Allgemeine Zeitung. Nr. 86. Augsburg, 26. März 1840.Gericht zieht. Der Mann bittet um die Verwendung der Kammer, damit der gedachte 20ste Artikel auf ihn angewandt werden möge. Was kann nun die Kammer hierauf antworten? Im Jahr 1833 wurden in der Stadt Luxemburg mehrere Belgier wegen Theilnahme an der Revolution in contumaciam, die einen zu Zwangsarbeiten, die andern zum Tode verurtheilt. Sie lebten seitdem auf belgischem Gebiete, im Vertrauen darauf, daß ihnen jener Artikel zu Gute komme. In dieser Ansicht hatte auch das Ministerium, an welches sie sich früher gewendet, sie bestärkt, nähere Schritte bei der Conferenz um deutlichere Interpretation des genannten Artikels aber nicht für nöthig gehalten. Die jüngste Abstimmung hat nun ein Schwert des Damokles über ihrem Haupte aufgehängt. Der Minister Nothomb führte auch diese Beispiele in der Kammer an, und nur aus der Leidenschaftlichkeit der einen, und der Kurzsichtigkeit der andern läßt es sich erklären, daß sie nicht hinreichend gewesen, ein Resultat zu verhindern, das mehrere von denjenigen, die es herbeigeführt, schon jetzt ernstlich beunruhigt. Niederlande. Haag, 19 März. Unsre zweite Kammer ist gestern wieder zusammengetreten. An wichtiger Arbeit wird es ihr nicht fehlen. Bereits in der gestrigen Sitzung wurde ihr eine Anzahl Gesetzesentwürfe vorgelegt, welche ihre höchste Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen. Dazu gehören 1) die Entwürfe betreffend das Budget für 1840 welches bekanntlich in seiner ersten Gestalt im December verworfen wurde. In diesem waren die Ausgaben veranschlagt auf 56,378,600 fl., und unter den Mitteln zur Bestreitung dieser Ausgaben war eine Summe von 11,220,000 fl. in Vorschlag gebracht, welche aus der ostindischen Casse beigetragen werden sollte, vorausgesetzt daß diese durch die damals vorgeschlagene aber ebenfalls verworfene Anleihe von 40 Millionen, welche zur Lösung der der Handelmaatschappy verpfändeten Colonialproducte dienen sollte, dazu in Stand gesetzt würde. Nach dem jetzt vorgelegten Entwurf sollen die Ausgaben für das Jahr 184058,227,215 fl. betragen, also fast 2 Mill. mehr, als nach dem ersten Entwurf - eine Erhöhung, welche, nachdem man seit Januar so viel von großen Ersparnissen bei verschiedenen Administrationen, und besonders bei dem Kriegsdepartement gehört hat, befremden könnte, jedoch nur daher rührt, daß jetzt unter den Ausgaben eine Summe von 4 Mill. für das Tilgungssyndicat vorkömmt, welche früher durch einen besondern Gesetzesentwurf zugleich mit der ostindischen Anleihe beantragt war, aber das Schicksal dieser Anleihe getheilt hatte, so wie eine Summe von 225,000 fl. für die Interessen von 9 Monaten der kürzlich geschlossenen Anleihe von 6 Mill. Die Ersparungen in dem eigentlichen Haushalt des Staats betragen also für dieses Jahr bereits mehr als zwei Millionen. Dieselben Mittel wie früher sind zur Bestreitung der Ausgaben vorgeschlagen, mit Ausnahme des Beitrags aus der ostindischen Casse, an deren Stelle man jetzt den Ertrag der eben erwähnten Anleihe von 6 Mill. setzt, und eine zweite Anleihe von 6,700,000 fl., für welche die Einwilligung der Kammern nunmehr gefordert wird. Es besteht also zwischen den Ausgaben und den Einnahmen eine Differenz von 12,700,000 fl. - Ferner wurden in der gestrigen Sitzung sieben neue Gesetzesentwürfe, betreffend die Revision des Grundgesetzes, vorgelegt, zugleich mit den Antworten der Regierung auf die Bemerkungen der Sectionen der zweiten Kammer in Betreff fünf im December vorgeschlagener Revisionsentwürfe. In dieser Beantwortung sagt die Regierung: es sey ihr aus den Bemerkungen nicht deutlich geworden, ob die Majorität der Kammer eine gänzliche Revision des Grundgesetzes, mit Aenderung der