Allgemeine Zeitung. Nr. 98. Augsburg, 7. April 1840.von Marschallen und Zugführern, wie sie nach alter akademischer Sitte bei feierlichen Gelegenheiten erscheinen, dem Leichenwagen voranzogen. Das Leichentuch hielten die vier jüngsten Privatdocenten der juristischen Facultät, begleitet zu jeder Seite von vier Studirenden in feierlichem Aufzuge. Dem Wagen folgte die sämmtliche Geistlichkeit der hiesigen Stadt, der Prorector der Universität mit dem von Sr. k. Hoh. dem Großherzog hierzu beauftragten Präsidenten der Regierung zu Mannheim; dann die juristische Facultät, sodann die andern Facultäten, darauf die übrigen hier functionirenden Staatsdiener, der Stadt-Magistrat, das städtische Bürgermilitär und eine zahllose Menge anderer Verehrer des Verewigten. Der feierliche Zug bewegte sich vom Hause des Entschlafenen durch die Hauptstraße in die St. Peterskirche, wo Hr. Prof. Rothe, erster Universitätsprediger, eine Rede hielt. Von hier aus setzte sich der Zug in gleicher Ordnung wieder in Bewegung nach dem vor der Stadt gelegenen St. Annenkirchhofe, wo der Verblichene eine eigene Gruft besitzt, und wo er mit vor ihm hingeschiedenen Gliedern seiner Familie vereinigt wurde. Seit 1805 hatte er unermüdet und treu an unserer Hochschule gewirkt. Manchen seiner Amtsgenossen sah er vor sich scheiden, und seine stets blühende, frische Gesundheit ließ Niemanden so bald diesen Schlag vermuthen. Nur wenige Tage lag er krank. (Schw. M.) Frankfurt a. M., 3 April. Die Bundesversammlung wird morgen wahrscheinlich ihre letzte Sitzung vor den Osterferien halten; in der verflossenen Woche hatte die hohe Versammlung ihre Sitzung ausgesetzt. - Der k. preuß. Gesandte am k. neapolitanischen Hofe, Hr. v. Gersdorf, kam in den letzten Tagen hier an. - Der Aufenthalt des Herzogs von Nassau Durchl. in Wien dürfte einige Wochen andauern; man scheint also für die nächsten Wochen den Besuch des Großfürsten-Thronfolgers von Rußland kais. Hoh. am herzogl. nassauischen Hofe nicht zu erwarten. - Der Claviervirtuose Liszt wird dieser Tage hier erwartet; wir freuen uns sein großes Talent auch bewundern zu dürfen. - Von der Rückkunft des immer noch in Berlin verweilenden k. niederl. Geschäftsträgers dahier, Hrn. v. Scherff, sprechen auch dessen neueste Briefe noch nicht, und es war also voreilig, wenn man schon vor Monden die Unterhandlungen wegen des Anschlusses des Großherzogthums Luxemburg an den deutschen Zollverein als beendigt bezeichnete. Indessen dürften diese Unterhandlungen doch nun bis zum Abschlusse gediehen seyn. Der westphälische Merkur und die Kölner Zeitung melden aus dem Hannover'schen, daß am 21 März das ständische Wahlcollegium des Bentheimischen Bauernstandes zum sechstenmale versammelt war, um einen Abgeordneten zur Ergänzung des Restes der zweiten Kammer der in Hannover zusammengetretenen Versammlung zu wählen. Nach vielfachen Ablehnungen und neuen Urwahlen war im Mai v. J. von ganz frischen Wahlmännern, weil einer derselben zu wählen sich bereit erklärte, zum Abgeordneten gewählt worden: principaliter der bisherige Abgeordnete, Bürgermeister Dr. Nordbeck zu Schüttorf, und zu Substituten der Bürgermeister Dr. Stüve zu Osnabrück und Kreiseinnehmer Köhler zu Neuenhaus. Der erstere verzichtete, aber der Substitut ward nicht aufgefordert, sondern eine neue Wahl angeordnet, und nun principaliter Stüve und als Substitut der Prediger Sluiter zu Lage gewählt. Ersterer wurde wieder nicht aufgefordert, sondern direct der Substitut. Dieser fragt bei dem Cabinet an, ohne jedoch während des ganzen vorigen Jahrs Antwort zu erhalten. Jetzt erhält Sluiter den Bescheid, daß