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Allgemeine Zeitung. Nr. 76. Augsburg, 16. März 1840.

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und selbst im Nothfall die Krone anzugehen, die Sessionen nicht aufzuheben, sondern das Haus bloß zu vertagen, damit seine Gefangenen nicht in Freiheit gesetzt würden. In diesem Geiste sprachen auch Peel, Stanley und andere Vertheidiger der Parlamentsrechte, ja selbst manche, welche sich dem bisherigen Verfahren des Unterhauses widersetzt hatten. Andere aber waren sehr heftig gegen friedliche Auskunftsmittel, vor allen der Generalfiscal Wylde, O'Connell und Lord Howick. Sie meinten, das Haus mache sich dadurch zum Gelächter des Landes, es mache das Oberhaus zum endlichen Entscheider über seine Gerechtsame, und würde durch die an Tag gelegten nur zu neuen Angriffen einladen, welche von so vielen Tories ermuntert und unterstützt würden, weil sie das reformirte Unterhaus haßten, und es gern den Pairs zu Füßen legen möchten. Dieses nöthigte einige Tories, ihr bisheriges Verfahren zu vertheidigen, und diesen Vorwurf von sich abzulehnen, welcher mir selbst nur zu gegründet scheint. Die Stimmen am Schlusse der Debatten waren 203 gegen 54. Da die Sachen nun einmal so weit gediehen, und Friedfertigkeit an der Tagesordnung war, so hielt es auch nicht mehr schwer, zu der Entlassung des noch gefangenen einen Sheriffs, seiner schlechten Gesundheit wegen, die Zustimmung des Hauses zu erhalten, unter der Bedingung, daß er sich am 6 April wieder vor dessen Schranken einstelle. Aber es ist noch die Frage, ob dieser Mann, welcher bisher nichts als Trotz gezeigt, sich zu dieser Bedingung verstehen wird, wodurch er die Gerechtigkeit des Verfahrens gegen ihn anerkennen würde. Denn, wie Sie aus den Zeitungen ersehen werden, das Gesuch um seine Freilassung kam nicht von ihm, sondern von seinen Freunden im Hause, und zwar, wie versichert wurde, ohne seine Zustimmung. Auch wurde gestern Abend, als Parodie, von gewissen Freunden des zu Monmouth eingekerkerten Vincent eine Bittschrift um dessen Freilassung eingegeben, da er ebenfalls kränklich wäre, und man nicht hoffe, daß das Haus hierbei zwischen Arm und Reich einen Unterschied machen werde! - Eine Debatte, welche vorgestern im Unterhause stattgefunden, ist inzwischen viel wichtiger und interessanter für die gebildete Menschheit, als alle diese leidenschaftlichen Zänkereien. Es wurde nämlich der Beschluß vorgeschlagen, daß das Haus sich verpflichte, aufs baldigste die Todesstrafe gänzlich abzuschaffen. Noch vor wenigen Jahren würde ein solcher Vorschlag als die Ausgeburt eines verbrannten Gehirns mit Hohn abgewiesen worden seyn. Jetzt wurde derselbe aber mit Achtung aufgenommen, und mehrere Gegner hatten keine andere Haupteinwendung, als daß eine so wichtige Sache nicht durch einen Beschluß, sondern durch einen Gesetzesvorschlag bewirkt werden solle, und zwar auf die Verantwortlichkeit der Regierung. Denn im Fall nach einem gefaßten Beschlusse die Abschaffung nicht stattfände, würden die bestehenden Gesetze ihre Kraft in der öffentlichen Meinung verlieren. Manche meinten, die Nation sey für einen so gewagten Versuch noch nicht reif, und es stehe noch zu sehr zu befürchten, der Räuber, welcher keine Gefahr für sein Leben dabei erkenne, dürfte sich leichter versucht fühlen, die Zeugen seines