Allgemeine Zeitung. Nr. 100. Augsburg, 9. April 1840.das Parlament, wie es jetzt constituirt sey, auf die Volksstimme nicht hören wolle, so werde diese eine neue Constituirung des Parlaments erzwingen. Auf der Oppositionsseite sprachen an diesem Abend keine Redner ersten Rangs. Lord Darlington äußerte seine Verwunderung, daß eine Motion wieder gestellt werden wolle, die in voriger Session nach fünftägigen Debatten mit einer Mehrheit von 147 Stimmen verworfen worden sey. Hr. d'Israeli bemerkte, der Zolltarif der Continentalstaaten stehe ganz außer Zusammenhang mit den englischen Korngesetzen. Der Handelsminister Hr. Labouchere, der einzige Cabinetsminister, der während der Rede des Hrn. Villiers im Hause anwesend war - erklärte sich, wie am 31 März vor den Anti-Cornlaw-Abgeordneten, gegen die alsbaldige und völlige Abschaffung der Korngesetze, aber für einen mäßigen Eingangszoll von 8 bis zu 1 Schilling per Quarter herab. Die Verhandlungen wurden vertagt, und am 2 April wieder aufgenommen. Man erwartet, daß sie die ganze Woche dauern werden. Der Standard bezeichnet heute das gestern von ihm erwähnte Gerücht, daß die Whigminister ihre Entlassung zu nehmen beabsichtigten, selbst als unrichtig, führt aber mehrere Umstände an, die dasselbe ganz glaubwürdig gemacht hätten: die Consols seyen, ohne irgend einen andern Grund dafür, plötzlich um 1/8 gestiegen; das auf gestern angesagte Lever sey plötzlich wieder abbestellt worden; in Lord J. Russells Privatwohnung sey am 1 April Nachmittags ein voller Cabinetsrath gegen zwei Stunden gesessen, und endlich sey nur ein einziges Cabinetsmitglied am 1 April Abends im Hause der Gemeinen anwesend gewesen, während Hr. Villiers seine lange Rede gegen die Korngesetze hielt, über welche Frage das Cabinet bekanntlich getrennter Meinung sey. Man liest im Börseartikel der Times: "Das sehr ernste Aussehen, das die Schwefelfrage gewinnt, macht sie nachgerade zum allgemeinen Gesprächsgegenstand in der City. Gründliche Kenner der Sache stehen nicht an zu behaupten, daß der Vertrag von 1816 verletzt worden, und daß alle bisher angeführten Argumente, wodurch man den Vertrag mit Taix und Comp. und jenen Vertrag mit einander in Einklang bringen möchte, nugatorisch und ungenügend sind. Die Sache, sagen diese competenten Beurtheiler, liegt in einer Nußschale, indem der Vertrag ausdrücklich besagt, daß die Engländer keine andern Abgaben zu entrichten haben, als die "begünstigtsten Nationen," während doch die Monopolisten, ihrem Contract gemäß, einen niedrigern Zollsatz bezahlen, wir Engländer aber einen so hohen, daß er factisch einem Prohibitivzoll gleichkommt. Der Umstand, daß die Monopolisten nicht die französische Regierung, sondern bloß eine Anzahl einzelner Privaten repräsentiren, wird als ganz unwesentlich betrachtet, denn der englische Handelsstand, bemerkt man, würde gleiche Ursache zur Beschwerde haben, wenn jene Schwefel-Compagnie aus brittischen Unterthanen bestände. Die von der neapolitanischen Regierung der Compagnie verliehene Befugniß, der Bearbeitung der Schwefelmineu (von Seite englischer Capitalisten) Einhalt zu gebieten, wird als eine arge Oppressivmaaßregel betrachtet, zumal da die Compagnie dieß schon in mehreren Fällen gethan hat. Bei diesem ungeordneten Stand der Dinge hört man über den von Ihrer Maj. Regierung zu befolgenden Plan mancherlei Vermuthungen, und es geht sogar die Rede von beabsichtigten Repressalien. Eine solche Maaßregel wird jedoch von dem brittischen Handelsstande mit keinem günstigen Auge angesehen, da dieselbe, wie unsere Kaufleute glauben, weniger die