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Allgemeine Zeitung. Nr. 88. Augsburg, 28. März 1840.

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Herrscher in Algerien betrachtete, und vielleicht von irgend einer auf unsre afrikanische Niederlassung eifersüchtigen Macht aufgereizt wurde, von Abd-El-Kader große Versprechungen, zum Beispiel die Abtretung von Tlemsan und einem Theile der Provinz Oran erhalten, und deßhalb ein offenes Bündniß mit dem Emir geschlossen hat. Gegen Marokko kann Frankreich nur eine Expedition zur See unternehmen. Das Wahrscheinlichste ist, daß man Tanger bombardiren und dieses schönsten Hafens der marokkanischen Küste sich bemächtigen wird. Ein Linienschiff, eine Fregatte und zwei Dampfboote mit Kanonen a la Paixhans wären hinreichend, die Verschanzungen der Stadt zu zerstören. Diese Schiffe könnten 2000 Mann an Bord nehmen, welche Tanger besetzen würden, bis der Kaiser von Marokko uns Genugthuung gewährt hat. Mit dem Beistand dieses mächtigen Alliirten kann Abd-El-Kader uns furchtbaren Widerstand leisten. Muley Abderrahman übt in der Berberei großen politischen und religiösen Einfluß, und es wäre ihm leicht, dem Emir eine Hülfsarmee von 50,000 Mann mit Artillerie zu schicken. Die Provinz Oran wird wohl der Hauptschauplatz des bevorstehenden Kriegs werden.

Niederlande.

Man sieht in kurzem einem neuen Gesetzesentwurf über das Amortisationssyndikat entgegen, und dieß ist eigentlich der Probirstein für alle financiellen Vorschläge der Regierung, denn hier muß es sich zeigen, ob sie hinsichtlich der financiellen Lage des Landes ganz offen zu Werke gehen will. Manche beklagen sich zwar über die große Summe von 58 Millionen, welche das dießjährige Budget ausmacht, und die um einige Millionen mehr beträgt, als das im vorigen December vorgeschlagene. Allein an einigen Millionen stößt man sich in Holland nicht, weil man diese zu finden weiß, wenn nur sonst mit Aufrichtigkeit und Offenheit zu Werke gegangen wird. Man fühlt wohl, daß namentlich im Militär für den Augenblick ungemein viel erspart worden ist, aber man kann sich auch nicht läugnen, daß die Regierung nur gethan hat, was möglich war, ohne von ihrem bisherigen System abzuweichen, und gerade dieß hat man verlangt, und wird es fortwährend verlangen, denn in den Capitalisten ist das Mißtrauen über die Finanzverwirrung erwacht, und läßt sich nur durch Offenheit bezwingen. Ob man mit dieser nöthigen Offenheit zu Werke gehen will, das muß sich bei dem Gesetzesentwurf über das Amortisationssyndikat zeigen. - Zu Fyenord soll in wenigen Tagen das erste eiserne Dampfboot für den Dienst zwischen Terneuzen und Antwerpen vom Stapel laufen, und gleich darauf der Kiel zu einem zweiten gelegt werden. Der directe tägliche Dienst na Antwerpen soll noch im Monat April eröffnet werden, und drei hölzerne Dampfboote vorerst den Dienst versehen. Auch wird die niederländische Dampfbootgesellschaft die Dampfschifffahrt nächstens auf der Maas bis Venloo und wahrscheinlich auch bis Lüttich ausdehnen.

Deutschland.

Se. k. H. der Kronprinz wohnte heute der öffentlichen Sitzung der zweiten Kammer bis zum Schlusse (4 Uhr Nachmittags) bei, in welcher über den Antrag zweier Abgeordneten, "den Abzug der Armen- und Schulquarten von frommen Stiftungen" betreffend, berathen wurde, ein Antrag, wobei sich namentlich die Geistlichen beider Confessionen vielfältig vernehmen ließen, und der mit einer Mehrheit von 34 Stimmen angenommen ward. - In den socialen Kreisen der höhern Stände treten seit 14 Tagen dramatische Unterhaltungen, Tableaux und Musik an die Stelle des Tanzes. So fand gestern im Palais J. k. Hoh. der Frau Herzogin von Leuchtenberg die Aufführung zweier französischen Lustspiele auf die gelungenste Weise statt. Der Circus Sr. Hoheit des Herzogs Max bietet gleichfalls einem Theil des Publicums mannichfache Unterhaltung, da in demselben Reitübungen, Pantomimen, Lustspiele und Tableaux wechseln, und der Fürst mit bekannter Freundlichkeit den Zutritt gestattet. Die Concerte, welche die Mitglieder der k. Capelle unter Lachners Leitung alljährlich veranstalten, haben ihren Cyklus eröffnet, und bereits fanden zwei davon statt, welche durch die treffliche Ausführung classischer Werke allgemein ansprachen und zahlreich besucht waren.

