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Allgemeine Zeitung. Nr. 81. Augsburg, 21. März 1840.

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Feinde bedrohten Estella, und Maroto hatte das Heer in seiner Nähe vereinigt. In dem Thale von Mena und an der Gränze gegen Frankreich machten die Feinde zu gleicher Zeit mehrere Versuche. Teixeiro wagte es nun an Maroto zu schreiben und ihm den Vorwurf zu machen, daß er concentrirt bei Estella stehen bliebe, während der Feind unsere äußersten Flanken bedrohe. Er fordere ihn im Namen des Königs auf seine Kräfte zu theilen und in allen Punkten gegen den Feind offensiv zu operiren. Herzlich dumm hätte man diesen Versuch Teixeiro's nennen können, wäre die Idee nicht so verdammt gescheidt gewesen. Maroto hörte ruhig die Meinung der Chefs, und sie erklärten einstimmig, daß das Theilen der Kräfte Unsinn, daß jede Offensive unter den gegebenen Umständen noch größerer Unsinn wäre, und daß man endlich nur bei Estella concentrirt den Feind erwarten könne. Nun schrieb Maroto an Teixeiro: "Wenn Ew. Excellenz ein eben so großer Kriegsmann als Politiker ist, und die Kriegskunst so gut versteht, lade ich Sie ein, das Commando des Heeres zu übernehmen, und Ihre kühnen Plane selbst auszuführen. Uebrigens erkläre ich Ihnen, Hr. Minister, daß, wenn man den König falsch berichtet und ihm Unmögliches und Nachtheiliges vorschlägt, dieses König und Vaterland verrathen heißt." So war also Krieg auf Tod und Leben erklärt.

Dem König schilderte die Camarilla die scheinbare Unthätigkeit des Heeres mit den schwärzesten Farben, und suchte ihr alle möglichen schlimmen Absichten unterzuschieben; die Antwort, die der Obergeneral dem Minister gegeben hatte, mußte als Beweis dienen, wie man die treuesten und eifrigsten Diener des Königs von den militärischen Angelegenheiten auszuschließen suche. Abermals hörte man am Hofe die Worte: Verrath und Verräther. Der König war geneigt, Maroto des Commando's zu entsetzen. Teixeiro und seine Priester, damit nicht zufrieden, entwarfen den weit kühnern Plan, sich Maroto's nicht nur zu entledigen, sondern die ganze Partei, deren Haupt er war, zu vernichten. Sie ließen heimlich an den Processen der gefangenen Generale arbeiten, und hatten vom König die Zustimmung zur stärksten Strafe erhalten - das Todesurtheil war zur Unterschrift bereit. Die Generale Garcia, Sanz, Guergue und Carmona suchten die Chefs der navarresischen Bataillone zu verführen und die Truppen aufzuwiegeln. Zu diesem Ende sagten sie laut, daß Maroto ein Verräther sey, und lasen öffentlich mannichfaltige Documente, welche Unterhandlungen des Obergenerals mit dem Feinde voraussetzten, oder doch ahnen ließen.

Im Lager hatte man die genauesten Nachrichten von allen diesen Schritten der Apostolischen, die in ihrer Frömmigkeit eine wahre sicilianische Vesper vorbereiteten. Jedermann im Heere sah das Ungewitter heraufziehen, und war gespannt, wie es sich entladen würde. Die Correspondenz der aufrührerischen Generale mit Arias Teixeiro fiel in die Hände Maroto's. Man sah daraus, daß sie des Verbrechens, die Truppen zur Meuterei aufzuwiegeln, schuldig waren. Carmona, sah man, war zum Verräther an seinem General geworden, nachdem dieser ihm großmüthig sein mehr als zweifelhaftes Benehmen in dem Gefechte bei Sesma verziehen hatte.

