Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840.Werke Friedrichs in sieben Bänden enthalten wird. - Ob und wie hier die Feier des Buchdrucker-Jubiläums statt finden werde, scheint noch immer nicht ganz entschieden. Während eine vor kurzem gehaltene Generalversammlung der Buchhändler, Buchdrucker, Schriftgießer etc. übereinkam, keine Feier zu veranstalten, die nicht, wie die hier im Jahre 1740 (im ersten Monat der Regierung Friedrichs) stattgehabte, mit einer würdigen Oeffentlichkeit verbunden wäre, scheint ein nicht unansehnlicher Theil des achtbaren Buchdrucker-Gremiums, wozu namentlich diejenigen Gehülfen gehören, die bereits seit mehrern Jahren zu diesem Behufe eine Geldsumme durch Sparpfennige gesammelt haben, entschlossen, nicht nach Leipzig auszuwandern - wie so viele Andere dieß thun wollen - sondern hier die Feier zu veranstalten, mit der ja Berlin auch unmöglich hinter allen andern deutschen Städten zurückbleiben kann - Berlin, für welches die Idee und, als Trägerin derselben, die Presse, gerade in den letzten hundert Jahren so viel gethan hat. In der That ist man hier auch von diesem Gedanken so sehr durchdrungen, daß man es ganz angemessen findet, wenn sich, wie alle Aussicht dazu vorhanden ist, unsere höhern wissenschaftlichen Institute, namentlich Akademie und Universität, der Buchdruckerfeier anschließen, die gewiß noch, aller Schwierigkeiten ungeachtet, mit denen sie zu kämpfen hat, in würdiger Weise zu Stande kommen wird. - Dem Vernehmen nach hat eine aus drei Mitgliedern bestehende Commission von preußischen Ingenieur-Geographen den Auftrag erhalten, ein Nivellement zwischen Elbe, Weser und Rhein aufzunehmen, um die bequemste Linie zu einer Eisenbahn von Halle nach Köln festzustellen. Es ist demnach von neuem die Hoffnung vorhanden, das großartige Unternehmen, welches Berlin, Magdeburg und Halle (so wie demnächst auch Leipzig und Dresden) mit dem Rheinstrom in eine Eisenbahnverbindung bringen würde, bald ins Leben treten zu sehen. Die Unterzeichnungen für die Stettiner Eisenbahn schreiten langsam, aber doch mit jedem Tage mehr vorwärts. Endlich scheint jetzt auch eine Dampfschiffverbindung der preußischen Ostseehäfen, und zwar zunächst zwischen Königsberg, Pillau, Danzig und Stettin zu Stande zu kommen. Es ist unbegreiflich, daß das Bedürfniß einer solchen Verbindung sich nicht schon früher geltend gemacht, da doch, mit Ausnahme der deutschen, alle andern Ostseestaaten, namentlich Rußland, Schweden und Dänemark, längst schon die Vortheile des durch die Dampfschifffahrt beschleunigten Handelsverkehrs in reichem Maaße genießen. Rußland. Von der polnischen Gränze, 7 April. Den letzten Nachrichten aus Warschau zufolge hat das Perowsky'sche Expeditionscorps auf dem Marsche nach Chiwa keineswegs so viel gelitten, wie Berliner Correspondenzen berichtet haben. Die ungewöhnlich strenge und anhaltende Kälte, so wie die aufgethürmten Schneemassen in der Karakalpaken-Steppe haben allerdings der Unternehmung große Hindernisse bereitet, und es sind namentlich an zweitausend Kamele als Opfer des ungewohnten Klima's gefallen, auch ungefähr 1600 Mann kampfunfähig geworden; damit ist aber keineswegs das ganze Unternehmen als gescheitert zu betrachten, und noch viel weniger hat General Perowsky den Rückmarsch angetreten *), vielmehr sind bereits die nöthigen Lastthiere und die Ersatzmannschaften längst unterwegs, und werden zu rechter Zeit an der Emba eintreffen, um vereint mit dem Hauptcorps den Marsch gegen Chiwa fortzusetzen, welches spätestens zu Anfang des Mai's erreicht seyn dürfte, da die einzigen Hindernisse, die nun noch dem weitern Vordringen entgegen stehen, in