Allgemeine Zeitung. Nr. 95. Augsburg, 4. April 1840.Verona, dann im Osten zur Festungserweiterung von Comorn und endlich im Norden zu jener von Olmütz, erscheint das Stammland mit der Hauptstadt in einem Rundkreise von Fortificationsbauten des neuesten Systems dergestalt in die Mitte genommen, daß es in der Folge feindlichem Andrange, von welcher Seite er erfolge, schwer halten dürfte, je wieder bis ins Herz von Oesterreich durchzubrechen. Faßt man dasjenige, was hier zu Lande dießfalls in aller Stille geschieht, mit dem zusammen, was im Nachbarstaat durch den großen Ingolstädter Festungsbau beabsichtigt, was in Rheinpreußen durch Ehrenbreitsteins herrliche Vesten und in Rheinhessen durch die ausgedehnten mächtigen Werke bei Mainz seit langer Zeit verwirklicht ist, so ergibt sich eine Fortificationslinie vom deutschen Westland bis zum äußersten Südosten, welche für Deutschlands Schirm innerhalb seiner Marken wahrlich vielversprechend sich darstellt. *)*) Aber mit noch größerer Beruhigung dürfte der Vaterlandsfreund die Beobachtung festhalten, wie von Zeit zu Zeit in Deutschland eine Gesinnungsmanifestation aufstrahlt, die für unbezwingliche Gränzhut und ungeschwächte Kraft der Nation bessere Bürgschaft leistet, als Mauern und Bollwerke sie zu geben vermögen, und die bei willfähriger Einschmelzung des Rückhalts aus Motiven der Verschiedenheit deutscher Völkernamen in den Prägschatz des gemeinsamen Interesse's, sich hoffentlich noch bis zu jenem Grade von Einheit in sich und in der That erhärten wird, welcher dem deutschen Volke das lebendige Bewußtseyn und die volle Zuversicht seiner Unüberwindlichkeit zuletzt einflößen, und damit die furchtbarste Waffe, die allein siegreiche, gegen seine Feinde in die Hand geben wird. - Irrig weist die Mainzer Zeitung, indem sie des Brandes erwähnt, der durch die Funkensprühe eines Locomotivs unlängst auf der Eisenbahnroute im Niederwalde zwischen Höchst und Frankfurt sich ereignete, beispielweise auf die Feuersbrunst hin, welche in einem mährischen Dorfe vor einigen Monaten eben bei der Durchfahrt des Nordbahntrains ausbrach. Diese Feuersbrunst ist nicht, wie in allen Zeitungen verlautete, durch aussprühende Funken der Locomotive, sondern durch andere Zufälle entstanden. - Es haben sich in hiesigen Blättern einige Stimmen erhoben, welche den Erfinder der Buchdruckerkunst zum Böhmen machen, indem sie sich auf das Zeugniß eines böhmischen Chronisten und den Namensgleichlaut Guttenberg mit Kuttenberg in Böhmen berufen, von wo Guttenberg gebürtig und nach Mainz ausgewandert seyn soll. Wenn gleich mit alle dem und manch anderm Argument die böhmische Abkunft nicht erwiesen ist, und großer Spielraum zu gerechtem Zweifel übrig bleibt, so ward man hier von der aufgeworfenen Behauptung sicherlich doch eben so stark afficirt, als man es in Mainz gewesen wäre, hätte man sie dort gemacht. Wenn es auch hier nicht an Erwiederungen fehlen dürfte, so bleibt es doch wünschenswerth, daß sie überall von dort ausgehen möchten, wo man im Stande ist, über Guttenbergs deutsche Abkunft und seine Lebensverhältnisse Authentisches zu bieten, um so mehr, als die gedachte Behauptung ernstlicher gemeint zu seyn scheint, als man etwa glauben dürfte. - Wie schnell in Oesterreich die Geldkräfte zu einem gewinnreich in Aussicht sich stellenden Industrieunternehmen zusammen fließen, läßt sich unter Anderm wieder bei der ungarischen Centraleisenbahn des linken Ufers wahrnehmen. Von 10 Millionen des Fundationscapitals derselben waren schon zu Anfang des vorigen Jahrs 6 Millionen in Folge von Anmeldungen und Zusagen vergeben. Wenn daraus deutlich hervorgeht, daß die Capitalisten ihre Fonds