bringt. (Nordd. Bl.) [846] Todes-Anzeige. Gestern Nachmittag 1 1/4 Uhr entschlief sanft zu einem bessern Jenseits Johann Michael Steindl, adelig von Barthischer Patrimonial-Gerichtshalter dahier, nach einem mehrwöchentlichen Krankenlager und nach empfangenen Tröstungen der heiligen Religion, im 64sten Jahre seines thätigen Lebens, in dem 27sten eines mit seltener Dienstestreue und unermüdeter Thätigkeit bekleideten Amtes. Das Andenken dieses eben so treuen Gatten als liebevollen Vaters wird nicht allein uns, sondern auch unsern lieben Verwandten und Freunden theuer bleiben, um deren stille Theilnahme wir bitten. Eurasburg, im Landgericht Wolfrathshausen, den 5 März 1840. Elisabeth Steindl, geborne Gossens. – Dorothea Steindl. – Philipp Steindl, der Rechte Candidat. [811] Zur Jubelfeier der Buchdruckerkunst wird demnächst in der Stettin'schen Buchhandlung zu Ulm ein Werk erscheinen, von dem sie kühn sagen darf, daß es seinem Inhalt nach die vierte Säcularfeier der größten Erfindung auf die würdigste Weise bezeichnen werde. Es führt den Titel: Geschichte der Buchdruckerkunst zu Ulm, beschrieben von Dr. K. D. Haßler; mit neuen Beiträgen zur Culturgeschichte, dem Facsimile eines der ältesten und merkwürdigsten Drucke und vielen artistischen Beilagen, insbesondere zur Geschichte der Xylographie. – Namentlich wird hierin zum erstenmal das Wirken eines Mannes urkundlich nachgewiesen, dessen Bedeutung für Xylographie, Typographie und Culturgeschichte bisher von Künstlern, Gelehrten und Geschichtschreibern nur geahnet wurde, und der nun seinem Geistes- und Schicksalsverwandten Gutenberg nach vierhundertjähriger Vergessenheit als schwäbischer Gutenberg

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 71. Augsburg, 11. März 1840, S. 0565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_071_18400311/13>, abgerufen am 23.11.2024.