Verbrechens aus dem Wege zu räumen. Doch waren die meisten einverstanden, daß, wenn sie auch nicht bereit seyen, in die Abschaffung der Todesstrafe für Mörder zu willigen, sie doch gern diese Strafe bei anderen Verbrechen abgeschafft sehen möchten; und am Ende wurde der humane Vorschlag nur durch 135 gegen 90 Stimmen abgelehnt. - Ein anderer wichtiger Vorschlag wurde im Laufe der Woche gegen alle Erwartung durchgesetzt: nämlich, daß (ohne den jetzigen Inhabern zu nahe zu treten) künftig von allen Pfründen von mehr als 300 Pfund jährlichem Betrag 10 Procente abgezogen, und mit diesen die ärmeren Pfründen verbessert werden sollen, so daß kein Pfarrer weniger als 200 Pfund jährliche Besoldung habe. Der Antrag kam von dem Nonconformisten Baines, Vertreter der Stadt Leeds, einem Manne, welcher durch die Zeitung the Leeds Mercury, deren Hauptredacteur er ist, in Yorkshire bedeutenden Einfluß haben soll. Er wurde nicht nur von Liberalen, sondern auch von mehreren ächten Freunden der Kirche von der Torypartei unterstützt. Da aber eine solche Maaßregel den oberen Classen überhaupt beschwerlich fallen würde, indem die meisten reicheren Pfründen, gleichviel ob Privateigenthum, oder in der Vergabung der Krone, der Bischöfe, Universitäten u. s. w. in der Regel ihren Angehörigen zufließen, so steht nicht zu erwarten, daß dieselbe, wenigstens in ihrer jetzigen umfassenden Form, am Ende durchgehen werde. Wie lange dauerte es nicht, bis selbst die beschränkte Maaßregel, wodurch die Anhäufung von Pfründen in derselben Hand verhindert werden soll, zum Gesetze wurde! So ist ja auch jetzt der Plan, die nutzlosen Präbenden zu vermindern und die Einkünfte derselben auf die Stiftung neuer Pfarreien zu verwenden, obgleich derselbe von Erzbischöfen und Bischöfen ausgegangen und von der Regierung dem Anscheine nach aufs dringendste empfohlen war, abermals zurückgesetzt worden, damit der Widerspruch der Capitularen beschwichtigt werde. Auch der Erzbischof von Canterbury hat seine Bill für bessere Handhabung der Kirchenzucht, gegen welche der Bischof von Exeter so große Feindseligkeit bewiesen, zurückgenommen, und wie dieser Bischof sagt, sich mit den übrigen Prälaten zu einer Maaßregel verstanden, welche seinen (Dr. Philpotts) Beifall hat und folglich so Hildebrandisch seyn muß, daß das Unterhaus sie gewiß verwerfen wird, wenn sie ja an dasselbe kommen sollte; und zwar eben, weil die Herren Mitglieder den Bischöfen nicht größere Gewalt über ihre Verwandten einräumen mögen.

Frankreich.

(Commerce.) Die 221 sind vorsichtiger, als andere Theile der Kammer, die sich auf eine so befremdliche Weise beeifert zeigen, Hrn. Thiers zu unterstützen. Sie wollen in einer Stellung des Zuwartens und des Mißtrauens bleiben, bis Hr. Thiers sich zwischen ihnen und der Linken ausgesprochen hat. Es ist gebräuchlich, daß die Minister an ihren Empfangstagen ein Diner geben, wozu jeder von ihnen eine gewisse Zahl Deputirter einladet. Die Mitglieder der Partei der 221, die heute Einladungen zu einem der Minister vom rechten Ufer erhielten, haben diese abgelehnt. Fast keiner von ihnen erschien diesen Abend in den Salons der Minister. Nur einige von ihnen, die zu der Magistratur gehören, haben sich bei dem Siegelbewahrer eingefunden. (Andere Blätter versichern, die Salons der Minister, besonders des Hrn. Thiers, seyen überfüllt gewesen.)