Der König unterzeichnete die Proscription Maroto's. Vier Stunden darauf erhielt der General ein Billet des Inhalts: "General, Sie sind proscribirt; die Generale Guergue, Garcia, Sanz und Carmona sind mit der Ausführung beauftragt." Maroto versammelte die Chefs. Die Frage war einfach: todtschießen oder todtgeschossen werden. Man entschied kurz: es müsse diesem ewigen Parteienkampf ein Ende gemacht werden. Am nächsten Abend sah man in Estella ein Kriegsgericht versammelt aus den Generalen Sylvestre, Arroyo, Negri und dem Generalauditor bestehend. Beim Anbruch des Tages war sein Urtheil vollzogen. Unglückliche Tapfere, die, das Spielzeug eines ruchlosen Ministeriums, als Opfer ihrer Verblendung fallen mußten! Die nämlichen Soldaten, welche die gefallenen Generale hatten aufwiegeln wollen, hatten das Urtheil vollzogen. Das erste Bataillon von Navarra, das Garcia und Carmona früher selbst commandirten, war damit beauftragt gewesen. Das Heer war traurig, aber entschlossen. Ein Adjutant wurde mit der Nachricht in das königliche Hauptquartier geschickt. Ihm folgte der Graf Negri, um Sr. Maj. ausführlichen Bericht abzustatten. Sechs Stunden nach dem Abzuge des Grafen Negri setzte sich Maroto mit 6 navarresischen und 3 castilischen Bataillonen nebst 2 Schwadronen gegen das königliche Hauptquartier in Marsch, um dem König selbst Rechenschaft abzulegen und um alle Apostolischen im königl. Hauptquartier zu fusiliren. Das Heer verlangte dieß, und nach dem Schritte von Estella war es fast zur Nothwendigkeit geworden.

Die Verwirrung und Angst im königlichen Hauptquartier war unbeschreiblich. Arias Teixeiro, der Bischof von Leon etc. sahen die Stunde, wo sie vor Gott und Menschen Rechenschaft abzulegen hatten, heranrücken. Nochmals glückte es ihnen, mit ihren Lügen und Heuchlerkünsten den leicht beweglichen König zu bestricken. Es wurde ein Decret erlassen, in welchem Maroto als Hochverräther und vogelfrei erklärt wurde. Der General Villareal erhielt Befehl, sich an die Spitze der alavesischen Bataillone zu stellen und gegen Maroto zu Felde zu ziehen. Urbiztondo mußte in der Eile die guipuscoanischen Bataillone zusammenraffen, und mit ihnen zwischen dem königlichen Hauptquartier und dem anmarschirenden Heere Stellung nehmen, mit dem ausdrücklichen Befehl, von den Waffen Gebrauch zu machen. Die in Navarra zurückgebliebenen Bataillone wurden unter die Befehle Ortigosa's gestellt. Mit unglaublicher Schnelle war das Edict verbreitet. Es wurde gelesen; Niemand wagte sich zu äußern; mehrere Generale und Chefs compromittirten sich voreilig, aber - wunderbare Erscheinung! - die Truppen weigerten sich einstimmig, es vor ihrer Fronte lesen zu lassen.

Maroto wendete sich unterdessen gegen Tolosa. Auf der Höhe von Lecumberry stieß man auf das Corps des Generals Urbiztondo, das in Schlachtordnung aufgestellt war. Es war ein kritischer Moment. Maroto ließ halten, und ritt allein gegen Urbiztondo vor. Kaum in die Nähe der Guipuscoaner gelangt, schallte ihm ein donnerndes Lebehoch entgegen; der General Urbiztondo umarmte ihn, und am Abend marschirte man mit den vereinigten Truppen in Tolosa ein, wo der General mit Enthusiasmus empfangen wurde. Nun hatte das königliche Hauptquartier die Hoffnung verloren, und verkroch sich wie Vögel, wenn der Adler in den Wolken sich zeigt. Graf Negri erschien und brachte beunruhigende Meldung. Er kehrte mit General Sylvestre in der Nacht in das königliche Hauptquartier zurück. Gegen Morgen war noch keine Nachricht da; die Colonne bildete sich zum Marsch; da endlich erschienen beide abgesandte Generale. Der König hatte sein erstes Decret widerrufen; er und die Königin gaben Maroto vor der Fronte die schmeichelhafteste Satisfaction. Ihre Majestäten ließen die Truppen defiliren, die mit unbeschreiblichem Enthusiasmus ihr Viva el Rey! Viva la Reyna! riefen. Das Widerrufungsdecret kennen Sie.