der sumpfigen, von unzähligen brückenlosen Gräben und Canälen durchschnittenen Bodenbeschaffenheit des Tieflandes am Amu-Darja bestehen. - Auch bei uns hat sich seit etwa 14 Tagen das Gerücht von kriegerischen Bewegungen des Schahs von Persien verbreitet, das jedoch bei der dermaligen politischen Stellung desselben kaum glaublich erscheint, und seine schnelle Verbreitung wohl nur dem Wunsche der russischen Soldaten, daß es sich verwirklichen möge, verdankt. Jedenfalls würde die Bestätigung desselben das sicherste Mittel seyn, den verworrenen orientalischen Knoten zu einer schnellern Lösung zu bringen; und den Russen namentlich könnte eine Kriegsprovocation von der Seite her nur angenehm seyn, indem die hohe Pforte dadurch in die Nothwendigkeit versetzt würde, den tractatenmäßigen materiellen Beistand des St. Petersburger Cabinets in Anspruch zu nehmen, während letzteres eine willkommene, scheinbar dringende Veranlassung erhielte, gerade auf dem Punkte vorzurücken, wohin seine Blicke vorzugsweise gerichtet sind. Ohne Zweifel ist auch die transkaukasische Armee der Russen stark genug, um gegen jeden dortigen Feind, etwa mit alleiniger Ausnahme Ibrahim Pascha's, erfolgreich operiren zu können. Gewiß dürfen wir in kurzer Zeit entscheidenden Begebenheiten im Orient entgegensehen. - Der Großfürst-Thronfolger hat sich in Warschau, während seines kurzen Aufenthalts daselbst, sehr leutselig benommen, und Alle, die mit ihm in Berührung kamen, für sich gewonnen; indessen dürfte sein Verweilen in der polnischen Hauptstadt eben keine politischen Folgen nach sich ziehen, auf die jetzt manche sanguinische Hoffnung gerichtet ist. - Die Festung Neu-Georgiewsk, früher Modlin geheißen, ist nunmehr großentheils vollendet, und wird von competenten Richtern für einen der stärksten Waffenplätze in Europa gehalten. - Das Werk der Wiedervereinigung der bisher unirten griechischen Kirche mit der alten russischen Mutterkirche wird geräuschlos, aber aufs nachdrücklichste fortgesetzt, und dürfte daher bald als beendigt angesehen werden können. - Der Bau der Krakauer Eisenbahn hat den erfreulichsten Fortgang, da die größten Anstrengungen behufs ihrer schnellen Vollendung gemacht werden. Griechenland. Athen, 20 März. Der junge Prinz von Oranien, der seit dem 12 d. mit seiner Fregatte in dem Piräeus eingelaufen ist, besucht Athen fast täglich, und hat bereits mehrmals bei Hofe gespeist. Am Sonntag war ihm zu Ehren große Tafel von etlichen und sechzig Gedecken, zu welcher die Minister und Staatsräthe geladen waren. Gleichzeitig mit Sr. k. Hoh. ist auch Hr. Zographos im Piräeus eingetroffen, wo er noch in der Quarantäne ist. Der griechische Courier zeigt an, daß er den so lange gewünschten Handelsvertrag mit der Pforte (auf den Grundlagen der Verträge mit England und Oesterreich) glücklich abgeschlossen habe, was die Athene sonderbarer Weise noch in Zweifel ziehen will. Letzteres Blatt will auch bemerkt haben, daß unsre Politik sich jetzt zu Oesterreich hinneige. Wir wissen nicht, ob diese Nachricht irgend einen Schein von Grund hat, zumal der österreichische Gesandte noch immer abwesend ist. Es ließe sich vielleicht denken, daß man in Wien nach den letzten Vorgängen den Augenblick für geeignet gehalten hätte, Rathschläge im Sinne der dortigen Politik hieher gelangen zu lassen, und somit einen Versuch zu machen, hier größern Einfluß zu erlangen. Indessen erscheint mir die ganze Sache zweifelhaft. Ein jeder Einfluß muß, um sich als solcher geltend machen zu können, im Lande selbst eine Stütze und einen Träger *) Wir müssen erwarten, ob diese Meldung, oder die zugleich über Berlin und Wien gekommne, sich bestätigt.