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 März ward zuerst der Gesetzesentwurf, welcher das Gesetz vom 15 April 1829 über den Flußfischfang modificirt, discutirt und mit großer Mehrheit angenommen. Sodann verlas der Minister des Innern die Darstellung der Beweggründe zu dem Gesetzesentwurf für geheime Ausgaben. Diese zu den Kosten der Polizei und zur Ermittlung verbrecherischer Versuche, welche die öffentliche Ordnung stören können, bestimmten Ausgaben müßten in dem Maaße vermindert werden, als die öffentliche Ruhe sich mehr befestige. Die Verwaltung beschränke sich sonach für 1840auf die Forderung einer Million. Es trete also eine Verminderung von 200,000 Fr. gegen das vorige Jahr ein. Die Mitglieder des rechten Centrums und der äußersten Linken zeigten sich in ganz kalter

und selbst im Nothfall die Krone anzugehen, die Sessionen nicht aufzuheben, sondern das Haus bloß zu vertagen, damit seine Gefangenen nicht in Freiheit gesetzt würden. In diesem Geiste sprachen auch Peel, Stanley und andere Vertheidiger der Parlamentsrechte, ja selbst manche, welche sich dem bisherigen Verfahren des Unterhauses widersetzt hatten. Andere aber waren sehr heftig gegen friedliche Auskunftsmittel, vor allen der Generalfiscal Wylde, O'Connell und Lord Howick. Sie meinten, das Haus mache sich dadurch zum Gelächter des Landes, es mache das Oberhaus zum endlichen Entscheider über seine Gerechtsame, und würde durch die an Tag gelegten nur zu neuen Angriffen einladen, welche von so vielen Tories ermuntert und unterstützt würden, weil sie das reformirte Unterhaus haßten, und es gern den Pairs zu Füßen legen möchten. Dieses nöthigte einige Tories, ihr bisheriges Verfahren zu vertheidigen, und diesen Vorwurf von sich abzulehnen, welcher mir selbst nur zu gegründet scheint. Die Stimmen am Schlusse der Debatten waren 203 gegen 54. Da die Sachen nun einmal so weit gediehen, und Friedfertigkeit an der Tagesordnung war, so hielt es auch nicht mehr schwer, zu der Entlassung des noch gefangenen einen Sheriffs, seiner schlechten Gesundheit wegen, die Zustimmung des Hauses zu erhalten, unter der Bedingung, daß er sich am 6 April wieder vor dessen Schranken einstelle. Aber es ist noch die Frage, ob dieser Mann, welcher bisher nichts als Trotz gezeigt, sich zu dieser Bedingung verstehen wird, wodurch er die Gerechtigkeit des Verfahrens gegen ihn anerkennen würde. Denn, wie Sie aus den Zeitungen ersehen werden, das Gesuch um seine Freilassung kam nicht von ihm, sondern von seinen Freunden im Hause, und zwar, wie versichert wurde, ohne seine Zustimmung. Auch wurde gestern Abend, als Parodie, von gewissen Freunden des zu Monmouth eingekerkerten Vincent eine Bittschrift um dessen Freilassung eingegeben, da er ebenfalls kränklich wäre, und man nicht hoffe, daß das Haus hierbei zwischen Arm und Reich einen Unterschied machen werde! – Eine Debatte, welche vorgestern im Unterhause stattgefunden, ist inzwischen viel wichtiger und interessanter für die gebildete Menschheit, als alle diese leidenschaftlichen Zänkereien. Es wurde nämlich der Beschluß vorgeschlagen, daß das Haus sich verpflichte, aufs baldigste die Todesstrafe gänzlich abzuschaffen. Noch vor wenigen Jahren würde ein solcher Vorschlag als die Ausgeburt eines verbrannten Gehirns mit Hohn abgewiesen worden seyn. Jetzt wurde derselbe aber mit Achtung aufgenommen, und mehrere Gegner hatten keine andere Haupteinwendung, als daß eine so wichtige Sache nicht durch einen Beschluß, sondern durch einen Gesetzesvorschlag bewirkt werden solle, und zwar auf die Verantwortlichkeit der Regierung. Denn im Fall nach einem gefaßten Beschlusse die Abschaffung nicht stattfände, würden