vorzugsweise gern ins Stammcapital industrieller Etablissements hinterlegen, so erscheint es um so wünschenswerther, daß, nachdem die dießartige Verwendung des Geldes sich eben so gut wie jene in der Börsespeculation zuletzt erschöpfen muß, auch eine, ein Gleichgewicht herstellende Vertheilung desselben in größern Unternehmungen des Waarenhandels, besonders nach dem Orient, nach dem Waarenmarkte eintreten möge, der bei gehöriger Energie und Thätigkeit der Handelswelt eine höchst günstige Zukunft in Aussicht stellt. Was würde das ganze projectirte und so thatkräftig begonnene Eisenbahnnetz und die Dampfschifffahrtsausdehnung uns nützen, beschränkten wir uns bloß auf den Binnenhandel, der, beim wahren Lichte betrachtet, mit geringern Chancen, aber immerhin auch ohne diese neue Communicationseröffnung bestehen könnte. - Die gedachte Eisenbahn bringt im Anschlusse an die Nordbahn und bei Weiterführung bis Arad und Großwardein, Siebenbürgen, Ungarn, Mähren, Schlesien und Böhmen in eine dem Verkehr mit ungarischen Natur- und mit böhmischen Industrieproducten allerdings sehr gedeihliche Verbindung. Griechenland. Athen, 15 März. Das mehrere Wochen außergewöhnlich kalte Wetter, welches uns sogar in die Ebene den Schnee - eine Seltenheit hier - brachte, und in Folge dessen in den Provinzen ganze Heerden von Schafen zu Grunde gingen, endete, nachdem uns viele öffentliche Carnevalsfreuden dadurch verdorben worden, mit dem Schlusse des Faschings, so daß das übliche Volksfest in der Nähe der Jupiter-Säulen bei schönstem Wetter abgehalten werden konnte. Es war interessant, den König, welchen man auswärts bei jedem Schritt in Gefahr glaubt, so vertrauensvoll unter seinem Volke zu erblicken. Ich war Augenzeuge, wie ein Grieche aus dem Kreise seiner am Boden umhersitzenden Familie aufsprang und dem König ein Glas Wein reichte. Der König stieg schnell vom Pferd, trank und bestieg dann wieder sein Roß, worauf der Grieche dann vollends das Glas auf das Wohl der ebenfalls anwesenden Königin leerte, und ein ungeheurer Jubel der tausend Umstehenden dazu erschallte. - Am 11 d. brachte uns die holländische Fregatte "Rhein" den Prinzen Heinrich von Oranien. Er versieht die Stelle eines Lieutenants auf genanntem Schiffe. Vorgestern machte der Prinz seine Aufwartung bei den Majestäten, zu welchem Behuf er mit königlicher Equipage vom Piräeus abgeholt wurde, und am Palais eine Compagnie Infanterie paradirte. Noch denselben Abend stattete ihm der König einen Gegenbesuch im Hotel des holländischen Generalconsuls, Hrn. Travers, ab. Mehrere Hoffeste ihm zu Ehren sind bereits angeordnet. - Zographos kam vorgestern, von Konstantinopel zurückkehrend, auf einem österreichischen Kriegsschiffe hier an. Türkei. Konstantinopel, 13 März. Nachgerade fängt die orientalische Frage an langweilig zu werden. Sie geht nicht vorwärts, nicht rückwärts. Die Pforte leidet am meisten dabei. Sie ist in der peinlichsten Ungewißheit und weiß nicht, was sie thun oder lassen soll. Mehemed Ali ist minder als die Pforte gebunden und bewegt sich mehr nach eigenem Gutdünken. Er muß große Opfer bringen, allein doch nur solche, die er dereinst reichlich ersetzt zu sehen hofft. Solche Hoffnungen darf die Pforte aber nicht nähren; bei ihr ist Alles reiner Verlust, wenn sie auch durch fremde Beihülfe einige Stücke Landes den Aegyptiern abzudringen hofft, weil, bis dieß geschehen, sie übermäßige Anstrengungen zu machen hat, die alle Hülfsquellen *) Welche Wünsche dagegen in Bezug auf die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands sich aufdringen, beleuchtet ein Aufsatz im letzten Hefte der Deutschen Vierteljahrsschrift (Januar bis März 1840.)
