Allgemeine Zeitung. Nr. 114. Augsburg, 23. April 1840.des chinesischen Reichs. Es würde hier bald, wenn die Fruchtschiffe Formosa's ausblieben, der größte Mangel eintreten. Man findet auf Formosa im Ueberfluß Hühner, Enten, Gänse, Hirsche, wilde Schweine, Rehe, Hasen und eine besonders starke Gattung Buffalos, welche sehr schnell rennen und hiesigen Landes die Stelle der Pferde, welche bloß in den Gebirgen gefunden werden, vertreten. Seltener sind Tiger und Leoparden, dann ein anderes, einem Bären ähnliches Thier, Timey von den Eingebornen genannt, dessen Fell sehr theuer verkauft wird. Die chinesische Regierung weiß die Wichtigkeit dieser Besitzung in ihrem vollen Umfange zu würdigen; sie hat, um die Insel vor jedem fremden Ueberfall zu schützen, mehrere Festungen hier erbaut, von welchen Ngan ping tsching die vorzüglichste ist. In diesen Festungen liegen Garnisonen von zehn- bis zwölftausend Mann, die, aus Furcht es könnte mit der Zeit eine Meuterei unter ihnen entstehen, alle drei Jahre gewechselt werden. (Beschluß folgt.) Die Juden in Damascus. Der Constitutionnel enthält über die zu Damascus vorgefallenen Ereignisse nachstehenden Artikel: "Die schreckliche, gegen einige Israeliten von Damascus gerichteten Anklage hat mehrere ihrer Glaubensgenossen in Europa sehr aufgeregt. Hr. Ad. Cremieux (der bekannte Advocat) macht hierüber ein Schreiben (in der Gazette des Tribunaux) bekannt, worin er seine Verwunderung äußert, daß die Journale eine Verleumdung wiederholt haben, die ihren Ursprung in den Vorurtheilen des Mittelalters habe. Als wir die Thatsachen wieder erzählten, die bereits der Oeffentlichkeit angehörten, waren wir überzeugt, daß selbe, wenn sie auch wahr seyn sollten, in keiner Weise ungünstig auf die Israeliten, welche die aufgeklärten Staaten des Occidents bewohnen, zurückwirken könnten. Niemanden wird es heute in Frankreich beifallen, die Israeliten, unsere Mitbürger, für Handlungen verantwortlich zu machen, deren sich einige Juden im Orient schuldig gemacht haben dürften. Die Achtung, in welcher Männer stehen, deren ehrenvolles Leben vor aller Welt Augen liegt, kann dadurch nicht im mindesten gefährdet werden; und gerade deßhalb, weil wir nicht mehr im Mittelalter sind, haben wir in der Wiederholung jener Nachrichten nicht mehr Gefahr für die Israeliten gesehen, als wenn es sich von Christen handelte. Indem wir übrigens neben den Geständnissen, welche die Angeklagten gemacht haben sollten, auch die schrecklichen Details der Martern, die ihnen angethan wurden, mittheilten, hatten wir unsere Leser hinlänglich gegen Aussagen gewaffnet, die dem Schmerz entrissen worden. Hr. Cremieux stellt sogar die Wirklichkeit der Ereignisse in Zweifel; hiefür haben wir keinen andern Bürgen, als die Marseiller Blätter, die ihre Nachrichten aus dem Journal de Smyrne geschöpft haben, das möglicherweise in Irrthum geführt worden seyn konnte. Hr. Cremieux sagt in seinem oben erwähnten Schreiben: "Ist diese traurige Erzählung eine Geschichte oder ein Mährchen? Da hiebei von der glücklichen Dazwischenkunft des französischen Consuls die Rede ist, hatte ich die Ehre, sogleich an den Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu schreiben, um anzufragen, ob irgend eine Depesche ihm diese fürchterliche Katastrophe gemeldet habe; man hat auf dem Ministerium weder von dem Consul, noch auf irgend einem andern Wege die mindeste Nachricht davon erhalten." (Dennoch ist nach unsern gestern mitgetheilten Briefen aus Alexandria der Proceß selbst außer Zweifel.) - Der Oberrabiner des israelitischen Consistoriums von Marseille, Hr. D. Cohen, glaubte ebenfalls gegen die Verbreitung jener