Allgemeine Zeitung. Nr. 111. Augsburg, 20. April 1840.Ungarns zu schreiben, so habe ich, in einem alle Gegenstände kaum effleurirenden Briefe, des Hrn. v. Josika allein erwähnt, weil ich dessen Werke allein sämmtlich gelesen habe, und folglich auch allein beurtheilen konnte; wenn ich aber diesen Autor als dermalen an der Spitze der schönen Litteratur Ungarns stehend angeführt, so bin ich hierin nur der im Lande selbst allgemein vernommenen Meinung gefolgt, ohne dadurch andern, neben ihm sich ausgezeichnenden Talenten, die mir weniger bekannt wurden, im geringsten zu nahe treten zu wollen. Wenn ich hiernach 2) nur von deutschen Journalen in Pesth gesprochen, so geschah dieß aus einem ganz ähnlichen Grunde, nämlich weil ich, ohne ein Wort ungarisch zu verstehen, noch es füglich in zwei Monaten erlernen zu können, unmöglich Notiz von Journalen nehmen konnte, die ich zu lesen unfähig war. Was würde mein Tadler dann erst gesagt haben, wenn ich mir erlaubt hätte, über ungarische Zeitblätter ein Urtheil zu fällen, deren Sprache mir gänzlich unbekannt ist? Diese Unbekanntschaft mit der ungarischen Sprache macht aber eben den Inhalt eines dritten Vorwurfs aus. Darauf bemerke ich nur, daß, wenn Niemand über Ungarn schreiben darf als wer ungarisch versteht, die Magyaren künftig ziemlich allein dieß Geschäft übernehmen müssen, wobei vielleicht nicht immer die größte Unparteilichkeit zu erwarten seyn dürfte. Es würde überdieß eine solche Prätention um so weniger billig seyn, als von den zehn Millionen, die das Königreich Ungarn bewohnen, nur höchstens zwei ungarisch sprechen, die andern deutsch oder slavisch, folglich - wenigstens numerisch genommen - die beiden deutschen Journale in der Hauptstadt, deren beifällig zu erwähnen ich mich unterfangen, vielen als eben so national wie die ungarischen selbst erscheinen könnten. Eine andere Sünde soll ich begangen haben, indem ich das ungarische Klima nicht gelobt. Man hat gesehen, daß früher selbst mein Lob als verletzend (weil unzulänglich) erklärt wurde; nicht zu verwundern ist es daher, wenn der indirecte Tadel noch übler aufgenommen wird. Mein Gegner zeigt sich fast gleich einem leidenschaftlichen Spieler, der nie zufrieden ist - wenn er verliert, deßhalb, weil er verloren, und wenn er gewinnt, deßhalb, weil er nicht genug gewonnen. Hinsichtlich des Klima's kann ich ihm indeß mit gutem Gewissen die Versicherung geben, daß er keinen einzigen seiner eigenen Landsleute, die ich kennen gelernt, auf seiner Seite hat; und der Behauptung: daß mehrere europäische Länder gern ihr Klima gegen ein ähnliches vertauschen würden, als ich in Pesth und Ofen kennen zu lernen das Vergnügen gehabt, muß ich so lange einen bescheidenen, aber determinirten Zweifel entgegensetzen, bis diese Länder sich nicht selbst officiell darüber ausgesprochen haben. Von meinen politischen Ansichten ist, nach des Verfassers Ausspruch, "jedes Wort grundlos, und verdient höchstens Achselzucken." - Diese Art der Polemik liebe ich sehr - denn wer seine Meinung von vornherein als ein Axiom aufstellt, überhebt den Gegner aller Discussion, indem er doch alle Lacher auf dessen Seite rangirt - was sehr bequem ist. Daß ich endlich eine "edle Brittin schonungslos verfolgt" haben soll, muß ich gleichfalls als durchaus ungegründet bestreiten. Daß ich mich über eine, in ihrem Vaterlande sehr unbedeutende englische Miß, und noch mehr über die tiefe Verehrung, die ihr bloß deßhalb, weil sie eine Engländerin ist, von einigen hochstehenden Personen in Ungarn bewiesen wurde, ein wenig lustig gemacht, kann ich zwar nicht läugnen, aber ich glaube, daß man einen so unschuldigen Scherz eben so wenig eine "schonungslose Verfolgung" nennen darf, als z. B. den gegen mich gerichteten, und mich keineswegs schonenden Artikel aus Pesth, oder meine hier vorliegende, noch harmlosere Erwiederung desselben. Ungarns zu schreiben, so habe ich, in einem alle Gegenstände kaum effleurirenden Briefe, des Hrn. v. Josika allein erwähnt, weil ich dessen Werke allein sämmtlich gelesen habe, und folglich auch allein beurtheilen konnte; wenn ich aber diesen Autor als dermalen an der Spitze der schönen Litteratur Ungarns stehend angeführt, so bin ich hierin nur der im Lande selbst allgemein vernommenen Meinung gefolgt, ohne