er zur Ständeversammlung als Abgeordneter zu kommen habe. Pastor Sluiter verlangt Einsicht des Wahlprotokolls, die ihm jedoch nicht zu Theil wird; er schreibt hierauf an das Cabinet, da dem Vernehmen nach Stüve principaliter gewählt worden, er aber vom Wahlprotokoll keine Abschrift erhalten, so müsse er verzichten. Darauf soll er ein verweisendes Rescript erhalten haben. Im Wahltermine vom 21 erklärten nun die Wahlmänner, sie ständen in der Meinung, primo loco Stüve und den Pastor Sluiter zum Substituten gewählt zu haben, und müßten dabei beharren. Auf die Bemerkung des Wahlcommissärs aber, Stüve sey bereits für die Hoya'schen Flecken gewählt und zum Eintritt aufgefordert, erklärten sie weiter, dann müsse Stüve sich erst entscheiden, welche Wahl er annehme, wählten aber den Advokaten Dr. Buddenburg zu Bersenbrück zum zweiten Substituten. Türkei. Konstantinopel, 18 März. In der Rede, mit welcher der Sultan die Conseilberathungen im Constitutions- und Gesetzgebungsfache eröffnete, und die von Reschid Pascha vor den versammelten Ministern, Ulemas und Großen des Reichs abgelesen ward, kommt unter andern die Stelle vor: "König Friedrich der Große von Preußen sagte: ""Ich will, daß mein Volk glücklich und reich sey, damit wir es gleicherweise werden."" Diese Devise war auch die meines Vaters; auch er suchte sein Glück in dem Glücke seines Volks. Ich werde in seine Fußstapfen treten. Nur durch eure Unterstützung vermag ich dieß, und darum spreche ich euch an." Man sieht auf den ersten Blick, daß dieß eine schwache Nachahmung constitutioneller Formen ist, wobei die Beisitzer des Conseils die Vertreter der Volksrechte vorzustellen haben! Alle Neujahr soll das Conseil erneuert und durch eine ähnliche Thronrede eröffnet werden. Mich dünkt, daß diese wichtigthuende Behandlung der Formen für die hohen Mitglieder des constituirenden und gesetzgebenden Raths leicht den wahren Gesichtspunkt verrücken könnte, der für den Augenblick kein anderer seyn darf, als die Förderung der Grundmacht des Reichs; die allenthalben vernachlässigt, nicht einen Schatten der Höhe zeigt, deren sie fähig ist. - Der neugewählte griechische Patriarch, Hr. Antimos, früher Metropolit von Nicomedien, ist bereits in seiner Diöcese installirt worden. - Zwei große Handlungshäuser haben der Pforte über ein Anlehen Anträge gemacht, die jetzt der Prüfung der Pforte unterlegt sind. Die Summe der Anleihe würde 10 Millionen betragen, zu ihrer Deckung sollen die Einkünfte der Zollstätten von Konstantinopel, Trapezunt und Smyrna angewiesen werden. Ein anderes Project einiger reichen armenischen Bankiers geht dahin, daß die Pforte eigene Sehims zu höhern Beträgen emittire und eine jährliche Rente für die Inhaber der Sehims festsetze, welche dem öffentlichen Einkommen zur Last fallen solle, also ein verzinsliches Anlehen und die Einführung von Staatsobligationen, wie sie in den europäischen Staaten sind. - Das neulich von mir erwähnte Ultimatum, das Mehemed Ali an die Pforte in einem langen Schreiben richtete, hat hier beunruhigt, weil man daraus entnimmt, daß der Pascha den ungewissen Zustand nicht mehr zu ertragen vermag. Man besorgt, daß dießmal seine Drohungen zum Ausbruche kommen, da die günstige Jahreszeit zu einem Feldzuge in Kleinasien vor der Thür steht. Andererseits scheinen die Mächte nicht einmal über den einzigen Punkt ins Reine gekommen zu seyn, wie der Pforte, im Falle die Hauptstadt selbst vom Feinde bedrängt werden sollte, die nöthige Hülfe zu leisten wäre. Der erwähnte Brief ist an Chosrew Pascha gerichtet. Letzterer wird darin zum letztenmal von Marschallen und