Verona, dann im Osten zur Festungserweiterung von Comorn und endlich im Norden zu jener von Olmütz, erscheint das Stammland mit der Hauptstadt in einem Rundkreise von Fortificationsbauten des neuesten Systems dergestalt in die Mitte genommen, daß es in der Folge feindlichem Andrange, von welcher Seite er erfolge, schwer halten dürfte, je wieder bis ins Herz von Oesterreich durchzubrechen. Faßt man dasjenige, was hier zu Lande dießfalls in aller Stille geschieht, mit dem zusammen, was im Nachbarstaat durch den großen Ingolstädter Festungsbau beabsichtigt, was in Rheinpreußen durch Ehrenbreitsteins herrliche Vesten und in Rheinhessen durch die ausgedehnten mächtigen Werke bei Mainz seit langer Zeit verwirklicht ist, so ergibt sich eine Fortificationslinie vom deutschen Westland bis zum äußersten Südosten, welche für Deutschlands Schirm innerhalb seiner Marken wahrlich vielversprechend sich darstellt. *)*) Aber mit noch größerer Beruhigung dürfte der Vaterlandsfreund die Beobachtung festhalten, wie von Zeit zu Zeit in Deutschland eine Gesinnungsmanifestation aufstrahlt, die für unbezwingliche Gränzhut und ungeschwächte Kraft der Nation bessere Bürgschaft leistet, als Mauern und Bollwerke sie zu geben vermögen, und die bei willfähriger Einschmelzung des Rückhalts aus Motiven der Verschiedenheit deutscher Völkernamen in den Prägschatz des gemeinsamen Interesse's, sich hoffentlich noch bis zu jenem Grade von Einheit in sich und in der That erhärten wird, welcher dem deutschen Volke das lebendige Bewußtseyn und die volle Zuversicht seiner Unüberwindlichkeit zuletzt einflößen, und damit die furchtbarste Waffe, die allein siegreiche, gegen seine Feinde in die Hand geben wird. – Irrig weist die Mainzer Zeitung, indem sie des Brandes erwähnt, der durch die Funkensprühe eines Locomotivs unlängst auf der Eisenbahnroute im Niederwalde zwischen Höchst und Frankfurt sich ereignete, beispielweise auf die Feuersbrunst hin, welche in einem mährischen Dorfe vor einigen Monaten eben bei der Durchfahrt des Nordbahntrains ausbrach. Diese Feuersbrunst ist nicht, wie in allen Zeitungen verlautete, durch aussprühende Funken der Locomotive, sondern durch andere Zufälle entstanden. – Es haben sich in hiesigen Blättern einige Stimmen erhoben, welche den Erfinder der Buchdruckerkunst zum Böhmen machen, indem sie sich auf das Zeugniß eines böhmischen Chronisten und den Namensgleichlaut Guttenberg mit Kuttenberg in Böhmen berufen, von wo Guttenberg gebürtig und nach Mainz ausgewandert seyn soll. Wenn gleich mit alle dem und manch anderm Argument die böhmische Abkunft nicht erwiesen ist, und großer Spielraum zu gerechtem Zweifel übrig bleibt, so ward man hier von der aufgeworfenen Behauptung sicherlich doch eben so stark afficirt, als man es in Mainz gewesen wäre, hätte man sie dort gemacht. Wenn es auch hier nicht an Erwiederungen fehlen dürfte, so bleibt es doch wünschenswerth, daß sie überall von dort ausgehen möchten, wo man im Stande ist, über Guttenbergs deutsche Abkunft und seine Lebensverhältnisse Authentisches zu bieten, um so mehr, als die gedachte Behauptung ernstlicher gemeint zu seyn scheint, als man etwa glauben dürfte. – Wie schnell in Oesterreich die Geldkräfte zu einem gewinnreich in Aussicht sich stellenden Industrieunternehmen zusammen fließen, läßt sich unter Anderm wieder bei der ungarischen Centraleisenbahn des linken Ufers wahrnehmen. Von 10 Millionen des Fundationscapitals derselben waren schon zu Anfang des vorigen Jahrs 6 Millionen in Folge von Anmeldungen und Zusagen vergeben. Wenn daraus deutlich hervorgeht, daß die Capitalisten ihre Fonds vorzugsweise gern ins