Allgemeine Zeitung. Nr. 116. Augsburg, 25. April 1840.zu schützen - dazu genügt ein Platz von mäßigem Umfang, wenn derselbe nur nicht anders als durch regelmäßigen Angriff zu überwältigen ist. Was hier in Bezug auf Baden gesagt wurde, findet mehr oder weniger auch Anwendung auf das Königreich Würtemberg, da unter den eben vorausgesetzten Verhältnissen der überraschende Marsch eines feindlichen Corps von Straßburg nach dem ungefähr 20 Meilen entfernten Stuttgart, so wie überhaupt mannichfache Störungen der Kriegsrüstung in Würtemberg, keineswegs zu den unmöglichen, kaum zu den unwahrscheinlichen Dingen gehören. Daran möchten sich dann leicht anderweite Uebelstände knüpfen, welchen im voraus zu begegnen eben so sehr im Interesse der Landesregierung, wie des gesammten Bundes liegt. Man wird vielleicht entgegnen, daß es sich um eine große, das Allgemeine ins Auge fassende Maaßregel zur Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands handle, hier aber nur eine partielle in Vorschlag gebracht werde, die unter bestimmten Voraussetzungen immer nur das achte Bundesarmeecorps betreffe. Dieß ist bis zu einem gewissen Punkte wahr, obwohl zwei Territorien mit ungefähr drei Millionen Einwohnern schon einen hübschen Theil des südwestlichen Deutschlands bilden, und ihre Regierungen berechtigt sind, vom Bunde, dem sie Opfer bringen, Berücksichtigung und Schutz zu fordern; die Reclamationen derselben können überdieß nicht unbeachtet bleiben, da ohne ihren Beitritt die ursprünglich beabsichtigte Maaßregel schlechthin unausführbar ist, und da es ein schwer zu qualificirendes Verfahren wäre, das als nothwendig Erkannte ungethan zu lassen, weil es nicht nach einem Lieblingsplan geschehen soll. Ein großer Waffenplatz in jenen Gegenden erscheint nämlich als unabweisliches Bedürfniß, allein daß Ulm es sey, kann wenigstens für keine absolute Nothwendigkeit gelten, wir sind vielmehr der unvorgreiflichen Ansicht, daß dafür zwischen dem Bodensee, dem rechten Ufer der Donau und dem linken der Iller mehr als Ein vollkommen geeigneter Punkt aufzufinden seyn möchte. Ihn genauer zu bezeichnen, kann nicht als Aufgabe dieser Zeilen gelten; nur daran wollen wir erinnern, daß der Hauptübergang des feindlichen Heeres nicht von Straßburg, sondern von der Schweiz aus, zu den Dingen gehört, auf welche man gefaßt seyn muß. Die wichtige Frage wegen des Kostenpunkts dürfte sich bei den vorhandenen Mitteln ohne allzu große Schwierigkeiten lösen lassen. Sollte der Bau eines Platzes im Rheinthale nicht mit einem Theil der verwendbaren 20 Millionen Franken zu bestreiten seyn? Dann blieben einige Millionen Franken übrig, womit schon viel zu leisten ist, zumal wenn die Ansicht Eingang fände, daß es sich vorzugsweise darum handle, ein Kernwerk von mäßigen Dimensionen zu erhalten, aber umgeben von weit vorgeschobenen Befestigungen, welche dem Ganzen den Charakter eines großartigen verschanzten Lagers mit tüchtigem Reduit verliehen; unter seinem Schutz müßte die Versammlung der süddeutschen Armee erfolgen, oder diese nach einer verlornen Schlacht hier Halt machen, wieder zur Besinnung kommen und sich erholen können. Es wäre unpassend und läge auch außerhalb unseres Kreises, auf irgend ein technisches Detail einzugehen, doch gestatte man die Frage: ob die vortreffliche Erfindung der sogenannten Maximilianischen Thürme auf Linz beschränkt bleiben solle, und ihre Anwendung nicht gerade im vorliegenden Fall höchst angemessen sey. Was aber immer geschehe, es möge wenigstens bald geschehen! Preußen hat durch seine Anlagen am Mittel- und Niederrhein, Oesterreich durch die in Italien, Tyrol und bei Linz bewiesen, daß sie an keinen ewigen Frieden glauben, Bayern leistete der allgemeinen Sache Deutschlands durch die