Grundlagen des Staatsgebäudes, oder nur Modificationen des bestehenden wünsche, wobei die Grundlagen unberührt blieben. In diesem Zweifel, und um für die durchaus nothwendigen Abänderungen keine Zeit zu verlieren, habe sie das letztere angenommen, und erstlich in den fünf ursprünglich vorgeschlagenen Entwürfen einige allgemein gewünschte Aenderungen gemacht, alsdann aber in sieben weitern Entwürfen einige neue Modificationen in Vorschlag bringen wollen. Eben des zu befürchtenden Zeitverlustes wegen habe sie auch in ihrer Ansicht verharren zu müssen geglaubt, daß keine Deputirten aus Limburg zur Revision des Grundgesetzes berufen werden dürften, zumal das Recht der Bewohner jenes Herzogthums zur Theilnahme an dieser Revision schwer zu beweisen wäre. Die neuen jetzt vorgeschlagenen Modificationen des Grundgesetzes bestehen in Folgendem: 1) wird das Einkommen des Königs von 2,400,000 fl. (für die Zeit, wo er noch Beherrscher der vereinigten Niederlande war) auf 1,500,000 fl., und die Summe für den Unterhalt seiner Paläste und Lustschlösser von 100,000 fl. auf 50,000 fl. herabgesetzt; 2) die Einrichtung der Wahlcollegien, die Ausübung des Stimmrechts u. s. w., welche bis jetzt durch von dem König ausgegangene Ordonnanzen und Reglements geregelt wurden, sollen durch Gesetze geregelt werden; 3) in jeder Sitzung werden den Generalstaaten die zuletzt angekommenen Rechnungen der Colonialverwaltungen mitgetheilt, und die Verwendung des Ueberschusses der Colonialcassen durch das Gesetz bestimmt werden, während der König bis jetzt dieses Recht ausschließlich für die Krone in Anspruch nahm; 4) statt eines zehnjährigen Budgets für die gewöhnlichen, und eines einjährigen Budgets für die außerordentlichen Ausgaben, wie bisher, werden künftig alle Ausgaben in einem zweijährigen Budget festgesetzt werden. Dieses Budget zerfällt in eben so viele besondere Gesetzesentwürfe, als Ministerialdepartements bestehen, und über jeden dieser Entwürfe wird besonders abgestimmt, während bis jetzt das ganze Budget in Einem Entwurf abgefaßt, und also das Ganze nur Einer Abstimmung unterworfen war. Die Gesetze, in denen die Mittel zur Bestreitung der Ausgaben angewiesen werden, bleiben in Wirkung, so lange sie nicht durch spätere Gesetze abgeschafft werden, wovon die Folge seyn wird, daß im Fall der Verwerfung eines Ausgabebudgets dennoch alle Steuern fortgehoben werden; 5) die Municipalräthe, welche bis jetzt für ihre Lebenszeit ernannt wurden, sollen fernerhin jährlich theilweise abtreten, und neue Wahlen stattfinden (eine wichtige Verbesserung!); 6) werden einige neue Bestimmungen, betreffend die allgemeine Rechnungskammer, vorgeschlagen; 7) endlich wird unter mehreren Bestimmungen über die Nationalmiliz in Vorschlag gebracht, einen Theil der jährlich ausgehobenen Mannschaft zur Verstärkung der Marine zu verwenden. - Ob hierdurch die Wünsche der Generalstaaten erfüllt seyn werden, wird sich bald ergeben. Jedenfalls verdient die Regierung den Dank aller Gutgesinnten, daß sie es nicht bei den ersten sehr unbedeutenden Aenderungsvorschlägen bewenden ließ, sondern sich bereitwillig gezeigt hat, in noch Mehrerem den Wünschen des Volks nachzukommen. Deutschland. München. In der Sitzung der königlichen Akademie der Wissenschaften am 14 d. theilte Professor v. Kobell Bemerkungen mit über eine neue von ihm gemachte Anwendung der galvanischen Kupferpräcipitation. Sie besteht in dem Verfahren, Gemälde in Tuschmanier durch den Kupferdruck ohne Aetzen, Radiren oder dergleichen vervielfältigen zu können, und wurde durch die Beobachtung veranlaßt, daß auch nicht leitende Substanzen von geringer Masse bei der galvanischen Zersetzung Gericht zieht. Der Mann bittet um die Verwendung der Kammer, damit der