Stammcapital industrieller Etablissements hinterlegen, so erscheint es um so wünschenswerther, daß, nachdem die dießartige Verwendung des Geldes sich eben so gut wie jene in der Börsespeculation zuletzt erschöpfen muß, auch eine, ein Gleichgewicht herstellende Vertheilung desselben in größern Unternehmungen des Waarenhandels, besonders nach dem Orient, nach dem Waarenmarkte eintreten möge, der bei gehöriger Energie und Thätigkeit der Handelswelt eine höchst günstige Zukunft in Aussicht stellt. Was würde das ganze projectirte und so thatkräftig begonnene Eisenbahnnetz und die Dampfschifffahrtsausdehnung uns nützen, beschränkten wir uns bloß auf den Binnenhandel, der, beim wahren Lichte betrachtet, mit geringern Chancen, aber immerhin auch ohne diese neue Communicationseröffnung bestehen könnte. – Die gedachte Eisenbahn bringt im Anschlusse an die Nordbahn und bei Weiterführung bis Arad und Großwardein, Siebenbürgen, Ungarn, Mähren, Schlesien und Böhmen in eine dem Verkehr mit ungarischen Natur- und mit böhmischen Industrieproducten allerdings sehr gedeihliche Verbindung. Griechenland. Athen, 15 März. Das mehrere Wochen außergewöhnlich kalte Wetter, welches uns sogar in die Ebene den Schnee – eine Seltenheit hier – brachte, und in Folge dessen in den Provinzen ganze Heerden von Schafen zu Grunde gingen, endete, nachdem uns viele öffentliche Carnevalsfreuden dadurch verdorben worden, mit dem Schlusse des Faschings, so daß das übliche Volksfest in der Nähe der Jupiter-Säulen bei schönstem Wetter abgehalten werden konnte. Es war interessant, den König, welchen man auswärts bei jedem Schritt in Gefahr glaubt, so vertrauensvoll unter seinem Volke zu erblicken. Ich war Augenzeuge, wie ein Grieche aus dem Kreise seiner am Boden umhersitzenden Familie aufsprang und dem König ein Glas Wein reichte. Der König stieg schnell vom Pferd, trank und bestieg dann wieder sein Roß, worauf der Grieche dann vollends das Glas auf das Wohl der ebenfalls anwesenden Königin leerte, und ein ungeheurer Jubel der tausend Umstehenden dazu erschallte. – Am 11 d. brachte uns die holländische Fregatte „Rhein“ den Prinzen Heinrich von Oranien. Er versieht die Stelle eines Lieutenants auf genanntem Schiffe. Vorgestern machte der Prinz seine Aufwartung bei den Majestäten, zu welchem Behuf er mit königlicher Equipage vom Piräeus abgeholt wurde, und am Palais eine Compagnie Infanterie paradirte. Noch denselben Abend stattete ihm der König einen Gegenbesuch im Hotel des holländischen Generalconsuls, Hrn. Travers, ab. Mehrere Hoffeste ihm zu Ehren sind bereits angeordnet. – Zographos kam vorgestern, von Konstantinopel zurückkehrend, auf einem österreichischen Kriegsschiffe hier an. Türkei. Konstantinopel, 13 März. Nachgerade fängt die orientalische Frage an langweilig zu werden. Sie geht nicht vorwärts, nicht rückwärts. Die Pforte leidet am meisten dabei. Sie ist in der peinlichsten Ungewißheit und weiß nicht, was sie thun oder lassen soll. Mehemed Ali ist minder als die Pforte gebunden und bewegt sich mehr nach eigenem Gutdünken. Er muß große Opfer bringen, allein doch nur solche, die er dereinst reichlich ersetzt zu sehen hofft. Solche Hoffnungen darf die Pforte aber nicht nähren; bei ihr ist Alles reiner Verlust, wenn sie auch durch fremde Beihülfe einige Stücke Landes den Aegyptiern abzudringen hofft, weil, bis dieß geschehen, sie übermäßige Anstrengungen zu machen hat, die alle Hülfsquellen *) Welche Wünsche dagegen in Bezug auf die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands sich aufdringen, beleuchtet ein Aufsatz im letzten Hefte der Deutschen Vierteljahrsschrift (Januar bis März 1840.)