Angaben protestiren zu müssen; er erhebt sich besonders gegen die Meinung: daß die Israeliten an den Ostern gewisser Jahre eines Menschenopfers bedürfen, um das Blut eines Christen unter die ungesäuerten Brode zu mischen. - "Nein!" ruft Hr. Cohen aus, "es ist nicht wahr, daß wir Mysterien haben, deren Feier Menschenopfer erheischt; nein! es ist nicht wahr, daß wir Christenblut gebrauchen, um unsere ungesäuerten Brode zu kneten. Und wie könnte dieß auch seyn! Wie kann man derlei Abgeschmacktheiten behaupten, da doch Allen, welche die Bibel gelesen haben, bekannt ist, daß das mosaische Gesetz im Gegentheil verbietet, keines Leibes Blut zu essen, weil des Leibes Leben in dem Blute ist (Levitic. Cap. XVII, V. 14); da die Beobachtung dieses Gebotes bei den Israeliten so weit getrieben wird, daß ihnen verboten ist, Wildpret zu essen, weil ihm das Blut nicht abgezapft worden ist, und daß, damit sie vom Fleische eines nicht unreinen Thieres essen dürfen, ihm alles Blut abgezapft worden seyn muß? Und bei solchen Vorschriften will man, daß wir Blut in das ungesäuerten Brod geben? Und welches Blut, großer Gott, Menschenblut! Christenblut! Welch' abscheuliche Verleumdung! - Aber diejenigen, welche eine solche Abgeschmacktheit ersonnen und verbreitet haben, scheinen vergessen zu haben, daß es, als Moses den Gebrauch des ungesäuerten Brodes anordnete, keine Christen gab; daß die Christen erst vierzehn Jahrhunderte später gekommen sind und daß sie mit den Ostern der Israeliten, die nur zum Andenken an den Auszug aus Aegypten gefeiert werden, nichts gemein haben können." Wallis und der Schweizer-Bund. Bern, 16 April. Die Walliser Episode ist vorüber, die Einheit dieses Kantons gewährleistet, und der Tagsatzung ein schweres Stück Arbeit abgenommen. Zuverlässigen Berichten zufolge haben nämlich alle östlichen Zehnen sich der Verfassung vom 3 August unterworfen; es besteht somit nur noch eine Regierung des Kantons Wallis, und die Vertretung dieses Standes im Schooße der Tagsatzung wird ferner keine Schwierigkeiten mehr erfahren. Dem Sieger ist auch bei diesem Anlaß viel Lob zu Theil geworden, und die Unterlegenen, die den Schaden hatten, brauchten nach dem Sprüchwort für den Spott nicht zu sorgen. Im Interesse der Wahrheit erlaube ich mir mit wenigen Worten die Ereignisse, wie sie von Oberwallisern dargestellt werden, hier niederzulegen. - Unter Vermittlung der Geistlichkeit hatte man sich wegen der Vorfälle in Evolenaz bereits verständigt, ein Waffenstillstand war geschlossen, als vor Ablauf desselben die Regierung in Sitten waffnen und am 31 März die unter Oberwalliser Botmäßigkeit stehende Gemeinde Nendaz besetzen ließ. Am 31 März herrschte unter den Oberwalliser Milizen durchgehends guter Wille und die Begierde, gegen den untern Theil geführt zu werden. Auf den 2 April war ein Angriff gegen Unterwallis beschlossen; bis zu diesem Zeitpunkt hoffte man nämlich numerisch stark genug zu seyn, um den Kampf aufnehmen zu dürfen. In der Zwischenzeit kam durch Courier die vorörtliche Depesche nach Siders, welche augenblickliche Niederlegung der Waffen gebot; die Zuschrift lautete an beide Regierungen gemeinschaftlich, diejenige in Sitten sowohl als diejenige in Siders, und der Courier versicherte, die eine Ausfertigung in Sitten abgegeben zu haben. Die Regierung in Siders, unter dem Präsidium des Grafen v. Curten, entsprach der vorörtlichen Aufforderung, und ermahnte die Ihrigen zu Niederlegung der Waffen; dieß indisponirte die Menge, und als bald die Nachricht kam, die Unterwalliser dringen dessen ungeachtet vorwärts, so schrie man über Verrath, erklärte die vorörtliche Depesche für ein fingirtes