Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 76. Augsburg, 16. März 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

gekämpft wurde. Stets bescheiden bei großem Verdienste stellte er sich freiwillig unter die Befehle des Generals Villareal, eines jungen Feldherrn, der noch lange in subalterner Sphäre diente, als der Graf v. Madeira schon in zwei Welttheilen ruhmvoll bekannt war. Er wirkte mit Auszeichnung bei der zweiten Belagerung von Bilbao, stets der Erste im Feuer, der Letzte an dem schon damals mit Intriguen angefüllten kleinen Hofe von Durango. Die Folgen der Schreckensnacht von Luchana stellten Don Sebastian an die Spitze der königlichen Heere. Der Infant von Spanien und Portugal umgab sich mit Illustrationen beider Reiche, seinem Feldherrnstabe Glanz und Kraft zu verleihen; der Graf v. Madeira konnte nicht fehlen. Er und Villareal wurden die ersten Generaladjutanten des neuen Oberfeldherrn. Seit fünfundzwanzig Jahren zum erstenmal erprobte der Graf v. Madeira auf spanischem Boden in offener Schlacht seine gute Klinge wieder, am 16 März 1837 bei Oriamendi. Die Britten, denen er zur Seite gefochten, lernten ihn nun auch in feindlichen Reihen kennen. An der Seite seines Gebieters nahm er an allen Gefechten des königlichen Zuges vor Madrid Theil. Bei Huesca (24 Mai 1837) erhielt er das Großkreuz des königlichen Ordens Isabel la Catolica, am 29 Junius desselben Jahres überschiffte er den Ebro im ersten Nachen, und sagte zu seinen wenigen Begleitern: "Europa blickt auf uns!" Am ewig denkwürdigen Tage von Herrera und Villar de los Navarros, als nach vierstündigem Kampfe von der feindlichen Armee nur der commandirende General mit 20 Reitern entkam, sah man den Generallieutenant Grafen v. Madeira an der Spitze von 60 berittenen Ordonnanzen eine feindliche Colonne mit dem glücklichsten Erfolge chargiren. Der Stern des militärischen S. Fernando-Ordens mit dem Lorbeerkranze ward ihm als Zeichen königlicher Anerkennung. Am 5 September desselben Jahres bei Orihuela de Tremendal deckte er mit einer halben Schwadron unsere von Espartero selbst harcelirte Nachhut. Durch die Eifersucht der Spanier stets einem beschränkten Wirkungskreise zugewiesen, füllte er denselben vollkommen, immer glorreich und ruhmvoll aus. Er ist als General ein großer Feldherr gewesen, und war mit zwanzig Reitern ein tüchtiger Soldat. Vor Guadalaxara, bei Aranzueque, in Brihuega, am Duero, unter dem Schlosse von San Stefan von Gormaz, auf der Brücke von Aranda war der Graf v. Madeira den Ersten im Feuer ein leuchtender Stern. Wie soll ich jenes unglücklichen Tages gedenken, des 5 Octobers, als in den Pinaren Alt-Castiliens zwischen Retuerta und dem Kloster San Domingo de Silos wir ihn auf seinem großen englischen Pferd auf 20 Schritte von den feindlichen Tirailleurs ruhig halten sahen; auf alle unsere Bitten, sich nicht so zu exponiren, antwortete der Graf v. Madeira gutmüthig lächelnd: "wenn ich die Kugeln pfeifen höre, ist es mir, als ob man mich rufe." Fünf Minuten darauf zerschmetterte ihm eine Musketenkugel den rechten Arm.

Ich sah ihn später wieder; es war am 14 September 1839 in einem kleinen baskischen Dorfe des französischen Departements der niedern Pyrenäen, Saint-Pee genannt. Unser Glaube war entflohen, unsere Hoffnungen vernichtet; abermals ein König, der Land und Krone aufgegeben, und abermals ein Heer, das verkauft und verrathen! Weinend warf ich mich in die Arme meines ritterlichen Freundes; er tröstete mich männlich. Doch die einzigen Worte, die ich in meinem Schmerze vernahm, waren: Lissabon, Madrid. - - Nun ist er todt. *)*) - So sind sie Alle hingegangen, auf die wir so fest gebaut. Zwei große Aufzüge hat unser blutiges Trauerspiel. Zumala-Carreguy, Santos-Ladron, Eraso, Iturralde, Segaztibelza; dann viele Siege und Niederlagen, einem breiten Strome gleich, die zwei Epochen zu scheiden. Dann Verrath, Gift und Dolch; Moreno, de Espanna, der Graf v. Madeira; - wie ist es mit Cabrera? Die Schlußscene wird sich dieses Jahr vor uns enthüllen. Niemand wage vorwitzig den Schleier zu lüften; Gott allein kann helfen, denn von Menschen haben wir nichts mehr zu erwarten.