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Faßt man dasjenige, was hier zu Lande dießfalls in aller Stille geschieht, mit dem zusammen, was im Nachbarstaat durch den großen Ingolstädter Festungsbau beabsichtigt, was in Rheinpreußen durch Ehrenbreitsteins herrliche Vesten und in Rheinhessen durch die ausgedehnten mächtigen Werke bei Mainz seit langer Zeit verwirklicht ist, so ergibt sich eine Fortificationslinie vom deutschen Westland bis zum äußersten Südosten, welche für Deutschlands Schirm innerhalb seiner Marken wahrlich vielversprechend sich darstellt. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"> Welche Wünsche dagegen in Bezug auf die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands sich aufdringen, beleuchtet ein Aufsatz im letzten Hefte der Deutschen Vierteljahrsschrift (Januar bis März 1840.)</note> Aber mit noch größerer Beruhigung dürfte der Vaterlandsfreund die Beobachtung festhalten, wie von Zeit zu Zeit in Deutschland eine Gesinnungsmanifestation aufstrahlt, die für unbezwingliche Gränzhut und ungeschwächte Kraft der Nation bessere Bürgschaft leistet, als Mauern und Bollwerke sie zu geben vermögen, und die bei willfähriger Einschmelzung des Rückhalts aus Motiven der Verschiedenheit deutscher Völkernamen in den Prägschatz des gemeinsamen Interesse's, sich hoffentlich noch bis zu jenem Grade von Einheit in sich und in der That erhärten wird, welcher dem deutschen Volke das lebendige Bewußtseyn und die volle Zuversicht seiner Unüberwindlichkeit zuletzt einflößen, und damit die furchtbarste Waffe, die allein siegreiche, gegen seine Feinde in die Hand geben wird. – Irrig weist die Mainzer Zeitung, indem sie des Brandes erwähnt, der durch die Funkensprühe eines Locomotivs unlängst auf der Eisenbahnroute im Niederwalde zwischen Höchst und Frankfurt sich ereignete, beispielweise auf die Feuersbrunst hin, welche in einem mährischen Dorfe vor einigen Monaten eben bei der Durchfahrt des Nordbahntrains ausbrach. Diese Feuersbrunst ist nicht, wie in allen Zeitungen verlautete, durch aussprühende Funken der Locomotive, sondern durch andere Zufälle entstanden. – Es haben sich in hiesigen Blättern einige Stimmen erhoben, welche den Erfinder der Buchdruckerkunst zum Böhmen machen, indem sie sich auf das Zeugniß eines böhmischen Chronisten und den Namensgleichlaut Guttenberg mit Kuttenberg in Böhmen berufen, von wo Guttenberg gebürtig und nach Mainz ausgewandert seyn soll. Wenn gleich mit alle dem und manch anderm Argument die böhmische Abkunft nicht erwiesen ist, und großer Spielraum zu gerechtem Zweifel übrig bleibt, so ward man hier von der aufgeworfenen Behauptung sicherlich doch eben so stark afficirt, als man es in Mainz gewesen wäre, hätte man sie dort gemacht. Wenn es auch hier nicht an Erwiederungen fehlen dürfte, so bleibt es doch wünschenswerth, daß sie überall von dort ausgehen möchten, wo man im Stande ist, über Guttenbergs deutsche Abkunft und seine Lebensverhältnisse Authentisches zu bieten, um so mehr, als die gedachte Behauptung ernstlicher gemeint zu seyn scheint, als man etwa glauben dürfte. – Wie schnell in Oesterreich die Geldkräfte zu einem gewinnreich in Aussicht sich stellenden Industrieunternehmen zusammen fließen, läßt sich unter Anderm wieder bei der ungarischen Centraleisenbahn des linken Ufers wahrnehmen. Von 10 Millionen des Fundationscapitals derselben waren schon zu Anfang des vorigen Jahrs 6 Millionen in Folge von Anmeldungen und Zusagen vergeben. Wenn daraus deutlich hervorgeht, daß die Capitalisten ihre Fonds vorzugsweise gern ins Stammcapital industrieller Etablissements hinterlegen, so erscheint es um so wünschenswerther, daß, nachdem die dießartige Verwendung des Geldes sich eben so gut wie jene in der Börsespeculation zuletzt erschöpfen muß, auch eine, ein Gleichgewicht herstellende Vertheilung desselben in größern Unternehmungen des Waarenhandels, besonders nach dem Orient, nach <hi rendition="#g">dem</hi> Waarenmarkte eintreten möge, der bei gehöriger