Schreiben und stürmte das Haus des Landshauptmanns, ermordete des chinesischen Reichs. Es würde hier bald, wenn die Fruchtschiffe Formosa's ausblieben, der größte Mangel eintreten. Man findet auf Formosa im Ueberfluß Hühner, Enten, Gänse, Hirsche, wilde Schweine, Rehe, Hasen und eine besonders starke Gattung Buffalos, welche sehr schnell rennen und hiesigen Landes die Stelle der Pferde, welche bloß in den Gebirgen gefunden werden, vertreten. Seltener sind Tiger und Leoparden, dann ein anderes, einem Bären ähnliches Thier, Timey von den Eingebornen genannt, dessen Fell sehr theuer verkauft wird. Die chinesische Regierung weiß die Wichtigkeit dieser Besitzung in ihrem vollen Umfange zu würdigen; sie hat, um die Insel vor jedem fremden Ueberfall zu schützen, mehrere Festungen hier erbaut, von welchen Ngan ping tsching die vorzüglichste ist. In diesen Festungen liegen Garnisonen von zehn- bis zwölftausend Mann, die, aus Furcht es könnte mit der Zeit eine Meuterei unter ihnen entstehen, alle drei Jahre gewechselt werden. (Beschluß folgt.) Die Juden in Damascus. Der Constitutionnel enthält über die zu Damascus vorgefallenen Ereignisse nachstehenden Artikel: „Die schreckliche, gegen einige Israeliten von Damascus gerichteten Anklage hat mehrere ihrer Glaubensgenossen in Europa sehr aufgeregt. Hr. Ad. Cremieux (der bekannte Advocat) macht hierüber ein Schreiben (in der Gazette des Tribunaux) bekannt, worin er seine Verwunderung äußert, daß die Journale eine Verleumdung wiederholt haben, die ihren Ursprung in den Vorurtheilen des Mittelalters habe. Als wir die Thatsachen wieder erzählten, die bereits der Oeffentlichkeit angehörten, waren wir überzeugt, daß selbe, wenn sie auch wahr seyn sollten, in keiner Weise ungünstig auf die Israeliten, welche die aufgeklärten Staaten des Occidents bewohnen, zurückwirken könnten. Niemanden wird es heute in Frankreich beifallen, die Israeliten, unsere Mitbürger, für Handlungen verantwortlich zu machen, deren sich einige Juden im Orient schuldig gemacht haben dürften. Die Achtung, in welcher Männer stehen, deren ehrenvolles Leben vor aller Welt Augen liegt, kann dadurch nicht im mindesten gefährdet werden; und gerade deßhalb, weil wir nicht mehr im Mittelalter sind, haben wir in der Wiederholung jener Nachrichten nicht mehr Gefahr für die Israeliten gesehen, als wenn es sich von Christen handelte. Indem wir übrigens neben den Geständnissen, welche die Angeklagten gemacht haben sollten, auch die schrecklichen Details der Martern, die ihnen angethan wurden, mittheilten, hatten wir unsere Leser hinlänglich gegen Aussagen gewaffnet, die dem Schmerz entrissen worden. Hr. Cremieux stellt sogar die Wirklichkeit der Ereignisse in Zweifel; hiefür haben wir keinen andern Bürgen, als die Marseiller Blätter, die ihre Nachrichten aus dem Journal de Smyrne geschöpft haben, das möglicherweise in Irrthum geführt worden seyn konnte. Hr. Cremieux sagt in seinem oben erwähnten Schreiben: „Ist diese traurige Erzählung eine Geschichte oder ein Mährchen? Da hiebei von der glücklichen Dazwischenkunft des französischen Consuls die Rede ist, hatte ich die Ehre, sogleich an den Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu schreiben, um anzufragen, ob irgend eine Depesche ihm diese fürchterliche Katastrophe gemeldet habe; man hat auf dem Ministerium weder von dem Consul, noch auf irgend einem andern Wege die mindeste Nachricht davon erhalten.