Erträgnisse der englischen Eisenbahnen

Das Journal des Debats enthält einen interessanten Artikel über den ökonomischen Zustand der englischen Eisenbahnen, wie derselbe aus den veröffentlichten Rechnungen der Eisenbahnen von Manchester nach Liverpool, von London nach Birmingham und von Birmingham nach Newton erhellt. Die Gesellschaft der Bahn von Manchester nach Liverpool hat während des letzten Semesters 1839 2,069,000 Fr. für den Unterhalt der Bahn ausgegeben und 3,444,000 Fr. dagegen eingenommen. Der reine Ueberschuß betrug demnach 1,375,000 Franken. Man konnte an die Actionnäre eine Dividende von 5 Procent für sechs Monate bezahlen und 270,000 Franken zur Reserve schlagen. Die Gesellschaft darf bekanntlich nach ihren Statuten keine höheren Dividenden als 10 Procent per Jahr oder 5 Procent per Semester geben. Dieses Maximum wird auch alljährlich so ziemlich erreicht, obwohl die Kosten durch die der Bahn hinzugefügten Arbeiten ungeheuer waren und 2,800,000 Fr. pr. Lieue zu vier Kilometres betrugen. Ungefähr drei Fünftel von der Totaleinnahme, also 2,136,000 Fr. kommen vom Transport der Reisenden mit ihrem Gepäcke, die zwei andern Fünftel dagegen vom Waarentransport, den die Gesellschaft sehr gut organisirt hat.

Die Eisenbahn von London nach Birmingham, welche beinahe viermal so lang als die Bahn von Manchester nach Liverpool ist (45 Lieues statt 12), hat gleichfalls ungeheuere Summen verschlungen. Sie kostet bis heute 140 Millionen Franken, also 3,111,000 Fr. pr. Lieue, und zu ihrer gänzlichen Vollendung bedarf es einer weitern Summe von sechs Millionen. Dieser außerordentliche Kostenaufwand ist theils dem Luxus des Baues, dem Wunsch, die Bahn bis ins Innere der Städte zu leiten, und der Aufführung schöner Gebäude an den Stationen der Bahn zuzuschreiben. Dennoch ziehen die Actionäre aus ihren Capitalien einen hübschen Zins. Die letzte halbjährige Dividende beträgt 4 Pf. St. pr. 90 Pf. Sterl., also 9 Procent jährlich. Gleichwohl ist der Waarentransport noch unvollkommen organisirt, weil die ganze Bahn erst seit dem September 1838 befahren werden kann. Auf eine Totaleinnahme von 8,450,000 Fr., für die letzten sechs Monate figuriren die Waaren nur für 1,085,000 Fr., also für 345,000 Fr. weniger, als die Einnahmen der Bahn von Manchester nach Liverpool, welche viermal kürzer ist. Außer der Dividende ist noch von der Einnahme eine Summe von 1,652,000 Fr. zum Reservefonds geschlagen worden.

In einer noch blühenderen Lage ist die Gesellschaft der Eisenbahn von Birmingham nach Newton, nicht als ob die Circulation dort belebter wäre, sondern weil das dabei angenommene Bausystem weniger kostspielig war. Die dreiunddreißig Lieues lange Bahn hat 47,600,000 Fr. gekostet oder 1,450,000 Fr. pr. Lieue, also nur halb so viel, als die Bahn von Birmingham nach London. Die Ursache dieser verminderten Kosten sind die stärkeren Abhänge, welche auf der Bahn von Birmingham nach Newton 5 1/2 bis 12 Milliemes betragen, dagegen auf der Bahn von Birmingham nach London drei Milliemes

*) Er starb im vorigen Monat in Boulogne sur Mer.