die bestehenden Gesetze ihre Kraft in der öffentlichen Meinung verlieren. Manche meinten, die Nation sey für einen so gewagten Versuch noch nicht reif, und es stehe noch zu sehr zu befürchten, der Räuber, welcher keine Gefahr für sein Leben dabei erkenne, dürfte sich leichter versucht fühlen, die Zeugen seines Verbrechens aus dem Wege zu räumen. Doch waren die meisten einverstanden, daß, wenn sie auch nicht bereit seyen, in die Abschaffung der Todesstrafe für Mörder zu willigen, sie doch gern diese Strafe bei anderen Verbrechen abgeschafft sehen möchten; und am Ende wurde der humane Vorschlag nur durch 135 gegen 90 Stimmen abgelehnt. – Ein anderer wichtiger Vorschlag wurde im Laufe der Woche gegen alle Erwartung durchgesetzt: nämlich, daß (ohne den jetzigen Inhabern zu nahe zu treten) künftig von allen Pfründen von mehr als 300 Pfund jährlichem Betrag 10 Procente abgezogen, und mit diesen die ärmeren Pfründen verbessert werden sollen, so daß kein Pfarrer weniger als 200 Pfund jährliche Besoldung habe. Der Antrag kam von dem Nonconformisten Baines, Vertreter der Stadt Leeds, einem Manne, welcher durch die Zeitung the Leeds Mercury, deren Hauptredacteur er ist, in Yorkshire bedeutenden Einfluß haben soll. Er wurde nicht nur von Liberalen, sondern auch von mehreren ächten Freunden der Kirche von der Torypartei unterstützt. Da aber eine solche Maaßregel den oberen Classen überhaupt beschwerlich fallen würde, indem die meisten reicheren Pfründen, gleichviel ob Privateigenthum, oder in der Vergabung der Krone, der Bischöfe, Universitäten u. s. w. in der Regel ihren Angehörigen zufließen, so steht nicht zu erwarten, daß dieselbe, wenigstens in ihrer jetzigen umfassenden Form, am Ende durchgehen werde. Wie lange dauerte es nicht, bis selbst die beschränkte Maaßregel, wodurch die Anhäufung von Pfründen in derselben Hand verhindert werden soll, zum Gesetze wurde! So ist ja auch jetzt der Plan, die nutzlosen Präbenden zu vermindern und die Einkünfte derselben auf die Stiftung neuer Pfarreien zu verwenden, obgleich derselbe von Erzbischöfen und Bischöfen ausgegangen und von der Regierung dem Anscheine nach aufs dringendste empfohlen war, abermals zurückgesetzt worden, damit der Widerspruch der Capitularen beschwichtigt werde. Auch der Erzbischof von Canterbury hat seine Bill für bessere Handhabung der Kirchenzucht, gegen welche der Bischof von Exeter so große Feindseligkeit bewiesen, zurückgenommen, und wie dieser Bischof sagt, sich mit den übrigen Prälaten zu einer Maaßregel verstanden, welche seinen (Dr. Philpotts) Beifall hat und folglich so Hildebrandisch seyn muß, daß das Unterhaus sie gewiß verwerfen wird, wenn sie ja an dasselbe kommen sollte; und zwar eben, weil die Herren Mitglieder den Bischöfen nicht größere Gewalt über ihre Verwandten einräumen mögen.

Frankreich.

(Commerce.) Die 221 sind vorsichtiger, als andere Theile der Kammer, die sich auf eine so befremdliche Weise beeifert zeigen, Hrn. Thiers zu unterstützen. Sie wollen in einer Stellung des Zuwartens und des Mißtrauens bleiben, bis Hr. Thiers sich zwischen ihnen und der Linken ausgesprochen hat. Es ist gebräuchlich, daß die Minister an ihren Empfangstagen ein Diner geben, wozu jeder von ihnen eine gewisse Zahl Deputirter einladet. Die Mitglieder der Partei der 221, die heute Einladungen zu einem der Minister vom rechten Ufer erhielten, haben diese abgelehnt. Fast keiner von ihnen erschien diesen Abend in den Salons der Minister. Nur einige von ihnen, die zu der Magistratur gehören, haben sich bei dem Siegelbewahrer eingefunden. (Andere Blätter versichern, die Salons der Minister, besonders des Hrn. Thiers, seyen überfüllt gewesen.)

