Allgemeine Zeitung. Nr. 123. Augsburg, 2. Mai 1840.von Gemächern, deren Mauerreste sechs Fuß dick sind (das Innere dieser Mauern mit rohen Steinstücken ausgefüllt) und durch welche ein stattlicher Säulengang hinführte. Die Säulenschäfte sind glatt, ohne Hieroglyphen noch Bildwerke, stehen auf einem Sockel, haben einen Fuß über dem Boden fünf Ellen Umfang, und eine Höhe von höchstens 16 bis 17 Fuß, inclusive des Gebälks des aus Blättern geformten kelchförmigen Capitäls. Nur wenige derselben stehen noch aufrecht, alle übrigen sind mehr oder weniger zertrümmert. An den beiden Enden der Colonnade scheinen Hallen gewesen zu seyn, und Nischen, wahrscheinlich mit Statuen geziert, diese geschlossen zu haben. Aus der östlichen der Hallen tritt man in einen, ehemals ohne Zweifel bedeckten Gang, zehn und einen halben Fuß breit und 231 Fuß lang, dessen Einfassungsmauern nur vier Fuß Dicke haben, und mit zugerundeten großen Werkstücken, von der Art, die man in Norddeutschland Eselsrücken nennt, belegt sind. Der Gang führt durch mehrere große Höfe, in deren einem noch eine einzelne hohe Säule von 12 1/2 Fuß Umfang steht. Dann leitet er neben den Grundmauern verschiedener Gebäude vorbei, durch eine verzierte Pforte in die hintere Colonnade eines, etwas erhöhter als der Rest stehenden Tempels, der ganz nach der gewöhnlichen Anordnung eines griechischen Pteripteron erbaut ist, jedoch ohne Opisthodomos noch Pronaos. Er bildet nur einen einzigen Saal (die cella), welche von vier Säulen innerhalb getragen, und auf allen vier Seiten durch Mauern geschlossen wird, die rund umher ein doppelter Porticus, zehn Säulen an der langen und sechs an der schmalen Seite, umgibt. Auf drei Seiten sind die Säulen glatt, auf der vierten östlichen aber - wo sich eine breite und hohe offene Terrasse befindet, nach der, wie noch einige Spuren verrathen, eine prächtige Treppe, welche die ganze Breite der Terrasse einnahm, hinaufführte - zeigen sich alle Säulen auf das reichste und zum Theil in sehr geschmackvoller Arbeit verziert, obgleich die Größe derselben auch hier nur um ein Weniges die früher von mir angeführten übersteigt, und überhaupt nur das Zierliche, nirgends das Imposante vorherrscht. Jede Säule ist verschieden decorirt, und hier stießen wir zuerst in den ganzen Ruinen auf ägyptische Hieroglyphen und Anaglyphen, gut ausgeführt, aber ohne Farben. Nur der unterste Stein der Säulen, deren jede aus vier Stücken bestand, war mit dergleichen Sculpturen decorirt. An einigen sah man die gewöhnliche Procession der ägyptischen Gottheiten mit ihren Attributen, denen eine Königin Opfer brachte, was mich fortwährend in meiner Hypothese bestärkte, daß das schöne Geschlecht hier de preference gewaltet habe. Die Figuren an den vier mittelsten Säulen, dicht neben dem Haupteingang, waren voll zu drei Viertel herausgearbeitet, und bei sehr correcter Zeichnung mit viel Grazie behandelt, jedoch viel weichlicher gehalten als es der ernste reinägyptische Styl gestattet. Alle diese Darstellungen sind leider sehr verstümmelt. Im Innern des Tempels, wo, wie schon erwähnt, sich nur vier Säulen befinden, sind in jeder der beiden längeren Seitenwände zwei Fenster angebracht; auf der südlichen bemerkten wir zwischen diesen noch eine Nische, in der wahrscheinlich die hier verehrte Gottheit stand. Dem großen geschmückten Eingangsthore dieses Tempels gegenüber ist eine kleinere Ausgangsthüre, die durch den hintern Porticus nach einer nur fünf Fuß breiten Treppe führt, durch die man in einen Wirrwarr von Räumen gelangt, ohne Zweifel Privatwohnungen, deren Hauptmauer auf der Südseite in einen sehr großen, weit tiefer liegenden Hof