dadurch andern, neben ihm sich ausgezeichnenden Talenten, die mir weniger bekannt wurden, im geringsten zu nahe treten zu wollen. Wenn ich hiernach 2) nur von deutschen Journalen in Pesth gesprochen, so geschah dieß aus einem ganz ähnlichen Grunde, nämlich weil ich, ohne ein Wort ungarisch zu verstehen, noch es füglich in zwei Monaten erlernen zu können, unmöglich Notiz von Journalen nehmen konnte, die ich zu lesen unfähig war. Was würde mein Tadler dann erst gesagt haben, wenn ich mir erlaubt hätte, über ungarische Zeitblätter ein Urtheil zu fällen, deren Sprache mir gänzlich unbekannt ist? Diese Unbekanntschaft mit der ungarischen Sprache macht aber eben den Inhalt eines dritten Vorwurfs aus. Darauf bemerke ich nur, daß, wenn Niemand über Ungarn schreiben darf als wer ungarisch versteht, die Magyaren künftig ziemlich allein dieß Geschäft übernehmen müssen, wobei vielleicht nicht immer die größte Unparteilichkeit zu erwarten seyn dürfte. Es würde überdieß eine solche Prätention um so weniger billig seyn, als von den zehn Millionen, die das Königreich Ungarn bewohnen, nur höchstens zwei ungarisch sprechen, die andern deutsch oder slavisch, folglich – wenigstens numerisch genommen – die beiden deutschen Journale in der Hauptstadt, deren beifällig zu erwähnen ich mich unterfangen, vielen als eben so national wie die ungarischen selbst erscheinen könnten. Eine andere Sünde soll ich begangen haben, indem ich das ungarische Klima nicht gelobt. Man hat gesehen, daß früher selbst mein Lob als verletzend (weil unzulänglich) erklärt wurde; nicht zu verwundern ist es daher, wenn der indirecte Tadel noch übler aufgenommen wird. Mein Gegner zeigt sich fast gleich einem leidenschaftlichen Spieler, der nie zufrieden ist – wenn er verliert, deßhalb, weil er verloren, und wenn er gewinnt, deßhalb, weil er nicht genug gewonnen. Hinsichtlich des Klima's kann ich ihm indeß mit gutem Gewissen die Versicherung geben, daß er keinen einzigen seiner eigenen Landsleute, die ich kennen gelernt, auf seiner Seite hat; und der Behauptung: daß mehrere europäische Länder gern ihr Klima gegen ein ähnliches vertauschen würden, als ich in Pesth und Ofen kennen zu lernen das Vergnügen gehabt, muß ich so lange einen bescheidenen, aber determinirten Zweifel entgegensetzen, bis diese Länder sich nicht selbst officiell darüber ausgesprochen haben. Von meinen politischen Ansichten ist, nach des Verfassers Ausspruch, „jedes Wort grundlos, und verdient höchstens Achselzucken.“ – Diese Art der Polemik liebe ich sehr – denn wer seine Meinung von vornherein als ein Axiom aufstellt, überhebt den Gegner aller Discussion, indem er doch alle Lacher auf dessen Seite rangirt – was sehr bequem ist. Daß ich endlich eine „edle Brittin schonungslos verfolgt“ haben soll, muß ich gleichfalls als durchaus ungegründet bestreiten. Daß ich mich über eine, in ihrem Vaterlande sehr unbedeutende englische Miß, und noch mehr über die tiefe Verehrung, die ihr bloß deßhalb, weil sie eine Engländerin ist, von einigen hochstehenden Personen in Ungarn bewiesen wurde, ein wenig lustig gemacht, kann ich zwar nicht läugnen, aber ich glaube, daß man einen so unschuldigen Scherz eben so wenig eine „schonungslose Verfolgung“ nennen darf, als z. B. den gegen mich gerichteten, und mich keineswegs schonenden Artikel aus Pesth, oder meine hier vorliegende, noch harmlosere Erwiederung desselben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="0886"/> Ungarns zu schreiben, so habe ich, in einem alle Gegenstände kaum effleurirenden Briefe, des Hrn. v. Josika allein erwähnt, weil ich dessen Werke allein sämmtlich gelesen habe, und folglich auch allein beurtheilen konnte; wenn ich aber diesen Autor als dermalen an der Spitze der schönen Litteratur Ungarns stehend angeführt, so bin ich hierin nur der im Lande selbst allgemein vernommenen Meinung gefolgt, ohne dadurch andern, neben ihm sich ausgezeichnenden Talenten, die mir weniger bekannt wurden, im geringsten zu nahe treten zu wollen. 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Daß ich mich über eine, in ihrem Vaterlande sehr unbedeutende englische Miß, und noch mehr über die tiefe Verehrung, die ihr bloß deßhalb, weil sie eine Engländerin ist, von einigen hochstehenden Personen in Ungarn bewiesen wurde, ein wenig lustig gemacht, kann ich zwar nicht läugnen, aber ich glaube, daß man einen so unschuldigen Scherz eben so wenig eine „schonungslose Verfolgung“ nennen darf, als z. B. den gegen mich gerichteten, und mich keineswegs schonenden Artikel aus Pesth, oder meine hier vorliegende, noch harmlosere Erwiederung desselben.</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [0886/0014]