“ (Dennoch ist nach unsern gestern mitgetheilten Briefen aus Alexandria der Proceß selbst außer Zweifel.) – Der Oberrabiner des israelitischen Consistoriums von Marseille, Hr. D. Cohen, glaubte ebenfalls gegen die Verbreitung jener Angaben protestiren zu müssen; er erhebt sich besonders gegen die Meinung: daß die Israeliten an den Ostern gewisser Jahre eines Menschenopfers bedürfen, um das Blut eines Christen unter die ungesäuerten Brode zu mischen. – „Nein!“ ruft Hr. Cohen aus, „es ist nicht wahr, daß wir Mysterien haben, deren Feier Menschenopfer erheischt; nein! es ist nicht wahr, daß wir Christenblut gebrauchen, um unsere ungesäuerten Brode zu kneten. Und wie könnte dieß auch seyn! Wie kann man derlei Abgeschmacktheiten behaupten, da doch Allen, welche die Bibel gelesen haben, bekannt ist, daß das mosaische Gesetz im Gegentheil verbietet, keines Leibes Blut zu essen, weil des Leibes Leben in dem Blute ist (Levitic. Cap. XVII, V. 14); da die Beobachtung dieses Gebotes bei den Israeliten so weit getrieben wird, daß ihnen verboten ist, Wildpret zu essen, weil ihm das Blut nicht abgezapft worden ist, und daß, damit sie vom Fleische eines nicht unreinen Thieres essen dürfen, ihm alles Blut abgezapft worden seyn muß? Und bei solchen Vorschriften will man, daß wir Blut in das ungesäuerten Brod geben? Und welches Blut, großer Gott, Menschenblut! Christenblut! Welch' abscheuliche Verleumdung! – Aber diejenigen, welche eine solche Abgeschmacktheit ersonnen und verbreitet haben, scheinen vergessen zu haben, daß es, als Moses den Gebrauch des ungesäuerten Brodes anordnete, keine Christen gab; daß die Christen erst vierzehn Jahrhunderte später gekommen sind und daß sie mit den Ostern der Israeliten, die nur zum Andenken an den Auszug aus Aegypten gefeiert werden, nichts gemein haben können.“ Wallis und der Schweizer-Bund. Bern, 16 April. Die Walliser Episode ist vorüber, die Einheit dieses Kantons gewährleistet, und der Tagsatzung ein schweres Stück Arbeit abgenommen. Zuverlässigen Berichten zufolge haben nämlich alle östlichen Zehnen sich der Verfassung vom 3 August unterworfen; es besteht somit nur noch eine Regierung des Kantons Wallis, und die Vertretung dieses Standes im Schooße der Tagsatzung wird ferner keine Schwierigkeiten mehr erfahren. Dem Sieger ist auch bei diesem Anlaß viel Lob zu Theil geworden, und die Unterlegenen, die den Schaden hatten, brauchten nach dem Sprüchwort für den Spott nicht zu sorgen. Im Interesse der Wahrheit erlaube ich mir mit wenigen Worten die Ereignisse, wie sie von Oberwallisern dargestellt werden, hier niederzulegen. – Unter Vermittlung der Geistlichkeit hatte man sich wegen der Vorfälle in Evolenaz bereits verständigt, ein Waffenstillstand war geschlossen, als vor Ablauf desselben die Regierung in Sitten waffnen und am 31 März die unter Oberwalliser Botmäßigkeit stehende Gemeinde Nendaz besetzen ließ. Am 31 März herrschte unter den Oberwalliser Milizen durchgehends guter Wille und die Begierde, gegen den untern Theil geführt zu werden. Auf den 2 April war ein Angriff gegen Unterwallis beschlossen; bis zu diesem Zeitpunkt hoffte man nämlich numerisch stark genug zu seyn, um den Kampf aufnehmen zu dürfen. In der Zwischenzeit kam durch Courier die vorörtliche Depesche nach Siders, welche augenblickliche Niederlegung der Waffen gebot; die Zuschrift lautete an beide Regierungen gemeinschaftlich, diejenige in Sitten sowohl als diejenige in Siders, und der Courier versicherte, die eine Ausfertigung in Sitten abgegeben zu haben. Die Regierung in Siders, unter dem Präsidium des Grafen v. Curten, entsprach der vorörtlichen Aufforderung, und ermahnte die Ihrigen zu Niederlegung der Waffen; dieß indisponirte die Menge, und als bald die Nachricht kam, die Unterwalliser dringen dessen ungeachtet vorwärts, so schrie man über Verrath, erklärte die vorörtliche Depesche für ein fingirtes Schreiben und stürmte das Haus des Landshauptmanns, ermordete <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="0908"/> des chinesischen Reichs. Es würde hier bald, wenn die Fruchtschiffe Formosa's ausblieben, der größte Mangel eintreten. 