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 März ward zuerst der Gesetzesentwurf, welcher das Gesetz vom 15 April 1829 über den Flußfischfang modificirt, discutirt und mit großer Mehrheit angenommen. Sodann verlas der Minister des Innern die Darstellung der Beweggründe zu dem Gesetzesentwurf für geheime Ausgaben. Diese zu den Kosten der Polizei und zur Ermittlung verbrecherischer Versuche, welche die öffentliche Ordnung stören können, bestimmten Ausgaben müßten in dem Maaße vermindert werden, als die öffentliche Ruhe sich mehr befestige. Die Verwaltung beschränke sich sonach für 1840auf die Forderung einer Million. Es trete also eine Verminderung von 200,000 Fr. gegen das vorige Jahr ein. Die Mitglieder des rechten Centrums und der äußersten Linken zeigten sich in ganz kalter

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Die Stimmen am Schlusse der Debatten waren 203 gegen 54. Da die Sachen nun einmal so weit gediehen, und Friedfertigkeit an der Tagesordnung war, so hielt es auch nicht mehr schwer, zu der Entlassung des noch gefangenen einen Sheriffs, seiner schlechten Gesundheit wegen, die Zustimmung des Hauses zu erhalten, unter der Bedingung, daß er sich am 6 April wieder vor dessen Schranken einstelle. Aber es ist noch die Frage, ob dieser Mann, welcher bisher nichts als Trotz gezeigt, sich zu dieser Bedingung verstehen wird, wodurch er die Gerechtigkeit des Verfahrens gegen ihn anerkennen würde. Denn, wie Sie aus den Zeitungen ersehen werden, das Gesuch um seine Freilassung kam nicht von ihm, sondern von seinen Freunden im Hause, und zwar, wie versichert wurde, ohne seine Zustimmung. 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Doch waren die meisten einverstanden, daß, wenn sie auch nicht bereit seyen, in die Abschaffung der Todesstrafe für Mörder zu willigen, sie doch gern diese Strafe bei anderen Verbrechen abgeschafft sehen möchten; und am Ende wurde der humane Vorschlag nur durch 135 gegen 90 Stimmen abgelehnt. &#x2013; Ein anderer wichtiger Vorschlag wurde im Laufe der Woche gegen alle Erwartung durchgesetzt: nämlich, daß (ohne den jetzigen Inhabern zu nahe zu treten) künftig von allen Pfründen von mehr als 300 Pfund jährlichem Betrag 10 Procente abgezogen, und mit diesen die ärmeren Pfründen verbessert werden sollen, so daß kein Pfarrer weniger als 200 Pfund jährliche Besoldung habe. Der Antrag kam von dem Nonconformisten Baines, Vertreter der Stadt Leeds, einem Manne, welcher durch die Zeitung the Leeds Mercury, deren Hauptredacteur er ist, in Yorkshire bedeutenden Einfluß haben soll. Er wurde nicht nur von Liberalen, sondern auch von mehreren ächten Freunden der Kirche von der Torypartei unterstützt. Da aber eine solche Maaßregel den oberen Classen überhaupt beschwerlich fallen würde, indem die meisten reicheren Pfründen, gleichviel ob Privateigenthum, oder in der Vergabung der Krone, der Bischöfe, Universitäten u. s. w. in der Regel ihren Angehörigen zufließen, so steht nicht zu erwarten, daß dieselbe, wenigstens in ihrer jetzigen umfassenden Form, am Ende durchgehen werde. Wie lange dauerte es nicht, bis selbst die beschränkte Maaßregel, wodurch die Anhäufung von Pfründen in derselben Hand verhindert werden soll, zum Gesetze wurde! So ist ja auch jetzt der Plan, die nutzlosen Präbenden zu vermindern und die Einkünfte derselben auf die Stiftung neuer Pfarreien zu verwenden, obgleich derselbe von Erzbischöfen und Bischöfen ausgegangen und von der Regierung dem Anscheine nach aufs dringendste empfohlen war, abermals zurückgesetzt worden, damit der Widerspruch der Capitularen beschwichtigt werde. Auch der Erzbischof von Canterbury hat seine Bill für bessere Handhabung der Kirchenzucht, gegen welche der Bischof von Exeter so große Feindseligkeit bewiesen, zurückgenommen, und wie dieser Bischof sagt, sich mit den übrigen Prälaten zu einer Maaßregel verstanden, welche seinen (Dr. Philpotts) Beifall hat und folglich so Hildebrandisch seyn muß, daß das Unterhaus sie gewiß verwerfen wird, wenn sie ja an dasselbe kommen sollte; und zwar eben, weil die Herren Mitglieder den Bischöfen nicht größere Gewalt über ihre Verwandten einräumen mögen.</p>
