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Allgemeine Zeitung. Nr. 118. Augsburg, 27. April 1840.

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zu erheben wagt, wenn sie nicht gegründet seyn sollte. Schon lange und laut hat man von dem Scholten'schen Sklavenhandel gesprochen, aber unter dem vorigen Könige kam diese Angelegenheit nie ernstlich zur Verhandlung, weil Scholten ein Günstling des Königs war, und man wissen wollte, ein vielgeltender Mann aus der Umgebung einer hohen Person habe Procente von dem Reinertrag erhalten, endlich, weil Familienverbindungen die Unterdrückung jeder Klage bewirkt haben sollen. Jetzt ist das Ungewitter losgebrochen, und muß nothwendig für den Kläger oder den Beklagten verderblich werden. Das Publicum hat gestern Abend seine Meinung über diese Angelegenheit auf eine sehr unzweideutige Weise an den Tag gelegt: in Folge öffentlich aufgeschlagener Aufforderungen versammelte sich nämlich gestern Abend gegen 9 Uhr eine bedeutende Menschenmenge auf dem alten Markt, begab sich von da nach der Wohnung des Landvogts Magens, um diesem ein Vivat zu bringen, und dann nach dem Hotel des hier anwesenden Generalgouverneurs, der mit einem Pereat vorliebnehmen mußte - eine sehr unangenehme Störung, denn seine Tochter feierte eben ihre Vermählung mit Hrn. v. Dannemand, einem natürlichen Sohn dessen, der jüngst nach langer Macht zur Ruhe gegangen. Alle Anstrengungen der Polizei, dieser Aeußerung des öffentlichen Unwillens vorzubeugen, waren vergeblich. Wenn man behauptet, daß Hr. v. Scholten nächstens frank und frei über England nach Westindien zurückkehren werde, so beruht dieß sicher auf einem Irrthum; nach Eingabe einer solchen Klage und nach solchen Auftritten kann unsers Erachtens die Regierung um ihrer selbst willen den Beklagten vorläufig nicht in Westindien wieder als Gouverneur auftreten lassen.

Rußland.

Se. Majestät der Kaiser haben nachstehenden Ukas an den dirigirenden Senat erlassen: "Am 28 März (9 April) ist Unsere vielgeliebte Tochter, die Großfürstin Maria Nikolajewna, von einer Tochter glücklich entbunden worden, welche nach den Gebräuchen Unserer rechtgläubigen Kirche den Namen Alexandra erhalten hat. Indem Wir dem Allerhöchsten für diesen glücklichen Zuwachs Unseres kaiserlichen Hauses danken, haben Wir für gut befunden, zum neuen Beweise Unserer väterlichen Zärtlichkeit gegen Unsere vielgeliebte Tochter, die Großfürstin Maria Nikolajewna, und Ihren Gemahl, dieser Unserer erstgebornen Enkelin für Ihre Person den Titel "Kaiserliche Hoheit" zu verleihen. Wir befehlen dem dirigirenden Senate alle gehörigen Anordnungen zu treffen, auf daß diese Unsere neugeborne Enkelin in allen Fällen gebührendermaßen Ihre Kaiserliche Hoheit genannt werde."

Oesterreich.

Heute früh hat Se. Durchl. der regierende Herzog von Nassau Wien wieder verlassen, um sich nach Bieberich zurückzubegeben. Vor seiner Abreise wurde der hohe Gast durch das ihm von Sr. Maj. dem Kaiser verliehene Großkreuz des k. ungarischen Stephans-Ordens, dessen Insignien ihm von Sr. Durchl. dem Staatskanzler Fürsten v. Metternich überreicht wurden, aufs angenehmste überrascht. - Aus Turin ist der am dortigen Hofe beglaubigte k. k. Gesandte Fürst Felix Schwarzenberg in Urlaub hier eingetroffen. - Aus St. Petersburg und London sind in den letzten Tage Couriere hier angelangt; in den nächsten Tagen geht ein solcher nach Paris und London ab.