sicilische Regierung treffen, als eine Anzahl unschuldiger Sicilianer beschädigen würde, welche, abgesehen von der freundlichen Stimmung der sicilischen Bevölkerung gegen England, dasselbe Interesse wie wir haben, und jenes Monopol gleicherweise als ein höchst schlimmes Uebel betrachten, da es sie, sowohl durch Suspendirung ihrer Arbeit in den Schwefelbergwerken, als durch Verhinderung ihrer Ausfuhr des Schwefels, verdienst- und brodlos macht. Demnach würde unter unsern Repressalien eine Anzahl uns und unserer Sache freundlichgesinnter Menschen zu leiden haben." Die Londoner Blätter haben einen neuen Anlaß zu Reibungen mit Frankreich gefunden, und zwar in der Expedition, welche die Entdeckungscorvette Astrolabe gegen die Bewohner der Viti-Inseln unternommen, wo sie mit 50 Bewaffneten und etlichen Kanonen ein wehrloses Dorf in Brand gesteckt und eine Schaar unglücklicher Wilder in die Wälder getrieben habe. Der brittische Reformationsverein hat so eben eine Karte herausgegeben, auf welcher die Lage aller katholischen Capellen, Klöster, Seminarien und Schulen in England, Wales und Schottland verzeichnet ist. Man zählt nicht weniger als 532 solche Gebäude, was auf die letzten zehn Jahre einen Zuwachs von 88 herausstellt. Auf die Grafschaft Lancaster treffen 74 Capellen und neun Schulen, auf Yorkshire 50 Capellen und neun Schulen, auf Middlesex (wo London liegt) nur 20 Capellen, aber 13 Schulen. Die Times macht auf dieses Verhältniß mit dem Bemerken aufmerksam, daß gerade in der Nähe des whiggischen Regierungssitzes sich die meisten "Pflanzschulen des Papstthums" befinden. Den Londoner Katholiken ward übrigens in diesen Tagen von den City-Behörden die nachgesuchte Erlaubniß, an der Außenseite der Kathedrale, die sie auf den St. George's-Fields zu bauen beabsichtigen, ein großes Kreuz und Heiligenbilder anzubringen, abgeschlagen. Frankreich. Paris, 4 April. Der Moniteur zeigt nun officiell die am Morgen des 3 April erfolgte Abreise der Herzoge von Orleans und Aumale nach Toulon an. Dem Courrier francais zufolge soll die Vermählung des Herzogs von Nemours bestimmt am 23 April zu St. Cloud gefeiert werden. Die Prinzessin Braut soll von ihrem Vater und ihrem Oheim, dem König Leopold, nach Frankreich begleitet werden. * Eine telegraphische Depesche meldet, daß am 4 April Morgens um 8 1/2 Uhr das Linienschiff Friedland zu Cherbourg mit dem besten Erfolg von Stapel gelaufen sey. * Die Sitzung der Pairskammer am 4 April bot kein besonderes Interesse dar, außer daß eine k. Ordonnanz verlesen wurde, wodurch der Gesetzesentwurf in Betreff der Verantwortlichkeit der Schiffsbesitzer zurückgenommen wird, indem zuvor noch mit dem Cassationshof und andern Gerichtshöfen darüber verhandelt werden müsse. * In der Sitzung der Deputirtenkammer führte die Tagesordnung auf die Entwickelung des Vorschlags des Hrn. Larabit in Betreff der Rückstände der Ehrenlegion. Wir kommen morgen darauf zurück, und bemerken nur, daß die Minister sich einer nähern Erwägung und der Zuweisung an eine Commission nicht widersetzten, was dann auch beschlossen ward. (Univers.) Die Commission der Pairskammer hat einstimmig die Bestimmung des neuen Expropriationsgesetzes verworfen, welche die provisorische Besitzergreifung zum Vortheil der Compagnien mittelst des Depots der Entschädigung ermächtigte. das Parlament, wie es jetzt constituirt sey, auf die Volksstimme nicht hören wolle, so werde diese eine neue Constituirung des Parlaments erzwingen. Auf der Oppositionsseite sprachen an diesem Abend keine Redner ersten Rangs. Lord Darlington äußerte seine Verwunderung, daß