Zugführern, wie sie nach alter akademischer Sitte bei feierlichen Gelegenheiten erscheinen, dem Leichenwagen voranzogen. Das Leichentuch hielten die vier jüngsten Privatdocenten der juristischen Facultät, begleitet zu jeder Seite von vier Studirenden in feierlichem Aufzuge. Dem Wagen folgte die sämmtliche Geistlichkeit der hiesigen Stadt, der Prorector der Universität mit dem von Sr. k. Hoh. dem Großherzog hierzu beauftragten Präsidenten der Regierung zu Mannheim; dann die juristische Facultät, sodann die andern Facultäten, darauf die übrigen hier functionirenden Staatsdiener, der Stadt-Magistrat, das städtische Bürgermilitär und eine zahllose Menge anderer Verehrer des Verewigten. Der feierliche Zug bewegte sich vom Hause des Entschlafenen durch die Hauptstraße in die St. Peterskirche, wo Hr. Prof. Rothe, erster Universitätsprediger, eine Rede hielt. Von hier aus setzte sich der Zug in gleicher Ordnung wieder in Bewegung nach dem vor der Stadt gelegenen St. Annenkirchhofe, wo der Verblichene eine eigene Gruft besitzt, und wo er mit vor ihm hingeschiedenen Gliedern seiner Familie vereinigt wurde. Seit 1805 hatte er unermüdet und treu an unserer Hochschule gewirkt. Manchen seiner Amtsgenossen sah er vor sich scheiden, und seine stets blühende, frische Gesundheit ließ Niemanden so bald diesen Schlag vermuthen. Nur wenige Tage lag er krank. (Schw. M.) Frankfurt a. M., 3 April. Die Bundesversammlung wird morgen wahrscheinlich ihre letzte Sitzung vor den Osterferien halten; in der verflossenen Woche hatte die hohe Versammlung ihre Sitzung ausgesetzt. – Der k. preuß. Gesandte am k. neapolitanischen Hofe, Hr. v. Gersdorf, kam in den letzten Tagen hier an. – Der Aufenthalt des Herzogs von Nassau Durchl. in Wien dürfte einige Wochen andauern; man scheint also für die nächsten Wochen den Besuch des Großfürsten-Thronfolgers von Rußland kais. Hoh. am herzogl. nassauischen Hofe nicht zu erwarten. – Der Claviervirtuose Liszt wird dieser Tage hier erwartet; wir freuen uns sein großes Talent auch bewundern zu dürfen. – Von der Rückkunft des immer noch in Berlin verweilenden k. niederl. Geschäftsträgers dahier, Hrn. v. Scherff, sprechen auch dessen neueste Briefe noch nicht, und es war also voreilig, wenn man schon vor Monden die Unterhandlungen wegen des Anschlusses des Großherzogthums Luxemburg an den deutschen Zollverein als beendigt bezeichnete. Indessen dürften diese Unterhandlungen doch nun bis zum Abschlusse gediehen seyn. Der westphälische Merkur und die Kölner Zeitung melden aus dem Hannover'schen, daß am 21 März das ständische Wahlcollegium des Bentheimischen Bauernstandes zum sechstenmale versammelt war, um einen Abgeordneten zur Ergänzung des Restes der zweiten Kammer der in Hannover zusammengetretenen Versammlung zu wählen. Nach vielfachen Ablehnungen und neuen Urwahlen war im Mai v. J. von ganz frischen Wahlmännern, weil einer derselben zu wählen sich bereit erklärte, zum Abgeordneten gewählt worden: principaliter der bisherige Abgeordnete, Bürgermeister Dr. Nordbeck zu Schüttorf, und zu Substituten der Bürgermeister Dr. Stüve zu Osnabrück und Kreiseinnehmer Köhler zu Neuenhaus. Der erstere verzichtete, aber der Substitut ward nicht aufgefordert, sondern eine neue Wahl angeordnet, und nun principaliter Stüve und als Substitut der Prediger Sluiter zu Lage gewählt. Ersterer wurde wieder nicht aufgefordert, sondern direct der Substitut. Dieser fragt bei dem Cabinet an, ohne jedoch während des ganzen vorigen Jahrs Antwort zu erhalten. Jetzt erhält Sluiter den Bescheid, daß er zur Ständeversammlung als Abgeordneter zu kommen habe. Pastor