abfällt, so daß sie hier wohl an 18 Fuß Höhe haben mag. In der Mitte des besagten Hofes deuten Grundlagen und einzeln umher liegende Fragmente auf das einstige Daseyn zweier Obelisken, und wahrscheinlich eines Kolosses zwischen ihnen. Nirgends konnte ich auf den Außenseiten der Mauern, noch im Innern der Gemächer, Spuren anderer Sculpturen, noch eines königlichen Ringes entdecken, nur zwei kleine sich sehr ähnliche, eingemeißelte Bilder grotesker Art fand ich auf, und den Anfang einer Inschrift, die sich auf der Hinterwand des Tempels befand. Der Rest derselben war verwischt, wogegen viele Wände desto mehr mit rohen Versuchen der Araber, oder vielleicht auch einzelner hierher versprengter neuägyptischer Soldaten verunreinigt waren. Mit größerem Vergnügen entdeckte ich später unter diesen Allotrien zwei lange Inschriften von HH. Linant und Cailliaud, den einzigen Europäern, die bis heute, den 25 April 1837, bis hierher vorgedrungen sind. Sie lauten folgendermaßen: Ich glaubte ein Recht zu haben, als der dritte Europäer, der Mesaourat besucht hat, einen Ehrenplatz zwischen diesen beiden Herren einzunehmen, und ließ, da ich nicht so hohe Mandanten als sie aufzuführen habe (denn mein Vaterland, weit entfernt, mir Aufträge zu geben, verweigerte mir sie sogar), nur die nachstehenden Worte durch meinen Dragoman einmeißeln: In einem der unzähligen Höfe des Palasts steht noch ein besonderer kleiner Tempel frei in der Mitte, vielleicht ein Typhonium, weil an den Thürpfosten sich gräuliche Schlangen in die Höhe winden. Neben ihnen befinden sich die Reste zweier stehenden Kolosse von sehr mittelmäßiger Arbeit, und gleich allem Uebrigen aus Sandstein. Marmor und Granit sahen wir nirgends angewandt. Auch dieser Tempel besteht nur aus einer Cella mit zwei umgeworfenen Säulen darin. Dem Eingang gegenüber steht ein einfacher Altar. Andere Ruinen außer dem Bereich der Umfangsmauer sind bis dato, so viel ich weiß, nicht aufgefunden worden; denkt man sich aber das auch jetzt noch durch seine malerischen Formen reizende Thal in blühender Cultur, Ziergärten um das Schloß und Wälder auf den nahen Bergen, so muß es einen höchst wünschenswerthen Landaufenthalt abgegeben haben, wenn die junge Königin der Aethiopier irgend eine Privatursache hatte, die Freuden der Einsamkeit den geräuschvolleren ihrer Hauptstädte Dschebbel-Barkal (Napata) und Meroe vorzuziehen. Nach Mittag setzten wir unsern Ritt nach den Tempeln von El-Auratep fort. Zwei Stunden lang blieben wir noch in den Bergen, dann öffnete sich eine ungeheure Plaine vor unsern Augen, wieder mit einzeln stehenden Bergen in der weitesten Ferne umgränzt, während ein schmal auslaufender Ast des eben verlassenen Gebirgs, sich allmählich abdachend, uns links zur Seite blieb. Diese Ebene war steriler, als die früher durchzogene, doch ebenfalls an einigen Orten durch kleine Haine und Baumgruppen der stachlichten Mimosen einigermaßen belebt. Nach vier Stunden scharfen Reitens erreichten wir das Ende des erwähnten Bergrückens, wo vier Tempel, stufenweis nach der Ebene hinabsteigend, erbaut sind - ein Ort, der auf Hrn. Cadalvene's Karte (wie es scheint, nach der von Cailliaud copirt, da er selbst nicht hier war) Naga genannt wird. Die von Gemächern, deren Mauerreste sechs Fuß dick sind (das Innere dieser Mauern mit rohen Steinstücken ausgefüllt) und durch welche ein stattlicher Säulengang hinführte. Die Säulenschäfte sind glatt, ohne Hieroglyphen noch Bildwerke, stehen auf einem Sockel, haben einen Fuß über dem Boden fünf Ellen Umfang, und eine Höhe von höchstens 16 bis 17 Fuß, inclusive des Gebälks des aus Blättern geformten kelchförmigen Capitäls. Nur wenige