Heute erfolgte in unserer zweiten Kammer der Stände die Berathung über den Antrag des Abgeordneten Glaubrech, Hannover betreffend. Zuerst sprach der Antragsteller selbst vom Platze aus. Er wiederholte im Wesentlichen den Inhalt seines früher mitgetheilten Antrags und ging am Schluß der Rede auf die neuern öffentlichen Vorkommnisse in Hannover, die Abgeordnetenwahl der Universität Göttingen und die zur Bewirkung derselben gewählten Mittel, so wie die Maaßregeln der Staatsregierung und der Polizei, einzelnen Abgeordneten und Privaten gegenüber, endlich auf die bekannten Minoritätswahlen über. Er sprach die Hoffnung aus, daß im Sinne und Interesse des hannover'schen Volks, aber auch im Interesse der Regierungen selbst, Interpretation des Bundesbeschlusses über die hannover'schen Wirren seitens der Bundesversammlung und Herstellung eines Rechtszustandes in Hannover erfolgen möge und werde. Ihm schlossen sich in kürzern Vorträgen an die Abgeordneten Schmitt, Emmerling, der zweite Präsident Knorr, die Abgeordneten Hellmann, Brunck und der erste Präsident Schenck. Niemand sprach gegen den Antrag; dagegen ließen alle Redner dem verfassungsfreundlichen und dem hannover'schen Volke geneigten Benehmen unserer Staatsregierung hierbei Gerechtigkeit widerfahren. Die für das Publicum bestimmten Galerien waren mit Zuhörern dicht besetzt; auf der vorbehaltenen Galerie bemerkte man den Frhrn. v. Gagern. Die Abstimmung über den Antrag findet erst später statt. (Oeffentl. Mittheil.)

Eine große Anzahl der angesehensten Bürger von Harburg hat den Bürgerrepräsentanten und Wahlmännern schriftlich ihre Gefühle des Dankes und der Freude darüber zu erkennen gegeben, daß sie (durch Ablehnung der Deputirtenwahl) sich nicht scheuten, einfach und kräftig, nicht verführt durch kleinliche Interessen, ihre wahren Gesinnungen auszusprechen. - Der Magistrat hat bekannt gemacht, daß die k. Landdrostei wegen Verweigerung der Wahl befohlen habe, das Wahlcollegium aufzulösen, und neue Wahlmänner wählen zu lassen, weßhalb die Bürger auf den 19 und 20 März auf das Rathhaus geladen wurden. In einer Versammlung der Wahlmänner und Bürgerrepräsentanten wurde zwar der Antrag gestellt, gegen die Auflösung zu protestiren, und bei der Ständeversammlung und dem Bundestag davon Anzeige zu machen, indem ohne Auflösung der Stände auch die Wahlcollegien nicht aufgelöst werden könnten. Der Magistrat erwiederte jedoch, daß nach höherem Befehl gar kein Antrag oder Protest auch nur zu Protokoll genommen werden dürfe. Unter solchen Umständen dürfte denn freilich auch von Harburg eine Deputirtenwahl erreicht werden. (Nordd. Bl.)