Gänserndorf, der erste Hauptstationsort der Nordbahn von hier aus, ist am letzten Sonnabend bis auf wenige Häuser ein Raub der Flammen geworden. Da das Feuer in einer zunächst der Bahn gelegenen Scheune, bald nachdem ein Train dieselbe passirt hatte, ausbrach, so verbreitete sich allgemein die Vermuthung, daß dasselbe durch einen Funken aus der Locomotive veranlaßt worden sey, welche Annahme aber jedes weitern sichern Grundes ermangelt. Leider hat man bei diesem Brande auch den Verlust einiger Menschenleben zu beklagen.

Türkei.

Der Großwessier Chosrew Pascha hat bereits am 1 d. seine hohen Functionen wieder angetreten. - Man erwartet mit nächstem die Niederkunft zweier Frauen des Sultans. Der Hofastrolog hat in den Sternen gelesen, daß der Padischah mit einem Prinzen und einer Prinzessin beglückt werden soll. Es werden ungeheure Zurüstungen getroffen, um die Geburt des erhofften Thronfolgers würdig zu feiern. Die Großen des Reichs setzen die üblichen Geschenke für die Sultanninen und für die erwarteten Neugebornen in Bereitschaft, und die ächten Moslims freuen sich im voraus auf die versprochenen Feierlichkeiten. Den Glanzpunkt aller türkischen Feste bildet gewöhnlich die vielfarbige zauberhafte Beleuchtung der Stadt, des Hafens des Bospors, der zahlreichen Schiffe, von denen es hier wimmelt; um so mehr bedaure ich, daß diese Beleuchtung dießmal dem freien Willen eines jeden überlassen bleibt. - Der bekannte Chef der ägyptischen Cavallerie, Deli Beki Bey, hat sich aus Aegypten mit einem zahlreichen Gefolge hieher geflüchtet, weil er, wie er sich ausdrückt, es vorzieht, seinem rechtmäßigen Herrn zu dienen, als die widersetzlichen Entwürfe des Vicekönigs zu begünstigen. Indessen dürfte es wohl nicht so leicht geschehen, daß Beki Bey eine Anstellung in der türkischen Armee erhalte, indem man hier einiges Mißtrauen in die ägyptischen Ueberläufer zu setzen gewohnt ist. Die wiederholten Beispiele von Verrath, die wir in der Türkei sowohl als in Aegypten erleben, sind wohl ein untrügliches Symptom der großen Verdorbenheit, in welche die Türken überhaupt versunken sind. Obgleich ich die Beweggründe, die Beki Bey zu diesem Schritte vermochten, zu würdigen weiß, so halte ich doch dieses ewige Schwanken der Gemüther, diesen wachsenden Mangel an Treue, diese ausschließliche Berücksichtigung des eigenen Vortheils, für ein Vorzeichen des gänzlichen Zerfalls, dem der türkische Volksstamm mit Eilschritten entgegenrennt. - Vergangene Woche ist die Antwort des Großwessiers auf das letzte Schreiben Mehemed Ali's, worin dieser die Pforte zum letztenmal auffordert, sich mit ihm in directe Unterhandlung einzulassen, nach Alexandrien abgegangen. Sie ist, wie ich höre und wie vorauszusehen war, ziemlich unbestimmt abgefaßt, nur auf augenblickliche Beschwichtigung des Vicekönigs berechnet. - Es scheint, daß die Pforte Anzeigen von bevorstehenden Unruhen erhalten hat, wenigstens bemerke ich, daß zur Nachtzeit die Posten und Patrouillen verstärkt sind. Auch sind bedeutende Detaschements Artillerie wechselweise in zwei Casernen jeden Abend consignirt. Meiner Meinung nach sind diese Besorgnisse etwas übertrieben, denn nirgends ist irgend eine Bewegung oder Unruhe unter dem Volke zu erblicken. - Ahmed Pascha, der vorige Woche von seiner Mission aus Aegypten zurückgekehrt ist, beklagt sich sehr über den ihm von Seite Mehemed Ali's gewordenen Empfang. Der Vicekönig trieb seine Geringschätzung der großherrlichen Autorität so weit, daß er, nachdem er umsonst Ahmed Pascha zum Abfall von der Pforte zu verleiten versucht hatte, diesen mit Gewalt in Alexandrien zurückhalten wollte. Nur die Dazwischenkunft des französischen und des österreichischen Consuls vermochten den Vicekönig von seinem Vorhaben abzubringen.