Sluiter verlangt Einsicht des Wahlprotokolls, die ihm jedoch nicht zu Theil wird; er schreibt hierauf an das Cabinet, da dem Vernehmen nach Stüve principaliter gewählt worden, er aber vom Wahlprotokoll keine Abschrift erhalten, so müsse er verzichten. Darauf soll er ein verweisendes Rescript erhalten haben. Im Wahltermine vom 21 erklärten nun die Wahlmänner, sie ständen in der Meinung, primo loco Stüve und den Pastor Sluiter zum Substituten gewählt zu haben, und müßten dabei beharren. Auf die Bemerkung des Wahlcommissärs aber, Stüve sey bereits für die Hoya'schen Flecken gewählt und zum Eintritt aufgefordert, erklärten sie weiter, dann müsse Stüve sich erst entscheiden, welche Wahl er annehme, wählten aber den Advokaten Dr. Buddenburg zu Bersenbrück zum zweiten Substituten. Türkei. Konstantinopel, 18 März. In der Rede, mit welcher der Sultan die Conseilberathungen im Constitutions- und Gesetzgebungsfache eröffnete, und die von Reschid Pascha vor den versammelten Ministern, Ulemas und Großen des Reichs abgelesen ward, kommt unter andern die Stelle vor: „König Friedrich der Große von Preußen sagte: „„Ich will, daß mein Volk glücklich und reich sey, damit wir es gleicherweise werden.““ Diese Devise war auch die meines Vaters; auch er suchte sein Glück in dem Glücke seines Volks. Ich werde in seine Fußstapfen treten. Nur durch eure Unterstützung vermag ich dieß, und darum spreche ich euch an.“ Man sieht auf den ersten Blick, daß dieß eine schwache Nachahmung constitutioneller Formen ist, wobei die Beisitzer des Conseils die Vertreter der Volksrechte vorzustellen haben! Alle Neujahr soll das Conseil erneuert und durch eine ähnliche Thronrede eröffnet werden. Mich dünkt, daß diese wichtigthuende Behandlung der Formen für die hohen Mitglieder des constituirenden und gesetzgebenden Raths leicht den wahren Gesichtspunkt verrücken könnte, der für den Augenblick kein anderer seyn darf, als die Förderung der Grundmacht des Reichs; die allenthalben vernachlässigt, nicht einen Schatten der Höhe zeigt, deren sie fähig ist. – Der neugewählte griechische Patriarch, Hr. Antimos, früher Metropolit von Nicomedien, ist bereits in seiner Diöcese installirt worden. – Zwei große Handlungshäuser haben der Pforte über ein Anlehen Anträge gemacht, die jetzt der Prüfung der Pforte unterlegt sind. Die Summe der Anleihe würde 10 Millionen betragen, zu ihrer Deckung sollen die Einkünfte der Zollstätten von Konstantinopel, Trapezunt und Smyrna angewiesen werden. Ein anderes Project einiger reichen armenischen Bankiers geht dahin, daß die Pforte eigene Sehims zu höhern Beträgen emittire und eine jährliche Rente für die Inhaber der Sehims festsetze, welche dem öffentlichen Einkommen zur Last fallen solle, also ein verzinsliches Anlehen und die Einführung von Staatsobligationen, wie sie in den europäischen Staaten sind. – Das neulich von mir erwähnte Ultimatum, das Mehemed Ali an die Pforte in einem langen Schreiben richtete, hat hier beunruhigt, weil man daraus entnimmt, daß der Pascha den ungewissen Zustand nicht mehr zu ertragen vermag. Man besorgt, daß dießmal seine Drohungen zum Ausbruche kommen, da die günstige Jahreszeit zu einem Feldzuge in Kleinasien vor der Thür steht. Andererseits scheinen die Mächte nicht einmal über den einzigen Punkt ins Reine gekommen zu seyn, wie der Pforte, im Falle die Hauptstadt selbst vom Feinde bedrängt werden sollte, die nöthige Hülfe zu leisten wäre. Der erwähnte Brief ist an Chosrew Pascha gerichtet. 