Der Entwurf der neuen Verfassungsurkunde für das Königreich ist beiden Kammern vorgelegt worden. Derselbe besteht aus acht Capiteln. Unter den Bestimmungen dieses Entwurfs heben wir für jetzt folgende hervor: In der Vertretung der beiden Kammern der allgemeinen Ständeversammlung sind keine bedeutenden Abänderungen beantragt, als

Herrscher in Algerien betrachtete, und vielleicht von irgend einer auf unsre afrikanische Niederlassung eifersüchtigen Macht aufgereizt wurde, von Abd-El-Kader große Versprechungen, zum Beispiel die Abtretung von Tlemsan und einem Theile der Provinz Oran erhalten, und deßhalb ein offenes Bündniß mit dem Emir geschlossen hat. Gegen Marokko kann Frankreich nur eine Expedition zur See unternehmen. Das Wahrscheinlichste ist, daß man Tanger bombardiren und dieses schönsten Hafens der marokkanischen Küste sich bemächtigen wird. Ein Linienschiff, eine Fregatte und zwei Dampfboote mit Kanonen à la Paixhans wären hinreichend, die Verschanzungen der Stadt zu zerstören. Diese Schiffe könnten 2000 Mann an Bord nehmen, welche Tanger besetzen würden, bis der Kaiser von Marokko uns Genugthuung gewährt hat. Mit dem Beistand dieses mächtigen Alliirten kann Abd-El-Kader uns furchtbaren Widerstand leisten. Muley Abderrahman übt in der Berberei großen politischen und religiösen Einfluß, und es wäre ihm leicht, dem Emir eine Hülfsarmee von 50,000 Mann mit Artillerie zu schicken. Die Provinz Oran wird wohl der Hauptschauplatz des bevorstehenden Kriegs werden.

Niederlande.

Man sieht in kurzem einem neuen Gesetzesentwurf über das Amortisationssyndikat entgegen, und dieß ist eigentlich der Probirstein für alle financiellen Vorschläge der Regierung, denn hier muß es sich zeigen, ob sie hinsichtlich der financiellen Lage des Landes ganz offen zu Werke gehen will. Manche beklagen sich zwar über die große Summe von 58 Millionen, welche das dießjährige Budget ausmacht, und die um einige Millionen mehr beträgt, als das im vorigen December vorgeschlagene. Allein an einigen Millionen stößt man sich in Holland nicht, weil man diese zu finden weiß, wenn nur sonst mit Aufrichtigkeit und Offenheit zu Werke gegangen wird. Man fühlt wohl, daß namentlich im Militär für den Augenblick ungemein viel erspart worden ist, aber man kann sich auch nicht läugnen, daß die Regierung nur gethan hat, was möglich war, ohne von ihrem bisherigen System abzuweichen, und gerade dieß hat man verlangt, und wird es fortwährend verlangen, denn in den Capitalisten ist das Mißtrauen über die Finanzverwirrung erwacht, und läßt sich nur durch Offenheit bezwingen. Ob man mit dieser nöthigen Offenheit zu Werke gehen will, das muß sich bei dem Gesetzesentwurf über das Amortisationssyndikat zeigen. – Zu Fyenord soll in wenigen Tagen das erste eiserne Dampfboot für den Dienst zwischen Terneuzen und Antwerpen vom Stapel laufen, und gleich darauf der Kiel zu einem zweiten gelegt werden. Der directe tägliche Dienst na Antwerpen soll noch im Monat April eröffnet werden, und drei hölzerne Dampfboote vorerst den Dienst versehen. Auch wird die niederländische Dampfbootgesellschaft die Dampfschifffahrt nächstens auf der Maas bis Venloo und wahrscheinlich auch bis Lüttich ausdehnen.

Deutschland.

Se. k. H. der Kronprinz wohnte heute der öffentlichen Sitzung der zweiten Kammer bis zum Schlusse (4 Uhr Nachmittags) bei, in welcher über den Antrag zweier Abgeordneten, „den Abzug der Armen- und Schulquarten von frommen Stiftungen“ betreffend, berathen wurde, ein Antrag, wobei sich namentlich die Geistlichen beider Confessionen vielfältig vernehmen ließen, und der mit einer Mehrheit von 34 Stimmen angenommen ward. – In den socialen Kreisen der höhern Stände treten seit 14 Tagen dramatische Unterhaltungen, Tableaux und Musik an die Stelle des Tanzes. So fand gestern im Palais J. k. Hoh. der Frau Herzogin von Leuchtenberg die Aufführung zweier französischen Lustspiele auf die gelungenste Weise statt. Der Circus Sr. Hoheit des Herzogs Max bietet gleichfalls einem Theil des Publicums mannichfache Unterhaltung, da in demselben Reitübungen, Pantomimen, Lustspiele und Tableaux wechseln, und der Fürst mit bekannter Freundlichkeit den Zutritt gestattet. Die Concerte, welche die Mitglieder der k. Capelle unter Lachners Leitung alljährlich veranstalten, haben ihren Cyklus eröffnet, und bereits fanden zwei davon statt, welche durch die treffliche Ausführung classischer Werke allgemein ansprachen und zahlreich besucht waren.