Werke von Ingolstadt und Germersheim wesentliche Dienste; es fehlt also weder an Einsicht noch an dem guten Willen, und diesen Umständen hat unser Vaterland vermuthlich zu danken, daß die sonderbare Erscheinung eines fast viertelhundertjährigen Besinnens ihm in den Augen Europa's weniger schadete. Allein es wird früher oder später der Tag kommen, wo wir ernsteren Dingen als unwillkommenen Glossen zu begegnen haben, und er darf uns nicht unvorbereitet finden. Das halbe Wunder des beinahe 25jährigen Friedens sollte wohl am wenigsten zu dem Glauben verleiten, daß die Zukunft eben auch nichts Anderes bringen werde; eher ist vielleicht der Gedanke zulässig, daß die bisher mit unerwartetem Glück angewendeten Mittel endlich versagen, und die eigentliche Natur der Dinge gewaltsam hervorbreche. Ueber die Gefahr, welche einem bedeutenden Theil des gemeinsamen Vaterlandes droht, kann kein Zweifel, keine Täuschung stattfinden, eben so wenig darüber, daß der Gegner, dem sie eintretenden Falles zum Vortheil gereichen würde, diese Schwäche genau kennt, vollkommen würdigt und in ihrem ganzen Umfang benützen würde. Die zu befürchtenden Nachtheile sind indeß nicht bloß local - der gesammte Bund müßte darunter mit leiden; ganz Deutschland hat daher ein sehr großes Interesse, daß bald etwas Wesentliches geschehe, und Ihrem Blatte, das so consequent und umsichtig die deutschen Nationalinteressen vertheidigt, bleibt das Verdienst, diesen Gegenstand zuerst öffentlich zur Sprache gebracht zu haben. Einiges zur Charakteristik des Hrn.Xav. Marmier. Als ich zuerst in der Revue des deux Mondes und dann auch in der Allg. Zeitung den Aufsatz des Hrn. Marmier las, lachte ich über das darin mich Betreffende als über einen etwas unfertigen Spaß, und hielt es nicht der Mühe der Widerlegung werth, da das Unrichtige und Erdichtete in demselben jedem nur etwas Kundigen bekannt seyn mußte. Jetzt aber, da ich wiederholt an mehreren Orten ernste Hindeutungen darauf sehe, die mitunter einen etwas hämischen Anstrich haben, sey es mir vergönnt, Folgendes mitzutheilen. Ich habe nie ein Buch über Paris geschrieben; das Werk, dem Hr. Marmier dieß unterschiebt, enthält nichts als Briefe an liebe Freunde in der Heimath, auf einer Reise längs dem Niederrhein über Belgien nach Paris gerichtet, und ist auch nur unter diesem Titel erschienen. Was darin über Paris aus meinem Tagebuche mitgetheilt wird, macht noch nicht den sechsten Theil des Ganzen aus. - Jene erwähnten Visiten habe ich eben so wenig abgestattet, als mich die Ehre erwartet, Consistorialrath zu werden. Außer Victor Hugo, mit dem ich etwas Geschäftliches für einen Dritten zu besprechen hatte, besuchte ich nur Beranger und Cousin, zu denen mich der treffliche Barthelemy Saint-Hilaire führte, und Sainte-Beuve, mit dem ich schon früher Briefe gewechselt hatte. Daß Hr. Marmier dieß Alles sehr wohl wußte, wird aus Folgendem erhellen. Ich lernte im Jahre 1832 Hrn. Marmier in Leipzig kennen, wo er sich aufhielt, um deutsch zu lernen, und das Wochenblatt Le Voleur redigirte. Er wurde mir von einem Dritten bei Tische vorgestellt, erbat sich Belehrung über seine deutschen Studien, zeigte großen Eifer für unsere Literatur, und ersuchte mich, in Folge eines langen und lebhaften Gesprächs, mit mir über diesen Gegenstand in Correspondenz treten zu können. Gleich in seinem ersten Briefe schrieb er mir gelegentlich meines damals erschienenen Buches über die schöne Litteratur Europa's im 19ten zu schützen – dazu genügt ein Platz von mäßigem Umfang, wenn derselbe nur nicht anders als durch regelmäßigen Angriff zu überwältigen ist. Was hier in Bezug auf Baden gesagt wurde, findet mehr oder weniger auch Anwendung auf das Königreich Würtemberg, da unter den eben vorausgesetzten