Die Minister der Gnade und der Justiz wurden entlassen, die Junta Consultativa aufgelöst. Ramirez de la Piscina erhielt das Despacho des Staats, Marco del Pont jenes der Finanzen; Juan Montenegro wurde Kriegsminister. Der

Feinde bedrohten Estella, und Maroto hatte das Heer in seiner Nähe vereinigt. In dem Thale von Mena und an der Gränze gegen Frankreich machten die Feinde zu gleicher Zeit mehrere Versuche. Teixeiro wagte es nun an Maroto zu schreiben und ihm den Vorwurf zu machen, daß er concentrirt bei Estella stehen bliebe, während der Feind unsere äußersten Flanken bedrohe. Er fordere ihn im Namen des Königs auf seine Kräfte zu theilen und in allen Punkten gegen den Feind offensiv zu operiren. Herzlich dumm hätte man diesen Versuch Teixeiro's nennen können, wäre die Idee nicht so verdammt gescheidt gewesen. Maroto hörte ruhig die Meinung der Chefs, und sie erklärten einstimmig, daß das Theilen der Kräfte Unsinn, daß jede Offensive unter den gegebenen Umständen noch größerer Unsinn wäre, und daß man endlich nur bei Estella concentrirt den Feind erwarten könne. Nun schrieb Maroto an Teixeiro: „Wenn Ew. Excellenz ein eben so großer Kriegsmann als Politiker ist, und die Kriegskunst so gut versteht, lade ich Sie ein, das Commando des Heeres zu übernehmen, und Ihre kühnen Plane selbst auszuführen. Uebrigens erkläre ich Ihnen, Hr. Minister, daß, wenn man den König falsch berichtet und ihm Unmögliches und Nachtheiliges vorschlägt, dieses König und Vaterland verrathen heißt.“ So war also Krieg auf Tod und Leben erklärt.

Dem König schilderte die Camarilla die scheinbare Unthätigkeit des Heeres mit den schwärzesten Farben, und suchte ihr alle möglichen schlimmen Absichten unterzuschieben; die Antwort, die der Obergeneral dem Minister gegeben hatte, mußte als Beweis dienen, wie man die treuesten und eifrigsten Diener des Königs von den militärischen Angelegenheiten auszuschließen suche. Abermals hörte man am Hofe die Worte: Verrath und Verräther. Der König war geneigt, Maroto des Commando's zu entsetzen. Teixeiro und seine Priester, damit nicht zufrieden, entwarfen den weit kühnern Plan, sich Maroto's nicht nur zu entledigen, sondern die ganze Partei, deren Haupt er war, zu vernichten. Sie ließen heimlich an den Processen der gefangenen Generale arbeiten, und hatten vom König die Zustimmung zur stärksten Strafe erhalten – das Todesurtheil war zur Unterschrift bereit. Die Generale Garcia, Sanz, Guergué und Carmona suchten die Chefs der navarresischen Bataillone zu verführen und die Truppen aufzuwiegeln. Zu diesem Ende sagten sie laut, daß Maroto ein Verräther sey, und lasen öffentlich mannichfaltige Documente, welche Unterhandlungen des Obergenerals mit dem Feinde voraussetzten, oder doch ahnen ließen.