Heute erfolgte in unserer zweiten Kammer der Stände die Berathung über den Antrag des Abgeordneten Glaubrech, Hannover betreffend. Zuerst sprach der Antragsteller selbst vom Platze aus. Er wiederholte im Wesentlichen den Inhalt seines früher mitgetheilten Antrags und ging am Schluß der Rede auf die neuern öffentlichen Vorkommnisse in Hannover, die Abgeordnetenwahl der Universität Göttingen und die zur Bewirkung derselben gewählten Mittel, so wie die Maaßregeln der Staatsregierung und der Polizei, einzelnen Abgeordneten und Privaten gegenüber, endlich auf die bekannten Minoritätswahlen über. Er sprach die Hoffnung aus, daß im Sinne und Interesse des hannover'schen Volks, aber auch im Interesse der Regierungen selbst, Interpretation des Bundesbeschlusses über die hannover'schen Wirren seitens der Bundesversammlung und Herstellung eines Rechtszustandes in Hannover erfolgen möge und werde. Ihm schlossen sich in kürzern Vorträgen an die Abgeordneten Schmitt, Emmerling, der zweite Präsident Knorr, die Abgeordneten Hellmann, Brunck und der erste Präsident Schenck. Niemand sprach gegen den Antrag; dagegen ließen alle Redner dem verfassungsfreundlichen und dem hannover'schen Volke geneigten Benehmen unserer Staatsregierung hierbei Gerechtigkeit widerfahren. Die für das Publicum bestimmten Galerien waren mit Zuhörern dicht besetzt; auf der vorbehaltenen Galerie bemerkte man den Frhrn. v. Gagern. Die Abstimmung über den Antrag findet erst später statt. (Oeffentl. Mittheil.)

Eine große Anzahl der angesehensten Bürger von Harburg hat den Bürgerrepräsentanten und Wahlmännern schriftlich ihre Gefühle des Dankes und der Freude darüber zu erkennen gegeben, daß sie (durch Ablehnung der Deputirtenwahl) sich nicht scheuten, einfach und kräftig, nicht verführt durch kleinliche Interessen, ihre wahren Gesinnungen auszusprechen. – Der Magistrat hat bekannt gemacht, daß die k. Landdrostei wegen Verweigerung der Wahl befohlen habe, das Wahlcollegium aufzulösen, und neue Wahlmänner wählen zu lassen, weßhalb die Bürger auf den 19 und 20 März auf das Rathhaus geladen wurden. In einer Versammlung der Wahlmänner und Bürgerrepräsentanten wurde zwar der Antrag gestellt, gegen die Auflösung zu protestiren, und bei der Ständeversammlung und dem Bundestag davon Anzeige zu machen, indem ohne Auflösung der Stände auch die Wahlcollegien nicht aufgelöst werden könnten. Der Magistrat erwiederte jedoch, daß nach höherem Befehl gar kein Antrag oder Protest auch nur zu Protokoll genommen werden dürfe. Unter solchen Umständen dürfte denn freilich auch von Harburg eine Deputirtenwahl erreicht werden. (Nordd. Bl.)