Verhältnissen der überraschende Marsch eines feindlichen Corps von Straßburg nach dem ungefähr 20 Meilen entfernten Stuttgart, so wie überhaupt mannichfache Störungen der Kriegsrüstung in Würtemberg, keineswegs zu den unmöglichen, kaum zu den unwahrscheinlichen Dingen gehören. Daran möchten sich dann leicht anderweite Uebelstände knüpfen, welchen im voraus zu begegnen eben so sehr im Interesse der Landesregierung, wie des gesammten Bundes liegt. Man wird vielleicht entgegnen, daß es sich um eine große, das Allgemeine ins Auge fassende Maaßregel zur Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands handle, hier aber nur eine partielle in Vorschlag gebracht werde, die unter bestimmten Voraussetzungen immer nur das achte Bundesarmeecorps betreffe. Dieß ist bis zu einem gewissen Punkte wahr, obwohl zwei Territorien mit ungefähr drei Millionen Einwohnern schon einen hübschen Theil des südwestlichen Deutschlands bilden, und ihre Regierungen berechtigt sind, vom Bunde, dem sie Opfer bringen, Berücksichtigung und Schutz zu fordern; die Reclamationen derselben können überdieß nicht unbeachtet bleiben, da ohne ihren Beitritt die ursprünglich beabsichtigte Maaßregel schlechthin unausführbar ist, und da es ein schwer zu qualificirendes Verfahren wäre, das als nothwendig Erkannte ungethan zu lassen, weil es nicht nach einem Lieblingsplan geschehen soll. Ein großer Waffenplatz in jenen Gegenden erscheint nämlich als unabweisliches Bedürfniß, allein daß Ulm es sey, kann wenigstens für keine absolute Nothwendigkeit gelten, wir sind vielmehr der unvorgreiflichen Ansicht, daß dafür zwischen dem Bodensee, dem rechten Ufer der Donau und dem linken der Iller mehr als Ein vollkommen geeigneter Punkt aufzufinden seyn möchte. Ihn genauer zu bezeichnen, kann nicht als Aufgabe dieser Zeilen gelten; nur daran wollen wir erinnern, daß der Hauptübergang des feindlichen Heeres nicht von Straßburg, sondern von der Schweiz aus, zu den Dingen gehört, auf welche man gefaßt seyn muß. Die wichtige Frage wegen des Kostenpunkts dürfte sich bei den vorhandenen Mitteln ohne allzu große Schwierigkeiten lösen lassen. Sollte der Bau eines Platzes im Rheinthale nicht mit einem Theil der verwendbaren 20 Millionen Franken zu bestreiten seyn? Dann blieben einige Millionen Franken übrig, womit schon viel zu leisten ist, zumal wenn die Ansicht Eingang fände, daß es sich vorzugsweise darum handle, ein Kernwerk von mäßigen Dimensionen zu erhalten, aber umgeben von weit vorgeschobenen Befestigungen, welche dem Ganzen den Charakter eines großartigen verschanzten Lagers mit tüchtigem Reduit verliehen; unter seinem Schutz müßte die Versammlung der süddeutschen Armee erfolgen, oder diese nach einer verlornen Schlacht hier Halt machen, wieder zur Besinnung kommen und sich erholen können. Es wäre unpassend und läge auch außerhalb unseres Kreises, auf irgend ein technisches Detail einzugehen, doch gestatte man die Frage: ob die vortreffliche Erfindung der sogenannten Maximilianischen Thürme auf Linz beschränkt bleiben solle, und ihre Anwendung nicht gerade im vorliegenden Fall höchst angemessen sey. Was aber immer geschehe, es möge wenigstens bald geschehen! Preußen hat durch seine Anlagen am Mittel- und Niederrhein, Oesterreich durch die in Italien, Tyrol und bei Linz bewiesen, daß sie an keinen ewigen Frieden glauben, Bayern leistete der allgemeinen Sache Deutschlands durch die Werke von Ingolstadt und Germersheim wesentliche Dienste; es fehlt also weder an Einsicht noch an dem guten Willen, und diesen Umständen hat unser Vaterland vermuthlich zu danken, daß die sonderbare Erscheinung eines fast viertelhundertjährigen Besinnens ihm in den Augen Europa's weniger schadete. Allein es wird früher oder später