Energie und Thätigkeit der Handelswelt eine höchst günstige Zukunft in Aussicht stellt. Was würde das ganze projectirte und so thatkräftig begonnene Eisenbahnnetz und die Dampfschifffahrtsausdehnung uns nützen, beschränkten wir uns bloß auf den Binnenhandel, der, beim wahren Lichte betrachtet, mit geringern Chancen, aber immerhin auch ohne diese neue Communicationseröffnung bestehen könnte. – Die gedachte Eisenbahn bringt im Anschlusse an die Nordbahn und bei Weiterführung bis Arad und Großwardein, Siebenbürgen, Ungarn, Mähren, Schlesien und Böhmen in eine dem Verkehr mit ungarischen Natur- und mit böhmischen Industrieproducten allerdings sehr gedeihliche Verbindung.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Griechenland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Athen,</hi> 15 März.</dateline> <p> Das mehrere Wochen außergewöhnlich kalte Wetter, welches uns sogar in die Ebene den Schnee – eine Seltenheit hier – brachte, und in Folge dessen in den Provinzen ganze Heerden von Schafen zu Grunde gingen, endete, nachdem uns viele öffentliche Carnevalsfreuden dadurch verdorben worden, mit dem Schlusse des Faschings, so daß das übliche Volksfest in der Nähe der Jupiter-Säulen bei schönstem Wetter abgehalten werden konnte. Es war interessant, den König, welchen man auswärts bei jedem Schritt in Gefahr glaubt, so vertrauensvoll unter seinem Volke zu erblicken. Ich war Augenzeuge, wie ein Grieche aus dem Kreise seiner am Boden umhersitzenden Familie aufsprang und dem König ein Glas Wein reichte. Der König stieg schnell vom Pferd, trank und bestieg dann wieder sein Roß, worauf der Grieche dann vollends das Glas auf das Wohl der ebenfalls anwesenden Königin leerte, und ein ungeheurer Jubel der tausend Umstehenden dazu erschallte. – Am 11 d. brachte uns die holländische Fregatte „Rhein“ den Prinzen Heinrich von Oranien. Er versieht die Stelle eines Lieutenants auf genanntem Schiffe. Vorgestern machte der Prinz seine Aufwartung bei den Majestäten, zu welchem Behuf er mit königlicher Equipage vom Piräeus abgeholt wurde, und am Palais eine Compagnie Infanterie paradirte. Noch denselben Abend stattete ihm der König einen Gegenbesuch im Hotel des holländischen Generalconsuls, Hrn. Travers, ab. Mehrere Hoffeste ihm zu Ehren sind bereits angeordnet. – Zographos kam vorgestern, von Konstantinopel zurückkehrend, auf einem österreichischen Kriegsschiffe hier an.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Konstantinopel,</hi> 13 März.</dateline> <p> Nachgerade fängt die orientalische Frage an langweilig zu werden. Sie geht nicht vorwärts, nicht rückwärts. Die Pforte leidet am meisten dabei. Sie ist in der peinlichsten Ungewißheit und weiß nicht, was sie thun oder lassen soll. Mehemed Ali ist minder als die Pforte gebunden und bewegt sich mehr nach eigenem Gutdünken. Er muß große Opfer bringen, allein doch nur solche, die er dereinst reichlich ersetzt zu sehen hofft. Solche Hoffnungen darf die Pforte aber nicht nähren; bei ihr ist Alles reiner Verlust, wenn sie auch durch fremde Beihülfe einige Stücke Landes den Aegyptiern abzudringen hofft, weil, bis dieß geschehen, sie übermäßige Anstrengungen zu machen hat, die alle Hülfsquellen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0759/0007]
Verona, dann im Osten zur Festungserweiterung von Comorn und endlich im Norden zu jener von Olmütz, erscheint das Stammland mit der Hauptstadt in einem Rundkreise von Fortificationsbauten des neuesten Systems dergestalt in die Mitte genommen, daß es in der Folge feindlichem Andrange, von welcher Seite er erfolge, schwer halten dürfte, je wieder bis ins Herz von Oesterreich durchzubrechen. Faßt man dasjenige, was hier zu Lande dießfalls in aller Stille geschieht, mit dem zusammen, was im Nachbarstaat durch den großen Ingolstädter Festungsbau beabsichtigt, was in Rheinpreußen durch Ehrenbreitsteins herrliche Vesten und in Rheinhessen durch die ausgedehnten mächtigen Werke bei Mainz seit langer Zeit verwirklicht ist, so