Werke Friedrichs in sieben Bänden enthalten wird. – Ob und wie hier die Feier des Buchdrucker-Jubiläums statt finden werde, scheint noch immer nicht ganz entschieden. Während eine vor kurzem gehaltene Generalversammlung der Buchhändler, Buchdrucker, Schriftgießer etc. übereinkam, keine Feier zu veranstalten, die nicht, wie die hier im Jahre 1740 (im ersten Monat der Regierung Friedrichs) stattgehabte, mit einer würdigen Oeffentlichkeit verbunden wäre, scheint ein nicht unansehnlicher Theil des achtbaren Buchdrucker-Gremiums, wozu namentlich diejenigen Gehülfen gehören, die bereits seit mehrern Jahren zu diesem Behufe eine Geldsumme durch Sparpfennige gesammelt haben, entschlossen, nicht nach Leipzig auszuwandern – wie so viele Andere dieß thun wollen – sondern hier die Feier zu veranstalten, mit der ja Berlin auch unmöglich hinter allen andern deutschen Städten zurückbleiben kann – Berlin, für welches die Idee und, als Trägerin derselben, die Presse, gerade in den letzten hundert Jahren so viel gethan hat. In der That ist man hier auch von diesem Gedanken so sehr durchdrungen, daß man es ganz angemessen findet, wenn sich, wie alle Aussicht dazu vorhanden ist, unsere höhern wissenschaftlichen Institute, namentlich Akademie und Universität, der Buchdruckerfeier anschließen, die gewiß noch, aller Schwierigkeiten ungeachtet, mit denen sie zu kämpfen hat, in würdiger Weise zu Stande kommen wird. – Dem Vernehmen nach hat eine aus drei Mitgliedern bestehende Commission von preußischen Ingenieur-Geographen den Auftrag erhalten, ein Nivellement zwischen Elbe, Weser und Rhein aufzunehmen, um die bequemste Linie zu einer Eisenbahn von Halle nach Köln festzustellen. Es ist demnach von neuem die Hoffnung vorhanden, das großartige Unternehmen, welches Berlin, Magdeburg und Halle (so wie demnächst auch Leipzig und Dresden) mit dem Rheinstrom in eine Eisenbahnverbindung bringen würde, bald ins Leben treten zu sehen. Die Unterzeichnungen für die Stettiner Eisenbahn schreiten langsam, aber doch mit jedem Tage mehr vorwärts. Endlich scheint jetzt auch eine Dampfschiffverbindung der preußischen Ostseehäfen, und zwar zunächst zwischen Königsberg, Pillau, Danzig und Stettin zu Stande zu kommen. Es ist unbegreiflich, daß das Bedürfniß einer solchen Verbindung sich nicht schon früher geltend gemacht, da doch, mit Ausnahme der deutschen, alle andern Ostseestaaten, namentlich Rußland, Schweden und Dänemark, längst schon die Vortheile des durch die Dampfschifffahrt beschleunigten Handelsverkehrs in reichem Maaße genießen. Rußland. Von der polnischen Gränze, 7 April. Den letzten Nachrichten aus Warschau zufolge hat das Perowsky'sche Expeditionscorps auf dem Marsche nach Chiwa keineswegs so viel gelitten, wie Berliner Correspondenzen berichtet haben. Die ungewöhnlich strenge und anhaltende Kälte, so wie die aufgethürmten Schneemassen in der Karakalpaken-Steppe haben allerdings der Unternehmung große Hindernisse bereitet, und es sind namentlich an zweitausend Kamele als Opfer des ungewohnten Klima's gefallen, auch ungefähr 1600 Mann kampfunfähig geworden; damit ist aber keineswegs das ganze Unternehmen als gescheitert zu betrachten, und noch viel weniger hat General Perowsky den Rückmarsch angetreten *), vielmehr sind bereits die nöthigen Lastthiere und die Ersatzmannschaften längst unterwegs, und werden zu rechter Zeit an der Emba eintreffen, um vereint mit dem Hauptcorps den Marsch gegen Chiwa fortzusetzen, welches spätestens zu Anfang des Mai's erreicht seyn dürfte, da die einzigen Hindernisse, die nun noch dem weitern Vordringen entgegen stehen, in der sumpfigen, von unzähligen