gedachte 20ste Artikel auf ihn angewandt werden möge. Was kann nun die Kammer hierauf antworten? Im Jahr 1833 wurden in der Stadt Luxemburg mehrere Belgier wegen Theilnahme an der Revolution in contumaciam, die einen zu Zwangsarbeiten, die andern zum Tode verurtheilt. Sie lebten seitdem auf belgischem Gebiete, im Vertrauen darauf, daß ihnen jener Artikel zu Gute komme. In dieser Ansicht hatte auch das Ministerium, an welches sie sich früher gewendet, sie bestärkt, nähere Schritte bei der Conferenz um deutlichere Interpretation des genannten Artikels aber nicht für nöthig gehalten. Die jüngste Abstimmung hat nun ein Schwert des Damokles über ihrem Haupte aufgehängt. Der Minister Nothomb führte auch diese Beispiele in der Kammer an, und nur aus der Leidenschaftlichkeit der einen, und der Kurzsichtigkeit der andern läßt es sich erklären, daß sie nicht hinreichend gewesen, ein Resultat zu verhindern, das mehrere von denjenigen, die es herbeigeführt, schon jetzt ernstlich beunruhigt. Niederlande. Haag, 19 März. Unsre zweite Kammer ist gestern wieder zusammengetreten. An wichtiger Arbeit wird es ihr nicht fehlen. Bereits in der gestrigen Sitzung wurde ihr eine Anzahl Gesetzesentwürfe vorgelegt, welche ihre höchste Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen. Dazu gehören 1) die Entwürfe betreffend das Budget für 1840 welches bekanntlich in seiner ersten Gestalt im December verworfen wurde. In diesem waren die Ausgaben veranschlagt auf 56,378,600 fl., und unter den Mitteln zur Bestreitung dieser Ausgaben war eine Summe von 11,220,000 fl. in Vorschlag gebracht, welche aus der ostindischen Casse beigetragen werden sollte, vorausgesetzt daß diese durch die damals vorgeschlagene aber ebenfalls verworfene Anleihe von 40 Millionen, welche zur Lösung der der Handelmaatschappy verpfändeten Colonialproducte dienen sollte, dazu in Stand gesetzt würde. Nach dem jetzt vorgelegten Entwurf sollen die Ausgaben für das Jahr 184058,227,215 fl. betragen, also fast 2 Mill. mehr, als nach dem ersten Entwurf – eine Erhöhung, welche, nachdem man seit Januar so viel von großen Ersparnissen bei verschiedenen Administrationen, und besonders bei dem Kriegsdepartement gehört hat, befremden könnte, jedoch nur daher rührt, daß jetzt unter den Ausgaben eine Summe von 4 Mill. für das Tilgungssyndicat vorkömmt, welche früher durch einen besondern Gesetzesentwurf zugleich mit der ostindischen Anleihe beantragt war, aber das Schicksal dieser Anleihe getheilt hatte, so wie eine Summe von 225,000 fl. für die Interessen von 9 Monaten der kürzlich geschlossenen Anleihe von 6 Mill. Die Ersparungen in dem eigentlichen Haushalt des Staats betragen also für dieses Jahr bereits mehr als zwei Millionen. Dieselben Mittel wie früher sind zur Bestreitung der Ausgaben vorgeschlagen, mit Ausnahme des Beitrags aus der ostindischen Casse, an deren Stelle man jetzt den Ertrag der eben erwähnten Anleihe von 6 Mill. setzt, und eine zweite Anleihe von 6,700,000 fl., für welche die Einwilligung der Kammern nunmehr gefordert wird. Es besteht also zwischen den Ausgaben und den Einnahmen eine Differenz von 12,700,000 fl. – Ferner wurden in der gestrigen Sitzung sieben neue Gesetzesentwürfe, betreffend die Revision des Grundgesetzes, vorgelegt, zugleich mit den Antworten der Regierung auf die Bemerkungen der Sectionen der zweiten Kammer in Betreff fünf im December vorgeschlagener Revisionsentwürfe. In dieser Beantwortung sagt die Regierung: es sey ihr aus den Bemerkungen nicht deutlich geworden, ob die Majorität der Kammer eine gänzliche Revision des Grundgesetzes, mit Aenderung der Grundlagen des Staatsgebäudes, oder nur Modificationen des bestehenden wünsche, wobei die Grundlagen unberührt blieben. In