ergibt sich eine Fortificationslinie vom deutschen Westland bis zum äußersten Südosten, welche für Deutschlands Schirm innerhalb seiner Marken wahrlich vielversprechend sich darstellt. *) *) Aber mit noch größerer Beruhigung dürfte der Vaterlandsfreund die Beobachtung festhalten, wie von Zeit zu Zeit in Deutschland eine Gesinnungsmanifestation aufstrahlt, die für unbezwingliche Gränzhut und ungeschwächte Kraft der Nation bessere Bürgschaft leistet, als Mauern und Bollwerke sie zu geben vermögen, und die bei willfähriger Einschmelzung des Rückhalts aus Motiven der Verschiedenheit deutscher Völkernamen in den Prägschatz des gemeinsamen Interesse's, sich hoffentlich noch bis zu jenem Grade von Einheit in sich und in der That erhärten wird, welcher dem deutschen Volke das lebendige Bewußtseyn und die volle Zuversicht seiner Unüberwindlichkeit zuletzt einflößen, und damit die furchtbarste Waffe, die allein siegreiche, gegen seine Feinde in die Hand geben wird. – Irrig weist die Mainzer Zeitung, indem sie des Brandes erwähnt, der durch die Funkensprühe eines Locomotivs unlängst auf der Eisenbahnroute im Niederwalde zwischen Höchst und Frankfurt sich ereignete, beispielweise auf die Feuersbrunst hin, welche in einem mährischen Dorfe vor einigen Monaten eben bei der Durchfahrt des Nordbahntrains ausbrach. Diese Feuersbrunst ist nicht, wie in allen Zeitungen verlautete, durch aussprühende Funken der Locomotive, sondern durch andere Zufälle entstanden. – Es haben sich in hiesigen Blättern einige Stimmen erhoben, welche den Erfinder der Buchdruckerkunst zum Böhmen machen, indem sie sich auf das Zeugniß eines böhmischen Chronisten und den Namensgleichlaut Guttenberg mit Kuttenberg in Böhmen berufen, von wo Guttenberg gebürtig und nach Mainz ausgewandert seyn soll. Wenn gleich mit alle dem und manch anderm Argument die böhmische Abkunft nicht erwiesen ist, und großer Spielraum zu gerechtem Zweifel übrig bleibt, so ward man hier von der aufgeworfenen Behauptung sicherlich doch eben so stark afficirt, als man es in Mainz gewesen wäre, hätte man sie dort gemacht. Wenn es auch hier nicht an Erwiederungen fehlen dürfte, so bleibt es doch wünschenswerth, daß sie überall von dort ausgehen möchten, wo man im Stande ist, über Guttenbergs deutsche Abkunft und seine Lebensverhältnisse Authentisches zu bieten, um so mehr, als die gedachte Behauptung ernstlicher gemeint zu seyn scheint, als man etwa glauben dürfte. – Wie schnell in Oesterreich die Geldkräfte zu einem gewinnreich in Aussicht sich stellenden Industrieunternehmen zusammen fließen, läßt sich unter Anderm wieder bei der ungarischen Centraleisenbahn des linken Ufers wahrnehmen. Von 10 Millionen des Fundationscapitals derselben waren schon zu Anfang des vorigen Jahrs 6 Millionen in Folge von Anmeldungen und Zusagen vergeben. Wenn daraus deutlich hervorgeht, daß die Capitalisten ihre Fonds vorzugsweise gern ins Stammcapital industrieller Etablissements hinterlegen, so erscheint es um so wünschenswerther, daß, nachdem die dießartige Verwendung des Geldes sich eben so gut wie jene in der Börsespeculation zuletzt erschöpfen muß, auch eine, ein Gleichgewicht herstellende Vertheilung desselben in größern Unternehmungen des Waarenhandels, besonders nach dem Orient, nach dem Waarenmarkte eintreten möge, der bei gehöriger Energie und Thätigkeit der Handelswelt eine höchst günstige Zukunft in Aussicht stellt. Was würde das ganze projectirte und so thatkräftig begonnene Eisenbahnnetz und die Dampfschifffahrtsausdehnung uns nützen, beschränkten wir uns bloß auf den Binnenhandel, der, beim wahren Lichte betrachtet, mit geringern Chancen, aber immerhin auch ohne diese neue Communicationseröffnung bestehen könnte. – Die gedachte Eisenbahn bringt im Anschlusse an die Nordbahn und bei Weiterführung bis Arad und Großwardein, Siebenbürgen, Ungarn, Mähren, Schlesien und Böhmen in eine dem Verkehr mit ungarischen Natur- und mit böhmischen Industrieproducten allerdings sehr gedeihliche Verbindung.