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Als wir die Thatsachen wieder erzählten, die bereits der Oeffentlichkeit angehörten, waren wir überzeugt, daß selbe, wenn sie auch wahr seyn sollten, in keiner Weise ungünstig auf die Israeliten, welche die aufgeklärten Staaten des Occidents bewohnen, zurückwirken könnten. Niemanden wird es heute in Frankreich beifallen, die Israeliten, unsere Mitbürger, für Handlungen verantwortlich zu machen, deren sich einige Juden im Orient schuldig gemacht haben dürften. Die Achtung, in welcher Männer stehen, deren ehrenvolles Leben vor aller Welt Augen liegt, kann dadurch nicht im mindesten gefährdet werden; und gerade deßhalb, weil wir nicht mehr im Mittelalter sind, haben wir in der Wiederholung jener Nachrichten nicht mehr Gefahr für die Israeliten gesehen, als wenn es sich von Christen handelte. Indem wir übrigens neben den Geständnissen, welche die Angeklagten gemacht haben sollten, auch die schrecklichen Details der Martern, die ihnen angethan wurden, mittheilten, hatten wir unsere Leser hinlänglich gegen Aussagen gewaffnet, die dem Schmerz entrissen worden. Hr. Cremieux stellt sogar die Wirklichkeit der Ereignisse in Zweifel; hiefür haben wir keinen andern Bürgen, als die Marseiller Blätter, die ihre Nachrichten aus dem Journal de Smyrne geschöpft haben, das möglicherweise in Irrthum geführt worden seyn konnte. Hr. Cremieux sagt in seinem oben erwähnten Schreiben: „Ist diese traurige Erzählung eine Geschichte oder ein Mährchen? Da hiebei von der glücklichen Dazwischenkunft des französischen Consuls die Rede ist, hatte ich die Ehre, sogleich an den Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu schreiben, um anzufragen, ob irgend eine Depesche ihm diese fürchterliche Katastrophe gemeldet habe; man hat auf dem Ministerium weder von dem Consul, noch auf irgend einem andern Wege die mindeste Nachricht davon erhalten.“ (Dennoch ist nach unsern gestern mitgetheilten Briefen aus Alexandria der Proceß selbst außer Zweifel.) – Der Oberrabiner des israelitischen Consistoriums von Marseille, Hr. D. Cohen, glaubte ebenfalls gegen die Verbreitung jener Angaben protestiren zu müssen; er erhebt sich besonders gegen die Meinung: daß die Israeliten an den Ostern gewisser Jahre eines Menschenopfers bedürfen, um das Blut eines Christen unter die ungesäuerten Brode zu mischen. – „Nein!“ ruft Hr. Cohen aus, „es ist nicht wahr, daß wir Mysterien haben, deren Feier Menschenopfer erheischt; nein! es ist nicht wahr, daß wir Christenblut gebrauchen, um unsere ungesäuerten Brode zu kneten. Und wie könnte dieß auch seyn! Wie kann man derlei Abgeschmacktheiten behaupten, da doch Allen, welche die Bibel gelesen haben, bekannt ist, daß das mosaische Gesetz im Gegentheil verbietet, keines Leibes Blut zu essen, weil des Leibes Leben in dem Blute ist (Levitic. Cap. XVII, V. 14); da die Beobachtung dieses Gebotes bei den Israeliten so weit getrieben wird, daß ihnen verboten ist, Wildpret zu essen, weil ihm das Blut nicht abgezapft worden ist, und daß, damit sie vom Fleische eines nicht unreinen Thieres essen dürfen, ihm alles Blut abgezapft worden seyn muß? Und bei solchen Vorschriften will man, daß wir Blut in das ungesäuerten Brod geben? Und welches Blut, großer Gott, Menschenblut! Christenblut! Welch' abscheuliche Verleumdung! – Aber diejenigen, welche eine solche Abgeschmacktheit ersonnen und verbreitet haben, scheinen vergessen zu haben, daß es, als Moses den Gebrauch des ungesäuerten Brodes anordnete, keine Christen gab; daß die Christen erst vierzehn Jahrhunderte später gekommen sind und daß sie mit den Ostern der Israeliten, die nur zum Andenken an den Auszug aus Aegypten gefeiert werden, nichts gemein haben können.