diesem Zweifel, und um für die durchaus nothwendigen Abänderungen keine Zeit zu verlieren, habe sie das letztere angenommen, und erstlich in den fünf ursprünglich vorgeschlagenen Entwürfen einige allgemein gewünschte Aenderungen gemacht, alsdann aber in sieben weitern Entwürfen einige neue Modificationen in Vorschlag bringen wollen. Eben des zu befürchtenden Zeitverlustes wegen habe sie auch in ihrer Ansicht verharren zu müssen geglaubt, daß keine Deputirten aus Limburg zur Revision des Grundgesetzes berufen werden dürften, zumal das Recht der Bewohner jenes Herzogthums zur Theilnahme an dieser Revision schwer zu beweisen wäre. Die neuen jetzt vorgeschlagenen Modificationen des Grundgesetzes bestehen in Folgendem: 1) wird das Einkommen des Königs von 2,400,000 fl. (für die Zeit, wo er noch Beherrscher der vereinigten Niederlande war) auf 1,500,000 fl., und die Summe für den Unterhalt seiner Paläste und Lustschlösser von 100,000 fl. auf 50,000 fl. herabgesetzt; 2) die Einrichtung der Wahlcollegien, die Ausübung des Stimmrechts u. s. w., welche bis jetzt durch von dem König ausgegangene Ordonnanzen und Reglements geregelt wurden, sollen durch Gesetze geregelt werden; 3) in jeder Sitzung werden den Generalstaaten die zuletzt angekommenen Rechnungen der Colonialverwaltungen mitgetheilt, und die Verwendung des Ueberschusses der Colonialcassen durch das Gesetz bestimmt werden, während der König bis jetzt dieses Recht ausschließlich für die Krone in Anspruch nahm; 4) statt eines zehnjährigen Budgets für die gewöhnlichen, und eines einjährigen Budgets für die außerordentlichen Ausgaben, wie bisher, werden künftig alle Ausgaben in einem zweijährigen Budget festgesetzt werden. Dieses Budget zerfällt in eben so viele besondere Gesetzesentwürfe, als Ministerialdepartements bestehen, und über jeden dieser Entwürfe wird besonders abgestimmt, während bis jetzt das ganze Budget in Einem Entwurf abgefaßt, und also das Ganze nur Einer Abstimmung unterworfen war. Die Gesetze, in denen die Mittel zur Bestreitung der Ausgaben angewiesen werden, bleiben in Wirkung, so lange sie nicht durch spätere Gesetze abgeschafft werden, wovon die Folge seyn wird, daß im Fall der Verwerfung eines Ausgabebudgets dennoch alle Steuern fortgehoben werden; 5) die Municipalräthe, welche bis jetzt für ihre Lebenszeit ernannt wurden, sollen fernerhin jährlich theilweise abtreten, und neue Wahlen stattfinden (eine wichtige Verbesserung!); 6) werden einige neue Bestimmungen, betreffend die allgemeine Rechnungskammer, vorgeschlagen; 7) endlich wird unter mehreren Bestimmungen über die Nationalmiliz in Vorschlag gebracht, einen Theil der jährlich ausgehobenen Mannschaft zur Verstärkung der Marine zu verwenden. – Ob hierdurch die Wünsche der Generalstaaten erfüllt seyn werden, wird sich bald ergeben. Jedenfalls verdient die Regierung den Dank aller Gutgesinnten, daß sie es nicht bei den ersten sehr unbedeutenden Aenderungsvorschlägen bewenden ließ, sondern sich bereitwillig gezeigt hat, in noch Mehrerem den Wünschen des Volks nachzukommen. Deutschland. München. In der Sitzung der königlichen Akademie der Wissenschaften am 14 d. theilte Professor v. Kobell Bemerkungen mit über eine neue von ihm gemachte Anwendung der galvanischen Kupferpräcipitation. Sie besteht in dem Verfahren, Gemälde in Tuschmanier durch den Kupferdruck ohne Aetzen, Radiren oder dergleichen vervielfältigen zu können, und wurde durch die Beobachtung veranlaßt, daß auch nicht leitende Substanzen von geringer Masse bei der galvanischen Zersetzung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="0684"/> Gericht zieht. Der Mann bittet um die Verwendung der Kammer, damit der gedachte 20ste Artikel auf ihn angewandt werden möge. Was