Allgemeine Zeitung. Nr. 108. Augsburg, 17. April 1840.Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsgemäße Begründung werden in Anspruch genommen werden." - Die dritte Hauptrubrik endlich bescheidet die "Wünsche und Anträge." In Bezug auf Straßenwesen heißt es darin: "Wir haben zur Verbesserung des Zustandes der Straßen- und Landbauten bereits in den drei ersten Jahren der laufenden Finanzperiode beträchtliche außerordentliche Zuschüsse bewilliget. Es bleibt dabei Unserer näheren Erwägung vorbehalten, was in dieser Beziehung etwa noch künftig nach dem Maaße des wahren Bedürfnisses und mit Rücksicht auf die Sicherung eines entsprechenden Erfolges zu geschehen haben dürfte. Die Ueberbürdung einzelner Gemeinden und Districte mit unverhältnißmäßigen örtlichen und Districtsumlagen, namentlich bei Straßen- und Wegbauten, widerstreitet Unseren landesväterlichen Absichten. Wir werden die deßfalls an Uns gebrachten Klagen der genauesten Prüfung unterstellen lassen, und nach dem Befunde das zur Abhülfe Geeignete verfügen. Was aber die Aufnahme von Districtsstraßen in die Reihe der Staats- und Kreisstraßen anbelangt, so muß die Erwägung, welche Verfügungen etwa deßfalls zu treffen seyn dürften, bis zur Feststellung des Budgets der fünften Finanzperiode ausgesetzt bleiben, da eine Erweiterung der den Kreisfonds und der Staatscasse nach dem Finanzgesetze vom 17 Nov. 1837 obliegenden Lasten nicht ohne die Verrückung der wesentlichen Grundlagen desselben im Laufe der Finanzperiode erfolgen könnte." - Der Landtagsabschied schließt mit den Worten: "Indem Wir Unseren Ständen diesen Abschied ertheilen, gereicht es Unserem Herzen zur wahren Befriedigung, denselben die wohlgefällige besondere Anerkennung der gewissenhaften und unermüdlichen Berufstreue und des deutschen Rechtssinnes, so wie der treuen Anhänglichkeit an Uns und Unser königliches Haus und des Vertrauens auszudrücken, welches dieselben durch die in den Gesammtbeschlüssen Uns dargebrachten Ergebnisse ihrer gemeinschaftlichen Verhandlungen bewährt haben, und Unsere Lieben und Getreuen die Stände des Reiches Unserer königlichen Huld und Gnade zu versichern, womit Wir denselben stets gewogen bleiben." Karlsruhe, 7 April. In der heutigen Sitzung hat die zweite Kammer ihren gestrigen Beschluß, im §. 263 statt "widerrechtlicher Weise" zu setzen: "in der Absicht, zu beleidigen," wieder zurückgenommen. Als nämlich v. Rotteck auch beim §. 265 den nämlichen Antrag stellte, so wurde von den Regierungscommissären Bekk und Duttlinger, so wie von Welcker und Andern von neuem ausgeführt, daß die "Widerrechtlichkeit" in den Begriff des Verbrechens gehöre. Duttlinger stellte die verschiedenen Classen von Rechtsgründen zusammen, welche da und dort demjenigen zu Statten kommen können, welcher, wenn gleich vorsätzlich, die Ehre des Andern verletzt. Es kam darunter auch das Recht der Retorsion vor, wovon der Redner das Beispiel anführte, daß ein Professor demjenigen, der ihm begegnend äußerte: ich weiche keinem Esel aus, erwiedert habe: aber ich, indem er gleichzeitig ausweichend auf die Seite ging. Die Absicht zu beleidigen, wurde im §. 263 weggelassen, weil im §. 265 a) schon gesagt ist, daß da, wo der Thäter glaubhaft mache, daß er keine beleidigende Absicht hatte, die Ehrenkränkung oder Verleumdung wegfalle, im Allgemeinen aber nicht neben dem Beweis der an sich ehrenkränkenden Aeußerung oder Handlung noch der Beweis weiterer Umstände, welche die beleidigende Absicht darthun, gefordert werden könne. Bei dem §. 265 schlug v. Rotteck ferner vor, daß nicht bloß die Nachsage unsittlicher Handlungen oder Eigenschaften, sondern überhaupt aller Handlungen oder Eigenschaften, welche für den Andern kränkend oder demüthigend sind, unter der Voraussetzung einer beleidigenden Absicht als Ehrenkränkung bestraft werden soll. Vicekanzler Bekk: Der Entwurf wolle nur den sittlichen Werth des Menschen gegen Angriffe schützen. Nur dieser sey ein allgemeiner, der dem Menschen als solchem zukomme, abgesehen von dem, was die Natur ungleich vertheilt, oder der eine von dem andern erst erworben habe. Allerdings sey es dem Menschen auch unangenehm, wenn ihm die Kenntnisse, Fähigkeiten und andere Eigenschaften, die ihm unter seinen Mitmenschen ein besseres Verhältniß begründen, abgesprochen werden; aber solche Verletzungen mit Strafe zu bedrohen, hätte, da dadurch die Freiheit des Gedankenverkehrs und das Urtheil über Andere zu sehr beschränkt würde, jedenfalls viel mehr Nachtheile als Vortheile. v. Rotteck suchte sich gegen diese und ähnliche Aeußerungen anderer Redner (Welcker, Sander, Obkircher und Bader) dadurch zu vertheidigen, daß er sich darauf berief, daß eine Absicht, zu beleidigen, vorhanden seyn müsse, die Freiheit des Urtheils also durch seinen Vorschlag nicht beeinträchtigt würde. Der Vorschlag wurde abgelehnt. - Der lebhafteste Streit erhob sich bei den §§. 266 bis 266 c) über den Beweis der Wahrheit. Bei formellen Injurien (bei Schimpfworten oder verächtlicher Behandlung etc. §. 263) ist ein Beweis der Wahrheit nach der Natur der Sache nicht denkbar. Bei allen Verleumdungen und bei den im Inhalt einer Nachrede liegenden Ehrenkränkungen läßt aber der Entwurf diesen Beweis zu, ausgenommen wenn sie in Druckschriften verbreitet wurden, oder "an einem Orte oder unter Umständen von der Art geschah, daß eben darin eine verächtliche Behandlung oder Beschimpfung für den Andern enthalten war." Doch auch in diesen Ausnahmsfällen wird der Beweis der Wahrheit zugelassen, wenn "die ausgesagte Thatsache ein mit peinlicher Strafe, oder Arbeitshaus oder Dienstentlassung bedrohtes, noch unbestraftes Verbrechen ausmacht, oder der Urheber der Aussage oder Verbreitung dabei ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches Interesse hat." Der Abg. v. Rotteck wollte nun überhaupt nur unter dieser letztern Beschränkung den Beweis der Wahrheit bei Ehrenkränkungen zulassen. Er bekämpfte das von Welcker behauptete Recht auf Wahrheit. Dieses Recht bestehe nur darin, nicht zu lügen, und auch positiv die Wahrheit zu sagen, so weit dadurch die Rechte eines Andern, also namentlich auch das Recht auf Ehre, nicht verletzt werde. Kein Recht, sondern strafbar sey es, auch eine wahre Thatsache in der boshaften Absicht, Andere zu beleidigen, auszusagen. Habe man aber im einzelnen Falle ein privatrechtliches oder öffentliches Interesse, die Aeußerung zu machen, so soll dieß unter der Voraussetzung des Beweises der Wahrheit erlaubt seyn. Damit sey allem genügt, was man vernünftig fordern könne, und es sey nicht nöthig, auch ein Recht zu statuiren, alles, was man von dem Privatleben des Andern wisse, zum Zweck von Beleidigungen überall auszusagen. Welcker: Man werde sich an vielen Orten wundern, wenn man höre, daß der Abg. v. Rotteck (der berühmte Lehrer des Vernunftrechts) gegen das Recht auf freie Aeußerung der Wahrheit auftrete. Allerdings dürfe man das jedem Menschen zukommende Recht auf freien Gebrauch seiner Geisteskräfte nicht dazu mißbrauchen, die Rechte eines Andern zu verletzen. Aber der Andere habe kein Recht zu fordern, daß man in Bezug auf ihn das, was wahr sey, geheim halte und nicht aussage. Die Aussage könne ihm unangenehm seyn, aber sie verletze seine Rechte nicht. Sey aber die Aussage an sich nicht rechtsverletzend, so komme es auf die Absicht, die der Aussagende dabei habe, nicht an. Merk, Bader und Zentner sprachen ebenfalls für den Entwurf. Schaaff erklärte sich für v. Rottecks Ansicht und äußerte Befürchtungen, daß die Bestimmungen des Entwurfs Mißstände hervorbringen werden. Staatsrath Jolly: Diese Bestimmungen enthalten nichts Neues, das Gesetz von 1831 habe die Einrede der Wahrheit schon zugelassen. Geh. Rath Duttlinger: Und eben so das gemeine Recht. Die Vorschläge des Abg. v. Rotteck wurden hierauf durch große Stimmenmehrheit abgelehnt. Frankfurt a. M., 13 April. Heute wurde die Fahrt auf der ganzen Taunus-Eisenbahn eröffnet. Der Train geht zu gleichen Stunden von Frankfurt und Mainz viermal des Tages ab und zurück. Bei Hattersheim befindet sich bekanntlich eine Ausbeugung, auf welcher die von den entgegengesetzten Seiten kommenden Wagenzüge an einander vorbeifahren. Mit dem ersten Wagenzug kamen heute Morgen hier circa 250 Personen von Mainz an; die Fahrt dauerte 1 Stunde 20 Minuten; anderthalb Stunden ist die bestimmte Zeit. - In den letzten Tagen soll von dem Advocaten Consistorialrath Dr. Hessenberg der Bundesversammlung wiederum eine Schrift Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsgemäße Begründung werden in Anspruch genommen werden.“ – Die dritte Hauptrubrik endlich bescheidet die „Wünsche und Anträge.“ In Bezug auf Straßenwesen heißt es darin: „Wir haben zur Verbesserung des Zustandes der Straßen- und Landbauten bereits in den drei ersten Jahren der laufenden Finanzperiode beträchtliche außerordentliche Zuschüsse bewilliget. Es bleibt dabei Unserer näheren Erwägung vorbehalten, was in dieser Beziehung etwa noch künftig nach dem Maaße des wahren Bedürfnisses und mit Rücksicht auf die Sicherung eines entsprechenden Erfolges zu geschehen haben dürfte. Die Ueberbürdung einzelner Gemeinden und Districte mit unverhältnißmäßigen örtlichen und Districtsumlagen, namentlich bei Straßen- und Wegbauten, widerstreitet Unseren landesväterlichen Absichten. Wir werden die deßfalls an Uns gebrachten Klagen der genauesten Prüfung unterstellen lassen, und nach dem Befunde das zur Abhülfe Geeignete verfügen. Was aber die Aufnahme von Districtsstraßen in die Reihe der Staats- und Kreisstraßen anbelangt, so muß die Erwägung, welche Verfügungen etwa deßfalls zu treffen seyn dürften, bis zur Feststellung des Budgets der fünften Finanzperiode ausgesetzt bleiben, da eine Erweiterung der den Kreisfonds und der Staatscasse nach dem Finanzgesetze vom 17 Nov. 1837 obliegenden Lasten nicht ohne die Verrückung der wesentlichen Grundlagen desselben im Laufe der Finanzperiode erfolgen könnte.“ – Der Landtagsabschied schließt mit den Worten: „Indem Wir Unseren Ständen diesen Abschied ertheilen, gereicht es Unserem Herzen zur wahren Befriedigung, denselben die wohlgefällige besondere Anerkennung der gewissenhaften und unermüdlichen Berufstreue und des deutschen Rechtssinnes, so wie der treuen Anhänglichkeit an Uns und Unser königliches Haus und des Vertrauens auszudrücken, welches dieselben durch die in den Gesammtbeschlüssen Uns dargebrachten Ergebnisse ihrer gemeinschaftlichen Verhandlungen bewährt haben, und Unsere Lieben und Getreuen die Stände des Reiches Unserer königlichen Huld und Gnade zu versichern, womit Wir denselben stets gewogen bleiben.“ Karlsruhe, 7 April. In der heutigen Sitzung hat die zweite Kammer ihren gestrigen Beschluß, im §. 263 statt „widerrechtlicher Weise“ zu setzen: „in der Absicht, zu beleidigen,“ wieder zurückgenommen. Als nämlich v. Rotteck auch beim §. 265 den nämlichen Antrag stellte, so wurde von den Regierungscommissären Bekk und Duttlinger, so wie von Welcker und Andern von neuem ausgeführt, daß die „Widerrechtlichkeit“ in den Begriff des Verbrechens gehöre. Duttlinger stellte die verschiedenen Classen von Rechtsgründen zusammen, welche da und dort demjenigen zu Statten kommen können, welcher, wenn gleich vorsätzlich, die Ehre des Andern verletzt. Es kam darunter auch das Recht der Retorsion vor, wovon der Redner das Beispiel anführte, daß ein Professor demjenigen, der ihm begegnend äußerte: ich weiche keinem Esel aus, erwiedert habe: aber ich, indem er gleichzeitig ausweichend auf die Seite ging. Die Absicht zu beleidigen, wurde im §. 263 weggelassen, weil im §. 265 a) schon gesagt ist, daß da, wo der Thäter glaubhaft mache, daß er keine beleidigende Absicht hatte, die Ehrenkränkung oder Verleumdung wegfalle, im Allgemeinen aber nicht neben dem Beweis der an sich ehrenkränkenden Aeußerung oder Handlung noch der Beweis weiterer Umstände, welche die beleidigende Absicht darthun, gefordert werden könne. Bei dem §. 265 schlug v. Rotteck ferner vor, daß nicht bloß die Nachsage unsittlicher Handlungen oder Eigenschaften, sondern überhaupt aller Handlungen oder Eigenschaften, welche für den Andern kränkend oder demüthigend sind, unter der Voraussetzung einer beleidigenden Absicht als Ehrenkränkung bestraft werden soll. Vicekanzler Bekk: Der Entwurf wolle nur den sittlichen Werth des Menschen gegen Angriffe schützen. Nur dieser sey ein allgemeiner, der dem Menschen als solchem zukomme, abgesehen von dem, was die Natur ungleich vertheilt, oder der eine von dem andern erst erworben habe. Allerdings sey es dem Menschen auch unangenehm, wenn ihm die Kenntnisse, Fähigkeiten und andere Eigenschaften, die ihm unter seinen Mitmenschen ein besseres Verhältniß begründen, abgesprochen werden; aber solche Verletzungen mit Strafe zu bedrohen, hätte, da dadurch die Freiheit des Gedankenverkehrs und das Urtheil über Andere zu sehr beschränkt würde, jedenfalls viel mehr Nachtheile als Vortheile. v. Rotteck suchte sich gegen diese und ähnliche Aeußerungen anderer Redner (Welcker, Sander, Obkircher und Bader) dadurch zu vertheidigen, daß er sich darauf berief, daß eine Absicht, zu beleidigen, vorhanden seyn müsse, die Freiheit des Urtheils also durch seinen Vorschlag nicht beeinträchtigt würde. Der Vorschlag wurde abgelehnt. – Der lebhafteste Streit erhob sich bei den §§. 266 bis 266 c) über den Beweis der Wahrheit. Bei formellen Injurien (bei Schimpfworten oder verächtlicher Behandlung etc. §. 263) ist ein Beweis der Wahrheit nach der Natur der Sache nicht denkbar. Bei allen Verleumdungen und bei den im Inhalt einer Nachrede liegenden Ehrenkränkungen läßt aber der Entwurf diesen Beweis zu, ausgenommen wenn sie in Druckschriften verbreitet wurden, oder „an einem Orte oder unter Umständen von der Art geschah, daß eben darin eine verächtliche Behandlung oder Beschimpfung für den Andern enthalten war.“ Doch auch in diesen Ausnahmsfällen wird der Beweis der Wahrheit zugelassen, wenn „die ausgesagte Thatsache ein mit peinlicher Strafe, oder Arbeitshaus oder Dienstentlassung bedrohtes, noch unbestraftes Verbrechen ausmacht, oder der Urheber der Aussage oder Verbreitung dabei ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches Interesse hat.“ Der Abg. v. Rotteck wollte nun überhaupt nur unter dieser letztern Beschränkung den Beweis der Wahrheit bei Ehrenkränkungen zulassen. Er bekämpfte das von Welcker behauptete Recht auf Wahrheit. Dieses Recht bestehe nur darin, nicht zu lügen, und auch positiv die Wahrheit zu sagen, so weit dadurch die Rechte eines Andern, also namentlich auch das Recht auf Ehre, nicht verletzt werde. Kein Recht, sondern strafbar sey es, auch eine wahre Thatsache in der boshaften Absicht, Andere zu beleidigen, auszusagen. Habe man aber im einzelnen Falle ein privatrechtliches oder öffentliches Interesse, die Aeußerung zu machen, so soll dieß unter der Voraussetzung des Beweises der Wahrheit erlaubt seyn. Damit sey allem genügt, was man vernünftig fordern könne, und es sey nicht nöthig, auch ein Recht zu statuiren, alles, was man von dem Privatleben des Andern wisse, zum Zweck von Beleidigungen überall auszusagen. Welcker: Man werde sich an vielen Orten wundern, wenn man höre, daß der Abg. v. Rotteck (der berühmte Lehrer des Vernunftrechts) gegen das Recht auf freie Aeußerung der Wahrheit auftrete. Allerdings dürfe man das jedem Menschen zukommende Recht auf freien Gebrauch seiner Geisteskräfte nicht dazu mißbrauchen, die Rechte eines Andern zu verletzen. Aber der Andere habe kein Recht zu fordern, daß man in Bezug auf ihn das, was wahr sey, geheim halte und nicht aussage. Die Aussage könne ihm unangenehm seyn, aber sie verletze seine Rechte nicht. Sey aber die Aussage an sich nicht rechtsverletzend, so komme es auf die Absicht, die der Aussagende dabei habe, nicht an. Merk, Bader und Zentner sprachen ebenfalls für den Entwurf. Schaaff erklärte sich für v. Rottecks Ansicht und äußerte Befürchtungen, daß die Bestimmungen des Entwurfs Mißstände hervorbringen werden. Staatsrath Jolly: Diese Bestimmungen enthalten nichts Neues, das Gesetz von 1831 habe die Einrede der Wahrheit schon zugelassen. Geh. Rath Duttlinger: Und eben so das gemeine Recht. Die Vorschläge des Abg. v. Rotteck wurden hierauf durch große Stimmenmehrheit abgelehnt. Frankfurt a. M., 13 April. Heute wurde die Fahrt auf der ganzen Taunus-Eisenbahn eröffnet. Der Train geht zu gleichen Stunden von Frankfurt und Mainz viermal des Tages ab und zurück. Bei Hattersheim befindet sich bekanntlich eine Ausbeugung, auf welcher die von den entgegengesetzten Seiten kommenden Wagenzüge an einander vorbeifahren. 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Es bleibt dabei Unserer näheren Erwägung vorbehalten, was in dieser Beziehung etwa noch künftig nach dem Maaße des wahren Bedürfnisses und mit Rücksicht auf die Sicherung eines entsprechenden Erfolges zu geschehen haben dürfte. Die Ueberbürdung einzelner Gemeinden und Districte mit unverhältnißmäßigen örtlichen und Districtsumlagen, namentlich bei Straßen- und Wegbauten, widerstreitet Unseren landesväterlichen Absichten. Wir werden die deßfalls an Uns gebrachten Klagen der genauesten Prüfung unterstellen lassen, und nach dem Befunde das zur Abhülfe Geeignete verfügen. Was aber die Aufnahme von Districtsstraßen in die Reihe der Staats- und Kreisstraßen anbelangt, so muß die Erwägung, welche Verfügungen etwa deßfalls zu treffen seyn dürften, bis zur Feststellung des Budgets der fünften Finanzperiode ausgesetzt bleiben, da eine Erweiterung der den Kreisfonds und der Staatscasse nach dem Finanzgesetze vom 17 Nov. 1837 obliegenden Lasten nicht ohne die Verrückung der wesentlichen Grundlagen desselben im Laufe der Finanzperiode erfolgen könnte.“ – Der Landtagsabschied schließt mit den Worten: „Indem Wir Unseren Ständen diesen Abschied ertheilen, gereicht es Unserem Herzen zur wahren Befriedigung, denselben die wohlgefällige besondere Anerkennung der gewissenhaften und unermüdlichen Berufstreue und des deutschen Rechtssinnes, so wie der treuen Anhänglichkeit an Uns und Unser königliches Haus und des Vertrauens auszudrücken, welches dieselben durch die in den Gesammtbeschlüssen Uns dargebrachten Ergebnisse ihrer gemeinschaftlichen Verhandlungen bewährt haben, und Unsere Lieben und Getreuen die Stände des Reiches Unserer königlichen Huld und Gnade zu versichern, womit Wir denselben stets gewogen bleiben.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Karlsruhe,</hi> 7 April.</dateline> <p> In der heutigen Sitzung hat die zweite Kammer ihren gestrigen Beschluß, im §. 263 statt „widerrechtlicher Weise“ zu setzen: „in der Absicht, zu beleidigen,“ wieder zurückgenommen. 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Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsgemäße Begründung werden in Anspruch genommen werden.“ – Die dritte Hauptrubrik endlich bescheidet die „Wünsche und Anträge.“ In Bezug auf Straßenwesen heißt es darin: „Wir haben zur Verbesserung des Zustandes der Straßen- und Landbauten bereits in den drei ersten Jahren der laufenden Finanzperiode beträchtliche außerordentliche Zuschüsse bewilliget. Es bleibt dabei Unserer näheren Erwägung vorbehalten, was in dieser Beziehung etwa noch künftig nach dem Maaße des wahren Bedürfnisses und mit Rücksicht auf die Sicherung eines entsprechenden Erfolges zu geschehen haben dürfte. Die Ueberbürdung einzelner Gemeinden und Districte mit unverhältnißmäßigen örtlichen und Districtsumlagen, namentlich bei Straßen- und Wegbauten, widerstreitet Unseren landesväterlichen Absichten. Wir werden die deßfalls an Uns gebrachten Klagen der genauesten Prüfung unterstellen lassen, und nach dem Befunde das zur Abhülfe Geeignete verfügen. Was aber die Aufnahme von Districtsstraßen in die Reihe der Staats- und Kreisstraßen anbelangt, so muß die Erwägung, welche Verfügungen etwa deßfalls zu treffen seyn dürften, bis zur Feststellung des Budgets der fünften Finanzperiode ausgesetzt bleiben, da eine Erweiterung der den Kreisfonds und der Staatscasse nach dem Finanzgesetze vom 17 Nov. 1837 obliegenden Lasten nicht ohne die Verrückung der wesentlichen Grundlagen desselben im Laufe der Finanzperiode erfolgen könnte.“ – Der Landtagsabschied schließt mit den Worten: „Indem Wir Unseren Ständen diesen Abschied ertheilen, gereicht es Unserem Herzen zur wahren Befriedigung, denselben die wohlgefällige besondere Anerkennung der gewissenhaften und unermüdlichen Berufstreue und des deutschen Rechtssinnes, so wie der treuen Anhänglichkeit an Uns und Unser königliches Haus und des Vertrauens auszudrücken, welches dieselben durch die in den Gesammtbeschlüssen Uns dargebrachten Ergebnisse ihrer gemeinschaftlichen Verhandlungen bewährt haben, und Unsere Lieben und Getreuen die Stände des Reiches Unserer königlichen Huld und Gnade zu versichern, womit Wir denselben stets gewogen bleiben.“
_ Karlsruhe, 7 April. In der heutigen Sitzung hat die zweite Kammer ihren gestrigen Beschluß, im §. 263 statt „widerrechtlicher Weise“ zu setzen: „in der Absicht, zu beleidigen,“ wieder zurückgenommen. Als nämlich v. Rotteck auch beim §. 265 den nämlichen Antrag stellte, so wurde von den Regierungscommissären Bekk und Duttlinger, so wie von Welcker und Andern von neuem ausgeführt, daß die „Widerrechtlichkeit“ in den Begriff des Verbrechens gehöre. Duttlinger stellte die verschiedenen Classen von Rechtsgründen zusammen, welche da und dort demjenigen zu Statten kommen können, welcher, wenn gleich vorsätzlich, die Ehre des Andern verletzt. Es kam darunter auch das Recht der Retorsion vor, wovon der Redner das Beispiel anführte, daß ein Professor demjenigen, der ihm begegnend äußerte: ich weiche keinem Esel aus, erwiedert habe: aber ich, indem er gleichzeitig ausweichend auf die Seite ging. Die Absicht zu beleidigen, wurde im §. 263 weggelassen, weil im §. 265 a) schon gesagt ist, daß da, wo der Thäter glaubhaft mache, daß er keine beleidigende Absicht hatte, die Ehrenkränkung oder Verleumdung wegfalle, im Allgemeinen aber nicht neben dem Beweis der an sich ehrenkränkenden Aeußerung oder Handlung noch der Beweis weiterer Umstände, welche die beleidigende Absicht darthun, gefordert werden könne. Bei dem §. 265 schlug v. Rotteck ferner vor, daß nicht bloß die Nachsage unsittlicher Handlungen oder Eigenschaften, sondern überhaupt aller Handlungen oder Eigenschaften, welche für den Andern kränkend oder demüthigend sind, unter der Voraussetzung einer beleidigenden Absicht als Ehrenkränkung bestraft werden soll. Vicekanzler Bekk: Der Entwurf wolle nur den sittlichen Werth des Menschen gegen Angriffe schützen. 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Der Vorschlag wurde abgelehnt. – Der lebhafteste Streit erhob sich bei den §§. 266 bis 266 c) über den Beweis der Wahrheit. Bei formellen Injurien (bei Schimpfworten oder verächtlicher Behandlung etc. §. 263) ist ein Beweis der Wahrheit nach der Natur der Sache nicht denkbar. Bei allen Verleumdungen und bei den im Inhalt einer Nachrede liegenden Ehrenkränkungen läßt aber der Entwurf diesen Beweis zu, ausgenommen wenn sie in Druckschriften verbreitet wurden, oder „an einem Orte oder unter Umständen von der Art geschah, daß eben darin eine verächtliche Behandlung oder Beschimpfung für den Andern enthalten war.“ Doch auch in diesen Ausnahmsfällen wird der Beweis der Wahrheit zugelassen, wenn „die ausgesagte Thatsache ein mit peinlicher Strafe, oder Arbeitshaus oder Dienstentlassung bedrohtes, noch unbestraftes Verbrechen ausmacht, oder der Urheber der Aussage oder Verbreitung dabei ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches Interesse hat.“ Der Abg. v. Rotteck wollte nun überhaupt nur unter dieser letztern Beschränkung den Beweis der Wahrheit bei Ehrenkränkungen zulassen. Er bekämpfte das von Welcker behauptete Recht auf Wahrheit. Dieses Recht bestehe nur darin, nicht zu lügen, und auch positiv die Wahrheit zu sagen, so weit dadurch die Rechte eines Andern, also namentlich auch das Recht auf Ehre, nicht verletzt werde. Kein Recht, sondern strafbar sey es, auch eine wahre Thatsache in der boshaften Absicht, Andere zu beleidigen, auszusagen. Habe man aber im einzelnen Falle ein privatrechtliches oder öffentliches Interesse, die Aeußerung zu machen, so soll dieß unter der Voraussetzung des Beweises der Wahrheit erlaubt seyn. Damit sey allem genügt, was man vernünftig fordern könne, und es sey nicht nöthig, auch ein Recht zu statuiren, alles, was man von dem Privatleben des Andern wisse, zum Zweck von Beleidigungen überall auszusagen. Welcker: Man werde sich an vielen Orten wundern, wenn man höre, daß der Abg. v. Rotteck (der berühmte Lehrer des Vernunftrechts) gegen das Recht auf freie Aeußerung der Wahrheit auftrete. Allerdings dürfe man das jedem Menschen zukommende Recht auf freien Gebrauch seiner Geisteskräfte nicht dazu mißbrauchen, die Rechte eines Andern zu verletzen. Aber der Andere habe kein Recht zu fordern, daß man in Bezug auf ihn das, was wahr sey, geheim halte und nicht aussage. Die Aussage könne ihm unangenehm seyn, aber sie verletze seine Rechte nicht. Sey aber die Aussage an sich nicht rechtsverletzend, so komme es auf die Absicht, die der Aussagende dabei habe, nicht an. Merk, Bader und Zentner sprachen ebenfalls für den Entwurf. Schaaff erklärte sich für v. Rottecks Ansicht und äußerte Befürchtungen, daß die Bestimmungen des Entwurfs Mißstände hervorbringen werden. Staatsrath Jolly: Diese Bestimmungen enthalten nichts Neues, das Gesetz von 1831 habe die Einrede der Wahrheit schon zugelassen. Geh. Rath Duttlinger: Und eben so das gemeine Recht. Die Vorschläge des Abg. v. Rotteck wurden hierauf durch große Stimmenmehrheit abgelehnt.
_ Frankfurt a. M., 13 April. Heute wurde die Fahrt auf der ganzen Taunus-Eisenbahn eröffnet. Der Train geht zu gleichen Stunden von Frankfurt und Mainz viermal des Tages ab und zurück. Bei Hattersheim befindet sich bekanntlich eine Ausbeugung, auf welcher die von den entgegengesetzten Seiten kommenden Wagenzüge an einander vorbeifahren. Mit dem ersten Wagenzug kamen heute Morgen hier circa 250 Personen von Mainz an; die Fahrt dauerte 1 Stunde 20 Minuten; anderthalb Stunden ist die bestimmte Zeit. – In den letzten Tagen soll von dem Advocaten Consistorialrath Dr. Hessenberg der Bundesversammlung wiederum eine Schrift
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