brückenlosen Gräben und Canälen durchschnittenen Bodenbeschaffenheit des Tieflandes am Amu-Darja bestehen. – Auch bei uns hat sich seit etwa 14 Tagen das Gerücht von kriegerischen Bewegungen des Schahs von Persien verbreitet, das jedoch bei der dermaligen politischen Stellung desselben kaum glaublich erscheint, und seine schnelle Verbreitung wohl nur dem Wunsche der russischen Soldaten, daß es sich verwirklichen möge, verdankt. Jedenfalls würde die Bestätigung desselben das sicherste Mittel seyn, den verworrenen orientalischen Knoten zu einer schnellern Lösung zu bringen; und den Russen namentlich könnte eine Kriegsprovocation von der Seite her nur angenehm seyn, indem die hohe Pforte dadurch in die Nothwendigkeit versetzt würde, den tractatenmäßigen materiellen Beistand des St. Petersburger Cabinets in Anspruch zu nehmen, während letzteres eine willkommene, scheinbar dringende Veranlassung erhielte, gerade auf dem Punkte vorzurücken, wohin seine Blicke vorzugsweise gerichtet sind. Ohne Zweifel ist auch die transkaukasische Armee der Russen stark genug, um gegen jeden dortigen Feind, etwa mit alleiniger Ausnahme Ibrahim Pascha's, erfolgreich operiren zu können. Gewiß dürfen wir in kurzer Zeit entscheidenden Begebenheiten im Orient entgegensehen. – Der Großfürst-Thronfolger hat sich in Warschau, während seines kurzen Aufenthalts daselbst, sehr leutselig benommen, und Alle, die mit ihm in Berührung kamen, für sich gewonnen; indessen dürfte sein Verweilen in der polnischen Hauptstadt eben keine politischen Folgen nach sich ziehen, auf die jetzt manche sanguinische Hoffnung gerichtet ist. – Die Festung Neu-Georgiewsk, früher Modlin geheißen, ist nunmehr großentheils vollendet, und wird von competenten Richtern für einen der stärksten Waffenplätze in Europa gehalten. – Das Werk der Wiedervereinigung der bisher unirten griechischen Kirche mit der alten russischen Mutterkirche wird geräuschlos, aber aufs nachdrücklichste fortgesetzt, und dürfte daher bald als beendigt angesehen werden können. – Der Bau der Krakauer Eisenbahn hat den erfreulichsten Fortgang, da die größten Anstrengungen behufs ihrer schnellen Vollendung gemacht werden. Griechenland. Athen, 20 März. Der junge Prinz von Oranien, der seit dem 12 d. mit seiner Fregatte in dem Piräeus eingelaufen ist, besucht Athen fast täglich, und hat bereits mehrmals bei Hofe gespeist. Am Sonntag war ihm zu Ehren große Tafel von etlichen und sechzig Gedecken, zu welcher die Minister und Staatsräthe geladen waren. Gleichzeitig mit Sr. k. Hoh. ist auch Hr. Zographos im Piräeus eingetroffen, wo er noch in der Quarantäne ist. Der griechische Courier zeigt an, daß er den so lange gewünschten Handelsvertrag mit der Pforte (auf den Grundlagen der Verträge mit England und Oesterreich) glücklich abgeschlossen habe, was die Athene sonderbarer Weise noch in Zweifel ziehen will. Letzteres Blatt will auch bemerkt haben, daß unsre Politik sich jetzt zu Oesterreich hinneige. Wir wissen nicht, ob diese Nachricht irgend einen Schein von Grund hat, zumal der österreichische Gesandte noch immer abwesend ist. Es ließe sich vielleicht denken, daß man in Wien nach den letzten Vorgängen den Augenblick für geeignet gehalten hätte, Rathschläge im Sinne der dortigen Politik hieher gelangen zu lassen, und somit einen Versuch zu machen, hier größern Einfluß zu erlangen. Indessen erscheint mir die ganze Sache zweifelhaft. Ein jeder Einfluß muß, um sich als solcher geltend machen zu können, im Lande selbst eine Stütze und einen Träger *) Wir müssen erwarten, ob diese Meldung, oder die zugleich über Berlin und Wien gekommne, sich bestätigt.