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Prof. Rothe, erster Universitätsprediger, eine Rede hielt. Von hier aus setzte sich der Zug in gleicher Ordnung wieder in Bewegung nach dem vor der Stadt gelegenen St. Annenkirchhofe, wo der Verblichene eine eigene Gruft besitzt, und wo er mit vor ihm hingeschiedenen Gliedern seiner Familie vereinigt wurde. Seit 1805 hatte er unermüdet und treu an unserer Hochschule gewirkt. Manchen seiner Amtsgenossen sah er vor sich scheiden, und seine stets blühende, frische Gesundheit ließ Niemanden so bald diesen Schlag vermuthen. Nur wenige Tage lag er krank. (<hi rendition="#g">Schw</hi>. M.)</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Frankfurt a. M.,</hi> 3 April.</dateline> <p> Die Bundesversammlung wird morgen wahrscheinlich ihre letzte Sitzung vor den Osterferien halten; in der verflossenen Woche hatte die hohe Versammlung ihre Sitzung ausgesetzt. – Der k. preuß. 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Der erstere verzichtete, aber der Substitut ward nicht aufgefordert, sondern eine neue Wahl angeordnet, und nun principaliter Stüve und als Substitut der Prediger Sluiter zu Lage gewählt. Ersterer wurde wieder nicht aufgefordert, sondern direct der Substitut. Dieser fragt bei dem Cabinet an, ohne jedoch während des ganzen vorigen Jahrs Antwort zu erhalten. Jetzt erhält Sluiter den Bescheid, daß er zur Ständeversammlung als Abgeordneter zu kommen habe. Pastor Sluiter verlangt Einsicht des Wahlprotokolls, die ihm jedoch nicht zu Theil wird; er schreibt hierauf an das Cabinet, da dem Vernehmen nach Stüve principaliter gewählt worden, er aber vom Wahlprotokoll keine Abschrift erhalten, so müsse er verzichten. Darauf soll er ein verweisendes Rescript erhalten haben. Im Wahltermine vom 21 erklärten nun die Wahlmänner, sie ständen in der Meinung, primo loco Stüve und den Pastor Sluiter zum Substituten gewählt zu haben, und müßten dabei beharren. Auf die Bemerkung des Wahlcommissärs aber, Stüve sey bereits für die Hoya'schen Flecken gewählt und zum Eintritt aufgefordert, erklärten sie weiter, dann müsse Stüve sich erst entscheiden, welche Wahl er annehme, wählten aber den Advokaten Dr. Buddenburg zu Bersenbrück zum zweiten Substituten.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Konstantinopel,</hi> 18 März.</dateline> <p> In der Rede, mit welcher der Sultan die Conseilberathungen im Constitutions- und Gesetzgebungsfache eröffnete, und die von Reschid Pascha vor den versammelten Ministern, Ulemas und Großen des Reichs abgelesen ward, kommt unter andern die Stelle vor: „König Friedrich der Große von Preußen sagte: „„Ich will, daß mein Volk glücklich und reich sey, damit wir es gleicherweise werden.““ Diese Devise war auch die meines Vaters; auch er suchte sein Glück in dem Glücke seines Volks. Ich werde in seine Fußstapfen treten. Nur durch eure Unterstützung vermag ich dieß, und darum spreche ich euch an.“ Man sieht auf den ersten Blick, daß dieß eine schwache Nachahmung constitutioneller Formen ist, wobei die Beisitzer des Conseils die Vertreter der Volksrechte vorzustellen haben! Alle Neujahr soll das Conseil erneuert und durch eine ähnliche Thronrede eröffnet werden. Mich dünkt, daß diese wichtigthuende Behandlung der Formen für die hohen Mitglieder des constituirenden und gesetzgebenden Raths leicht den wahren Gesichtspunkt verrücken könnte, der für den Augenblick kein anderer seyn darf, als die Förderung der Grundmacht des Reichs; die allenthalben vernachlässigt, nicht einen Schatten der Höhe zeigt, deren sie fähig ist. – Der neugewählte griechische Patriarch, Hr. Antimos, früher Metropolit von Nicomedien, ist bereits in seiner Diöcese installirt worden. – Zwei große Handlungshäuser haben