kann nun die Kammer hierauf antworten? Im Jahr 1833 wurden in der Stadt Luxemburg mehrere Belgier wegen Theilnahme an der Revolution in contumaciam, die einen zu Zwangsarbeiten, die andern zum Tode verurtheilt. Sie lebten seitdem auf belgischem Gebiete, im Vertrauen darauf, daß ihnen jener Artikel zu Gute komme. In dieser Ansicht hatte auch das Ministerium, an welches sie sich früher gewendet, sie bestärkt, nähere Schritte bei der Conferenz um deutlichere Interpretation des genannten Artikels aber nicht für nöthig gehalten. Die jüngste Abstimmung hat nun ein Schwert des Damokles über ihrem Haupte aufgehängt. Der Minister Nothomb führte auch diese Beispiele in der Kammer an, und nur aus der Leidenschaftlichkeit der einen, und der Kurzsichtigkeit der andern läßt es sich erklären, daß sie nicht hinreichend gewesen, ein Resultat zu verhindern, das mehrere von denjenigen, die es herbeigeführt, schon jetzt ernstlich beunruhigt.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Niederlande.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Haag,</hi> 19 März.</dateline> <p> Unsre zweite Kammer ist gestern wieder zusammengetreten. An wichtiger Arbeit wird es ihr nicht fehlen. Bereits in der gestrigen Sitzung wurde ihr eine Anzahl Gesetzesentwürfe vorgelegt, welche ihre höchste Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen. Dazu gehören 1) die Entwürfe betreffend das Budget für 1840 welches bekanntlich in seiner ersten Gestalt im December verworfen wurde. In diesem waren die Ausgaben veranschlagt auf 56,378,600 fl., und unter den Mitteln zur Bestreitung dieser Ausgaben war eine Summe von 11,220,000 fl. in Vorschlag gebracht, welche aus der ostindischen Casse beigetragen werden sollte, vorausgesetzt daß diese durch die damals vorgeschlagene aber ebenfalls verworfene Anleihe von 40 Millionen, welche zur Lösung der der Handelmaatschappy verpfändeten Colonialproducte dienen sollte, dazu in Stand gesetzt würde. Nach dem jetzt vorgelegten Entwurf sollen die Ausgaben für das Jahr 184058,227,215 fl. betragen, also fast 2 Mill. mehr, als nach dem ersten Entwurf – eine Erhöhung, welche, nachdem man seit Januar so viel von großen Ersparnissen bei verschiedenen Administrationen, und besonders bei dem Kriegsdepartement gehört hat, befremden könnte, jedoch nur daher rührt, daß jetzt unter den Ausgaben eine Summe von 4 Mill. für das Tilgungssyndicat vorkömmt, welche früher durch einen besondern Gesetzesentwurf zugleich mit der ostindischen Anleihe beantragt war, aber das Schicksal dieser Anleihe getheilt hatte, so wie eine Summe von 225,000 fl. für die Interessen von 9 Monaten der kürzlich geschlossenen Anleihe von 6 Mill. Die Ersparungen in dem eigentlichen Haushalt des Staats betragen also für dieses Jahr bereits mehr als zwei Millionen. Dieselben Mittel wie früher sind zur Bestreitung der Ausgaben vorgeschlagen, mit Ausnahme des Beitrags aus der ostindischen Casse, an deren Stelle man jetzt den Ertrag der eben erwähnten Anleihe von 6 Mill. setzt, und eine zweite Anleihe von 6,700,000 fl., für welche die Einwilligung der Kammern nunmehr gefordert wird. Es besteht also zwischen den Ausgaben und den Einnahmen eine Differenz von 12,700,000 fl. – Ferner wurden in der gestrigen Sitzung sieben neue Gesetzesentwürfe, betreffend die Revision des Grundgesetzes, vorgelegt, zugleich mit den Antworten der Regierung auf die Bemerkungen der Sectionen der zweiten Kammer in Betreff fünf im December vorgeschlagener Revisionsentwürfe. In dieser Beantwortung sagt die Regierung: es sey ihr aus den Bemerkungen nicht deutlich geworden, ob die Majorität der Kammer eine gänzliche Revision des Grundgesetzes, mit Aenderung der Grundlagen des Staatsgebäudes, oder nur Modificationen des