zu erheben wagt, wenn sie nicht gegründet seyn sollte. Schon lange und laut hat man von dem Scholten'schen Sklavenhandel gesprochen, aber unter dem vorigen Könige kam diese Angelegenheit nie ernstlich zur Verhandlung, weil Scholten ein Günstling des Königs war, und man wissen wollte, ein vielgeltender Mann aus der Umgebung einer hohen Person habe Procente von dem Reinertrag erhalten, endlich, weil Familienverbindungen die Unterdrückung jeder Klage bewirkt haben sollen. Jetzt ist das Ungewitter losgebrochen, und muß nothwendig für den Kläger oder den Beklagten verderblich werden. Das Publicum hat gestern Abend seine Meinung über diese Angelegenheit auf eine sehr unzweideutige Weise an den Tag gelegt: in Folge öffentlich aufgeschlagener Aufforderungen versammelte sich nämlich gestern Abend gegen 9 Uhr eine bedeutende Menschenmenge auf dem alten Markt, begab sich von da nach der Wohnung des Landvogts Magens, um diesem ein Vivat zu bringen, und dann nach dem Hotel des hier anwesenden Generalgouverneurs, der mit einem Pereat vorliebnehmen mußte – eine sehr unangenehme Störung, denn seine Tochter feierte eben ihre Vermählung mit Hrn. v. Dannemand, einem natürlichen Sohn dessen, der jüngst nach langer Macht zur Ruhe gegangen. Alle Anstrengungen der Polizei, dieser Aeußerung des öffentlichen Unwillens vorzubeugen, waren vergeblich. Wenn man behauptet, daß Hr. v. Scholten nächstens frank und frei über England nach Westindien zurückkehren werde, so beruht dieß sicher auf einem Irrthum; nach Eingabe einer solchen Klage und nach solchen Auftritten kann unsers Erachtens die Regierung um ihrer selbst willen den Beklagten vorläufig nicht in Westindien wieder als Gouverneur auftreten lassen.

Rußland.

Se. Majestät der Kaiser haben nachstehenden Ukas an den dirigirenden Senat erlassen: „Am 28 März (9 April) ist Unsere vielgeliebte Tochter, die Großfürstin Maria Nikolajewna, von einer Tochter glücklich entbunden worden, welche nach den Gebräuchen Unserer rechtgläubigen Kirche den Namen Alexandra erhalten hat. Indem Wir dem Allerhöchsten für diesen glücklichen Zuwachs Unseres kaiserlichen Hauses danken, haben Wir für gut befunden, zum neuen Beweise Unserer väterlichen Zärtlichkeit gegen Unsere vielgeliebte Tochter, die Großfürstin Maria Nikolajewna, und Ihren Gemahl, dieser Unserer erstgebornen Enkelin für Ihre Person den Titel „Kaiserliche Hoheit“ zu verleihen. Wir befehlen dem dirigirenden Senate alle gehörigen Anordnungen zu treffen, auf daß diese Unsere neugeborne Enkelin in allen Fällen gebührendermaßen Ihre Kaiserliche Hoheit genannt werde.“

Oesterreich.

Heute früh hat Se. Durchl. der regierende Herzog von Nassau Wien wieder verlassen, um sich nach Bieberich zurückzubegeben. Vor seiner Abreise wurde der hohe Gast durch das ihm von Sr. Maj. dem Kaiser verliehene Großkreuz des k. ungarischen Stephans-Ordens, dessen Insignien ihm von Sr. Durchl. dem Staatskanzler Fürsten v. Metternich überreicht wurden, aufs angenehmste überrascht. – Aus Turin ist der am dortigen Hofe beglaubigte k. k. Gesandte Fürst Felix Schwarzenberg in Urlaub hier eingetroffen. – Aus St. Petersburg und London sind in den letzten Tage Couriere hier angelangt; in den nächsten Tagen geht ein solcher nach Paris und London ab.

Gänserndorf, der erste Hauptstationsort der Nordbahn von hier aus, ist am letzten Sonnabend bis auf wenige Häuser ein Raub der Flammen geworden. Da das Feuer in einer zunächst der Bahn gelegenen Scheune, bald nachdem ein Train dieselbe passirt hatte, ausbrach, so verbreitete sich allgemein die Vermuthung, daß dasselbe durch einen Funken aus der Locomotive veranlaßt worden sey, welche Annahme aber jedes weitern sichern Grundes ermangelt. Leider hat man bei diesem Brande auch den Verlust einiger Menschenleben zu beklagen.