“</p><lb/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Wallis und der Schweizer</hi>-<hi rendition="#g">Bund</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Bern,</hi> 16 April.</dateline> <p> Die Walliser Episode ist vorüber, die Einheit dieses Kantons gewährleistet, und der Tagsatzung ein schweres Stück Arbeit abgenommen. Zuverlässigen Berichten zufolge haben nämlich alle östlichen Zehnen sich der Verfassung vom 3 August unterworfen; es besteht somit nur noch eine Regierung des Kantons Wallis, und die Vertretung dieses Standes im Schooße der Tagsatzung wird ferner keine Schwierigkeiten mehr erfahren. Dem Sieger ist auch bei diesem Anlaß viel Lob zu Theil geworden, und die Unterlegenen, die den Schaden hatten, brauchten nach dem Sprüchwort für den Spott nicht zu sorgen. Im Interesse der Wahrheit erlaube ich mir mit wenigen Worten die Ereignisse, wie sie von Oberwallisern dargestellt werden, hier niederzulegen. – Unter Vermittlung der Geistlichkeit hatte man sich wegen der Vorfälle in Evolenaz bereits verständigt, ein Waffenstillstand war geschlossen, als vor Ablauf desselben die Regierung in Sitten waffnen und am 31 März die unter Oberwalliser Botmäßigkeit stehende Gemeinde Nendaz besetzen ließ. Am 31 März herrschte unter den Oberwalliser Milizen durchgehends guter Wille und die Begierde, gegen den untern Theil geführt zu werden. Auf den 2 April war ein Angriff gegen Unterwallis beschlossen; bis zu diesem Zeitpunkt hoffte man nämlich numerisch stark genug zu seyn, um den Kampf aufnehmen zu dürfen. In der Zwischenzeit kam durch Courier die vorörtliche Depesche nach Siders, welche augenblickliche Niederlegung der Waffen gebot; die Zuschrift lautete an beide Regierungen gemeinschaftlich, diejenige in Sitten sowohl als diejenige in Siders, und der Courier versicherte, die eine Ausfertigung in Sitten abgegeben zu haben. Die Regierung in Siders, unter dem Präsidium des Grafen v. Curten, entsprach der vorörtlichen Aufforderung, und ermahnte die Ihrigen zu Niederlegung der Waffen; dieß indisponirte die Menge, und als bald die Nachricht kam, die Unterwalliser dringen dessen ungeachtet vorwärts, so schrie man über Verrath, erklärte die vorörtliche Depesche für ein fingirtes Schreiben und stürmte das Haus des Landshauptmanns, ermordete<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0908/0012]
des chinesischen Reichs. Es würde hier bald, wenn die Fruchtschiffe Formosa's ausblieben, der größte Mangel eintreten. Man findet auf Formosa im Ueberfluß Hühner, Enten, Gänse, Hirsche, wilde Schweine, Rehe, Hasen und eine besonders starke Gattung Buffalos, welche sehr schnell rennen und hiesigen Landes die Stelle der Pferde, welche bloß in den Gebirgen gefunden werden, vertreten. Seltener sind Tiger und Leoparden, dann ein anderes, einem Bären ähnliches Thier, Timey von den Eingebornen genannt, dessen Fell sehr theuer verkauft wird. Die chinesische Regierung weiß die Wichtigkeit dieser Besitzung in ihrem vollen Umfange zu würdigen; sie hat, um die Insel vor jedem fremden Ueberfall zu schützen, mehrere Festungen hier erbaut, von welchen Ngan ping tsching die vorzüglichste ist. In diesen Festungen liegen Garnisonen von zehn- bis zwölftausend Mann, die, aus Furcht es könnte mit der Zeit eine Meuterei unter ihnen entstehen, alle drei Jahre gewechselt werden.