Ungarns zu schreiben, so habe ich, in einem alle Gegenstände kaum effleurirenden Briefe, des Hrn. v. Josika allein erwähnt, weil ich dessen Werke allein sämmtlich gelesen habe, und folglich auch allein beurtheilen konnte; wenn ich aber diesen Autor als dermalen an der Spitze der schönen Litteratur Ungarns stehend angeführt, so bin ich hierin nur der im Lande selbst allgemein vernommenen Meinung gefolgt, ohne dadurch andern, neben ihm sich ausgezeichnenden Talenten, die mir weniger bekannt wurden, im geringsten zu nahe treten zu wollen. Wenn ich hiernach
2) nur von deutschen Journalen in Pesth gesprochen, so geschah dieß aus einem ganz ähnlichen Grunde, nämlich weil ich, ohne ein Wort ungarisch zu verstehen, noch es füglich in zwei Monaten erlernen zu können, unmöglich Notiz von Journalen nehmen konnte, die ich zu lesen unfähig war. Was würde mein Tadler dann erst gesagt haben, wenn ich mir erlaubt hätte, über ungarische Zeitblätter ein Urtheil zu fällen, deren Sprache mir gänzlich unbekannt ist?
Diese Unbekanntschaft mit der ungarischen Sprache macht aber eben den Inhalt eines dritten Vorwurfs aus. Darauf bemerke ich nur, daß, wenn Niemand über Ungarn schreiben darf als wer ungarisch versteht, die Magyaren künftig ziemlich allein dieß Geschäft übernehmen müssen, wobei vielleicht nicht immer die größte Unparteilichkeit zu erwarten seyn dürfte. Es würde überdieß eine solche Prätention um so weniger billig seyn, als von den zehn Millionen, die das Königreich Ungarn bewohnen, nur höchstens zwei ungarisch sprechen, die andern deutsch oder slavisch, folglich – wenigstens numerisch genommen – die beiden deutschen Journale in der Hauptstadt, deren beifällig zu erwähnen ich mich unterfangen, vielen als eben so national wie die ungarischen selbst erscheinen könnten.
Eine andere Sünde soll ich begangen haben, indem ich das ungarische Klima nicht gelobt. Man hat gesehen, daß früher selbst mein Lob als verletzend (weil unzulänglich) erklärt wurde; nicht zu verwundern ist es daher, wenn der indirecte Tadel noch übler aufgenommen wird. Mein Gegner zeigt sich fast gleich einem leidenschaftlichen Spieler, der nie zufrieden ist – wenn er verliert, deßhalb, weil er verloren, und wenn er gewinnt, deßhalb, weil er nicht genug gewonnen.
Hinsichtlich des Klima's kann ich ihm indeß mit gutem Gewissen die Versicherung geben, daß er keinen einzigen seiner eigenen Landsleute, die ich kennen gelernt, auf seiner Seite hat; und der Behauptung: daß mehrere europäische Länder gern ihr Klima gegen ein ähnliches vertauschen würden, als ich in Pesth und Ofen kennen zu lernen das Vergnügen gehabt, muß ich so lange einen bescheidenen, aber determinirten Zweifel entgegensetzen, bis diese Länder sich nicht selbst officiell darüber ausgesprochen haben.
Von meinen politischen Ansichten ist, nach des Verfassers Ausspruch, „jedes Wort grundlos, und verdient höchstens Achselzucken.“ – Diese Art der Polemik liebe ich sehr – denn wer seine Meinung von vornherein als ein Axiom aufstellt, überhebt den Gegner aller Discussion, indem er doch alle Lacher auf dessen Seite rangirt – was sehr bequem ist.
Daß ich endlich eine „edle Brittin schonungslos verfolgt“ haben soll, muß ich gleichfalls als durchaus ungegründet bestreiten. Daß ich mich über eine, in ihrem Vaterlande sehr unbedeutende englische Miß, und noch mehr über die tiefe Verehrung, die ihr bloß deßhalb, weil sie eine Engländerin ist, von einigen hochstehenden Personen in Ungarn bewiesen wurde, ein wenig lustig gemacht, kann ich zwar nicht läugnen, aber ich glaube, daß man einen so unschuldigen Scherz eben so wenig eine „schonungslose Verfolgung“ nennen darf, als z. B. den gegen mich gerichteten, und mich keineswegs schonenden Artikel aus Pesth, oder meine hier vorliegende, noch harmlosere Erwiederung desselben.
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