Türkei.

Der Großwessier Chosrew Pascha hat bereits am 1 d. seine hohen Functionen wieder angetreten. – Man erwartet mit nächstem die Niederkunft zweier Frauen des Sultans. Der Hofastrolog hat in den Sternen gelesen, daß der Padischah mit einem Prinzen und einer Prinzessin beglückt werden soll. Es werden ungeheure Zurüstungen getroffen, um die Geburt des erhofften Thronfolgers würdig zu feiern. Die Großen des Reichs setzen die üblichen Geschenke für die Sultanninen und für die erwarteten Neugebornen in Bereitschaft, und die ächten Moslims freuen sich im voraus auf die versprochenen Feierlichkeiten. Den Glanzpunkt aller türkischen Feste bildet gewöhnlich die vielfarbige zauberhafte Beleuchtung der Stadt, des Hafens des Bospors, der zahlreichen Schiffe, von denen es hier wimmelt; um so mehr bedaure ich, daß diese Beleuchtung dießmal dem freien Willen eines jeden überlassen bleibt. – Der bekannte Chef der ägyptischen Cavallerie, Deli Beki Bey, hat sich aus Aegypten mit einem zahlreichen Gefolge hieher geflüchtet, weil er, wie er sich ausdrückt, es vorzieht, seinem rechtmäßigen Herrn zu dienen, als die widersetzlichen Entwürfe des Vicekönigs zu begünstigen. Indessen dürfte es wohl nicht so leicht geschehen, daß Beki Bey eine Anstellung in der türkischen Armee erhalte, indem man hier einiges Mißtrauen in die ägyptischen Ueberläufer zu setzen gewohnt ist. Die wiederholten Beispiele von Verrath, die wir in der Türkei sowohl als in Aegypten erleben, sind wohl ein untrügliches Symptom der großen Verdorbenheit, in welche die Türken überhaupt versunken sind. Obgleich ich die Beweggründe, die Beki Bey zu diesem Schritte vermochten, zu würdigen weiß, so halte ich doch dieses ewige Schwanken der Gemüther, diesen wachsenden Mangel an Treue, diese ausschließliche Berücksichtigung des eigenen Vortheils, für ein Vorzeichen des gänzlichen Zerfalls, dem der türkische Volksstamm mit Eilschritten entgegenrennt. – Vergangene Woche ist die Antwort des Großwessiers auf das letzte Schreiben Mehemed Ali's, worin dieser die Pforte zum letztenmal auffordert, sich mit ihm in directe Unterhandlung einzulassen, nach Alexandrien abgegangen. Sie ist, wie ich höre und wie vorauszusehen war, ziemlich unbestimmt abgefaßt, nur auf augenblickliche Beschwichtigung des Vicekönigs berechnet. – Es scheint, daß die Pforte Anzeigen von bevorstehenden Unruhen erhalten hat, wenigstens bemerke ich, daß zur Nachtzeit die Posten und Patrouillen verstärkt sind. Auch sind bedeutende Detaschements Artillerie wechselweise in zwei Casernen jeden Abend consignirt. Meiner Meinung nach sind diese Besorgnisse etwas übertrieben, denn nirgends ist irgend eine Bewegung oder Unruhe unter dem Volke zu erblicken. – Ahmed Pascha, der vorige Woche von seiner Mission aus Aegypten zurückgekehrt ist, beklagt sich sehr über den ihm von Seite Mehemed Ali's gewordenen Empfang. Der Vicekönig trieb seine Geringschätzung der großherrlichen Autorität so weit, daß er, nachdem er umsonst Ahmed Pascha zum Abfall von der Pforte zu verleiten versucht hatte, diesen mit Gewalt in Alexandrien zurückhalten wollte. Nur die Dazwischenkunft des französischen und des österreichischen Consuls vermochten den Vicekönig von seinem Vorhaben abzubringen.