Der Entwurf der neuen Verfassungsurkunde für das Königreich ist beiden Kammern vorgelegt worden. Derselbe besteht aus acht Capiteln. Unter den Bestimmungen dieses Entwurfs heben wir für jetzt folgende hervor: In der Vertretung der beiden Kammern der allgemeinen Ständeversammlung sind keine bedeutenden Abänderungen beantragt, als

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[0701/0005] Herrscher in Algerien betrachtete, und vielleicht von irgend einer auf unsre afrikanische Niederlassung eifersüchtigen Macht aufgereizt wurde, von Abd-El-Kader große Versprechungen, zum Beispiel die Abtretung von Tlemsan und einem Theile der Provinz Oran erhalten, und deßhalb ein offenes Bündniß mit dem Emir geschlossen hat. Gegen Marokko kann Frankreich nur eine Expedition zur See unternehmen. Das Wahrscheinlichste ist, daß man Tanger bombardiren und dieses schönsten Hafens der marokkanischen Küste sich bemächtigen wird. Ein Linienschiff, eine Fregatte und zwei Dampfboote mit Kanonen à la Paixhans wären hinreichend, die Verschanzungen der Stadt zu zerstören. Diese Schiffe könnten 2000 Mann an Bord nehmen, welche Tanger besetzen würden, bis der Kaiser von Marokko uns Genugthuung gewährt hat. Mit dem Beistand dieses mächtigen Alliirten kann Abd-El-Kader uns furchtbaren Widerstand leisten. Muley Abderrahman übt in der Berberei großen politischen und religiösen Einfluß, und es wäre ihm leicht, dem Emir eine Hülfsarmee von 50,000 Mann mit Artillerie zu schicken. Die Provinz Oran wird wohl der Hauptschauplatz des bevorstehenden Kriegs werden. Niederlande. _ Vom Niederrhein, 24 März. Man sieht in kurzem einem neuen Gesetzesentwurf über das Amortisationssyndikat entgegen, und dieß ist eigentlich der Probirstein für alle financiellen Vorschläge der Regierung, denn hier muß es sich zeigen, ob sie hinsichtlich der financiellen Lage des Landes ganz offen zu Werke gehen will. Manche beklagen sich zwar über die große Summe von 58 Millionen, welche das dießjährige Budget ausmacht, und die um einige Millionen mehr beträgt, als das im vorigen December vorgeschlagene. Allein an einigen Millionen stößt man sich in Holland nicht, weil man diese zu finden weiß, wenn nur sonst mit Aufrichtigkeit und Offenheit zu Werke gegangen wird. Man fühlt wohl, daß namentlich im Militär für den Augenblick ungemein viel erspart worden ist, aber man kann sich auch nicht läugnen, daß die Regierung nur gethan hat, was möglich war, ohne von ihrem bisherigen System abzuweichen, und gerade dieß hat man verlangt, und wird es fortwährend verlangen, denn in den Capitalisten ist das Mißtrauen über die Finanzverwirrung erwacht, und läßt sich nur durch Offenheit bezwingen. Ob man mit dieser nöthigen Offenheit zu Werke gehen will, das muß sich bei dem Gesetzesentwurf über das Amortisationssyndikat zeigen. – Zu Fyenord soll in wenigen Tagen das erste eiserne Dampfboot für den Dienst zwischen Terneuzen und Antwerpen vom Stapel laufen, und gleich darauf der Kiel zu einem zweiten gelegt werden. Der directe tägliche Dienst na Antwerpen soll noch im Monat April eröffnet werden, und drei hölzerne Dampfboote vorerst den Dienst versehen. Auch wird die niederländische Dampfbootgesellschaft die Dampfschifffahrt nächstens auf der Maas bis Venloo und wahrscheinlich auch bis Lüttich ausdehnen. Deutschland. _ München, 26 März. Se. k. H. der Kronprinz wohnte heute der öffentlichen Sitzung der zweiten Kammer bis zum Schlusse (4 Uhr Nachmittags) bei, in welcher über den Antrag zweier Abgeordneten, „den Abzug der Armen- und Schulquarten von frommen Stiftungen“ betreffend, berathen wurde, ein Antrag, wobei sich namentlich die Geistlichen beider Confessionen vielfältig vernehmen ließen, und der mit einer Mehrheit von 34 Stimmen angenommen ward. – In den socialen Kreisen der höhern Stände treten seit 14 Tagen dramatische Unterhaltungen, Tableaux und Musik an die Stelle des