der Tag kommen, wo wir ernsteren Dingen als unwillkommenen Glossen zu begegnen haben, und er darf uns nicht unvorbereitet finden. Das halbe Wunder des beinahe 25jährigen Friedens sollte wohl am wenigsten zu dem Glauben verleiten, daß die Zukunft eben auch nichts Anderes bringen werde; eher ist vielleicht der Gedanke zulässig, daß die bisher mit unerwartetem Glück angewendeten Mittel endlich versagen, und die eigentliche Natur der Dinge gewaltsam hervorbreche. Ueber die Gefahr, welche einem bedeutenden Theil des gemeinsamen Vaterlandes droht, kann kein Zweifel, keine Täuschung stattfinden, eben so wenig darüber, daß der Gegner, dem sie eintretenden Falles zum Vortheil gereichen würde, diese Schwäche genau kennt, vollkommen würdigt und in ihrem ganzen Umfang benützen würde. Die zu befürchtenden Nachtheile sind indeß nicht bloß local – der gesammte Bund müßte darunter mit leiden; ganz Deutschland hat daher ein sehr großes Interesse, daß bald etwas Wesentliches geschehe, und Ihrem Blatte, das so consequent und umsichtig die deutschen Nationalinteressen vertheidigt, bleibt das Verdienst, diesen Gegenstand zuerst öffentlich zur Sprache gebracht zu haben. Einiges zur Charakteristik des Hrn.Xav. Marmier. Als ich zuerst in der Revue des deux Mondes und dann auch in der Allg. Zeitung den Aufsatz des Hrn. Marmier las, lachte ich über das darin mich Betreffende als über einen etwas unfertigen Spaß, und hielt es nicht der Mühe der Widerlegung werth, da das Unrichtige und Erdichtete in demselben jedem nur etwas Kundigen bekannt seyn mußte. Jetzt aber, da ich wiederholt an mehreren Orten ernste Hindeutungen darauf sehe, die mitunter einen etwas hämischen Anstrich haben, sey es mir vergönnt, Folgendes mitzutheilen. Ich habe nie ein Buch über Paris geschrieben; das Werk, dem Hr. Marmier dieß unterschiebt, enthält nichts als Briefe an liebe Freunde in der Heimath, auf einer Reise längs dem Niederrhein über Belgien nach Paris gerichtet, und ist auch nur unter diesem Titel erschienen. Was darin über Paris aus meinem Tagebuche mitgetheilt wird, macht noch nicht den sechsten Theil des Ganzen aus. – Jene erwähnten Visiten habe ich eben so wenig abgestattet, als mich die Ehre erwartet, Consistorialrath zu werden. Außer Victor Hugo, mit dem ich etwas Geschäftliches für einen Dritten zu besprechen hatte, besuchte ich nur Béranger und Cousin, zu denen mich der treffliche Barthèlemy Saint-Hilaire führte, und Sainte-Beuve, mit dem ich schon früher Briefe gewechselt hatte. Daß Hr. Marmier dieß Alles sehr wohl wußte, wird aus Folgendem erhellen. Ich lernte im Jahre 1832 Hrn. Marmier in Leipzig kennen, wo er sich aufhielt, um deutsch zu lernen, und das Wochenblatt Le Voleur redigirte. Er wurde mir von einem Dritten bei Tische vorgestellt, erbat sich Belehrung über seine deutschen Studien, zeigte großen Eifer für unsere Literatur, und ersuchte mich, in Folge eines langen und lebhaften Gesprächs, mit mir über diesen Gegenstand in Correspondenz treten zu können. 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Dieß ist bis zu einem gewissen Punkte wahr, obwohl zwei Territorien mit ungefähr drei Millionen Einwohnern schon einen hübschen Theil des südwestlichen Deutschlands bilden, und ihre Regierungen berechtigt sind, vom Bunde, dem sie Opfer bringen, Berücksichtigung und Schutz zu fordern; die Reclamationen derselben können überdieß nicht unbeachtet bleiben, da ohne ihren Beitritt die ursprünglich beabsichtigte Maaßregel schlechthin unausführbar ist, und da es ein schwer zu qualificirendes Verfahren wäre, das als nothwendig Erkannte ungethan zu lassen, weil es nicht nach einem Lieblingsplan geschehen soll.