bestehenden wünsche, wobei die Grundlagen unberührt blieben. In diesem Zweifel, und um für die durchaus nothwendigen Abänderungen keine Zeit zu verlieren, habe sie das letztere angenommen, und erstlich in den fünf ursprünglich vorgeschlagenen Entwürfen einige allgemein gewünschte Aenderungen gemacht, alsdann aber in sieben weitern Entwürfen einige neue Modificationen in Vorschlag bringen wollen. Eben des zu befürchtenden Zeitverlustes wegen habe sie auch in ihrer Ansicht verharren zu müssen geglaubt, daß keine Deputirten aus Limburg zur Revision des Grundgesetzes berufen werden dürften, zumal das Recht der Bewohner jenes Herzogthums zur Theilnahme an dieser Revision schwer zu beweisen wäre. Die neuen jetzt vorgeschlagenen Modificationen des Grundgesetzes bestehen in Folgendem: 1) wird das Einkommen des Königs von 2,400,000 fl. (für die Zeit, wo er noch Beherrscher der vereinigten Niederlande war) auf 1,500,000 fl., und die Summe für den Unterhalt seiner Paläste und Lustschlösser von 100,000 fl. auf 50,000 fl. herabgesetzt; 2) die Einrichtung der Wahlcollegien, die Ausübung des Stimmrechts u. s. w., welche bis jetzt durch von dem König ausgegangene Ordonnanzen und Reglements geregelt wurden, sollen durch <hi rendition="#g">Gesetze</hi> geregelt werden; 3) in jeder Sitzung werden den Generalstaaten die zuletzt angekommenen Rechnungen der Colonialverwaltungen mitgetheilt, und die Verwendung des Ueberschusses der Colonialcassen durch das Gesetz bestimmt werden, während der König bis jetzt dieses Recht ausschließlich für die Krone in Anspruch nahm; 4) statt eines zehnjährigen Budgets für die gewöhnlichen, und eines einjährigen Budgets für die außerordentlichen Ausgaben, wie bisher, werden künftig alle Ausgaben in einem zweijährigen Budget festgesetzt werden. Dieses Budget zerfällt in eben so viele besondere Gesetzesentwürfe, als Ministerialdepartements bestehen, und über jeden dieser Entwürfe wird besonders abgestimmt, während bis jetzt das ganze Budget in Einem Entwurf abgefaßt, und also das Ganze nur Einer Abstimmung unterworfen war. Die Gesetze, in denen die Mittel zur Bestreitung der Ausgaben angewiesen werden, bleiben in Wirkung, so lange sie nicht durch spätere Gesetze abgeschafft werden, wovon die Folge seyn wird, daß im Fall der Verwerfung eines Ausgabebudgets dennoch alle Steuern fortgehoben werden; 5) die Municipalräthe, welche bis jetzt für ihre Lebenszeit ernannt wurden, sollen fernerhin jährlich theilweise abtreten, und neue Wahlen stattfinden (eine wichtige Verbesserung!); 6) werden einige neue Bestimmungen, betreffend die allgemeine Rechnungskammer, vorgeschlagen; 7) endlich wird unter mehreren Bestimmungen über die Nationalmiliz in Vorschlag gebracht, einen Theil der jährlich ausgehobenen Mannschaft zur Verstärkung der Marine zu verwenden. – Ob hierdurch die Wünsche der Generalstaaten erfüllt seyn werden, wird sich bald ergeben. Jedenfalls verdient die Regierung den Dank aller Gutgesinnten, daß sie es nicht bei den ersten sehr unbedeutenden Aenderungsvorschlägen bewenden ließ, sondern sich bereitwillig gezeigt hat, in noch Mehrerem den Wünschen des Volks nachzukommen.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline> <hi rendition="#b">München.</hi> </dateline> <p> In der Sitzung der königlichen Akademie der Wissenschaften am 14 d. theilte Professor v. Kobell Bemerkungen mit über eine neue von ihm gemachte Anwendung der galvanischen Kupferpräcipitation. Sie besteht in dem Verfahren, Gemälde in Tuschmanier durch den Kupferdruck ohne Aetzen, Radiren oder dergleichen vervielfältigen zu können, und wurde durch die Beobachtung veranlaßt, daß auch <hi rendition="#g">nicht leitende</hi> Substanzen von geringer Masse bei der galvanischen Zersetzung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0684/0004]