Tanzes. So fand gestern im Palais J. k. Hoh. der Frau Herzogin von Leuchtenberg die Aufführung zweier französischen Lustspiele auf die gelungenste Weise statt. Der Circus Sr. Hoheit des Herzogs Max bietet gleichfalls einem Theil des Publicums mannichfache Unterhaltung, da in demselben Reitübungen, Pantomimen, Lustspiele und Tableaux wechseln, und der Fürst mit bekannter Freundlichkeit den Zutritt gestattet. Die Concerte, welche die Mitglieder der k. Capelle unter Lachners Leitung alljährlich veranstalten, haben ihren Cyklus eröffnet, und bereits fanden zwei davon statt, welche durch die treffliche Ausführung classischer Werke allgemein ansprachen und zahlreich besucht waren. _ Darmstadt, 23 März. Heute erfolgte in unserer zweiten Kammer der Stände die Berathung über den Antrag des Abgeordneten Glaubrech, Hannover betreffend. Zuerst sprach der Antragsteller selbst vom Platze aus. Er wiederholte im Wesentlichen den Inhalt seines früher mitgetheilten Antrags und ging am Schluß der Rede auf die neuern öffentlichen Vorkommnisse in Hannover, die Abgeordnetenwahl der Universität Göttingen und die zur Bewirkung derselben gewählten Mittel, so wie die Maaßregeln der Staatsregierung und der Polizei, einzelnen Abgeordneten und Privaten gegenüber, endlich auf die bekannten Minoritätswahlen über. Er sprach die Hoffnung aus, daß im Sinne und Interesse des hannover'schen Volks, aber auch im Interesse der Regierungen selbst, Interpretation des Bundesbeschlusses über die hannover'schen Wirren seitens der Bundesversammlung und Herstellung eines Rechtszustandes in Hannover erfolgen möge und werde. Ihm schlossen sich in kürzern Vorträgen an die Abgeordneten Schmitt, Emmerling, der zweite Präsident Knorr, die Abgeordneten Hellmann, Brunck und der erste Präsident Schenck. Niemand sprach gegen den Antrag; dagegen ließen alle Redner dem verfassungsfreundlichen und dem hannover'schen Volke geneigten Benehmen unserer Staatsregierung hierbei Gerechtigkeit widerfahren. Die für das Publicum bestimmten Galerien waren mit Zuhörern dicht besetzt; auf der vorbehaltenen Galerie bemerkte man den Frhrn. v. Gagern. Die Abstimmung über den Antrag findet erst später statt. (Oeffentl. Mittheil.) _ Hannover. Eine große Anzahl der angesehensten Bürger von Harburg hat den Bürgerrepräsentanten und Wahlmännern schriftlich ihre Gefühle des Dankes und der Freude darüber zu erkennen gegeben, daß sie (durch Ablehnung der Deputirtenwahl) sich nicht scheuten, einfach und kräftig, nicht verführt durch kleinliche Interessen, ihre wahren Gesinnungen auszusprechen. – Der Magistrat hat bekannt gemacht, daß die k. Landdrostei wegen Verweigerung der Wahl befohlen habe, das Wahlcollegium aufzulösen, und neue Wahlmänner wählen zu lassen, weßhalb die Bürger auf den 19 und 20 März auf das Rathhaus geladen wurden. In einer Versammlung der Wahlmänner und Bürgerrepräsentanten wurde zwar der Antrag gestellt, gegen die Auflösung zu protestiren, und bei der Ständeversammlung und dem Bundestag davon Anzeige zu machen, indem ohne Auflösung der Stände auch die Wahlcollegien nicht aufgelöst werden könnten. Der Magistrat erwiederte jedoch, daß nach höherem Befehl gar kein Antrag oder Protest auch nur zu Protokoll genommen werden dürfe. Unter solchen Umständen dürfte denn freilich auch von Harburg eine Deputirtenwahl erreicht werden. (Nordd. Bl.) _ Hannover, 23 März. Der Entwurf der neuen Verfassungsurkunde für das Königreich ist beiden Kammern vorgelegt worden. Derselbe besteht aus acht Capiteln. Unter den Bestimmungen dieses Entwurfs heben wir für jetzt folgende hervor: In der Vertretung der beiden Kammern der allgemeinen Ständeversammlung sind keine bedeutenden Abänderungen beantragt, als

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 88. Augsburg, 28. März 1840, S. 0701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_088_18400328/5>, abgerufen am 05.05.2024.