</p><lb/> <p>Ein großer Waffenplatz in jenen Gegenden erscheint nämlich als unabweisliches Bedürfniß, allein daß Ulm es sey, kann wenigstens für keine absolute Nothwendigkeit gelten, wir sind vielmehr der unvorgreiflichen Ansicht, daß dafür zwischen dem Bodensee, dem rechten Ufer der Donau und dem linken der Iller mehr als Ein vollkommen geeigneter Punkt aufzufinden seyn möchte. Ihn genauer zu bezeichnen, kann nicht als Aufgabe dieser Zeilen gelten; nur daran wollen wir erinnern, daß der Hauptübergang des feindlichen Heeres nicht von Straßburg, sondern von der Schweiz aus, zu den Dingen gehört, auf welche man gefaßt seyn muß.</p><lb/> <p>Die wichtige Frage wegen des Kostenpunkts dürfte sich bei den vorhandenen Mitteln ohne allzu große Schwierigkeiten lösen lassen. Sollte der Bau eines Platzes im Rheinthale nicht mit einem Theil der verwendbaren 20 Millionen Franken zu bestreiten seyn? Dann blieben einige Millionen Franken übrig, womit schon viel zu leisten ist, zumal wenn die Ansicht Eingang fände, daß es sich vorzugsweise darum handle, ein Kernwerk von mäßigen Dimensionen zu erhalten, aber umgeben von weit vorgeschobenen Befestigungen, welche dem Ganzen den Charakter eines großartigen verschanzten Lagers mit tüchtigem Reduit verliehen; unter seinem Schutz müßte die Versammlung der süddeutschen Armee erfolgen, oder diese nach einer verlornen Schlacht hier Halt machen, wieder zur Besinnung kommen und sich erholen können. Es wäre unpassend und läge auch außerhalb unseres Kreises, auf irgend ein technisches Detail einzugehen, doch gestatte man die Frage: ob die vortreffliche Erfindung der sogenannten Maximilianischen Thürme auf Linz beschränkt bleiben solle, und ihre Anwendung nicht gerade im vorliegenden Fall höchst angemessen sey.</p><lb/> <p>Was aber immer geschehe, es möge wenigstens bald geschehen! Preußen hat durch seine Anlagen am Mittel- und Niederrhein, Oesterreich durch die in Italien, Tyrol und bei Linz bewiesen, daß sie an keinen ewigen Frieden glauben, Bayern leistete der allgemeinen Sache Deutschlands durch die Werke von Ingolstadt und Germersheim wesentliche Dienste; es fehlt also weder an Einsicht noch an dem guten Willen, und diesen Umständen hat unser Vaterland vermuthlich zu danken, daß die sonderbare Erscheinung eines fast viertelhundertjährigen Besinnens ihm in den Augen Europa's weniger schadete. Allein es wird früher oder später der Tag kommen, wo wir ernsteren Dingen als unwillkommenen Glossen zu begegnen haben, und er darf uns nicht unvorbereitet finden. Das halbe Wunder des beinahe 25jährigen Friedens sollte wohl am wenigsten zu dem Glauben verleiten, daß die Zukunft eben auch nichts Anderes bringen werde; eher ist vielleicht der Gedanke zulässig, daß die bisher mit unerwartetem Glück angewendeten Mittel endlich versagen, und die eigentliche Natur der Dinge gewaltsam hervorbreche. Ueber die Gefahr, welche einem bedeutenden Theil des gemeinsamen Vaterlandes droht, kann kein Zweifel, keine Täuschung stattfinden, eben so wenig darüber, daß der Gegner, dem sie eintretenden Falles zum Vortheil gereichen würde, diese Schwäche genau kennt, vollkommen würdigt und in ihrem ganzen Umfang benützen würde. Die zu befürchtenden Nachtheile sind indeß nicht bloß local – der gesammte Bund müßte darunter mit leiden; ganz Deutschland hat daher ein sehr großes Interesse, daß bald etwas Wesentliches geschehe, und Ihrem Blatte, das so consequent und umsichtig die deutschen Nationalinteressen vertheidigt, bleibt das Verdienst, diesen Gegenstand zuerst öffentlich zur Sprache gebracht zu haben.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Einiges zur Charakteristik des Hrn</hi>.