gekämpft wurde. Stets bescheiden bei großem Verdienste stellte er sich freiwillig unter die Befehle des Generals Villareal, eines jungen Feldherrn, der noch lange in subalterner Sphäre diente, als der Graf v. Madeira schon in zwei Welttheilen ruhmvoll bekannt war. Er wirkte mit Auszeichnung bei der zweiten Belagerung von Bilbao, stets der Erste im Feuer, der Letzte an dem schon damals mit Intriguen angefüllten kleinen Hofe von Durango. Die Folgen der Schreckensnacht von Luchana stellten Don Sebastian an die Spitze der königlichen Heere. Der Infant von Spanien und Portugal umgab sich mit Illustrationen beider Reiche, seinem Feldherrnstabe Glanz und Kraft zu verleihen; der Graf v. Madeira konnte nicht fehlen. Er und Villareal wurden die ersten Generaladjutanten des neuen Oberfeldherrn. Seit fünfundzwanzig Jahren zum erstenmal erprobte der Graf v. Madeira auf spanischem Boden in offener Schlacht seine gute Klinge wieder, am 16 März 1837 bei Oriamendi. Die Britten, denen er zur Seite gefochten, lernten ihn nun auch in feindlichen Reihen kennen. An der Seite seines Gebieters nahm er an allen Gefechten des königlichen Zuges vor Madrid Theil. Bei Huesca (24 Mai 1837) erhielt er das Großkreuz des königlichen Ordens Isabel la Catolica, am 29 Junius desselben Jahres überschiffte er den Ebro im ersten Nachen, und sagte zu seinen wenigen Begleitern: „Europa blickt auf uns!“ Am ewig denkwürdigen Tage von Herrera und Villar de los Navarros, als nach vierstündigem Kampfe von der feindlichen Armee nur der commandirende General mit 20 Reitern entkam, sah man den Generallieutenant Grafen v. Madeira an der Spitze von 60 berittenen Ordonnanzen eine feindliche Colonne mit dem glücklichsten Erfolge chargiren. Der Stern des militärischen S. Fernando-Ordens mit dem Lorbeerkranze ward ihm als Zeichen königlicher Anerkennung. Am 5 September desselben Jahres bei Orihuela de Tremendal deckte er mit einer halben Schwadron unsere von Espartero selbst harcelirte Nachhut. Durch die Eifersucht der Spanier stets einem beschränkten Wirkungskreise zugewiesen, füllte er denselben vollkommen, immer glorreich und ruhmvoll aus. Er ist als General ein großer Feldherr gewesen, und war mit zwanzig Reitern ein tüchtiger Soldat. Vor Guadalaxara, bei Aranzueque, in Brihuega, am Duero, unter dem Schlosse von San Stefan von Gormaz, auf der Brücke von Aranda war der Graf v. Madeira den Ersten im Feuer ein leuchtender Stern. Wie soll ich jenes unglücklichen Tages gedenken, des 5 Octobers, als in den Pinaren Alt-Castiliens zwischen Retuerta und dem Kloster San Domingo de Silos wir ihn auf seinem großen englischen Pferd auf 20 Schritte von den feindlichen Tirailleurs ruhig halten sahen; auf alle unsere Bitten, sich nicht so zu exponiren, antwortete der Graf v. Madeira gutmüthig lächelnd: „wenn ich die Kugeln pfeifen höre, ist es mir, als ob man mich rufe.“ Fünf Minuten darauf zerschmetterte ihm eine Musketenkugel den rechten Arm.

Ich sah ihn später wieder; es war am 14 September 1839 in einem kleinen baskischen Dorfe des französischen Departements der niedern Pyrenäen, Saint-Pée genannt. Unser Glaube war entflohen, unsere Hoffnungen vernichtet; abermals ein König, der Land und Krone aufgegeben, und abermals ein Heer, das verkauft und verrathen! Weinend warf ich mich in die Arme meines ritterlichen Freundes; er tröstete mich männlich. Doch die einzigen Worte, die ich in meinem Schmerze vernahm, waren: Lissabon, Madrid. – – Nun ist er todt. *)*) – So sind sie Alle hingegangen, auf die wir so fest gebaut. Zwei große Aufzüge hat unser blutiges Trauerspiel. Zumala-Carreguy, Santos-Ladron, Eraso, Iturralde, Segaztibelza; dann viele Siege und Niederlagen, einem breiten Strome gleich, die zwei Epochen zu scheiden. Dann Verrath, Gift und Dolch; Moreno, de España, der Graf v. Madeira; – wie ist es mit Cabrera? Die Schlußscene wird sich dieses Jahr vor uns enthüllen. Niemand wage vorwitzig den Schleier zu lüften; Gott allein kann helfen, denn von Menschen haben wir nichts mehr zu erwarten.