Griechenland.
_ Athen, 15 März. Das mehrere Wochen außergewöhnlich kalte Wetter, welches uns sogar in die Ebene den Schnee – eine Seltenheit hier – brachte, und in Folge dessen in den Provinzen ganze Heerden von Schafen zu Grunde gingen, endete, nachdem uns viele öffentliche Carnevalsfreuden dadurch verdorben worden, mit dem Schlusse des Faschings, so daß das übliche Volksfest in der Nähe der Jupiter-Säulen bei schönstem Wetter abgehalten werden konnte. Es war interessant, den König, welchen man auswärts bei jedem Schritt in Gefahr glaubt, so vertrauensvoll unter seinem Volke zu erblicken. Ich war Augenzeuge, wie ein Grieche aus dem Kreise seiner am Boden umhersitzenden Familie aufsprang und dem König ein Glas Wein reichte. Der König stieg schnell vom Pferd, trank und bestieg dann wieder sein Roß, worauf der Grieche dann vollends das Glas auf das Wohl der ebenfalls anwesenden Königin leerte, und ein ungeheurer Jubel der tausend Umstehenden dazu erschallte. – Am 11 d. brachte uns die holländische Fregatte „Rhein“ den Prinzen Heinrich von Oranien. Er versieht die Stelle eines Lieutenants auf genanntem Schiffe. Vorgestern machte der Prinz seine Aufwartung bei den Majestäten, zu welchem Behuf er mit königlicher Equipage vom Piräeus abgeholt wurde, und am Palais eine Compagnie Infanterie paradirte. Noch denselben Abend stattete ihm der König einen Gegenbesuch im Hotel des holländischen Generalconsuls, Hrn. Travers, ab. Mehrere Hoffeste ihm zu Ehren sind bereits angeordnet. – Zographos kam vorgestern, von Konstantinopel zurückkehrend, auf einem österreichischen Kriegsschiffe hier an.
Türkei.
_ Konstantinopel, 13 März. Nachgerade fängt die orientalische Frage an langweilig zu werden. Sie geht nicht vorwärts, nicht rückwärts. Die Pforte leidet am meisten dabei. Sie ist in der peinlichsten Ungewißheit und weiß nicht, was sie thun oder lassen soll. Mehemed Ali ist minder als die Pforte gebunden und bewegt sich mehr nach eigenem Gutdünken. Er muß große Opfer bringen, allein doch nur solche, die er dereinst reichlich ersetzt zu sehen hofft. Solche Hoffnungen darf die Pforte aber nicht nähren; bei ihr ist Alles reiner Verlust, wenn sie auch durch fremde Beihülfe einige Stücke Landes den Aegyptiern abzudringen hofft, weil, bis dieß geschehen, sie übermäßige Anstrengungen zu machen hat, die alle Hülfsquellen
*) Welche Wünsche dagegen in Bezug auf die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands sich aufdringen, beleuchtet ein Aufsatz im letzten Hefte der Deutschen Vierteljahrsschrift (Januar bis März 1840.)
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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