<hi rendition="#g">Xav</hi>. <hi rendition="#g">Marmier</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Als ich zuerst in der Revue des deux Mondes und dann auch in der Allg. Zeitung den Aufsatz des Hrn. Marmier las, lachte ich über das darin mich Betreffende als über einen etwas unfertigen Spaß, und hielt es nicht der Mühe der Widerlegung werth, da das Unrichtige und Erdichtete in demselben jedem nur etwas Kundigen bekannt seyn mußte. 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Marmier dieß Alles sehr wohl wußte, wird aus Folgendem erhellen.</p><lb/> <p>Ich lernte im Jahre 1832 Hrn. Marmier in Leipzig kennen, wo er sich aufhielt, um deutsch zu lernen, und das Wochenblatt Le Voleur redigirte. Er wurde mir von einem Dritten bei Tische vorgestellt, erbat sich Belehrung über seine deutschen Studien, zeigte großen Eifer für unsere Literatur, und ersuchte mich, in Folge eines langen und lebhaften Gesprächs, mit mir über diesen Gegenstand in Correspondenz treten zu können. Gleich in seinem ersten Briefe schrieb er mir gelegentlich meines damals erschienenen Buches über die schöne Litteratur Europa's im 19ten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0925/0012]
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Man wird vielleicht entgegnen, daß es sich um eine große, das Allgemeine ins Auge fassende Maaßregel zur Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands handle, hier aber nur eine partielle in Vorschlag gebracht werde, die unter bestimmten Voraussetzungen immer nur das achte Bundesarmeecorps betreffe. Dieß ist bis zu einem gewissen Punkte wahr, obwohl zwei Territorien mit ungefähr drei Millionen Einwohnern schon einen hübschen Theil des südwestlichen Deutschlands bilden, und ihre Regierungen berechtigt sind, vom Bunde, dem sie Opfer bringen, Berücksichtigung und Schutz zu fordern; die Reclamationen derselben können überdieß nicht unbeachtet bleiben, da ohne ihren Beitritt die ursprünglich beabsichtigte Maaßregel schlechthin unausführbar ist, und da es ein schwer zu qualificirendes Verfahren wäre, das als nothwendig Erkannte ungethan zu lassen, weil es nicht nach einem Lieblingsplan geschehen soll.
Ein großer Waffenplatz in jenen Gegenden erscheint nämlich als unabweisliches Bedürfniß, allein daß Ulm es sey, kann wenigstens für keine absolute Nothwendigkeit gelten, wir sind vielmehr der unvorgreiflichen Ansicht, daß dafür zwischen dem Bodensee, dem rechten Ufer der Donau und dem linken der Iller mehr als Ein vollkommen geeigneter Punkt aufzufinden seyn möchte. Ihn genauer zu bezeichnen, kann nicht als Aufgabe dieser Zeilen gelten; nur daran wollen wir erinnern, daß der Hauptübergang des feindlichen Heeres nicht von Straßburg, sondern von der Schweiz aus, zu den Dingen gehört, auf welche man gefaßt seyn muß.
Die wichtige Frage wegen des Kostenpunkts dürfte sich bei den vorhandenen Mitteln ohne allzu große Schwierigkeiten lösen lassen. Sollte der Bau eines Platzes im Rheinthale nicht mit einem Theil der verwendbaren 20 Millionen Franken zu bestreiten seyn? Dann blieben einige Millionen Franken übrig, womit schon viel zu leisten ist, zumal wenn die Ansicht Eingang fände, daß es sich vorzugsweise darum handle, ein Kernwerk von mäßigen Dimensionen zu erhalten, aber umgeben von weit vorgeschobenen Befestigungen, welche dem Ganzen den Charakter eines großartigen verschanzten Lagers mit tüchtigem Reduit verliehen; unter seinem Schutz müßte die Versammlung der süddeutschen Armee erfolgen, oder diese nach einer verlornen Schlacht hier Halt machen, wieder zur Besinnung kommen und sich erholen können. Es wäre unpassend und läge auch außerhalb unseres Kreises, auf irgend ein technisches Detail einzugehen, doch gestatte man die Frage: ob die vortreffliche Erfindung der sogenannten Maximilianischen Thürme auf Linz beschränkt bleiben solle, und ihre Anwendung nicht gerade im vorliegenden Fall höchst angemessen sey.