Im Lager hatte man die genauesten Nachrichten von allen diesen Schritten der Apostolischen, die in ihrer Frömmigkeit eine wahre sicilianische Vesper vorbereiteten. Jedermann im Heere sah das Ungewitter heraufziehen, und war gespannt, wie es sich entladen würde. Die Correspondenz der aufrührerischen Generale mit Arias Teixeiro fiel in die Hände Maroto's. Man sah daraus, daß sie des Verbrechens, die Truppen zur Meuterei aufzuwiegeln, schuldig waren. Carmona, sah man, war zum Verräther an seinem General geworden, nachdem dieser ihm großmüthig sein mehr als zweifelhaftes Benehmen in dem Gefechte bei Sesma verziehen hatte.

Der König unterzeichnete die Proscription Maroto's. Vier Stunden darauf erhielt der General ein Billet des Inhalts: „General, Sie sind proscribirt; die Generale Guergué, Garcia, Sanz und Carmona sind mit der Ausführung beauftragt.“ Maroto versammelte die Chefs. Die Frage war einfach: todtschießen oder todtgeschossen werden. Man entschied kurz: es müsse diesem ewigen Parteienkampf ein Ende gemacht werden. Am nächsten Abend sah man in Estella ein Kriegsgericht versammelt aus den Generalen Sylvestre, Arroyo, Negri und dem Generalauditor bestehend. Beim Anbruch des Tages war sein Urtheil vollzogen. Unglückliche Tapfere, die, das Spielzeug eines ruchlosen Ministeriums, als Opfer ihrer Verblendung fallen mußten! Die nämlichen Soldaten, welche die gefallenen Generale hatten aufwiegeln wollen, hatten das Urtheil vollzogen. Das erste Bataillon von Navarra, das Garcia und Carmona früher selbst commandirten, war damit beauftragt gewesen. Das Heer war traurig, aber entschlossen. Ein Adjutant wurde mit der Nachricht in das königliche Hauptquartier geschickt. Ihm folgte der Graf Negri, um Sr. Maj. ausführlichen Bericht abzustatten. Sechs Stunden nach dem Abzuge des Grafen Negri setzte sich Maroto mit 6 navarresischen und 3 castilischen Bataillonen nebst 2 Schwadronen gegen das königliche Hauptquartier in Marsch, um dem König selbst Rechenschaft abzulegen und um alle Apostolischen im königl. Hauptquartier zu fusiliren. Das Heer verlangte dieß, und nach dem Schritte von Estella war es fast zur Nothwendigkeit geworden.

Die Verwirrung und Angst im königlichen Hauptquartier war unbeschreiblich. Arias Teixeiro, der Bischof von Leon etc. sahen die Stunde, wo sie vor Gott und Menschen Rechenschaft abzulegen hatten, heranrücken. Nochmals glückte es ihnen, mit ihren Lügen und Heuchlerkünsten den leicht beweglichen König zu bestricken. Es wurde ein Decret erlassen, in welchem Maroto als Hochverräther und vogelfrei erklärt wurde. Der General Villareal erhielt Befehl, sich an die Spitze der alavesischen Bataillone zu stellen und gegen Maroto zu Felde zu ziehen. Urbiztondo mußte in der Eile die guipuscoanischen Bataillone zusammenraffen, und mit ihnen zwischen dem königlichen Hauptquartier und dem anmarschirenden Heere Stellung nehmen, mit dem ausdrücklichen Befehl, von den Waffen Gebrauch zu machen. Die in Navarra zurückgebliebenen Bataillone wurden unter die Befehle Ortigosa's gestellt. Mit unglaublicher Schnelle war das Edict verbreitet. Es wurde gelesen; Niemand wagte sich zu äußern; mehrere Generale und Chefs compromittirten sich voreilig, aber – wunderbare Erscheinung! – die Truppen weigerten sich einstimmig, es vor ihrer Fronte lesen zu lassen.