(Beschluß folgt.)
Die Juden in Damascus.
Der Constitutionnel enthält über die zu Damascus vorgefallenen Ereignisse nachstehenden Artikel: „Die schreckliche, gegen einige Israeliten von Damascus gerichteten Anklage hat mehrere ihrer Glaubensgenossen in Europa sehr aufgeregt. Hr. Ad. Cremieux (der bekannte Advocat) macht hierüber ein Schreiben (in der Gazette des Tribunaux) bekannt, worin er seine Verwunderung äußert, daß die Journale eine Verleumdung wiederholt haben, die ihren Ursprung in den Vorurtheilen des Mittelalters habe. Als wir die Thatsachen wieder erzählten, die bereits der Oeffentlichkeit angehörten, waren wir überzeugt, daß selbe, wenn sie auch wahr seyn sollten, in keiner Weise ungünstig auf die Israeliten, welche die aufgeklärten Staaten des Occidents bewohnen, zurückwirken könnten. Niemanden wird es heute in Frankreich beifallen, die Israeliten, unsere Mitbürger, für Handlungen verantwortlich zu machen, deren sich einige Juden im Orient schuldig gemacht haben dürften. Die Achtung, in welcher Männer stehen, deren ehrenvolles Leben vor aller Welt Augen liegt, kann dadurch nicht im mindesten gefährdet werden; und gerade deßhalb, weil wir nicht mehr im Mittelalter sind, haben wir in der Wiederholung jener Nachrichten nicht mehr Gefahr für die Israeliten gesehen, als wenn es sich von Christen handelte. Indem wir übrigens neben den Geständnissen, welche die Angeklagten gemacht haben sollten, auch die schrecklichen Details der Martern, die ihnen angethan wurden, mittheilten, hatten wir unsere Leser hinlänglich gegen Aussagen gewaffnet, die dem Schmerz entrissen worden. Hr. Cremieux stellt sogar die Wirklichkeit der Ereignisse in Zweifel; hiefür haben wir keinen andern Bürgen, als die Marseiller Blätter, die ihre Nachrichten aus dem Journal de Smyrne geschöpft haben, das möglicherweise in Irrthum geführt worden seyn konnte. Hr. Cremieux sagt in seinem oben erwähnten Schreiben: „Ist diese traurige Erzählung eine Geschichte oder ein Mährchen? Da hiebei von der glücklichen Dazwischenkunft des französischen Consuls die Rede ist, hatte ich die Ehre, sogleich an den Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu schreiben, um anzufragen, ob irgend eine Depesche ihm diese fürchterliche Katastrophe gemeldet habe; man hat auf dem Ministerium weder von dem Consul, noch auf irgend einem andern Wege die mindeste Nachricht davon erhalten.“ (Dennoch ist nach unsern gestern mitgetheilten Briefen aus Alexandria der Proceß selbst außer Zweifel.) – Der Oberrabiner des israelitischen Consistoriums von Marseille, Hr. D. Cohen, glaubte ebenfalls gegen die Verbreitung jener Angaben protestiren zu müssen; er erhebt sich besonders gegen die Meinung: daß die Israeliten an den Ostern gewisser Jahre eines Menschenopfers bedürfen, um das Blut eines Christen unter die ungesäuerten Brode zu mischen. – „Nein!