derselben stehen noch aufrecht, alle übrigen sind mehr oder weniger zertrümmert. An den beiden Enden der Colonnade scheinen Hallen gewesen zu seyn, und Nischen, wahrscheinlich mit Statuen geziert, diese geschlossen zu haben. Aus der östlichen der Hallen tritt man in einen, ehemals ohne Zweifel bedeckten Gang, zehn und einen halben Fuß breit und 231 Fuß lang, dessen Einfassungsmauern nur vier Fuß Dicke haben, und mit zugerundeten großen Werkstücken, von der Art, die man in Norddeutschland Eselsrücken nennt, belegt sind. Der Gang führt durch mehrere große Höfe, in deren einem noch eine einzelne hohe Säule von 12 1/2 Fuß Umfang steht. Dann leitet er neben den Grundmauern verschiedener Gebäude vorbei, durch eine verzierte Pforte in die hintere Colonnade eines, etwas erhöhter als der Rest stehenden Tempels, der ganz nach der gewöhnlichen Anordnung eines griechischen Pteripteron erbaut ist, jedoch ohne Opisthodomos noch Pronaos. Er bildet nur einen einzigen Saal (die cella), welche von vier Säulen innerhalb getragen, und auf allen vier Seiten durch Mauern geschlossen wird, die rund umher ein doppelter Porticus, zehn Säulen an der langen und sechs an der schmalen Seite, umgibt. Auf drei Seiten sind die Säulen glatt, auf der vierten östlichen aber – wo sich eine breite und hohe offene Terrasse befindet, nach der, wie noch einige Spuren verrathen, eine prächtige Treppe, welche die ganze Breite der Terrasse einnahm, hinaufführte – zeigen sich alle Säulen auf das reichste und zum Theil in sehr geschmackvoller Arbeit verziert, obgleich die Größe derselben auch hier nur um ein Weniges die früher von mir angeführten übersteigt, und überhaupt nur das Zierliche, nirgends das Imposante vorherrscht. Jede Säule ist verschieden decorirt, und hier stießen wir zuerst in den ganzen Ruinen auf ägyptische Hieroglyphen und Anaglyphen, gut ausgeführt, aber ohne Farben. Nur der unterste Stein der Säulen, deren jede aus vier Stücken bestand, war mit dergleichen Sculpturen decorirt. An einigen sah man die gewöhnliche Procession der ägyptischen Gottheiten mit ihren Attributen, denen eine Königin Opfer brachte, was mich fortwährend in meiner Hypothese bestärkte, daß das schöne Geschlecht hier de préférence gewaltet habe. Die Figuren an den vier mittelsten Säulen, dicht neben dem Haupteingang, waren voll zu drei Viertel herausgearbeitet, und bei sehr correcter Zeichnung mit viel Grazie behandelt, jedoch viel weichlicher gehalten als es der ernste reinägyptische Styl gestattet. Alle diese Darstellungen sind leider sehr verstümmelt. Im Innern des Tempels, wo, wie schon erwähnt, sich nur vier Säulen befinden, sind in jeder der beiden längeren Seitenwände zwei Fenster angebracht; auf der südlichen bemerkten wir zwischen diesen noch eine Nische, in der wahrscheinlich die hier verehrte Gottheit stand. Dem großen geschmückten Eingangsthore dieses Tempels gegenüber ist eine kleinere Ausgangsthüre, die durch den hintern Porticus nach einer nur fünf Fuß breiten Treppe führt, durch die man in einen Wirrwarr von Räumen gelangt, ohne Zweifel Privatwohnungen, deren Hauptmauer auf der Südseite in einen sehr großen, weit tiefer liegenden Hof abfällt, so daß sie hier wohl an 18 Fuß Höhe haben mag. In der Mitte des besagten Hofes deuten Grundlagen und einzeln umher liegende Fragmente auf das einstige Daseyn zweier Obelisken, und wahrscheinlich eines Kolosses zwischen ihnen. Nirgends konnte ich auf den Außenseiten der Mauern, noch im Innern der Gemächer, Spuren anderer Sculpturen, noch eines königlichen Ringes entdecken, nur zwei kleine sich sehr ähnliche, eingemeißelte Bilder grotesker Art fand ich auf, und den Anfang einer