Maroto wendete sich unterdessen gegen Tolosa. Auf der Höhe von Lecumberry stieß man auf das Corps des Generals Urbiztondo, das in Schlachtordnung aufgestellt war. Es war ein kritischer Moment. Maroto ließ halten, und ritt allein gegen Urbiztondo vor. Kaum in die Nähe der Guipuscoaner gelangt, schallte ihm ein donnerndes Lebehoch entgegen; der General Urbiztondo umarmte ihn, und am Abend marschirte man mit den vereinigten Truppen in Tolosa ein, wo der General mit Enthusiasmus empfangen wurde. Nun hatte das königliche Hauptquartier die Hoffnung verloren, und verkroch sich wie Vögel, wenn der Adler in den Wolken sich zeigt. Graf Negri erschien und brachte beunruhigende Meldung. Er kehrte mit General Sylvestre in der Nacht in das königliche Hauptquartier zurück. Gegen Morgen war noch keine Nachricht da; die Colonne bildete sich zum Marsch; da endlich erschienen beide abgesandte Generale. Der König hatte sein erstes Decret widerrufen; er und die Königin gaben Maroto vor der Fronte die schmeichelhafteste Satisfaction. Ihre Majestäten ließen die Truppen defiliren, die mit unbeschreiblichem Enthusiasmus ihr Viva el Rey! Viva la Reyna! riefen. Das Widerrufungsdecret kennen Sie.

Die Minister der Gnade und der Justiz wurden entlassen, die Junta Consultativa aufgelöst. Ramirez de la Piscina erhielt das Despacho des Staats, Marco del Pont jenes der Finanzen; Juan Montenegro wurde Kriegsminister. Der