Gericht zieht. Der Mann bittet um die Verwendung der Kammer, damit der gedachte 20ste Artikel auf ihn angewandt werden möge. Was kann nun die Kammer hierauf antworten? Im Jahr 1833 wurden in der Stadt Luxemburg mehrere Belgier wegen Theilnahme an der Revolution in contumaciam, die einen zu Zwangsarbeiten, die andern zum Tode verurtheilt. Sie lebten seitdem auf belgischem Gebiete, im Vertrauen darauf, daß ihnen jener Artikel zu Gute komme. In dieser Ansicht hatte auch das Ministerium, an welches sie sich früher gewendet, sie bestärkt, nähere Schritte bei der Conferenz um deutlichere Interpretation des genannten Artikels aber nicht für nöthig gehalten. Die jüngste Abstimmung hat nun ein Schwert des Damokles über ihrem Haupte aufgehängt. Der Minister Nothomb führte auch diese Beispiele in der Kammer an, und nur aus der Leidenschaftlichkeit der einen, und der Kurzsichtigkeit der andern läßt es sich erklären, daß sie nicht hinreichend gewesen, ein Resultat zu verhindern, das mehrere von denjenigen, die es herbeigeführt, schon jetzt ernstlich beunruhigt.
Niederlande.
Haag, 19 März. Unsre zweite Kammer ist gestern wieder zusammengetreten. An wichtiger Arbeit wird es ihr nicht fehlen. Bereits in der gestrigen Sitzung wurde ihr eine Anzahl Gesetzesentwürfe vorgelegt, welche ihre höchste Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen. Dazu gehören 1) die Entwürfe betreffend das Budget für 1840 welches bekanntlich in seiner ersten Gestalt im December verworfen wurde. In diesem waren die Ausgaben veranschlagt auf 56,378,600 fl., und unter den Mitteln zur Bestreitung dieser Ausgaben war eine Summe von 11,220,000 fl. in Vorschlag gebracht, welche aus der ostindischen Casse beigetragen werden sollte, vorausgesetzt daß diese durch die damals vorgeschlagene aber ebenfalls verworfene Anleihe von 40 Millionen, welche zur Lösung der der Handelmaatschappy verpfändeten Colonialproducte dienen sollte, dazu in Stand gesetzt würde. Nach dem jetzt vorgelegten Entwurf sollen die Ausgaben für das Jahr 184058,227,215 fl. betragen, also fast 2 Mill. mehr, als nach dem ersten Entwurf – eine Erhöhung, welche, nachdem man seit Januar so viel von großen Ersparnissen bei verschiedenen Administrationen, und besonders bei dem Kriegsdepartement gehört hat, befremden könnte, jedoch nur daher rührt, daß jetzt unter den Ausgaben eine Summe von 4 Mill. für das Tilgungssyndicat vorkömmt, welche früher durch einen besondern Gesetzesentwurf zugleich mit der ostindischen Anleihe beantragt war, aber das Schicksal dieser Anleihe getheilt hatte, so wie eine Summe von 225,000 fl. für die Interessen von 9 Monaten der kürzlich geschlossenen Anleihe von 6 Mill. Die Ersparungen in dem eigentlichen Haushalt des Staats betragen also für dieses Jahr bereits mehr als zwei Millionen. Dieselben Mittel wie früher sind zur Bestreitung der Ausgaben vorgeschlagen, mit Ausnahme des Beitrags aus der ostindischen Casse, an deren Stelle man jetzt den Ertrag der eben erwähnten Anleihe von 6 Mill. setzt, und eine zweite Anleihe von 6,700,000 fl., für welche die Einwilligung der Kammern nunmehr gefordert wird. Es besteht also zwischen den Ausgaben und den Einnahmen eine Differenz von 12,700,000 fl. – Ferner wurden in der gestrigen Sitzung sieben neue Gesetzesentwürfe, betreffend die Revision des Grundgesetzes, vorgelegt, zugleich mit den Antworten der Regierung auf die Bemerkungen der Sectionen der zweiten Kammer in Betreff fünf im December vorgeschlagener Revisionsentwürfe. In dieser Beantwortung sagt die Regierung: es sey ihr aus den Bemerkungen nicht deutlich geworden, ob die Majorität der Kammer eine gänzliche Revision des Grundgesetzes, mit