Inschrift, die sich auf der Hinterwand des Tempels befand. Der Rest derselben war verwischt, wogegen viele Wände desto mehr mit rohen Versuchen der Araber, oder vielleicht auch einzelner hierher versprengter neuägyptischer Soldaten verunreinigt waren. Mit größerem Vergnügen entdeckte ich später unter diesen Allotrien zwei lange Inschriften von HH. Linant und Cailliaud, den einzigen Europäern, die bis heute, den 25 April 1837, bis hierher vorgedrungen sind. Sie lauten folgendermaßen: Ich glaubte ein Recht zu haben, als der dritte Europäer, der Mesaourat besucht hat, einen Ehrenplatz zwischen diesen beiden Herren einzunehmen, und ließ, da ich nicht so hohe Mandanten als sie aufzuführen habe (denn mein Vaterland, weit entfernt, mir Aufträge zu geben, verweigerte mir sie sogar), nur die nachstehenden Worte durch meinen Dragoman einmeißeln: In einem der unzähligen Höfe des Palasts steht noch ein besonderer kleiner Tempel frei in der Mitte, vielleicht ein Typhonium, weil an den Thürpfosten sich gräuliche Schlangen in die Höhe winden. Neben ihnen befinden sich die Reste zweier stehenden Kolosse von sehr mittelmäßiger Arbeit, und gleich allem Uebrigen aus Sandstein. Marmor und Granit sahen wir nirgends angewandt. Auch dieser Tempel besteht nur aus einer Cella mit zwei umgeworfenen Säulen darin. Dem Eingang gegenüber steht ein einfacher Altar. Andere Ruinen außer dem Bereich der Umfangsmauer sind bis dato, so viel ich weiß, nicht aufgefunden worden; denkt man sich aber das auch jetzt noch durch seine malerischen Formen reizende Thal in blühender Cultur, Ziergärten um das Schloß und Wälder auf den nahen Bergen, so muß es einen höchst wünschenswerthen Landaufenthalt abgegeben haben, wenn die junge Königin der Aethiopier irgend eine Privatursache hatte, die Freuden der Einsamkeit den geräuschvolleren ihrer Hauptstädte Dschebbel-Barkal (Napata) und Meroe vorzuziehen. Nach Mittag setzten wir unsern Ritt nach den Tempeln von El-Auratep fort. Zwei Stunden lang blieben wir noch in den Bergen, dann öffnete sich eine ungeheure Plaine vor unsern Augen, wieder mit einzeln stehenden Bergen in der weitesten Ferne umgränzt, während ein schmal auslaufender Ast des eben verlassenen Gebirgs, sich allmählich abdachend, uns links zur Seite blieb. Diese Ebene war steriler, als die früher durchzogene, doch ebenfalls an einigen Orten durch kleine Haine und Baumgruppen der stachlichten Mimosen einigermaßen belebt. Nach vier Stunden scharfen Reitens erreichten wir das Ende des erwähnten Bergrückens, wo vier Tempel, stufenweis nach der Ebene hinabsteigend, erbaut sind – ein Ort, der auf Hrn. Cadalvène's Karte (wie es scheint, nach der von Cailliaud copirt, da er selbst nicht hier war) Naga genannt wird. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="0978"/> von Gemächern, deren Mauerreste sechs Fuß dick sind (das Innere dieser Mauern mit rohen Steinstücken ausgefüllt) und durch welche ein stattlicher Säulengang hinführte. Die Säulenschäfte sind glatt, ohne Hieroglyphen noch Bildwerke, stehen auf einem Sockel, haben einen Fuß über dem Boden fünf Ellen Umfang, und eine Höhe von höchstens 16 bis 17 Fuß, inclusive des Gebälks des aus Blättern geformten kelchförmigen Capitäls. Nur wenige derselben stehen noch aufrecht, alle übrigen sind mehr oder weniger zertrümmert. An den beiden Enden der Colonnade scheinen Hallen gewesen zu seyn, und Nischen, wahrscheinlich mit Statuen geziert, diese geschlossen zu haben. Aus der östlichen der Hallen tritt man in einen, ehemals ohne Zweifel bedeckten Gang, zehn und einen halben Fuß breit und 231 Fuß lang, dessen Einfassungsmauern nur vier Fuß Dicke haben, und mit zugerundeten