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In der That ist man hier auch von diesem Gedanken so sehr durchdrungen, daß man es ganz angemessen findet, wenn sich, wie alle Aussicht dazu vorhanden ist, unsere höhern wissenschaftlichen Institute, namentlich Akademie und Universität, der Buchdruckerfeier anschließen, die gewiß noch, aller Schwierigkeiten ungeachtet, mit denen sie zu kämpfen hat, in würdiger Weise zu Stande kommen wird. – Dem Vernehmen nach hat eine aus drei Mitgliedern bestehende Commission von preußischen Ingenieur-Geographen den Auftrag erhalten, ein Nivellement zwischen Elbe, Weser und Rhein aufzunehmen, um die bequemste Linie zu einer Eisenbahn von Halle nach Köln festzustellen. Es ist demnach von neuem die Hoffnung vorhanden, das großartige Unternehmen, welches Berlin, Magdeburg und Halle (so wie demnächst auch Leipzig und Dresden) mit dem Rheinstrom in eine Eisenbahnverbindung bringen würde, bald ins Leben treten zu sehen. Die Unterzeichnungen für die Stettiner Eisenbahn schreiten langsam, aber doch mit jedem Tage mehr vorwärts. Endlich scheint jetzt auch eine Dampfschiffverbindung der preußischen Ostseehäfen, und zwar zunächst zwischen Königsberg, Pillau, Danzig und Stettin zu Stande zu kommen. Es ist unbegreiflich, daß das Bedürfniß einer solchen Verbindung sich nicht schon früher geltend gemacht, da doch, mit Ausnahme der deutschen, alle andern Ostseestaaten, namentlich Rußland, Schweden und Dänemark, längst schon die Vortheile des durch die Dampfschifffahrt beschleunigten Handelsverkehrs in reichem Maaße genießen.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Rußland.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Von der polnischen Gränze,</hi> 7 April.</dateline> <p> Den letzten Nachrichten aus Warschau zufolge hat das Perowsky'sche Expeditionscorps auf dem Marsche nach Chiwa keineswegs so viel gelitten, wie Berliner Correspondenzen berichtet haben. 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Jedenfalls würde die Bestätigung desselben das sicherste Mittel seyn, den verworrenen orientalischen Knoten zu einer schnellern Lösung zu bringen; und den Russen namentlich könnte eine Kriegsprovocation von der Seite her nur angenehm seyn, indem die hohe Pforte dadurch in die Nothwendigkeit versetzt würde, den tractatenmäßigen materiellen Beistand des St. Petersburger Cabinets in Anspruch zu nehmen, während letzteres eine willkommene, scheinbar dringende Veranlassung erhielte, gerade auf dem Punkte vorzurücken, wohin seine Blicke vorzugsweise gerichtet sind. Ohne Zweifel ist auch die transkaukasische Armee der Russen stark genug, um gegen jeden dortigen Feind, etwa mit alleiniger Ausnahme Ibrahim Pascha's, erfolgreich operiren zu können. Gewiß dürfen wir in kurzer Zeit entscheidenden Begebenheiten im Orient entgegensehen. – Der Großfürst-Thronfolger hat sich in Warschau, während seines kurzen Aufenthalts daselbst, sehr leutselig benommen, und Alle, die mit ihm in Berührung kamen, für sich gewonnen; indessen dürfte sein Verweilen in der polnischen Hauptstadt eben keine politischen Folgen nach sich ziehen, auf die jetzt manche sanguinische Hoffnung gerichtet ist. – Die Festung Neu-Georgiewsk, früher Modlin geheißen, ist nunmehr großentheils vollendet, und wird von competenten Richtern für einen der stärksten Waffenplätze in Europa gehalten. – Das Werk der Wiedervereinigung der bisher unirten griechischen Kirche mit der alten russischen Mutterkirche wird geräuschlos, aber aufs nachdrücklichste fortgesetzt, und dürfte daher bald als beendigt angesehen werden können. – Der Bau der Krakauer Eisenbahn hat den erfreulichsten Fortgang, da die größten Anstrengungen behufs ihrer schnellen Vollendung gemacht werden.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Griechenland.