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[0942/0006] zu erheben wagt, wenn sie nicht gegründet seyn sollte. Schon lange und laut hat man von dem Scholten'schen Sklavenhandel gesprochen, aber unter dem vorigen Könige kam diese Angelegenheit nie ernstlich zur Verhandlung, weil Scholten ein Günstling des Königs war, und man wissen wollte, ein vielgeltender Mann aus der Umgebung einer hohen Person habe Procente von dem Reinertrag erhalten, endlich, weil Familienverbindungen die Unterdrückung jeder Klage bewirkt haben sollen. Jetzt ist das Ungewitter losgebrochen, und muß nothwendig für den Kläger oder den Beklagten verderblich werden. Das Publicum hat gestern Abend seine Meinung über diese Angelegenheit auf eine sehr unzweideutige Weise an den Tag gelegt: in Folge öffentlich aufgeschlagener Aufforderungen versammelte sich nämlich gestern Abend gegen 9 Uhr eine bedeutende Menschenmenge auf dem alten Markt, begab sich von da nach der Wohnung des Landvogts Magens, um diesem ein Vivat zu bringen, und dann nach dem Hotel des hier anwesenden Generalgouverneurs, der mit einem Pereat vorliebnehmen mußte – eine sehr unangenehme Störung, denn seine Tochter feierte eben ihre Vermählung mit Hrn. v. Dannemand, einem natürlichen Sohn dessen, der jüngst nach langer Macht zur Ruhe gegangen. Alle Anstrengungen der Polizei, dieser Aeußerung des öffentlichen Unwillens vorzubeugen, waren vergeblich. Wenn man behauptet, daß Hr. v. Scholten nächstens frank und frei über England nach Westindien zurückkehren werde, so beruht dieß sicher auf einem Irrthum; nach Eingabe einer solchen Klage und nach solchen Auftritten kann unsers Erachtens die Regierung um ihrer selbst willen den Beklagten vorläufig nicht in Westindien wieder als Gouverneur auftreten lassen. Rußland. _ St. Petersburg, 16 April. Se. Majestät der Kaiser haben nachstehenden Ukas an den dirigirenden Senat erlassen: „Am 28 März (9 April) ist Unsere vielgeliebte Tochter, die Großfürstin Maria Nikolajewna, von einer Tochter glücklich entbunden worden, welche nach den Gebräuchen Unserer rechtgläubigen Kirche den Namen Alexandra erhalten hat. Indem Wir dem Allerhöchsten für diesen glücklichen Zuwachs Unseres kaiserlichen Hauses danken, haben Wir für gut befunden, zum neuen Beweise Unserer väterlichen Zärtlichkeit gegen Unsere vielgeliebte Tochter, die Großfürstin Maria Nikolajewna, und Ihren Gemahl, dieser Unserer erstgebornen Enkelin für Ihre Person den Titel „Kaiserliche Hoheit“ zu verleihen. Wir befehlen dem dirigirenden Senate alle gehörigen Anordnungen zu treffen, auf daß diese Unsere neugeborne Enkelin in allen Fällen gebührendermaßen Ihre Kaiserliche Hoheit genannt werde.“ Oesterreich. _ Wien, 22 April. Heute früh hat Se. Durchl. der regierende Herzog von Nassau Wien wieder verlassen, um sich nach Bieberich zurückzubegeben. Vor seiner Abreise wurde der hohe Gast durch das ihm von Sr. Maj. dem Kaiser verliehene Großkreuz des k. ungarischen Stephans-Ordens, dessen Insignien ihm von Sr. Durchl. dem Staatskanzler Fürsten v. Metternich überreicht wurden, aufs angenehmste überrascht. – Aus Turin ist der am dortigen Hofe beglaubigte k. k. Gesandte Fürst Felix Schwarzenberg in Urlaub hier eingetroffen. – Aus St. Petersburg und London sind in den letzten Tage Couriere hier angelangt; in den nächsten Tagen geht ein solcher nach Paris und London ab. _ Wien, 21 April. Gänserndorf, der erste Hauptstationsort der Nordbahn von hier aus, ist am letzten Sonnabend bis auf wenige Häuser ein Raub der Flammen geworden. Da das Feuer in einer zunächst der Bahn gelegenen Scheune, bald nachdem ein Train dieselbe passirt hatte, ausbrach, so verbreitete sich allgemein die