großen Werkstücken, von der Art, die man in Norddeutschland Eselsrücken nennt, belegt sind. Der Gang führt durch mehrere große Höfe, in deren einem noch eine einzelne hohe Säule von 12 1/2 Fuß Umfang steht. Dann leitet er neben den Grundmauern verschiedener Gebäude vorbei, durch eine verzierte Pforte in die hintere Colonnade eines, etwas erhöhter als der Rest stehenden Tempels, der ganz nach der gewöhnlichen Anordnung eines griechischen Pteripteron erbaut ist, jedoch ohne Opisthodomos noch Pronaos. Er bildet nur einen einzigen Saal (die cella), welche von vier Säulen innerhalb getragen, und auf allen vier Seiten durch Mauern geschlossen wird, die rund umher ein doppelter Porticus, zehn Säulen an der langen und sechs an der schmalen Seite, umgibt. Auf drei Seiten sind die Säulen glatt, auf der vierten östlichen aber – wo sich eine breite und hohe offene Terrasse befindet, nach der, wie noch einige Spuren verrathen, eine prächtige Treppe, welche die ganze Breite der Terrasse einnahm, hinaufführte – zeigen sich alle Säulen auf das reichste und zum Theil in sehr geschmackvoller Arbeit verziert, obgleich die Größe derselben auch hier nur um ein Weniges die früher von mir angeführten übersteigt, und überhaupt nur das Zierliche, nirgends das Imposante vorherrscht. Jede Säule ist verschieden decorirt, und hier stießen wir zuerst in den ganzen Ruinen auf ägyptische Hieroglyphen und Anaglyphen, gut ausgeführt, aber ohne Farben. Nur der unterste Stein der Säulen, deren jede aus vier Stücken bestand, war mit dergleichen Sculpturen decorirt. An einigen sah man die gewöhnliche Procession der ägyptischen Gottheiten mit ihren Attributen, denen eine Königin Opfer brachte, was mich fortwährend in meiner Hypothese bestärkte, daß das schöne Geschlecht hier de préférence gewaltet habe. Die Figuren an den vier mittelsten Säulen, dicht neben dem Haupteingang, waren voll zu drei Viertel herausgearbeitet, und bei sehr correcter Zeichnung mit viel Grazie behandelt, jedoch viel weichlicher gehalten als es der ernste reinägyptische Styl gestattet. Alle diese Darstellungen sind leider sehr verstümmelt. Im Innern des Tempels, wo, wie schon erwähnt, sich nur vier Säulen befinden, sind in jeder der beiden längeren Seitenwände zwei Fenster angebracht; auf der südlichen bemerkten wir zwischen diesen noch eine Nische, in der wahrscheinlich die hier verehrte Gottheit stand. Dem großen geschmückten Eingangsthore dieses Tempels gegenüber ist eine kleinere Ausgangsthüre, die durch den hintern Porticus nach einer nur fünf Fuß breiten Treppe führt, durch die man in einen Wirrwarr von Räumen gelangt, ohne Zweifel Privatwohnungen, deren Hauptmauer auf der Südseite in einen sehr großen, weit tiefer liegenden Hof abfällt, so daß sie hier wohl an 18 Fuß Höhe haben mag. In der Mitte des besagten Hofes deuten Grundlagen und einzeln umher liegende Fragmente auf das einstige Daseyn zweier Obelisken, und wahrscheinlich eines Kolosses zwischen ihnen. Nirgends konnte ich auf den Außenseiten der Mauern, noch im Innern der Gemächer, Spuren anderer Sculpturen, noch eines königlichen Ringes entdecken, nur zwei kleine sich sehr ähnliche, eingemeißelte Bilder grotesker Art fand ich auf, und den Anfang einer Inschrift, die sich auf der Hinterwand des Tempels befand. Der Rest derselben war verwischt, wogegen viele Wände desto mehr mit rohen Versuchen der Araber, oder vielleicht auch einzelner hierher versprengter neuägyptischer Soldaten verunreinigt waren. Mit größerem Vergnügen entdeckte ich später unter diesen Allotrien zwei lange Inschriften von HH. Linant und Cailliaud, den einzigen Europäern, die bis heute, den 25 April 1837, bis hierher vorgedrungen sind.