eine Motion wieder gestellt werden wolle, die in voriger Session nach fünftägigen Debatten mit einer Mehrheit von 147 Stimmen verworfen worden sey. Hr. d'Israeli bemerkte, der Zolltarif der Continentalstaaten stehe ganz außer Zusammenhang mit den englischen Korngesetzen. Der Handelsminister Hr. Labouchere, der einzige Cabinetsminister, der während der Rede des Hrn. Villiers im Hause anwesend war – erklärte sich, wie am 31 März vor den Anti-Cornlaw-Abgeordneten, gegen die alsbaldige und völlige Abschaffung der Korngesetze, aber für einen mäßigen Eingangszoll von 8 bis zu 1 Schilling per Quarter herab. Die Verhandlungen wurden vertagt, und am 2 April wieder aufgenommen. Man erwartet, daß sie die ganze Woche dauern werden. Der Standard bezeichnet heute das gestern von ihm erwähnte Gerücht, daß die Whigminister ihre Entlassung zu nehmen beabsichtigten, selbst als unrichtig, führt aber mehrere Umstände an, die dasselbe ganz glaubwürdig gemacht hätten: die Consols seyen, ohne irgend einen andern Grund dafür, plötzlich um 1/8 gestiegen; das auf gestern angesagte Lever sey plötzlich wieder abbestellt worden; in Lord J. Russells Privatwohnung sey am 1 April Nachmittags ein voller Cabinetsrath gegen zwei Stunden gesessen, und endlich sey nur ein einziges Cabinetsmitglied am 1 April Abends im Hause der Gemeinen anwesend gewesen, während Hr. Villiers seine lange Rede gegen die Korngesetze hielt, über welche Frage das Cabinet bekanntlich getrennter Meinung sey. Man liest im Börseartikel der Times: „Das sehr ernste Aussehen, das die Schwefelfrage gewinnt, macht sie nachgerade zum allgemeinen Gesprächsgegenstand in der City. Gründliche Kenner der Sache stehen nicht an zu behaupten, daß der Vertrag von 1816 verletzt worden, und daß alle bisher angeführten Argumente, wodurch man den Vertrag mit Taix und Comp. und jenen Vertrag mit einander in Einklang bringen möchte, nugatorisch und ungenügend sind. Die Sache, sagen diese competenten Beurtheiler, liegt in einer Nußschale, indem der Vertrag ausdrücklich besagt, daß die Engländer keine andern Abgaben zu entrichten haben, als die „begünstigtsten Nationen,“ während doch die Monopolisten, ihrem Contract gemäß, einen niedrigern Zollsatz bezahlen, wir Engländer aber einen so hohen, daß er factisch einem Prohibitivzoll gleichkommt. Der Umstand, daß die Monopolisten nicht die französische Regierung, sondern bloß eine Anzahl einzelner Privaten repräsentiren, wird als ganz unwesentlich betrachtet, denn der englische Handelsstand, bemerkt man, würde gleiche Ursache zur Beschwerde haben, wenn jene Schwefel-Compagnie aus brittischen Unterthanen bestände. Die von der neapolitanischen Regierung der Compagnie verliehene Befugniß, der Bearbeitung der Schwefelmineu (von Seite englischer Capitalisten) Einhalt zu gebieten, wird als eine arge Oppressivmaaßregel betrachtet, zumal da die Compagnie dieß schon in mehreren Fällen gethan hat. Bei diesem ungeordneten Stand der Dinge hört man über den von Ihrer Maj. Regierung zu befolgenden Plan mancherlei Vermuthungen, und es geht sogar die Rede von beabsichtigten Repressalien. Eine solche Maaßregel wird jedoch von dem brittischen Handelsstande mit keinem günstigen Auge angesehen, da dieselbe, wie unsere Kaufleute glauben, weniger die sicilische Regierung treffen, als eine Anzahl unschuldiger Sicilianer beschädigen würde, welche, abgesehen von der freundlichen Stimmung der sicilischen Bevölkerung gegen England, dasselbe Interesse wie wir haben, und jenes Monopol gleicherweise als ein höchst schlimmes Uebel betrachten, da es sie, sowohl durch Suspendirung ihrer Arbeit in den Schwefelbergwerken, als durch Verhinderung ihrer Ausfuhr des Schwefels, verdienst- und brodlos macht. Demnach würde unter unsern Repressalien eine Anzahl uns und unserer Sache freundlichgesinnter Menschen zu leiden haben.