Vermuthung, daß dasselbe durch einen Funken aus der Locomotive veranlaßt worden sey, welche Annahme aber jedes weitern sichern Grundes ermangelt. Leider hat man bei diesem Brande auch den Verlust einiger Menschenleben zu beklagen. Türkei. _ Konstantinopel, 7 April. Der Großwessier Chosrew Pascha hat bereits am 1 d. seine hohen Functionen wieder angetreten. – Man erwartet mit nächstem die Niederkunft zweier Frauen des Sultans. Der Hofastrolog hat in den Sternen gelesen, daß der Padischah mit einem Prinzen und einer Prinzessin beglückt werden soll. Es werden ungeheure Zurüstungen getroffen, um die Geburt des erhofften Thronfolgers würdig zu feiern. Die Großen des Reichs setzen die üblichen Geschenke für die Sultanninen und für die erwarteten Neugebornen in Bereitschaft, und die ächten Moslims freuen sich im voraus auf die versprochenen Feierlichkeiten. Den Glanzpunkt aller türkischen Feste bildet gewöhnlich die vielfarbige zauberhafte Beleuchtung der Stadt, des Hafens des Bospors, der zahlreichen Schiffe, von denen es hier wimmelt; um so mehr bedaure ich, daß diese Beleuchtung dießmal dem freien Willen eines jeden überlassen bleibt. – Der bekannte Chef der ägyptischen Cavallerie, Deli Beki Bey, hat sich aus Aegypten mit einem zahlreichen Gefolge hieher geflüchtet, weil er, wie er sich ausdrückt, es vorzieht, seinem rechtmäßigen Herrn zu dienen, als die widersetzlichen Entwürfe des Vicekönigs zu begünstigen. Indessen dürfte es wohl nicht so leicht geschehen, daß Beki Bey eine Anstellung in der türkischen Armee erhalte, indem man hier einiges Mißtrauen in die ägyptischen Ueberläufer zu setzen gewohnt ist. Die wiederholten Beispiele von Verrath, die wir in der Türkei sowohl als in Aegypten erleben, sind wohl ein untrügliches Symptom der großen Verdorbenheit, in welche die Türken überhaupt versunken sind. Obgleich ich die Beweggründe, die Beki Bey zu diesem Schritte vermochten, zu würdigen weiß, so halte ich doch dieses ewige Schwanken der Gemüther, diesen wachsenden Mangel an Treue, diese ausschließliche Berücksichtigung des eigenen Vortheils, für ein Vorzeichen des gänzlichen Zerfalls, dem der türkische Volksstamm mit Eilschritten entgegenrennt. – Vergangene Woche ist die Antwort des Großwessiers auf das letzte Schreiben Mehemed Ali's, worin dieser die Pforte zum letztenmal auffordert, sich mit ihm in directe Unterhandlung einzulassen, nach Alexandrien abgegangen. Sie ist, wie ich höre und wie vorauszusehen war, ziemlich unbestimmt abgefaßt, nur auf augenblickliche Beschwichtigung des Vicekönigs berechnet. – Es scheint, daß die Pforte Anzeigen von bevorstehenden Unruhen erhalten hat, wenigstens bemerke ich, daß zur Nachtzeit die Posten und Patrouillen verstärkt sind. Auch sind bedeutende Detaschements Artillerie wechselweise in zwei Casernen jeden Abend consignirt. Meiner Meinung nach sind diese Besorgnisse etwas übertrieben, denn nirgends ist irgend eine Bewegung oder Unruhe unter dem Volke zu erblicken. – Ahmed Pascha, der vorige Woche von seiner Mission aus Aegypten zurückgekehrt ist, beklagt sich sehr über den ihm von Seite Mehemed Ali's gewordenen Empfang. Der Vicekönig trieb seine Geringschätzung der großherrlichen Autorität so weit, daß er, nachdem er umsonst Ahmed Pascha zum Abfall von der Pforte zu verleiten versucht hatte, diesen mit Gewalt in Alexandrien zurückhalten wollte. Nur die Dazwischenkunft des französischen und des österreichischen Consuls vermochten den Vicekönig von seinem Vorhaben abzubringen.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 118. Augsburg, 27. April 1840, S. 0942. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_118_18400427/6>, abgerufen am 29.04.2024.