Was aber immer geschehe, es möge wenigstens bald geschehen! Preußen hat durch seine Anlagen am Mittel- und Niederrhein, Oesterreich durch die in Italien, Tyrol und bei Linz bewiesen, daß sie an keinen ewigen Frieden glauben, Bayern leistete der allgemeinen Sache Deutschlands durch die Werke von Ingolstadt und Germersheim wesentliche Dienste; es fehlt also weder an Einsicht noch an dem guten Willen, und diesen Umständen hat unser Vaterland vermuthlich zu danken, daß die sonderbare Erscheinung eines fast viertelhundertjährigen Besinnens ihm in den Augen Europa's weniger schadete. Allein es wird früher oder später der Tag kommen, wo wir ernsteren Dingen als unwillkommenen Glossen zu begegnen haben, und er darf uns nicht unvorbereitet finden. Das halbe Wunder des beinahe 25jährigen Friedens sollte wohl am wenigsten zu dem Glauben verleiten, daß die Zukunft eben auch nichts Anderes bringen werde; eher ist vielleicht der Gedanke zulässig, daß die bisher mit unerwartetem Glück angewendeten Mittel endlich versagen, und die eigentliche Natur der Dinge gewaltsam hervorbreche. Ueber die Gefahr, welche einem bedeutenden Theil des gemeinsamen Vaterlandes droht, kann kein Zweifel, keine Täuschung stattfinden, eben so wenig darüber, daß der Gegner, dem sie eintretenden Falles zum Vortheil gereichen würde, diese Schwäche genau kennt, vollkommen würdigt und in ihrem ganzen Umfang benützen würde. Die zu befürchtenden Nachtheile sind indeß nicht bloß local – der gesammte Bund müßte darunter mit leiden; ganz Deutschland hat daher ein sehr großes Interesse, daß bald etwas Wesentliches geschehe, und Ihrem Blatte, das so consequent und umsichtig die deutschen Nationalinteressen vertheidigt, bleibt das Verdienst, diesen Gegenstand zuerst öffentlich zur Sprache gebracht zu haben.
Einiges zur Charakteristik des Hrn.Xav. Marmier.
Als ich zuerst in der Revue des deux Mondes und dann auch in der Allg. Zeitung den Aufsatz des Hrn. Marmier las, lachte ich über das darin mich Betreffende als über einen etwas unfertigen Spaß, und hielt es nicht der Mühe der Widerlegung werth, da das Unrichtige und Erdichtete in demselben jedem nur etwas Kundigen bekannt seyn mußte. Jetzt aber, da ich wiederholt an mehreren Orten ernste Hindeutungen darauf sehe, die mitunter einen etwas hämischen Anstrich haben, sey es mir vergönnt, Folgendes mitzutheilen.
Ich habe nie ein Buch über Paris geschrieben; das Werk, dem Hr. Marmier dieß unterschiebt, enthält nichts als Briefe an liebe Freunde in der Heimath, auf einer Reise längs dem Niederrhein über Belgien nach Paris gerichtet, und ist auch nur unter diesem Titel erschienen. Was darin über Paris aus meinem Tagebuche mitgetheilt wird, macht noch nicht den sechsten Theil des Ganzen aus. – Jene erwähnten Visiten habe ich eben so wenig abgestattet, als mich die Ehre erwartet, Consistorialrath zu werden. Außer Victor Hugo, mit dem ich etwas Geschäftliches für einen Dritten zu besprechen hatte, besuchte ich nur Béranger und Cousin, zu denen mich der treffliche Barthèlemy Saint-Hilaire führte, und Sainte-Beuve, mit dem ich schon früher Briefe gewechselt hatte. Daß Hr. Marmier dieß Alles sehr wohl wußte, wird aus Folgendem erhellen.
Ich lernte im Jahre 1832 Hrn. Marmier in Leipzig kennen, wo er sich aufhielt, um deutsch zu lernen, und das Wochenblatt Le Voleur redigirte. Er wurde mir von einem Dritten bei Tische vorgestellt, erbat sich Belehrung über seine deutschen Studien, zeigte großen Eifer für unsere Literatur, und ersuchte mich, in Folge eines langen und lebhaften Gesprächs, mit mir über diesen Gegenstand in Correspondenz treten zu können. Gleich in seinem ersten Briefe schrieb er mir gelegentlich meines damals erschienenen Buches über die schöne Litteratur Europa's im 19ten
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