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Feinde bedrohten Estella, und Maroto hatte das Heer in seiner Nähe vereinigt. In dem Thale von Mena und an der Gränze gegen Frankreich machten die Feinde zu gleicher Zeit mehrere Versuche. Teixeiro wagte es nun an Maroto zu schreiben und ihm den Vorwurf zu machen, daß er concentrirt bei Estella stehen bliebe, während der Feind unsere äußersten Flanken bedrohe. Er fordere ihn im Namen des Königs auf seine Kräfte zu theilen und in allen Punkten gegen den Feind offensiv zu operiren. Herzlich dumm hätte man diesen Versuch Teixeiro's nennen können, wäre die Idee nicht so verdammt gescheidt gewesen. Maroto hörte ruhig die Meinung der Chefs, und sie erklärten einstimmig, daß das Theilen der Kräfte Unsinn, daß jede Offensive unter den gegebenen Umständen noch größerer Unsinn wäre, und daß man endlich nur bei Estella concentrirt den Feind erwarten könne. Nun schrieb Maroto an Teixeiro: &#x201E;Wenn Ew. Excellenz ein eben so großer Kriegsmann als Politiker ist, und die Kriegskunst so gut versteht, lade ich Sie ein, das Commando des Heeres zu übernehmen, und Ihre kühnen Plane selbst auszuführen. Uebrigens erkläre ich Ihnen, Hr. Minister, daß, wenn man den König falsch berichtet und ihm Unmögliches und Nachtheiliges vorschlägt, dieses König und Vaterland verrathen heißt.&#x201C; So war also Krieg auf Tod und Leben erklärt.</p><lb/>
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[0642/0010] Feinde bedrohten Estella, und Maroto hatte das Heer in seiner Nähe vereinigt. In dem Thale von Mena und an der Gränze gegen Frankreich machten die Feinde zu gleicher Zeit mehrere Versuche. Teixeiro wagte es nun an Maroto zu schreiben und ihm den Vorwurf zu machen, daß er concentrirt bei Estella stehen bliebe, während der Feind unsere äußersten Flanken bedrohe. Er fordere ihn im Namen des Königs auf seine Kräfte zu theilen und in allen Punkten gegen den Feind offensiv zu operiren. Herzlich dumm hätte man diesen Versuch Teixeiro's nennen können, wäre die Idee nicht so verdammt gescheidt gewesen. Maroto hörte ruhig die Meinung der Chefs, und sie erklärten einstimmig, daß das Theilen der Kräfte Unsinn, daß jede Offensive unter den gegebenen Umständen noch größerer Unsinn wäre, und daß man endlich nur bei Estella concentrirt den Feind erwarten könne. Nun schrieb Maroto an Teixeiro: „Wenn Ew. Excellenz ein eben so großer Kriegsmann als Politiker ist, und die Kriegskunst so gut versteht, lade ich Sie ein, das Commando des Heeres zu übernehmen, und Ihre kühnen Plane selbst auszuführen. Uebrigens erkläre ich Ihnen, Hr. Minister, daß, wenn man den König falsch berichtet und ihm Unmögliches und Nachtheiliges vorschlägt, dieses König und Vaterland verrathen heißt.“ So war also Krieg auf Tod und Leben erklärt. Dem König schilderte die Camarilla die scheinbare Unthätigkeit des Heeres mit den schwärzesten Farben, und suchte ihr alle möglichen schlimmen Absichten unterzuschieben; die Antwort, die der Obergeneral dem Minister gegeben hatte, mußte als Beweis dienen, wie man die treuesten und eifrigsten Diener des Königs von den militärischen Angelegenheiten auszuschließen suche. Abermals hörte man am Hofe die Worte: Verrath und Verräther. Der König war geneigt, Maroto des Commando's zu entsetzen. Teixeiro und seine Priester, damit nicht zufrieden, entwarfen den weit kühnern Plan, sich Maroto's nicht nur zu entledigen, sondern die ganze Partei, deren Haupt er war, zu vernichten. Sie ließen heimlich an den Processen der gefangenen Generale arbeiten, und hatten vom König die Zustimmung zur stärksten Strafe erhalten – das Todesurtheil war zur Unterschrift bereit. Die Generale Garcia, Sanz, Guergué und Carmona suchten die Chefs der navarresischen Bataillone zu verführen und die Truppen aufzuwiegeln. Zu diesem Ende sagten sie laut, daß Maroto ein Verräther sey, und lasen öffentlich mannichfaltige Documente, welche Unterhandlungen des Obergenerals mit dem Feinde voraussetzten, oder doch ahnen ließen. Im Lager hatte man die genauesten Nachrichten von allen diesen Schritten der Apostolischen, die in ihrer Frömmigkeit eine wahre sicilianische Vesper vorbereiteten. Jedermann im Heere sah das Ungewitter heraufziehen, und war gespannt, wie es sich entladen würde. Die Correspondenz der aufrührerischen Generale mit Arias Teixeiro fiel in die Hände Maroto's. Man sah daraus, daß sie des Verbrechens, die Truppen zur Meuterei aufzuwiegeln, schuldig waren. Carmona, sah man, war zum Verräther an seinem General geworden, nachdem dieser ihm großmüthig sein mehr als zweifelhaftes Benehmen in dem Gefechte bei Sesma verziehen hatte. Der König unterzeichnete die Proscription Maroto's. Vier Stunden darauf erhielt der General ein Billet des Inhalts: „General, Sie sind proscribirt; die Generale Guergué, Garcia, Sanz und Carmona sind mit der Ausführung beauftragt.