“ Die Londoner Blätter haben einen neuen Anlaß zu Reibungen mit Frankreich gefunden, und zwar in der Expedition, welche die Entdeckungscorvette Astrolabe gegen die Bewohner der Viti-Inseln unternommen, wo sie mit 50 Bewaffneten und etlichen Kanonen ein wehrloses Dorf in Brand gesteckt und eine Schaar unglücklicher Wilder in die Wälder getrieben habe. Der brittische Reformationsverein hat so eben eine Karte herausgegeben, auf welcher die Lage aller katholischen Capellen, Klöster, Seminarien und Schulen in England, Wales und Schottland verzeichnet ist. Man zählt nicht weniger als 532 solche Gebäude, was auf die letzten zehn Jahre einen Zuwachs von 88 herausstellt. Auf die Grafschaft Lancaster treffen 74 Capellen und neun Schulen, auf Yorkshire 50 Capellen und neun Schulen, auf Middlesex (wo London liegt) nur 20 Capellen, aber 13 Schulen. Die Times macht auf dieses Verhältniß mit dem Bemerken aufmerksam, daß gerade in der Nähe des whiggischen Regierungssitzes sich die meisten „Pflanzschulen des Papstthums“ befinden. Den Londoner Katholiken ward übrigens in diesen Tagen von den City-Behörden die nachgesuchte Erlaubniß, an der Außenseite der Kathedrale, die sie auf den St. George's-Fields zu bauen beabsichtigen, ein großes Kreuz und Heiligenbilder anzubringen, abgeschlagen. Frankreich. Paris, 4 April. Der Moniteur zeigt nun officiell die am Morgen des 3 April erfolgte Abreise der Herzoge von Orleans und Aumale nach Toulon an. Dem Courrier français zufolge soll die Vermählung des Herzogs von Nemours bestimmt am 23 April zu St. Cloud gefeiert werden. Die Prinzessin Braut soll von ihrem Vater und ihrem Oheim, dem König Leopold, nach Frankreich begleitet werden. * Eine telegraphische Depesche meldet, daß am 4 April Morgens um 8 1/2 Uhr das Linienschiff Friedland zu Cherbourg mit dem besten Erfolg von Stapel gelaufen sey. * Die Sitzung der Pairskammer am 4 April bot kein besonderes Interesse dar, außer daß eine k. Ordonnanz verlesen wurde, wodurch der Gesetzesentwurf in Betreff der Verantwortlichkeit der Schiffsbesitzer zurückgenommen wird, indem zuvor noch mit dem Cassationshof und andern Gerichtshöfen darüber verhandelt werden müsse. * In der Sitzung der Deputirtenkammer führte die Tagesordnung auf die Entwickelung des Vorschlags des Hrn. Larabit in Betreff der Rückstände der Ehrenlegion. Wir kommen morgen darauf zurück, und bemerken nur, daß die Minister sich einer nähern Erwägung und der Zuweisung an eine Commission nicht widersetzten, was dann auch beschlossen ward. (Univers.) 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Russells Privatwohnung sey am 1 April Nachmittags ein voller Cabinetsrath gegen zwei Stunden gesessen, und endlich sey nur ein einziges Cabinetsmitglied am 1 April Abends im Hause der Gemeinen anwesend gewesen, während Hr. Villiers seine lange Rede gegen die Korngesetze hielt, über welche Frage das Cabinet bekanntlich getrennter Meinung sey.</p><lb/> <p>Man liest im Börseartikel der <hi rendition="#g">Times</hi>: „Das sehr ernste Aussehen, das die <hi rendition="#g">Schwefelfrage</hi> gewinnt, macht sie nachgerade zum allgemeinen Gesprächsgegenstand in der City. Gründliche Kenner der Sache stehen nicht an zu behaupten, daß der Vertrag von 1816 verletzt worden, und daß alle bisher angeführten Argumente, wodurch man den Vertrag mit Taix und Comp. und jenen Vertrag mit einander in Einklang bringen möchte, nugatorisch und ungenügend sind. 