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[0603/0003] und selbst im Nothfall die Krone anzugehen, die Sessionen nicht aufzuheben, sondern das Haus bloß zu vertagen, damit seine Gefangenen nicht in Freiheit gesetzt würden. In diesem Geiste sprachen auch Peel, Stanley und andere Vertheidiger der Parlamentsrechte, ja selbst manche, welche sich dem bisherigen Verfahren des Unterhauses widersetzt hatten. Andere aber waren sehr heftig gegen friedliche Auskunftsmittel, vor allen der Generalfiscal Wylde, O'Connell und Lord Howick. Sie meinten, das Haus mache sich dadurch zum Gelächter des Landes, es mache das Oberhaus zum endlichen Entscheider über seine Gerechtsame, und würde durch die an Tag gelegten nur zu neuen Angriffen einladen, welche von so vielen Tories ermuntert und unterstützt würden, weil sie das reformirte Unterhaus haßten, und es gern den Pairs zu Füßen legen möchten. Dieses nöthigte einige Tories, ihr bisheriges Verfahren zu vertheidigen, und diesen Vorwurf von sich abzulehnen, welcher mir selbst nur zu gegründet scheint. Die Stimmen am Schlusse der Debatten waren 203 gegen 54. Da die Sachen nun einmal so weit gediehen, und Friedfertigkeit an der Tagesordnung war, so hielt es auch nicht mehr schwer, zu der Entlassung des noch gefangenen einen Sheriffs, seiner schlechten Gesundheit wegen, die Zustimmung des Hauses zu erhalten, unter der Bedingung, daß er sich am 6 April wieder vor dessen Schranken einstelle. Aber es ist noch die Frage, ob dieser Mann, welcher bisher nichts als Trotz gezeigt, sich zu dieser Bedingung verstehen wird, wodurch er die Gerechtigkeit des Verfahrens gegen ihn anerkennen würde. Denn, wie Sie aus den Zeitungen ersehen werden, das Gesuch um seine Freilassung kam nicht von ihm, sondern von seinen Freunden im Hause, und zwar, wie versichert wurde, ohne seine Zustimmung. Auch wurde gestern Abend, als Parodie, von gewissen Freunden des zu Monmouth eingekerkerten Vincent eine Bittschrift um dessen Freilassung eingegeben, da er ebenfalls kränklich wäre, und man nicht hoffe, daß das Haus hierbei zwischen Arm und Reich einen Unterschied machen werde! – Eine Debatte, welche vorgestern im Unterhause stattgefunden, ist inzwischen viel wichtiger und interessanter für die gebildete Menschheit, als alle diese leidenschaftlichen Zänkereien. Es wurde nämlich der Beschluß vorgeschlagen, daß das Haus sich verpflichte, aufs baldigste die Todesstrafe gänzlich abzuschaffen. Noch vor wenigen Jahren würde ein solcher Vorschlag als die Ausgeburt eines verbrannten Gehirns mit Hohn abgewiesen worden seyn. Jetzt wurde derselbe aber mit Achtung aufgenommen, und mehrere Gegner hatten keine andere Haupteinwendung, als daß eine so wichtige Sache nicht durch einen Beschluß, sondern durch einen Gesetzesvorschlag bewirkt werden solle, und zwar auf die Verantwortlichkeit der Regierung. Denn im Fall nach einem gefaßten Beschlusse die Abschaffung nicht stattfände, würden die bestehenden Gesetze ihre Kraft in der öffentlichen Meinung verlieren. Manche meinten, die Nation sey für einen so gewagten Versuch noch nicht reif, und es stehe noch zu sehr zu befürchten, der Räuber, welcher keine Gefahr für sein Leben dabei erkenne, dürfte sich leichter versucht fühlen, die Zeugen seines Verbrechens aus dem Wege zu räumen. Doch waren die meisten einverstanden, daß, wenn sie auch nicht bereit seyen, in die Abschaffung der Todesstrafe für Mörder zu willigen, sie doch gern diese Strafe bei anderen Verbrechen abgeschafft sehen möchten; und am Ende wurde der humane Vorschlag nur durch 135 gegen 90 Stimmen abgelehnt. – Ein anderer wichtiger Vorschlag wurde im Laufe der Woche gegen alle Erwartung durchgesetzt: nämlich, daß (ohne den jetzigen Inhabern zu nahe zu treten) künftig von allen Pfründen von mehr als 300 Pfund jährlichem Betrag 10 Procente abgezogen, und mit diesen die ärmeren Pfründen verbessert werden sollen, so daß kein Pfarrer weniger als 200 Pfund jährliche Besoldung habe. Der Antrag kam von dem Nonconformisten Baines, Vertreter der Stadt Leeds, einem Manne, welcher durch die Zeitung the Leeds Mercury, deren Hauptredacteur er ist, in Yorkshire bedeutenden Einfluß haben soll. Er wurde nicht nur von Liberalen, sondern auch von mehreren ächten Freunden der Kirche von der Torypartei unterstützt. Da aber eine solche Maaßregel den oberen Classen überhaupt beschwerlich fallen würde, indem die meisten reicheren Pfründen, gleichviel ob Privateigenthum, oder in der Vergabung der Krone, der Bischöfe, Universitäten u. s. w. in der Regel ihren Angehörigen zufließen, so steht nicht zu erwarten, daß dieselbe, wenigstens in ihrer jetzigen umfassenden Form, am Ende durchgehen werde. Wie lange dauerte es nicht, bis selbst die beschränkte Maaßregel, wodurch die Anhäufung von Pfründen in derselben Hand verhindert werden soll, zum Gesetze wurde! So ist ja auch jetzt der Plan, die nutzlosen Präbenden zu vermindern und die Einkünfte derselben auf die Stiftung neuer Pfarreien zu verwenden, obgleich derselbe von Erzbischöfen und Bischöfen ausgegangen und von der Regierung dem Anscheine nach aufs dringendste empfohlen war, abermals zurückgesetzt worden, damit der Widerspruch der Capitularen beschwichtigt werde. Auch der Erzbischof von Canterbury hat seine Bill für bessere Handhabung der Kirchenzucht, gegen welche der Bischof von Exeter so große Feindseligkeit bewiesen, zurückgenommen, und wie dieser Bischof sagt, sich mit den übrigen Prälaten zu einer Maaßregel verstanden, welche seinen (Dr. Philpotts) Beifall hat und folglich so Hildebrandisch seyn muß, daß das Unterhaus sie gewiß verwerfen wird, wenn sie ja an dasselbe kommen sollte; und zwar eben, weil die Herren Mitglieder den Bischöfen nicht größere Gewalt über ihre Verwandten einräumen mögen. Frankreich. _ Paris, 11 März. (Commerce.) Die 221 sind vorsichtiger, als andere Theile der Kammer, die sich auf eine so befremdliche Weise beeifert zeigen, Hrn. Thiers zu unterstützen. Sie wollen in einer Stellung des Zuwartens und des Mißtrauens bleiben, bis Hr. Thiers sich zwischen ihnen und der Linken ausgesprochen hat. Es ist gebräuchlich, daß die Minister an ihren Empfangstagen ein Diner geben, wozu jeder von ihnen eine gewisse Zahl Deputirter einladet. Die Mitglieder der Partei der 221, die heute Einladungen zu einem der Minister vom rechten Ufer erhielten, haben diese abgelehnt. Fast keiner von ihnen erschien diesen Abend in den Salons der Minister. Nur einige von ihnen, die zu der Magistratur gehören, haben sich bei dem Siegelbewahrer eingefunden. (Andere Blätter versichern, die Salons der Minister, besonders des Hrn. Thiers, seyen überfüllt gewesen.) _ In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 März ward zuerst der Gesetzesentwurf, welcher das Gesetz vom 15 April 1829 über den Flußfischfang modificirt, discutirt und mit großer Mehrheit angenommen. Sodann verlas der Minister des Innern die Darstellung der Beweggründe zu dem Gesetzesentwurf für geheime Ausgaben. Diese zu den Kosten der Polizei und zur Ermittlung verbrecherischer Versuche, welche die öffentliche Ordnung stören können, bestimmten Ausgaben müßten in dem Maaße vermindert werden, als die öffentliche Ruhe sich mehr befestige. Die Verwaltung beschränke sich sonach für 1840auf die Forderung einer Million. Es trete also eine Verminderung von 200,000 Fr. gegen das vorige Jahr ein. Die Mitglieder des rechten Centrums und der äußersten Linken zeigten sich in ganz kalter

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 76. Augsburg, 16. März 1840, S. 0603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_076_18400316/3>, abgerufen am 04.05.2024.