Aenderung der Grundlagen des Staatsgebäudes, oder nur Modificationen des bestehenden wünsche, wobei die Grundlagen unberührt blieben. In diesem Zweifel, und um für die durchaus nothwendigen Abänderungen keine Zeit zu verlieren, habe sie das letztere angenommen, und erstlich in den fünf ursprünglich vorgeschlagenen Entwürfen einige allgemein gewünschte Aenderungen gemacht, alsdann aber in sieben weitern Entwürfen einige neue Modificationen in Vorschlag bringen wollen. Eben des zu befürchtenden Zeitverlustes wegen habe sie auch in ihrer Ansicht verharren zu müssen geglaubt, daß keine Deputirten aus Limburg zur Revision des Grundgesetzes berufen werden dürften, zumal das Recht der Bewohner jenes Herzogthums zur Theilnahme an dieser Revision schwer zu beweisen wäre. Die neuen jetzt vorgeschlagenen Modificationen des Grundgesetzes bestehen in Folgendem: 1) wird das Einkommen des Königs von 2,400,000 fl. (für die Zeit, wo er noch Beherrscher der vereinigten Niederlande war) auf 1,500,000 fl., und die Summe für den Unterhalt seiner Paläste und Lustschlösser von 100,000 fl. auf 50,000 fl. herabgesetzt; 2) die Einrichtung der Wahlcollegien, die Ausübung des Stimmrechts u. s. w., welche bis jetzt durch von dem König ausgegangene Ordonnanzen und Reglements geregelt wurden, sollen durch Gesetze geregelt werden; 3) in jeder Sitzung werden den Generalstaaten die zuletzt angekommenen Rechnungen der Colonialverwaltungen mitgetheilt, und die Verwendung des Ueberschusses der Colonialcassen durch das Gesetz bestimmt werden, während der König bis jetzt dieses Recht ausschließlich für die Krone in Anspruch nahm; 4) statt eines zehnjährigen Budgets für die gewöhnlichen, und eines einjährigen Budgets für die außerordentlichen Ausgaben, wie bisher, werden künftig alle Ausgaben in einem zweijährigen Budget festgesetzt werden. Dieses Budget zerfällt in eben so viele besondere Gesetzesentwürfe, als Ministerialdepartements bestehen, und über jeden dieser Entwürfe wird besonders abgestimmt, während bis jetzt das ganze Budget in Einem Entwurf abgefaßt, und also das Ganze nur Einer Abstimmung unterworfen war. Die Gesetze, in denen die Mittel zur Bestreitung der Ausgaben angewiesen werden, bleiben in Wirkung, so lange sie nicht durch spätere Gesetze abgeschafft werden, wovon die Folge seyn wird, daß im Fall der Verwerfung eines Ausgabebudgets dennoch alle Steuern fortgehoben werden; 5) die Municipalräthe, welche bis jetzt für ihre Lebenszeit ernannt wurden, sollen fernerhin jährlich theilweise abtreten, und neue Wahlen stattfinden (eine wichtige Verbesserung!); 6) werden einige neue Bestimmungen, betreffend die allgemeine Rechnungskammer, vorgeschlagen; 7) endlich wird unter mehreren Bestimmungen über die Nationalmiliz in Vorschlag gebracht, einen Theil der jährlich ausgehobenen Mannschaft zur Verstärkung der Marine zu verwenden. – Ob hierdurch die Wünsche der Generalstaaten erfüllt seyn werden, wird sich bald ergeben. Jedenfalls verdient die Regierung den Dank aller Gutgesinnten, daß sie es nicht bei den ersten sehr unbedeutenden Aenderungsvorschlägen bewenden ließ, sondern sich bereitwillig gezeigt hat, in noch Mehrerem den Wünschen des Volks nachzukommen.
Deutschland.
München. In der Sitzung der königlichen Akademie der Wissenschaften am 14 d. theilte Professor v. Kobell Bemerkungen mit über eine neue von ihm gemachte Anwendung der galvanischen Kupferpräcipitation. Sie besteht in dem Verfahren, Gemälde in Tuschmanier durch den Kupferdruck ohne Aetzen, Radiren oder dergleichen vervielfältigen zu können, und wurde durch die Beobachtung veranlaßt, daß auch nicht leitende Substanzen von geringer Masse bei der galvanischen Zersetzung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |