Allgemeine Zeitung. Nr. 110. Augsburg, 19. April 1840.Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. SonntagNr. 110. 19 April 1840Spanien. (Moniteur.) Bayonne, 13 April. Madrid, 9. Der französische Botschafter an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Die Königin hat die Entlassung der Minister des Seewesens, des Innern und des Kriegs angenommen. Der erste ward durch Hrn. Sotelo, Unterstaatssecretär dieses Departements, der zweite durch Hrn. Armendariz, Deputirten, und der dritte provisorisch durch Hrn. Serzagaray, Unterstaatssecretär, ersetzt. Das Finanzministerium ward Hrn. Santillan, Deputirten, anvertraut. Diese Wahlen sind im Sinne der Majorität. Großbritannien. Am 9 April hielt die Königin ihr erstes Drawing-Room (für beide Geschlechter gemeinsamen Hofcirkel) in dieser Saison, das ungemein glänzend ausfiel. Die Beschreibung der weiblichen Toiletten füllt ganze Spalten der Londoner Zeitungen. Der Hof wird in einigen Tagen das Windsorschloß beziehen. Fortsetzung der Unterhausverhandlungen über China. Sir Robert Peel zeichnete im Verfolg seiner Rede ein ziemlich günstiges Charakterbild der Chinesen, wozu er die vorliegenden amtlichen Depeschen ebenfalls als Belege benützte. So schrieb einmal Capitän Elliot an Lord Palmerston: "Ich ersuche Ew. Lordschaft dem Gouverneur von Canton in einem Schreiben den Dank der brittischen Regierung für die sehr edelsinnige Behandlung fünfzehn englischer Matrosen auszusprechen, die an der Küste von China gestrandet. Sie wurden von den Chinesen gut genährt, beherbergt und gekleidet, und bei ihrer endlichen Abreise von Foochow-Foo empfing jeder derselben ein Geschenk in Silber, 50 Schilling im Werth. Die Hälfte ihrer Reise nach Canton legten sie in Tragsesseln zurück." Sir Robert fragte, ob Lord Palmerston der Empfehlung dieses Briefs gemäß gehandelt und versucht habe, die gereizte Stimmung der chinesischen Behörden durch eine freundliche Anerkennung jener Handlung der Menschlichkeit zu mildern. In Bezug auf die allgemeine Stellung der Engländer in China bemerkte Elliot an einem andern Ort: "Bis in die neueste Zeit gab es kein Land der Welt, wo der Fremde seine Rechte und sein Eigenthum sicherer fühlen konnte, als in China." Und wieder: "Ich bin überzeugt, die Chinesen setzen in die Redlichkeit der Europäer großes Vertrauen, und sie sind in vielen wichtigen Punkten die bescheidensten und billigstdenkenden Menschen auf dem ganzen Erdenrund." (Hört!) Und dieses Zeugniß, bemerkte Peel, habe Capitän Elliot nach allen neuerlichen gegenseitigen Animositäten und Collisionen ertheilt. "Darum, fuhr er fort, bitte ich die Regierung jetzt, wo sie diesen Schlag gegen China beabsichtigt, ihn nicht in einem rachsüchtigen Geiste zu führen; vor Allem aber, da ich weiß, daß ein Krieg, wenn er überhaupt stattfinden soll, auf eine der Größe und Macht Großbritanniens würdige Weise geführt werden muß, beschwör' ich sie, um Gottes willen nicht zu vergessen, daß diese Feindseligkeiten gegen ein zwar unkriegerisches, aber zugleich 350,000,000 Seelen umfassendes Volk gerichtet werden sollen. Die Chinesen sind ein unkriegerisches Volk, das bisher für die Erzeugnisse der brittischen Industrie einen trefflichen Kunden abgab; bedenken Sie, der bevorstehende Kampf ist von so unheilvoller Art, daß jeder Streich, den wir auf die Chinesen führen, auf uns zurückfallen kann. Kein Dorf in China können wir verheeren, ohne gewissermaßen zugleich in einer Manufactur unsers eigenen Landes Verwüstungen anzurichten. (Hört!) Ich unterschätze nicht die Macht unsers Landes; ich weiß, daß in jedem Kampfe mit den Chinesen England die Oberhand gewinnen muß. Liest man die Details des Gefechtes, wo die englische Fregatte längs der Linie der chinesischen Dschunken hinsegelte und fast jede derselben kampfunfähig machte, so stellt dieses eine Factum unsere Kriegsüberlegenheit außer Zweifel. Aber verhehlen wir uns darum nicht die gefährliche Natur des Kampfes, in welchen wir uns einzulassen im Begriff stehen. Der Aufruf an Millionen kann eine neue Macht, eine schlummernde Volkskraft ins Leben rufen, die geweckte und gestachelte Nationalehre könnte die Hand der Chinesen mit neuen Waffen bewehren, und so der Ausgang des Kriegs dennoch zweifelhaft, oder selbst der Sieg für unser Land verderblich werden. Oder unser Sieg könnte Revolution und Anarchie unter einem Volke von vierthalbhundert Millionen herbeiführen. Wir rächten bei Plassey die Gräuel der "schwarzen Höhle," aber wie wenig ahnten wir damals die unermeßlichen Resultate! Im J. 1757 rückte Lord Clive an der Spitze von 700 Mann Britten und 1500 Eingebornen aus, und errang einen Sieg, dessen Folge eine außerordentliche Umwälzung binnen vierzehn Tagen war. Aehnliche Ursachen könnten zu ähnlichen Ergebnissen in China führen; eine Reihenfolge von Ereignissen könnte eintreten, welche uns nöthigte, ein brittisch-chinesisches Reich zu gründen, wie wir ein indobrittisches Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. SonntagNr. 110. 19 April 1840Spanien. (Moniteur.) Bayonne, 13 April. Madrid, 9. Der französische Botschafter an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Die Königin hat die Entlassung der Minister des Seewesens, des Innern und des Kriegs angenommen. Der erste ward durch Hrn. Sotelo, Unterstaatssecretär dieses Departements, der zweite durch Hrn. Armendariz, Deputirten, und der dritte provisorisch durch Hrn. Serzagaray, Unterstaatssecretär, ersetzt. Das Finanzministerium ward Hrn. Santillan, Deputirten, anvertraut. Diese Wahlen sind im Sinne der Majorität. Großbritannien. Am 9 April hielt die Königin ihr erstes Drawing-Room (für beide Geschlechter gemeinsamen Hofcirkel) in dieser Saison, das ungemein glänzend ausfiel. Die Beschreibung der weiblichen Toiletten füllt ganze Spalten der Londoner Zeitungen. Der Hof wird in einigen Tagen das Windsorschloß beziehen. Fortsetzung der Unterhausverhandlungen über China. Sir Robert Peel zeichnete im Verfolg seiner Rede ein ziemlich günstiges Charakterbild der Chinesen, wozu er die vorliegenden amtlichen Depeschen ebenfalls als Belege benützte. So schrieb einmal Capitän Elliot an Lord Palmerston: „Ich ersuche Ew. Lordschaft dem Gouverneur von Canton in einem Schreiben den Dank der brittischen Regierung für die sehr edelsinnige Behandlung fünfzehn englischer Matrosen auszusprechen, die an der Küste von China gestrandet. Sie wurden von den Chinesen gut genährt, beherbergt und gekleidet, und bei ihrer endlichen Abreise von Foochow-Foo empfing jeder derselben ein Geschenk in Silber, 50 Schilling im Werth. Die Hälfte ihrer Reise nach Canton legten sie in Tragsesseln zurück.“ Sir Robert fragte, ob Lord Palmerston der Empfehlung dieses Briefs gemäß gehandelt und versucht habe, die gereizte Stimmung der chinesischen Behörden durch eine freundliche Anerkennung jener Handlung der Menschlichkeit zu mildern. In Bezug auf die allgemeine Stellung der Engländer in China bemerkte Elliot an einem andern Ort: „Bis in die neueste Zeit gab es kein Land der Welt, wo der Fremde seine Rechte und sein Eigenthum sicherer fühlen konnte, als in China.“ Und wieder: „Ich bin überzeugt, die Chinesen setzen in die Redlichkeit der Europäer großes Vertrauen, und sie sind in vielen wichtigen Punkten die bescheidensten und billigstdenkenden Menschen auf dem ganzen Erdenrund.“ (Hört!) Und dieses Zeugniß, bemerkte Peel, habe Capitän Elliot nach allen neuerlichen gegenseitigen Animositäten und Collisionen ertheilt. „Darum, fuhr er fort, bitte ich die Regierung jetzt, wo sie diesen Schlag gegen China beabsichtigt, ihn nicht in einem rachsüchtigen Geiste zu führen; vor Allem aber, da ich weiß, daß ein Krieg, wenn er überhaupt stattfinden soll, auf eine der Größe und Macht Großbritanniens würdige Weise geführt werden muß, beschwör' ich sie, um Gottes willen nicht zu vergessen, daß diese Feindseligkeiten gegen ein zwar unkriegerisches, aber zugleich 350,000,000 Seelen umfassendes Volk gerichtet werden sollen. Die Chinesen sind ein unkriegerisches Volk, das bisher für die Erzeugnisse der brittischen Industrie einen trefflichen Kunden abgab; bedenken Sie, der bevorstehende Kampf ist von so unheilvoller Art, daß jeder Streich, den wir auf die Chinesen führen, auf uns zurückfallen kann. Kein Dorf in China können wir verheeren, ohne gewissermaßen zugleich in einer Manufactur unsers eigenen Landes Verwüstungen anzurichten. (Hört!) Ich unterschätze nicht die Macht unsers Landes; ich weiß, daß in jedem Kampfe mit den Chinesen England die Oberhand gewinnen muß. Liest man die Details des Gefechtes, wo die englische Fregatte längs der Linie der chinesischen Dschunken hinsegelte und fast jede derselben kampfunfähig machte, so stellt dieses eine Factum unsere Kriegsüberlegenheit außer Zweifel. Aber verhehlen wir uns darum nicht die gefährliche Natur des Kampfes, in welchen wir uns einzulassen im Begriff stehen. Der Aufruf an Millionen kann eine neue Macht, eine schlummernde Volkskraft ins Leben rufen, die geweckte und gestachelte Nationalehre könnte die Hand der Chinesen mit neuen Waffen bewehren, und so der Ausgang des Kriegs dennoch zweifelhaft, oder selbst der Sieg für unser Land verderblich werden. Oder unser Sieg könnte Revolution und Anarchie unter einem Volke von vierthalbhundert Millionen herbeiführen. Wir rächten bei Plassey die Gräuel der „schwarzen Höhle,“ aber wie wenig ahnten wir damals die unermeßlichen Resultate! Im J. 1757 rückte Lord Clive an der Spitze von 700 Mann Britten und 1500 Eingebornen aus, und errang einen Sieg, dessen Folge eine außerordentliche Umwälzung binnen vierzehn Tagen war. 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Die Hälfte ihrer Reise nach Canton legten sie in Tragsesseln zurück.“ Sir Robert fragte, ob Lord Palmerston der Empfehlung dieses Briefs gemäß gehandelt und versucht habe, die gereizte Stimmung der chinesischen Behörden durch eine freundliche Anerkennung jener Handlung der Menschlichkeit zu mildern. In Bezug auf die allgemeine Stellung der Engländer in China bemerkte Elliot an einem andern Ort: „Bis in die neueste Zeit gab es kein Land der Welt, wo der Fremde seine Rechte und sein Eigenthum sicherer fühlen konnte, als in China.“ Und wieder: „Ich bin überzeugt, die Chinesen setzen in die Redlichkeit der Europäer großes Vertrauen, und sie sind in vielen wichtigen Punkten die bescheidensten und billigstdenkenden Menschen auf dem ganzen Erdenrund.“ (Hört!) Und dieses Zeugniß, bemerkte Peel, habe Capitän Elliot nach allen neuerlichen gegenseitigen Animositäten und Collisionen ertheilt. „Darum, fuhr er fort, bitte ich die Regierung jetzt, wo sie diesen Schlag gegen China beabsichtigt, ihn nicht in einem rachsüchtigen Geiste zu führen; vor Allem aber, da ich weiß, daß ein Krieg, wenn er überhaupt stattfinden soll, auf eine der Größe und Macht Großbritanniens würdige Weise geführt werden muß, beschwör' ich sie, um Gottes willen nicht zu vergessen, daß diese Feindseligkeiten gegen ein zwar unkriegerisches, aber zugleich 350,000,000 Seelen umfassendes Volk gerichtet werden sollen. Die Chinesen sind ein unkriegerisches Volk, das bisher für die Erzeugnisse der brittischen Industrie einen trefflichen Kunden abgab; bedenken Sie, der bevorstehende Kampf ist von so unheilvoller Art, daß jeder Streich, den wir auf die Chinesen führen, auf uns zurückfallen kann. Kein Dorf in China können wir verheeren, ohne gewissermaßen zugleich in einer Manufactur unsers eigenen Landes Verwüstungen anzurichten. (Hört!) Ich unterschätze nicht die Macht unsers Landes; ich weiß, daß in jedem Kampfe mit den Chinesen England die Oberhand gewinnen muß. Liest man die Details des Gefechtes, wo die englische Fregatte längs der Linie der chinesischen Dschunken hinsegelte und fast jede derselben kampfunfähig machte, so stellt dieses eine Factum unsere Kriegsüberlegenheit außer Zweifel. Aber verhehlen wir uns darum nicht die gefährliche Natur des Kampfes, in welchen wir uns einzulassen im Begriff stehen. Der Aufruf an Millionen kann eine neue Macht, eine schlummernde Volkskraft ins Leben rufen, die geweckte und gestachelte Nationalehre könnte die Hand der Chinesen mit neuen Waffen bewehren, und so der Ausgang des Kriegs dennoch zweifelhaft, oder selbst der Sieg für unser Land verderblich werden. Oder unser Sieg könnte Revolution und Anarchie unter einem Volke von vierthalbhundert Millionen herbeiführen. Wir rächten bei Plassey die Gräuel der „schwarzen Höhle,“ aber wie wenig ahnten wir damals die unermeßlichen Resultate! Im J. 1757 rückte Lord Clive an der Spitze von 700 Mann Britten und 1500 Eingebornen aus, und errang einen Sieg, dessen Folge eine außerordentliche Umwälzung binnen vierzehn Tagen war. Aehnliche Ursachen könnten zu ähnlichen Ergebnissen in China führen; eine Reihenfolge von Ereignissen könnte eintreten, welche uns nöthigte, ein brittisch-chinesisches Reich zu gründen, wie wir ein indobrittisches<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0873/0001]
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 110.
19 April 1840 Spanien.
(Moniteur.) Bayonne, 13 April. Madrid, 9. Der französische Botschafter an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Die Königin hat die Entlassung der Minister des Seewesens, des Innern und des Kriegs angenommen. Der erste ward durch Hrn. Sotelo, Unterstaatssecretär dieses Departements, der zweite durch Hrn. Armendariz, Deputirten, und der dritte provisorisch durch Hrn. Serzagaray, Unterstaatssecretär, ersetzt. Das Finanzministerium ward Hrn. Santillan, Deputirten, anvertraut. Diese Wahlen sind im Sinne der Majorität.
Großbritannien.
Am 9 April hielt die Königin ihr erstes Drawing-Room (für beide Geschlechter gemeinsamen Hofcirkel) in dieser Saison, das ungemein glänzend ausfiel. Die Beschreibung der weiblichen Toiletten füllt ganze Spalten der Londoner Zeitungen. Der Hof wird in einigen Tagen das Windsorschloß beziehen.
Fortsetzung der Unterhausverhandlungen über China.
Sir Robert Peel zeichnete im Verfolg seiner Rede ein ziemlich günstiges Charakterbild der Chinesen, wozu er die vorliegenden amtlichen Depeschen ebenfalls als Belege benützte. So schrieb einmal Capitän Elliot an Lord Palmerston: „Ich ersuche Ew. Lordschaft dem Gouverneur von Canton in einem Schreiben den Dank der brittischen Regierung für die sehr edelsinnige Behandlung fünfzehn englischer Matrosen auszusprechen, die an der Küste von China gestrandet. Sie wurden von den Chinesen gut genährt, beherbergt und gekleidet, und bei ihrer endlichen Abreise von Foochow-Foo empfing jeder derselben ein Geschenk in Silber, 50 Schilling im Werth. Die Hälfte ihrer Reise nach Canton legten sie in Tragsesseln zurück.“ Sir Robert fragte, ob Lord Palmerston der Empfehlung dieses Briefs gemäß gehandelt und versucht habe, die gereizte Stimmung der chinesischen Behörden durch eine freundliche Anerkennung jener Handlung der Menschlichkeit zu mildern. In Bezug auf die allgemeine Stellung der Engländer in China bemerkte Elliot an einem andern Ort: „Bis in die neueste Zeit gab es kein Land der Welt, wo der Fremde seine Rechte und sein Eigenthum sicherer fühlen konnte, als in China.“ Und wieder: „Ich bin überzeugt, die Chinesen setzen in die Redlichkeit der Europäer großes Vertrauen, und sie sind in vielen wichtigen Punkten die bescheidensten und billigstdenkenden Menschen auf dem ganzen Erdenrund.“ (Hört!) Und dieses Zeugniß, bemerkte Peel, habe Capitän Elliot nach allen neuerlichen gegenseitigen Animositäten und Collisionen ertheilt. „Darum, fuhr er fort, bitte ich die Regierung jetzt, wo sie diesen Schlag gegen China beabsichtigt, ihn nicht in einem rachsüchtigen Geiste zu führen; vor Allem aber, da ich weiß, daß ein Krieg, wenn er überhaupt stattfinden soll, auf eine der Größe und Macht Großbritanniens würdige Weise geführt werden muß, beschwör' ich sie, um Gottes willen nicht zu vergessen, daß diese Feindseligkeiten gegen ein zwar unkriegerisches, aber zugleich 350,000,000 Seelen umfassendes Volk gerichtet werden sollen. Die Chinesen sind ein unkriegerisches Volk, das bisher für die Erzeugnisse der brittischen Industrie einen trefflichen Kunden abgab; bedenken Sie, der bevorstehende Kampf ist von so unheilvoller Art, daß jeder Streich, den wir auf die Chinesen führen, auf uns zurückfallen kann. Kein Dorf in China können wir verheeren, ohne gewissermaßen zugleich in einer Manufactur unsers eigenen Landes Verwüstungen anzurichten. (Hört!) Ich unterschätze nicht die Macht unsers Landes; ich weiß, daß in jedem Kampfe mit den Chinesen England die Oberhand gewinnen muß. Liest man die Details des Gefechtes, wo die englische Fregatte längs der Linie der chinesischen Dschunken hinsegelte und fast jede derselben kampfunfähig machte, so stellt dieses eine Factum unsere Kriegsüberlegenheit außer Zweifel. Aber verhehlen wir uns darum nicht die gefährliche Natur des Kampfes, in welchen wir uns einzulassen im Begriff stehen. Der Aufruf an Millionen kann eine neue Macht, eine schlummernde Volkskraft ins Leben rufen, die geweckte und gestachelte Nationalehre könnte die Hand der Chinesen mit neuen Waffen bewehren, und so der Ausgang des Kriegs dennoch zweifelhaft, oder selbst der Sieg für unser Land verderblich werden. Oder unser Sieg könnte Revolution und Anarchie unter einem Volke von vierthalbhundert Millionen herbeiführen. Wir rächten bei Plassey die Gräuel der „schwarzen Höhle,“ aber wie wenig ahnten wir damals die unermeßlichen Resultate! Im J. 1757 rückte Lord Clive an der Spitze von 700 Mann Britten und 1500 Eingebornen aus, und errang einen Sieg, dessen Folge eine außerordentliche Umwälzung binnen vierzehn Tagen war. Aehnliche Ursachen könnten zu ähnlichen Ergebnissen in China führen; eine Reihenfolge von Ereignissen könnte eintreten, welche uns nöthigte, ein brittisch-chinesisches Reich zu gründen, wie wir ein indobrittisches
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