Erträgnisse der englischen Eisenbahnen

Das Journal des Débats enthält einen interessanten Artikel über den ökonomischen Zustand der englischen Eisenbahnen, wie derselbe aus den veröffentlichten Rechnungen der Eisenbahnen von Manchester nach Liverpool, von London nach Birmingham und von Birmingham nach Newton erhellt. Die Gesellschaft der Bahn von Manchester nach Liverpool hat während des letzten Semesters 1839 2,069,000 Fr. für den Unterhalt der Bahn ausgegeben und 3,444,000 Fr. dagegen eingenommen. Der reine Ueberschuß betrug demnach 1,375,000 Franken. Man konnte an die Actionnäre eine Dividende von 5 Procent für sechs Monate bezahlen und 270,000 Franken zur Reserve schlagen. Die Gesellschaft darf bekanntlich nach ihren Statuten keine höheren Dividenden als 10 Procent per Jahr oder 5 Procent per Semester geben. Dieses Maximum wird auch alljährlich so ziemlich erreicht, obwohl die Kosten durch die der Bahn hinzugefügten Arbeiten ungeheuer waren und 2,800,000 Fr. pr. Lieue zu vier Kilometres betrugen. Ungefähr drei Fünftel von der Totaleinnahme, also 2,136,000 Fr. kommen vom Transport der Reisenden mit ihrem Gepäcke, die zwei andern Fünftel dagegen vom Waarentransport, den die Gesellschaft sehr gut organisirt hat.

Die Eisenbahn von London nach Birmingham, welche beinahe viermal so lang als die Bahn von Manchester nach Liverpool ist (45 Lieues statt 12), hat gleichfalls ungeheuere Summen verschlungen. Sie kostet bis heute 140 Millionen Franken, also 3,111,000 Fr. pr. Lieue, und zu ihrer gänzlichen Vollendung bedarf es einer weitern Summe von sechs Millionen. Dieser außerordentliche Kostenaufwand ist theils dem Luxus des Baues, dem Wunsch, die Bahn bis ins Innere der Städte zu leiten, und der Aufführung schöner Gebäude an den Stationen der Bahn zuzuschreiben. Dennoch ziehen die Actionäre aus ihren Capitalien einen hübschen Zins. Die letzte halbjährige Dividende beträgt 4 Pf. St. pr. 90 Pf. Sterl., also 9 Procent jährlich. Gleichwohl ist der Waarentransport noch unvollkommen organisirt, weil die ganze Bahn erst seit dem September 1838 befahren werden kann. Auf eine Totaleinnahme von 8,450,000 Fr., für die letzten sechs Monate figuriren die Waaren nur für 1,085,000 Fr., also für 345,000 Fr. weniger, als die Einnahmen der Bahn von Manchester nach Liverpool, welche viermal kürzer ist. Außer der Dividende ist noch von der Einnahme eine Summe von 1,652,000 Fr. zum Reservefonds geschlagen worden.