der Pforte über ein Anlehen Anträge gemacht, die jetzt der Prüfung der Pforte unterlegt sind. Die Summe der Anleihe würde 10 Millionen betragen, zu ihrer Deckung sollen die Einkünfte der Zollstätten von Konstantinopel, Trapezunt und Smyrna angewiesen werden. Ein anderes Project einiger reichen armenischen Bankiers geht dahin, daß die Pforte eigene Sehims zu höhern Beträgen emittire und eine jährliche Rente für die Inhaber der Sehims festsetze, welche dem öffentlichen Einkommen zur Last fallen solle, also ein verzinsliches Anlehen und die Einführung von Staatsobligationen, wie sie in den europäischen Staaten sind. – Das neulich von mir erwähnte Ultimatum, das Mehemed Ali an die Pforte in einem langen Schreiben richtete, hat hier beunruhigt, weil man daraus entnimmt, daß der Pascha den ungewissen Zustand nicht mehr zu ertragen vermag. Man besorgt, daß dießmal seine Drohungen zum Ausbruche kommen, da die günstige Jahreszeit zu einem Feldzuge in Kleinasien vor der Thür steht. Andererseits scheinen die Mächte nicht einmal über den einzigen Punkt ins Reine gekommen zu seyn, wie der Pforte, im Falle die Hauptstadt selbst vom Feinde bedrängt werden sollte, die nöthige Hülfe zu leisten wäre. Der erwähnte Brief ist an Chosrew Pascha gerichtet. Letzterer wird darin zum letztenmal<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0783/0007]
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_ Frankfurt a. M., 3 April. Die Bundesversammlung wird morgen wahrscheinlich ihre letzte Sitzung vor den Osterferien halten; in der verflossenen Woche hatte die hohe Versammlung ihre Sitzung ausgesetzt. – Der k. preuß. Gesandte am k. neapolitanischen Hofe, Hr. v. Gersdorf, kam in den letzten Tagen hier an. – Der Aufenthalt des Herzogs von Nassau Durchl. in Wien dürfte einige Wochen andauern; man scheint also für die nächsten Wochen den Besuch des Großfürsten-Thronfolgers von Rußland kais. Hoh. am herzogl. nassauischen Hofe nicht zu erwarten. – Der Claviervirtuose Liszt wird dieser Tage hier erwartet; wir freuen uns sein großes Talent auch bewundern zu dürfen. – Von der Rückkunft des immer noch in Berlin verweilenden k. niederl. Geschäftsträgers dahier, Hrn. v. Scherff, sprechen auch dessen neueste Briefe noch nicht, und es war also voreilig, wenn man schon vor Monden die Unterhandlungen wegen des Anschlusses des Großherzogthums Luxemburg an den deutschen Zollverein als beendigt bezeichnete. Indessen dürften diese Unterhandlungen doch nun bis zum Abschlusse gediehen seyn.
Der westphälische Merkur und die Kölner Zeitung melden aus dem Hannover'schen, daß am 21 März das ständische Wahlcollegium des Bentheimischen Bauernstandes zum sechstenmale versammelt war, um einen Abgeordneten zur Ergänzung des Restes der zweiten Kammer der in Hannover zusammengetretenen Versammlung zu wählen. Nach vielfachen Ablehnungen und neuen Urwahlen war im Mai v. J. von ganz frischen Wahlmännern, weil einer derselben zu wählen sich bereit erklärte, zum Abgeordneten gewählt worden: principaliter der bisherige Abgeordnete, Bürgermeister Dr. Nordbeck zu Schüttorf, und zu Substituten der Bürgermeister Dr. Stüve zu Osnabrück und Kreiseinnehmer Köhler zu Neuenhaus. Der erstere verzichtete, aber der Substitut ward nicht aufgefordert, sondern eine neue Wahl angeordnet, und nun principaliter Stüve und als Substitut der Prediger Sluiter zu Lage gewählt. Ersterer wurde wieder nicht aufgefordert, sondern direct der Substitut. Dieser fragt bei dem Cabinet an, ohne jedoch während des ganzen vorigen Jahrs Antwort zu erhalten. Jetzt erhält Sluiter den Bescheid, daß er zur Ständeversammlung als