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Die von der neapolitanischen Regierung der Compagnie verliehene Befugniß, der Bearbeitung der Schwefelmineu (von Seite englischer Capitalisten) Einhalt zu gebieten, wird als eine arge Oppressivmaaßregel betrachtet, zumal da die Compagnie dieß schon in mehreren Fällen gethan hat. Bei diesem ungeordneten Stand der Dinge hört man über den von Ihrer Maj. Regierung zu befolgenden Plan mancherlei Vermuthungen, und es geht sogar die Rede von beabsichtigten Repressalien. Eine solche Maaßregel wird jedoch von dem brittischen Handelsstande mit keinem günstigen Auge angesehen, da dieselbe, wie unsere Kaufleute glauben, weniger die sicilische Regierung treffen, als eine Anzahl unschuldiger Sicilianer beschädigen würde, welche, abgesehen von der freundlichen Stimmung der sicilischen Bevölkerung gegen England, dasselbe Interesse wie wir haben, und jenes Monopol gleicherweise als ein höchst schlimmes Uebel betrachten, da es sie, sowohl durch Suspendirung ihrer Arbeit in den Schwefelbergwerken, als durch Verhinderung ihrer Ausfuhr des Schwefels, verdienst- und brodlos macht. 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Der Standard bezeichnet heute das gestern von ihm erwähnte Gerücht, daß die Whigminister ihre Entlassung zu nehmen beabsichtigten, selbst als unrichtig, führt aber mehrere Umstände an, die dasselbe ganz glaubwürdig gemacht hätten: die Consols seyen, ohne irgend einen andern Grund dafür, plötzlich um 1/8 gestiegen; das auf gestern angesagte Lever sey plötzlich wieder abbestellt worden; in Lord J. Russells Privatwohnung sey am 1 April Nachmittags ein voller Cabinetsrath gegen zwei Stunden gesessen, und endlich sey nur ein einziges Cabinetsmitglied am 1 April Abends im Hause der Gemeinen anwesend gewesen, während Hr. Villiers seine lange Rede gegen die Korngesetze hielt, über welche Frage das Cabinet bekanntlich getrennter Meinung sey.
Man liest im Börseartikel der Times: „Das sehr ernste Aussehen, das die Schwefelfrage gewinnt, macht sie nachgerade zum allgemeinen Gesprächsgegenstand in der City. Gründliche Kenner der Sache stehen nicht an zu behaupten, daß der Vertrag von 1816 verletzt worden, und daß alle bisher angeführten Argumente, wodurch man den Vertrag mit Taix und Comp. und jenen Vertrag mit einander in Einklang bringen möchte, nugatorisch und ungenügend sind. Die Sache, sagen diese competenten Beurtheiler, liegt in einer Nußschale, indem der Vertrag ausdrücklich besagt, daß die Engländer keine andern Abgaben zu entrichten haben, als die „begünstigtsten Nationen,“ während doch die Monopolisten, ihrem Contract gemäß, einen niedrigern Zollsatz bezahlen, wir Engländer aber einen so hohen, daß er factisch einem Prohibitivzoll gleichkommt. Der Umstand, daß die Monopolisten nicht die französische Regierung, sondern bloß eine Anzahl einzelner Privaten repräsentiren, wird als ganz unwesentlich betrachtet, denn der englische Handelsstand, bemerkt man, würde gleiche Ursache zur Beschwerde haben, wenn jene Schwefel-Compagnie aus brittischen Unterthanen bestände. Die von der neapolitanischen Regierung der Compagnie verliehene Befugniß, der Bearbeitung der Schwefelmineu (von Seite englischer Capitalisten) Einhalt zu gebieten, wird als eine arge Oppressivmaaßregel betrachtet, zumal da die Compagnie dieß schon in mehreren Fällen gethan hat. Bei diesem ungeordneten Stand der Dinge hört man über den von Ihrer Maj. Regierung zu befolgenden Plan mancherlei Vermuthungen, und es