In einer noch blühenderen Lage ist die Gesellschaft der Eisenbahn von Birmingham nach Newton, nicht als ob die Circulation dort belebter wäre, sondern weil das dabei angenommene Bausystem weniger kostspielig war. Die dreiunddreißig Lieues lange Bahn hat 47,600,000 Fr. gekostet oder 1,450,000 Fr. pr. Lieue, also nur halb so viel, als die Bahn von Birmingham nach London. Die Ursache dieser verminderten Kosten sind die stärkeren Abhänge, welche auf der Bahn von Birmingham nach Newton 5 1/2 bis 12 Millièmes betragen, dagegen auf der Bahn von Birmingham nach London drei Millièmes

*) Er starb im vorigen Monat in Boulogne sur Mer.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0012" n="0604"/>
gekämpft wurde. Stets bescheiden bei großem Verdienste stellte er sich freiwillig unter die Befehle des Generals Villareal, eines jungen Feldherrn, der noch lange in subalterner Sphäre diente, als der Graf v. Madeira schon in zwei Welttheilen ruhmvoll bekannt war. Er wirkte mit Auszeichnung bei der zweiten Belagerung von Bilbao, stets der Erste im Feuer, der Letzte an dem schon damals mit Intriguen angefüllten kleinen Hofe von Durango. Die Folgen der Schreckensnacht von Luchana stellten Don Sebastian an die Spitze der königlichen Heere. Der Infant von Spanien und Portugal umgab sich mit Illustrationen beider Reiche, seinem Feldherrnstabe Glanz und Kraft zu verleihen; der Graf v. Madeira konnte nicht fehlen. Er und Villareal wurden die ersten Generaladjutanten des neuen Oberfeldherrn. Seit fünfundzwanzig Jahren zum erstenmal erprobte der Graf v. Madeira auf spanischem Boden in offener Schlacht seine gute Klinge wieder, am 16 März 1837 bei Oriamendi. Die Britten, denen er zur Seite gefochten, lernten ihn nun auch in feindlichen Reihen kennen. An der Seite seines Gebieters nahm er an allen Gefechten des königlichen Zuges vor Madrid Theil. Bei Huesca (24 Mai 1837) erhielt er das Großkreuz des königlichen Ordens Isabel la Catolica, am 29 Junius desselben Jahres überschiffte er den Ebro im ersten Nachen, und sagte zu seinen wenigen Begleitern: &#x201E;Europa blickt auf uns!&#x201C; Am ewig denkwürdigen Tage von Herrera und Villar de los Navarros, als nach vierstündigem Kampfe von der feindlichen Armee nur der commandirende General mit 20 Reitern entkam, sah man den Generallieutenant Grafen v. Madeira an der Spitze von 60 berittenen Ordonnanzen eine feindliche Colonne mit dem glücklichsten Erfolge chargiren. Der Stern des militärischen S. Fernando-Ordens mit dem Lorbeerkranze ward ihm als Zeichen königlicher Anerkennung. Am 5 September desselben Jahres bei Orihuela de Tremendal deckte er mit einer halben Schwadron unsere von Espartero selbst harcelirte Nachhut. Durch die Eifersucht der Spanier stets einem beschränkten Wirkungskreise zugewiesen, füllte er denselben vollkommen, immer glorreich und ruhmvoll aus. Er ist als General ein großer Feldherr gewesen, und war mit zwanzig Reitern ein tüchtiger Soldat. Vor Guadalaxara, bei Aranzueque, in Brihuega, am Duero, unter dem Schlosse von San Stefan von Gormaz, auf der Brücke von Aranda war der Graf v. Madeira den Ersten im Feuer ein leuchtender Stern. Wie soll ich jenes unglücklichen Tages gedenken, des 5 Octobers, als in den Pinaren Alt-Castiliens zwischen Retuerta und dem Kloster San Domingo de Silos wir ihn auf seinem großen englischen Pferd auf 20 Schritte von den feindlichen Tirailleurs ruhig halten sahen; auf alle unsere Bitten, sich nicht so zu exponiren, antwortete der Graf v. Madeira gutmüthig lächelnd: &#x201E;wenn ich die Kugeln pfeifen höre, ist es mir, als ob man mich rufe.&#x201C; Fünf Minuten darauf zerschmetterte ihm eine Musketenkugel den rechten Arm.</p><lb/>