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Athen,</hi> 20 März.</dateline> <p> Der junge Prinz von Oranien, der seit dem 12 d. mit seiner Fregatte in dem Piräeus eingelaufen ist, besucht Athen fast täglich, und hat bereits mehrmals bei Hofe gespeist. Am Sonntag war ihm zu Ehren große Tafel von etlichen und sechzig Gedecken, zu welcher die Minister und Staatsräthe geladen waren. Gleichzeitig mit Sr. k. Hoh. ist auch Hr. Zographos im Piräeus eingetroffen, wo er noch in der Quarantäne ist. Der griechische Courier zeigt an, daß er den so lange gewünschten Handelsvertrag mit der Pforte (auf den Grundlagen der Verträge mit England und Oesterreich) glücklich abgeschlossen habe, was die Athene sonderbarer Weise noch in Zweifel ziehen will. Letzteres Blatt will auch bemerkt haben, daß unsre Politik sich jetzt zu Oesterreich hinneige. Wir wissen nicht, ob diese Nachricht irgend einen Schein von Grund hat, zumal der österreichische Gesandte noch immer abwesend ist. Es ließe sich vielleicht denken, daß man in Wien nach den letzten Vorgängen den Augenblick für geeignet gehalten hätte, Rathschläge im Sinne der dortigen Politik hieher gelangen zu lassen, und somit einen Versuch zu machen, hier größern Einfluß zu erlangen. 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Werke Friedrichs in sieben Bänden enthalten wird. – Ob und wie hier die Feier des Buchdrucker-Jubiläums statt finden werde, scheint noch immer nicht ganz entschieden. Während eine vor kurzem gehaltene Generalversammlung der Buchhändler, Buchdrucker, Schriftgießer etc. übereinkam, keine Feier zu veranstalten, die nicht, wie die hier im Jahre 1740 (im ersten Monat der Regierung Friedrichs) stattgehabte, mit einer würdigen Oeffentlichkeit verbunden wäre, scheint ein nicht unansehnlicher Theil des achtbaren Buchdrucker-Gremiums, wozu namentlich diejenigen Gehülfen gehören, die bereits seit mehrern Jahren zu diesem Behufe eine Geldsumme durch Sparpfennige gesammelt haben, entschlossen, nicht nach Leipzig auszuwandern – wie so viele Andere dieß thun wollen – sondern hier die Feier zu veranstalten, mit der ja Berlin auch unmöglich hinter allen andern deutschen Städten zurückbleiben kann – Berlin, für welches die Idee und, als Trägerin derselben, die Presse, gerade in den letzten hundert Jahren so viel gethan hat. In der That ist man hier auch von diesem Gedanken so sehr durchdrungen, daß man es ganz angemessen findet, wenn sich, wie alle Aussicht dazu vorhanden ist, unsere höhern wissenschaftlichen Institute, namentlich Akademie und Universität, der Buchdruckerfeier anschließen, die gewiß noch, aller Schwierigkeiten ungeachtet, mit denen sie zu kämpfen hat, in würdiger Weise zu Stande kommen wird. – Dem Vernehmen nach hat eine aus drei Mitgliedern bestehende Commission von preußischen Ingenieur-Geographen den Auftrag erhalten, ein Nivellement zwischen Elbe, Weser und Rhein aufzunehmen, um die bequemste Linie zu einer Eisenbahn von Halle nach Köln festzustellen. Es ist demnach von neuem die Hoffnung vorhanden, das großartige Unternehmen, welches Berlin, Magdeburg und Halle (so wie demnächst auch Leipzig und Dresden) mit dem Rheinstrom in eine Eisenbahnverbindung bringen würde, bald ins Leben treten zu sehen. Die Unterzeichnungen für die Stettiner Eisenbahn schreiten langsam, aber doch mit jedem Tage mehr vorwärts. Endlich scheint jetzt auch eine Dampfschiffverbindung der preußischen Ostseehäfen, und zwar zunächst zwischen Königsberg, Pillau, Danzig und Stettin zu Stande zu kommen. Es ist unbegreiflich, daß das Bedürfniß einer solchen Verbindung sich nicht schon früher geltend gemacht, da doch, mit Ausnahme der deutschen, alle andern Ostseestaaten, namentlich Rußland, Schweden und Dänemark, längst schon die Vortheile des durch die Dampfschifffahrt beschleunigten Handelsverkehrs in reichem Maaße genießen.
Rußland.