Abgeordneter zu kommen habe. Pastor Sluiter verlangt Einsicht des Wahlprotokolls, die ihm jedoch nicht zu Theil wird; er schreibt hierauf an das Cabinet, da dem Vernehmen nach Stüve principaliter gewählt worden, er aber vom Wahlprotokoll keine Abschrift erhalten, so müsse er verzichten. Darauf soll er ein verweisendes Rescript erhalten haben. Im Wahltermine vom 21 erklärten nun die Wahlmänner, sie ständen in der Meinung, primo loco Stüve und den Pastor Sluiter zum Substituten gewählt zu haben, und müßten dabei beharren. Auf die Bemerkung des Wahlcommissärs aber, Stüve sey bereits für die Hoya'schen Flecken gewählt und zum Eintritt aufgefordert, erklärten sie weiter, dann müsse Stüve sich erst entscheiden, welche Wahl er annehme, wählten aber den Advokaten Dr. Buddenburg zu Bersenbrück zum zweiten Substituten.
Türkei.
_ Konstantinopel, 18 März. In der Rede, mit welcher der Sultan die Conseilberathungen im Constitutions- und Gesetzgebungsfache eröffnete, und die von Reschid Pascha vor den versammelten Ministern, Ulemas und Großen des Reichs abgelesen ward, kommt unter andern die Stelle vor: „König Friedrich der Große von Preußen sagte: „„Ich will, daß mein Volk glücklich und reich sey, damit wir es gleicherweise werden.““ Diese Devise war auch die meines Vaters; auch er suchte sein Glück in dem Glücke seines Volks. Ich werde in seine Fußstapfen treten. Nur durch eure Unterstützung vermag ich dieß, und darum spreche ich euch an.“ Man sieht auf den ersten Blick, daß dieß eine schwache Nachahmung constitutioneller Formen ist, wobei die Beisitzer des Conseils die Vertreter der Volksrechte vorzustellen haben! Alle Neujahr soll das Conseil erneuert und durch eine ähnliche Thronrede eröffnet werden. Mich dünkt, daß diese wichtigthuende Behandlung der Formen für die hohen Mitglieder des constituirenden und gesetzgebenden Raths leicht den wahren Gesichtspunkt verrücken könnte, der für den Augenblick kein anderer seyn darf, als die Förderung der Grundmacht des Reichs; die allenthalben vernachlässigt, nicht einen Schatten der Höhe zeigt, deren sie fähig ist. – Der neugewählte griechische Patriarch, Hr. Antimos, früher Metropolit von Nicomedien, ist bereits in seiner Diöcese installirt worden. – Zwei große Handlungshäuser haben der Pforte über ein Anlehen Anträge gemacht, die jetzt der Prüfung der Pforte unterlegt sind. Die Summe der Anleihe würde 10 Millionen betragen, zu ihrer Deckung sollen die Einkünfte der Zollstätten von Konstantinopel, Trapezunt und Smyrna angewiesen werden. Ein anderes Project einiger reichen armenischen Bankiers geht dahin, daß die Pforte eigene Sehims zu höhern Beträgen emittire und eine jährliche Rente für die Inhaber der Sehims festsetze, welche dem öffentlichen Einkommen zur Last fallen solle, also ein verzinsliches Anlehen und die Einführung von Staatsobligationen, wie sie in den europäischen Staaten sind. – Das neulich von mir erwähnte Ultimatum, das Mehemed Ali an die Pforte in einem langen Schreiben richtete, hat hier beunruhigt, weil man daraus entnimmt, daß der Pascha den ungewissen Zustand nicht mehr zu ertragen vermag. Man besorgt, daß dießmal seine Drohungen zum Ausbruche kommen, da die günstige Jahreszeit zu einem Feldzuge in Kleinasien vor der Thür steht. Andererseits scheinen die Mächte nicht einmal über den einzigen Punkt ins Reine gekommen zu seyn, wie der Pforte, im Falle die Hauptstadt selbst vom Feinde bedrängt werden sollte, die nöthige Hülfe zu leisten wäre. Der erwähnte Brief ist an Chosrew Pascha gerichtet. Letzterer wird darin zum letztenmal
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