        <p>Ich sah ihn später wieder; es war am 14 September 1839 in einem kleinen baskischen Dorfe des französischen Departements der niedern Pyrenäen, Saint-Pée genannt. Unser Glaube war entflohen, unsere Hoffnungen vernichtet; abermals ein König, der Land und Krone aufgegeben, und abermals ein Heer, das verkauft und verrathen! Weinend warf ich mich in die Arme meines ritterlichen Freundes; er tröstete mich männlich. Doch die einzigen Worte, die ich in meinem Schmerze vernahm, waren: <hi rendition="#g">Lissabon</hi>, <hi rendition="#g">Madrid</hi>. &#x2013; &#x2013; Nun ist er todt. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"> Er starb im vorigen Monat in Boulogne sur Mer.</note> &#x2013; So sind sie Alle hingegangen, auf die wir so fest gebaut. Zwei große Aufzüge hat unser blutiges Trauerspiel. Zumala-Carreguy, Santos-Ladron, Eraso, Iturralde, Segaztibelza; dann viele Siege und Niederlagen, einem breiten Strome gleich, die zwei Epochen zu scheiden. Dann Verrath, Gift und Dolch; Moreno, de España, der Graf v. Madeira; &#x2013; wie ist es mit Cabrera? Die Schlußscene wird sich dieses Jahr vor uns enthüllen. Niemand wage vorwitzig den Schleier zu lüften; Gott allein kann helfen, denn von Menschen haben wir nichts mehr zu erwarten.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Erträgnisse der englischen Eisenbahnen</hi> </hi> </head><lb/>
        <p>Das <hi rendition="#g">Journal des Débats</hi> enthält einen interessanten Artikel über den ökonomischen Zustand der englischen Eisenbahnen, wie derselbe aus den veröffentlichten Rechnungen der Eisenbahnen von Manchester nach Liverpool, von London nach Birmingham und von Birmingham nach Newton erhellt. Die Gesellschaft der Bahn von Manchester nach Liverpool hat während des letzten Semesters 1839 2,069,000 Fr. für den Unterhalt der Bahn ausgegeben und 3,444,000 Fr. dagegen eingenommen. Der reine Ueberschuß betrug demnach 1,375,000 Franken. Man konnte an die Actionnäre eine Dividende von 5 Procent für sechs Monate bezahlen und 270,000 Franken zur Reserve schlagen. Die Gesellschaft darf bekanntlich nach ihren Statuten keine höheren Dividenden als 10 Procent per Jahr oder 5 Procent per Semester geben. Dieses Maximum wird auch alljährlich so ziemlich erreicht, obwohl die Kosten durch die der Bahn hinzugefügten Arbeiten ungeheuer waren und 2,800,000 Fr. pr. Lieue zu vier Kilometres betrugen. Ungefähr drei Fünftel von der Totaleinnahme, also 2,136,000 Fr. kommen vom Transport der Reisenden mit ihrem Gepäcke, die zwei andern Fünftel dagegen vom Waarentransport, den die Gesellschaft sehr gut organisirt hat.</p><lb/>
        <p>Die Eisenbahn von London nach Birmingham, welche beinahe viermal so lang als die Bahn von Manchester nach Liverpool ist (45 Lieues statt 12), hat gleichfalls ungeheuere Summen verschlungen. Sie kostet bis heute 140 Millionen Franken, also 3,111,000 Fr. pr. Lieue, und zu ihrer gänzlichen Vollendung bedarf es einer weitern Summe von sechs Millionen. Dieser außerordentliche Kostenaufwand ist theils dem Luxus des Baues, dem Wunsch, die Bahn bis ins Innere der Städte zu leiten, und der Aufführung schöner Gebäude an den Stationen der Bahn zuzuschreiben. Dennoch ziehen die Actionäre aus ihren Capitalien einen hübschen Zins. Die letzte halbjährige Dividende beträgt 4 Pf. St. pr. 90 Pf. Sterl., also 9 Procent jährlich. Gleichwohl ist der Waarentransport noch unvollkommen organisirt, weil die ganze Bahn erst seit dem September 1838 befahren werden kann. Auf eine Totaleinnahme von 8,450,000 Fr., für die letzten sechs Monate figuriren die Waaren nur für 1,085,000 Fr., also für 345,000 Fr. weniger, als die Einnahmen der Bahn von Manchester nach Liverpool, welche viermal kürzer ist. Außer der Dividende ist noch von der Einnahme eine Summe von 1,652,000 Fr. zum Reservefonds geschlagen worden.</p><lb/>