“ ruft Hr. Cohen aus, „es ist nicht wahr, daß wir Mysterien haben, deren Feier Menschenopfer erheischt; nein! es ist nicht wahr, daß wir Christenblut gebrauchen, um unsere ungesäuerten Brode zu kneten. Und wie könnte dieß auch seyn! Wie kann man derlei Abgeschmacktheiten behaupten, da doch Allen, welche die Bibel gelesen haben, bekannt ist, daß das mosaische Gesetz im Gegentheil verbietet, keines Leibes Blut zu essen, weil des Leibes Leben in dem Blute ist (Levitic. Cap. XVII, V. 14); da die Beobachtung dieses Gebotes bei den Israeliten so weit getrieben wird, daß ihnen verboten ist, Wildpret zu essen, weil ihm das Blut nicht abgezapft worden ist, und daß, damit sie vom Fleische eines nicht unreinen Thieres essen dürfen, ihm alles Blut abgezapft worden seyn muß? Und bei solchen Vorschriften will man, daß wir Blut in das ungesäuerten Brod geben? Und welches Blut, großer Gott, Menschenblut! Christenblut! Welch' abscheuliche Verleumdung! – Aber diejenigen, welche eine solche Abgeschmacktheit ersonnen und verbreitet haben, scheinen vergessen zu haben, daß es, als Moses den Gebrauch des ungesäuerten Brodes anordnete, keine Christen gab; daß die Christen erst vierzehn Jahrhunderte später gekommen sind und daß sie mit den Ostern der Israeliten, die nur zum Andenken an den Auszug aus Aegypten gefeiert werden, nichts gemein haben können.“
Wallis und der Schweizer-Bund.
_ Bern, 16 April. Die Walliser Episode ist vorüber, die Einheit dieses Kantons gewährleistet, und der Tagsatzung ein schweres Stück Arbeit abgenommen. Zuverlässigen Berichten zufolge haben nämlich alle östlichen Zehnen sich der Verfassung vom 3 August unterworfen; es besteht somit nur noch eine Regierung des Kantons Wallis, und die Vertretung dieses Standes im Schooße der Tagsatzung wird ferner keine Schwierigkeiten mehr erfahren. Dem Sieger ist auch bei diesem Anlaß viel Lob zu Theil geworden, und die Unterlegenen, die den Schaden hatten, brauchten nach dem Sprüchwort für den Spott nicht zu sorgen. Im Interesse der Wahrheit erlaube ich mir mit wenigen Worten die Ereignisse, wie sie von Oberwallisern dargestellt werden, hier niederzulegen. – Unter Vermittlung der Geistlichkeit hatte man sich wegen der Vorfälle in Evolenaz bereits verständigt, ein Waffenstillstand war geschlossen, als vor Ablauf desselben die Regierung in Sitten waffnen und am 31 März die unter Oberwalliser Botmäßigkeit stehende Gemeinde Nendaz besetzen ließ. Am 31 März herrschte unter den Oberwalliser Milizen durchgehends guter Wille und die Begierde, gegen den untern Theil geführt zu werden. Auf den 2 April war ein Angriff gegen Unterwallis beschlossen; bis zu diesem Zeitpunkt hoffte man nämlich numerisch stark genug zu seyn, um den Kampf aufnehmen zu dürfen. In der Zwischenzeit kam durch Courier die vorörtliche Depesche nach Siders, welche augenblickliche Niederlegung der Waffen gebot; die Zuschrift lautete an beide Regierungen gemeinschaftlich, diejenige in Sitten sowohl als diejenige in Siders, und der Courier versicherte, die eine Ausfertigung in Sitten abgegeben zu haben. Die Regierung in Siders, unter dem Präsidium des Grafen v. Curten, entsprach der vorörtlichen Aufforderung, und ermahnte die Ihrigen zu Niederlegung der Waffen; dieß indisponirte die Menge, und als bald die Nachricht kam, die Unterwalliser dringen dessen ungeachtet vorwärts, so schrie man über Verrath, erklärte die vorörtliche Depesche für ein fingirtes Schreiben und stürmte das Haus des Landshauptmanns, ermordete
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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