_ Von der polnischen Gränze, 7 April. Den letzten Nachrichten aus Warschau zufolge hat das Perowsky'sche Expeditionscorps auf dem Marsche nach Chiwa keineswegs so viel gelitten, wie Berliner Correspondenzen berichtet haben. Die ungewöhnlich strenge und anhaltende Kälte, so wie die aufgethürmten Schneemassen in der Karakalpaken-Steppe haben allerdings der Unternehmung große Hindernisse bereitet, und es sind namentlich an zweitausend Kamele als Opfer des ungewohnten Klima's gefallen, auch ungefähr 1600 Mann kampfunfähig geworden; damit ist aber keineswegs das ganze Unternehmen als gescheitert zu betrachten, und noch viel weniger hat General Perowsky den Rückmarsch angetreten *), vielmehr sind bereits die nöthigen Lastthiere und die Ersatzmannschaften längst unterwegs, und werden zu rechter Zeit an der Emba eintreffen, um vereint mit dem Hauptcorps den Marsch gegen Chiwa fortzusetzen, welches spätestens zu Anfang des Mai's erreicht seyn dürfte, da die einzigen Hindernisse, die nun noch dem weitern Vordringen entgegen stehen, in der sumpfigen, von unzähligen brückenlosen Gräben und Canälen durchschnittenen Bodenbeschaffenheit des Tieflandes am Amu-Darja bestehen. – Auch bei uns hat sich seit etwa 14 Tagen das Gerücht von kriegerischen Bewegungen des Schahs von Persien verbreitet, das jedoch bei der dermaligen politischen Stellung desselben kaum glaublich erscheint, und seine schnelle Verbreitung wohl nur dem Wunsche der russischen Soldaten, daß es sich verwirklichen möge, verdankt. Jedenfalls würde die Bestätigung desselben das sicherste Mittel seyn, den verworrenen orientalischen Knoten zu einer schnellern Lösung zu bringen; und den Russen namentlich könnte eine Kriegsprovocation von der Seite her nur angenehm seyn, indem die hohe Pforte dadurch in die Nothwendigkeit versetzt würde, den tractatenmäßigen materiellen Beistand des St. Petersburger Cabinets in Anspruch zu nehmen, während letzteres eine willkommene, scheinbar dringende Veranlassung erhielte, gerade auf dem Punkte vorzurücken, wohin seine Blicke vorzugsweise gerichtet sind. Ohne Zweifel ist auch die transkaukasische Armee der Russen stark genug, um gegen jeden dortigen Feind, etwa mit alleiniger Ausnahme Ibrahim Pascha's, erfolgreich operiren zu können. Gewiß dürfen wir in kurzer Zeit entscheidenden Begebenheiten im Orient entgegensehen. – Der Großfürst-Thronfolger hat sich in Warschau, während seines kurzen Aufenthalts daselbst, sehr leutselig benommen, und Alle, die mit ihm in Berührung kamen, für sich gewonnen; indessen dürfte sein Verweilen in der polnischen Hauptstadt eben keine politischen Folgen nach sich ziehen, auf die jetzt manche sanguinische Hoffnung gerichtet ist. – Die Festung Neu-Georgiewsk, früher Modlin geheißen, ist nunmehr großentheils vollendet, und wird von competenten Richtern für einen der stärksten Waffenplätze in Europa gehalten. – Das Werk der Wiedervereinigung der bisher unirten griechischen Kirche mit der alten russischen Mutterkirche wird geräuschlos, aber aufs nachdrücklichste fortgesetzt, und dürfte daher bald als beendigt angesehen werden können. – Der Bau der Krakauer Eisenbahn hat den erfreulichsten Fortgang, da die größten Anstrengungen behufs ihrer schnellen Vollendung gemacht werden.
Griechenland.
_ Athen, 20 März. Der junge Prinz von Oranien, der seit dem 12 d. mit seiner Fregatte in dem Piräeus eingelaufen ist, besucht Athen fast täglich, und hat bereits mehrmals bei Hofe gespeist. Am Sonntag war ihm zu Ehren große Tafel von etlichen und sechzig Gedecken, zu welcher die Minister und Staatsräthe geladen waren. Gleichzeitig mit Sr. k. Hoh. ist auch Hr. Zographos im Piräeus eingetroffen, wo er noch in der Quarantäne ist. Der griechische Courier zeigt an, daß er den so lange gewünschten Handelsvertrag mit der Pforte (auf den Grundlagen der Verträge mit England und Oesterreich) glücklich abgeschlossen habe, was die Athene sonderbarer Weise noch in Zweifel ziehen will. Letzteres Blatt will auch bemerkt haben, daß unsre Politik sich jetzt zu Oesterreich hinneige. Wir wissen nicht, ob diese Nachricht irgend einen Schein von Grund hat, zumal der österreichische Gesandte noch immer abwesend ist. Es ließe sich vielleicht denken, daß man in Wien nach den letzten Vorgängen den Augenblick für geeignet gehalten hätte, Rathschläge im Sinne der dortigen Politik hieher gelangen zu lassen, und somit einen Versuch zu machen, hier größern Einfluß zu erlangen. Indessen erscheint mir die ganze Sache zweifelhaft. Ein jeder Einfluß muß, um sich als solcher geltend machen zu können, im Lande selbst eine Stütze und einen Träger
*) Wir müssen erwarten, ob diese Meldung, oder die zugleich über Berlin und Wien gekommne, sich bestätigt.
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