        <p>In einer noch blühenderen Lage ist die Gesellschaft der Eisenbahn von Birmingham nach Newton, nicht als ob die Circulation dort belebter wäre, sondern weil das dabei angenommene Bausystem weniger kostspielig war. Die dreiunddreißig Lieues lange Bahn hat 47,600,000 Fr. gekostet oder 1,450,000 Fr. pr. Lieue, also nur halb so viel, als die Bahn von Birmingham nach London. Die Ursache dieser verminderten Kosten sind die stärkeren Abhänge, welche auf der Bahn von Birmingham nach Newton 5 1/2 bis 12 Millièmes betragen, dagegen auf der Bahn von Birmingham nach London drei Millièmes<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0604/0012] gekämpft wurde. Stets bescheiden bei großem Verdienste stellte er sich freiwillig unter die Befehle des Generals Villareal, eines jungen Feldherrn, der noch lange in subalterner Sphäre diente, als der Graf v. Madeira schon in zwei Welttheilen ruhmvoll bekannt war. Er wirkte mit Auszeichnung bei der zweiten Belagerung von Bilbao, stets der Erste im Feuer, der Letzte an dem schon damals mit Intriguen angefüllten kleinen Hofe von Durango. Die Folgen der Schreckensnacht von Luchana stellten Don Sebastian an die Spitze der königlichen Heere. Der Infant von Spanien und Portugal umgab sich mit Illustrationen beider Reiche, seinem Feldherrnstabe Glanz und Kraft zu verleihen; der Graf v. Madeira konnte nicht fehlen. Er und Villareal wurden die ersten Generaladjutanten des neuen Oberfeldherrn. Seit fünfundzwanzig Jahren zum erstenmal erprobte der Graf v. Madeira auf spanischem Boden in offener Schlacht seine gute Klinge wieder, am 16 März 1837 bei Oriamendi. Die Britten, denen er zur Seite gefochten, lernten ihn nun auch in feindlichen Reihen kennen. An der Seite seines Gebieters nahm er an allen Gefechten des königlichen Zuges vor Madrid Theil. Bei Huesca (24 Mai 1837) erhielt er das Großkreuz des königlichen Ordens Isabel la Catolica, am 29 Junius desselben Jahres überschiffte er den Ebro im ersten Nachen, und sagte zu seinen wenigen Begleitern: „Europa blickt auf uns!“ Am ewig denkwürdigen Tage von Herrera und Villar de los Navarros, als nach vierstündigem Kampfe von der feindlichen Armee nur der commandirende General mit 20 Reitern entkam, sah man den Generallieutenant Grafen v. Madeira an der Spitze von 60 berittenen Ordonnanzen eine feindliche Colonne mit dem glücklichsten Erfolge chargiren. Der Stern des militärischen S. Fernando-Ordens mit dem Lorbeerkranze ward ihm als Zeichen königlicher Anerkennung. Am 5 September desselben Jahres bei Orihuela de Tremendal deckte er mit einer halben Schwadron unsere von Espartero selbst harcelirte Nachhut. Durch die Eifersucht der Spanier stets einem beschränkten Wirkungskreise zugewiesen, füllte er denselben vollkommen, immer glorreich und ruhmvoll aus. Er ist als General ein großer Feldherr gewesen, und war mit zwanzig Reitern ein tüchtiger Soldat. Vor Guadalaxara, bei Aranzueque, in Brihuega, am Duero, unter dem Schlosse von San Stefan von Gormaz, auf der Brücke von Aranda war der Graf v. Madeira den Ersten im Feuer ein leuchtender Stern. Wie soll ich jenes unglücklichen Tages gedenken, des 5 Octobers, als in den Pinaren Alt-Castiliens zwischen Retuerta und dem Kloster San Domingo de Silos wir ihn auf seinem großen englischen Pferd auf 20 Schritte von den feindlichen Tirailleurs ruhig halten sahen; auf alle unsere Bitten, sich nicht so zu exponiren, antwortete der Graf v. Madeira gutmüthig lächelnd: „wenn ich die Kugeln pfeifen höre, ist es mir, als ob man mich rufe.“ Fünf Minuten darauf zerschmetterte ihm eine Musketenkugel den rechten Arm. Ich sah ihn später wieder; es war am 14 September 1839 in einem kleinen baskischen Dorfe des französischen Departements der niedern Pyrenäen, Saint-Pée genannt. Unser Glaube war entflohen, unsere Hoffnungen vernichtet; abermals ein König, der Land und Krone aufgegeben, und abermals ein Heer, das verkauft und verrathen! Weinend warf ich mich in die Arme meines ritterlichen Freundes; er tröstete mich männlich. Doch die einzigen Worte, die ich in meinem Schmerze vernahm, waren: Lissabon, Madrid. – – Nun ist er todt. *) *) – So sind sie Alle hingegangen, auf die wir