geht sogar die Rede von beabsichtigten Repressalien. Eine solche Maaßregel wird jedoch von dem brittischen Handelsstande mit keinem günstigen Auge angesehen, da dieselbe, wie unsere Kaufleute glauben, weniger die sicilische Regierung treffen, als eine Anzahl unschuldiger Sicilianer beschädigen würde, welche, abgesehen von der freundlichen Stimmung der sicilischen Bevölkerung gegen England, dasselbe Interesse wie wir haben, und jenes Monopol gleicherweise als ein höchst schlimmes Uebel betrachten, da es sie, sowohl durch Suspendirung ihrer Arbeit in den Schwefelbergwerken, als durch Verhinderung ihrer Ausfuhr des Schwefels, verdienst- und brodlos macht. Demnach würde unter unsern Repressalien eine Anzahl uns und unserer Sache freundlichgesinnter Menschen zu leiden haben.“
Die Londoner Blätter haben einen neuen Anlaß zu Reibungen mit Frankreich gefunden, und zwar in der Expedition, welche die Entdeckungscorvette Astrolabe gegen die Bewohner der Viti-Inseln unternommen, wo sie mit 50 Bewaffneten und etlichen Kanonen ein wehrloses Dorf in Brand gesteckt und eine Schaar unglücklicher Wilder in die Wälder getrieben habe.
Der brittische Reformationsverein hat so eben eine Karte herausgegeben, auf welcher die Lage aller katholischen Capellen, Klöster, Seminarien und Schulen in England, Wales und Schottland verzeichnet ist. Man zählt nicht weniger als 532 solche Gebäude, was auf die letzten zehn Jahre einen Zuwachs von 88 herausstellt. Auf die Grafschaft Lancaster treffen 74 Capellen und neun Schulen, auf Yorkshire 50 Capellen und neun Schulen, auf Middlesex (wo London liegt) nur 20 Capellen, aber 13 Schulen. Die Times macht auf dieses Verhältniß mit dem Bemerken aufmerksam, daß gerade in der Nähe des whiggischen Regierungssitzes sich die meisten „Pflanzschulen des Papstthums“ befinden. Den Londoner Katholiken ward übrigens in diesen Tagen von den City-Behörden die nachgesuchte Erlaubniß, an der Außenseite der Kathedrale, die sie auf den St. George's-Fields zu bauen beabsichtigen, ein großes Kreuz und Heiligenbilder anzubringen, abgeschlagen.
Frankreich.
_ Paris, 4 April.
Der Moniteur zeigt nun officiell die am Morgen des 3 April erfolgte Abreise der Herzoge von Orleans und Aumale nach Toulon an.
Dem Courrier français zufolge soll die Vermählung des Herzogs von Nemours bestimmt am 23 April zu St. Cloud gefeiert werden. Die Prinzessin Braut soll von ihrem Vater und ihrem Oheim, dem König Leopold, nach Frankreich begleitet werden.
* Eine telegraphische Depesche meldet, daß am 4 April Morgens um 8 1/2 Uhr das Linienschiff Friedland zu Cherbourg mit dem besten Erfolg von Stapel gelaufen sey.
* Die Sitzung der Pairskammer am 4 April bot kein besonderes Interesse dar, außer daß eine k. Ordonnanz verlesen wurde, wodurch der Gesetzesentwurf in Betreff der Verantwortlichkeit der Schiffsbesitzer zurückgenommen wird, indem zuvor noch mit dem Cassationshof und andern Gerichtshöfen darüber verhandelt werden müsse.
* In der Sitzung der Deputirtenkammer führte die Tagesordnung auf die Entwickelung des Vorschlags des Hrn. Larabit in Betreff der Rückstände der Ehrenlegion. Wir kommen morgen darauf zurück, und bemerken nur, daß die Minister sich einer nähern Erwägung und der Zuweisung an eine Commission nicht widersetzten, was dann auch beschlossen ward.
(Univers.) Die Commission der Pairskammer hat einstimmig die Bestimmung des neuen Expropriationsgesetzes verworfen, welche die provisorische Besitzergreifung zum Vortheil der Compagnien mittelst des Depots der Entschädigung ermächtigte.
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