“ Maroto versammelte die Chefs. Die Frage war einfach: todtschießen oder todtgeschossen werden. Man entschied kurz: es müsse diesem ewigen Parteienkampf ein Ende gemacht werden. Am nächsten Abend sah man in Estella ein Kriegsgericht versammelt aus den Generalen Sylvestre, Arroyo, Negri und dem Generalauditor bestehend. Beim Anbruch des Tages war sein Urtheil vollzogen. Unglückliche Tapfere, die, das Spielzeug eines ruchlosen Ministeriums, als Opfer ihrer Verblendung fallen mußten! Die nämlichen Soldaten, welche die gefallenen Generale hatten aufwiegeln wollen, hatten das Urtheil vollzogen. Das erste Bataillon von Navarra, das Garcia und Carmona früher selbst commandirten, war damit beauftragt gewesen. Das Heer war traurig, aber entschlossen. Ein Adjutant wurde mit der Nachricht in das königliche Hauptquartier geschickt. Ihm folgte der Graf Negri, um Sr. Maj. ausführlichen Bericht abzustatten. Sechs Stunden nach dem Abzuge des Grafen Negri setzte sich Maroto mit 6 navarresischen und 3 castilischen Bataillonen nebst 2 Schwadronen gegen das königliche Hauptquartier in Marsch, um dem König selbst Rechenschaft abzulegen und um alle Apostolischen im königl. Hauptquartier zu fusiliren. Das Heer verlangte dieß, und nach dem Schritte von Estella war es fast zur Nothwendigkeit geworden. Die Verwirrung und Angst im königlichen Hauptquartier war unbeschreiblich. Arias Teixeiro, der Bischof von Leon etc. sahen die Stunde, wo sie vor Gott und Menschen Rechenschaft abzulegen hatten, heranrücken. Nochmals glückte es ihnen, mit ihren Lügen und Heuchlerkünsten den leicht beweglichen König zu bestricken. Es wurde ein Decret erlassen, in welchem Maroto als Hochverräther und vogelfrei erklärt wurde. Der General Villareal erhielt Befehl, sich an die Spitze der alavesischen Bataillone zu stellen und gegen Maroto zu Felde zu ziehen. Urbiztondo mußte in der Eile die guipuscoanischen Bataillone zusammenraffen, und mit ihnen zwischen dem königlichen Hauptquartier und dem anmarschirenden Heere Stellung nehmen, mit dem ausdrücklichen Befehl, von den Waffen Gebrauch zu machen. Die in Navarra zurückgebliebenen Bataillone wurden unter die Befehle Ortigosa's gestellt. Mit unglaublicher Schnelle war das Edict verbreitet. Es wurde gelesen; Niemand wagte sich zu äußern; mehrere Generale und Chefs compromittirten sich voreilig, aber – wunderbare Erscheinung! – die Truppen weigerten sich einstimmig, es vor ihrer Fronte lesen zu lassen. Maroto wendete sich unterdessen gegen Tolosa. Auf der Höhe von Lecumberry stieß man auf das Corps des Generals Urbiztondo, das in Schlachtordnung aufgestellt war. Es war ein kritischer Moment. Maroto ließ halten, und ritt allein gegen Urbiztondo vor. Kaum in die Nähe der Guipuscoaner gelangt, schallte ihm ein donnerndes Lebehoch entgegen; der General Urbiztondo umarmte ihn, und am Abend marschirte man mit den vereinigten Truppen in Tolosa ein, wo der General mit Enthusiasmus empfangen wurde. Nun hatte das königliche Hauptquartier die Hoffnung verloren, und verkroch sich wie Vögel, wenn der Adler in den Wolken sich zeigt. Graf Negri erschien und brachte beunruhigende Meldung. Er kehrte mit General Sylvestre in der Nacht in das königliche Hauptquartier zurück. Gegen Morgen war noch keine Nachricht da; die Colonne bildete sich zum Marsch; da endlich erschienen beide abgesandte Generale. Der König hatte sein erstes Decret widerrufen; er und die Königin gaben Maroto vor der Fronte die schmeichelhafteste Satisfaction. Ihre Majestäten ließen die Truppen defiliren, die mit unbeschreiblichem Enthusiasmus ihr Viva el Rey! Viva la Reyna! riefen. Das Widerrufungsdecret kennen Sie. Die Minister der Gnade und der Justiz wurden entlassen, die Junta Consultativa aufgelöst. Ramirez de la Piscina erhielt das Despacho des Staats, Marco del Pont jenes der Finanzen; Juan Montenegro wurde Kriegsminister. Der

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 81. Augsburg, 21. März 1840, S. 0642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_081_18400321/10>, abgerufen am 03.12.2024.