so fest gebaut. Zwei große Aufzüge hat unser blutiges Trauerspiel. Zumala-Carreguy, Santos-Ladron, Eraso, Iturralde, Segaztibelza; dann viele Siege und Niederlagen, einem breiten Strome gleich, die zwei Epochen zu scheiden. Dann Verrath, Gift und Dolch; Moreno, de España, der Graf v. Madeira; – wie ist es mit Cabrera? Die Schlußscene wird sich dieses Jahr vor uns enthüllen. Niemand wage vorwitzig den Schleier zu lüften; Gott allein kann helfen, denn von Menschen haben wir nichts mehr zu erwarten. Erträgnisse der englischen Eisenbahnen Das Journal des Débats enthält einen interessanten Artikel über den ökonomischen Zustand der englischen Eisenbahnen, wie derselbe aus den veröffentlichten Rechnungen der Eisenbahnen von Manchester nach Liverpool, von London nach Birmingham und von Birmingham nach Newton erhellt. Die Gesellschaft der Bahn von Manchester nach Liverpool hat während des letzten Semesters 1839 2,069,000 Fr. für den Unterhalt der Bahn ausgegeben und 3,444,000 Fr. dagegen eingenommen. Der reine Ueberschuß betrug demnach 1,375,000 Franken. Man konnte an die Actionnäre eine Dividende von 5 Procent für sechs Monate bezahlen und 270,000 Franken zur Reserve schlagen. Die Gesellschaft darf bekanntlich nach ihren Statuten keine höheren Dividenden als 10 Procent per Jahr oder 5 Procent per Semester geben. Dieses Maximum wird auch alljährlich so ziemlich erreicht, obwohl die Kosten durch die der Bahn hinzugefügten Arbeiten ungeheuer waren und 2,800,000 Fr. pr. Lieue zu vier Kilometres betrugen. Ungefähr drei Fünftel von der Totaleinnahme, also 2,136,000 Fr. kommen vom Transport der Reisenden mit ihrem Gepäcke, die zwei andern Fünftel dagegen vom Waarentransport, den die Gesellschaft sehr gut organisirt hat. Die Eisenbahn von London nach Birmingham, welche beinahe viermal so lang als die Bahn von Manchester nach Liverpool ist (45 Lieues statt 12), hat gleichfalls ungeheuere Summen verschlungen. Sie kostet bis heute 140 Millionen Franken, also 3,111,000 Fr. pr. Lieue, und zu ihrer gänzlichen Vollendung bedarf es einer weitern Summe von sechs Millionen. Dieser außerordentliche Kostenaufwand ist theils dem Luxus des Baues, dem Wunsch, die Bahn bis ins Innere der Städte zu leiten, und der Aufführung schöner Gebäude an den Stationen der Bahn zuzuschreiben. Dennoch ziehen die Actionäre aus ihren Capitalien einen hübschen Zins. Die letzte halbjährige Dividende beträgt 4 Pf. St. pr. 90 Pf. Sterl., also 9 Procent jährlich. Gleichwohl ist der Waarentransport noch unvollkommen organisirt, weil die ganze Bahn erst seit dem September 1838 befahren werden kann. Auf eine Totaleinnahme von 8,450,000 Fr., für die letzten sechs Monate figuriren die Waaren nur für 1,085,000 Fr., also für 345,000 Fr. weniger, als die Einnahmen der Bahn von Manchester nach Liverpool, welche viermal kürzer ist. Außer der Dividende ist noch von der Einnahme eine Summe von 1,652,000 Fr. zum Reservefonds geschlagen worden. In einer noch blühenderen Lage ist die Gesellschaft der Eisenbahn von Birmingham nach Newton, nicht als ob die Circulation dort belebter wäre, sondern weil das dabei angenommene Bausystem weniger kostspielig war. Die dreiunddreißig Lieues lange Bahn hat 47,600,000 Fr. gekostet oder 1,450,000 Fr. pr. Lieue, also nur halb so viel, als die Bahn von Birmingham nach London. Die Ursache dieser verminderten Kosten sind die stärkeren Abhänge, welche auf der Bahn von Birmingham nach Newton 5 1/2 bis 12 Millièmes betragen, dagegen auf der Bahn von Birmingham nach London drei Millièmes *) Er starb im vorigen Monat in Boulogne sur Mer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_076_18400316
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_076_18400316/12
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 76. Augsburg, 16. März 1840, S. 0604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_076_18400316/12>, abgerufen am 04.05.2024.