</p><lb/> <p>Sie lauten folgendermaßen:<lb/> 1. L'an de Jesus 1822 Frédèric Cailliaud a visité ces ruines renommées, il y est venu mandé par la France. Favorisé par le prince Ismaël-Pacha, il a pénétré au de là de Fazole par 10 dégrés de latilude, ou il a visité des peuples payens.<lb/> 2. L'an de Jesus 1822 Louis Linant a visité ces ruines. Il y est venu mandé par l'Angleterre et il a pénétré jusqu'au royaume de Seunsar, grace aux conquêtes d'Ismaël-Pacha, général des armées de son père Mehemed-Ali, vice-roi d'Egypte.</p><lb/> <p>Ich glaubte ein Recht zu haben, als der dritte Europäer, der Mesaourat besucht hat, einen Ehrenplatz zwischen diesen beiden Herren einzunehmen, und ließ, da ich nicht so hohe Mandanten als sie aufzuführen habe (denn mein Vaterland, weit entfernt, mir Aufträge zu geben, verweigerte mir sie sogar), nur die nachstehenden Worte durch meinen Dragoman einmeißeln:<lb/> Im Jahr 1837 unserer christlichen Zeitrechnung hat ein deutscher Reisender ............ diese Ruinen besucht, gesandt durch seinen spiritus familiaris, und mit der Absicht, so weit vorzudringen, als es ihm Vergnügen machen wird.</p><lb/> <p>In einem der unzähligen Höfe des Palasts steht noch ein besonderer kleiner Tempel frei in der Mitte, vielleicht ein Typhonium, weil an den Thürpfosten sich gräuliche Schlangen in die Höhe winden. Neben ihnen befinden sich die Reste zweier stehenden Kolosse von sehr mittelmäßiger Arbeit, und gleich allem Uebrigen aus Sandstein. Marmor und Granit sahen wir nirgends angewandt. Auch dieser Tempel besteht nur aus einer Cella mit zwei umgeworfenen Säulen darin. Dem Eingang gegenüber steht ein einfacher Altar.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Andere</hi> Ruinen außer dem Bereich der Umfangsmauer sind bis dato, so viel ich weiß, nicht aufgefunden worden; denkt man sich aber das auch jetzt noch durch seine malerischen Formen reizende Thal in blühender Cultur, Ziergärten um das Schloß und Wälder auf den nahen Bergen, so muß es einen höchst wünschenswerthen Landaufenthalt abgegeben haben, wenn die junge Königin der Aethiopier irgend eine Privatursache hatte, die Freuden der Einsamkeit den geräuschvolleren ihrer Hauptstädte Dschebbel-Barkal (Napata) und Meroe vorzuziehen.</p><lb/> <p>Nach Mittag setzten wir unsern Ritt nach den Tempeln von El-Auratep fort. Zwei Stunden lang blieben wir noch in den Bergen, dann öffnete sich eine ungeheure Plaine vor unsern Augen, wieder mit einzeln stehenden Bergen in der weitesten Ferne umgränzt, während ein schmal auslaufender Ast des eben verlassenen Gebirgs, sich allmählich abdachend, uns links zur Seite blieb. Diese Ebene war steriler, als die früher durchzogene, doch ebenfalls an einigen Orten durch kleine Haine und Baumgruppen der stachlichten Mimosen einigermaßen belebt. Nach vier Stunden scharfen Reitens erreichten wir das Ende des erwähnten Bergrückens, wo vier Tempel, stufenweis nach der Ebene hinabsteigend, erbaut sind – ein Ort, der auf Hrn. Cadalvène's Karte (wie es scheint, nach der von Cailliaud copirt, da er selbst nicht hier war) Naga genannt wird. Die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0978/0010]
von Gemächern, deren Mauerreste sechs Fuß dick sind (das Innere dieser Mauern mit rohen Steinstücken ausgefüllt) und durch welche ein stattlicher Säulengang hinführte. Die Säulenschäfte sind glatt, ohne Hieroglyphen noch Bildwerke, stehen auf einem Sockel, haben einen Fuß über dem Boden fünf Ellen Umfang, und eine Höhe von höchstens 16 bis 17 Fuß, inclusive des Gebälks des aus Blättern geformten kelchförmigen Capitäls. Nur wenige derselben stehen noch aufrecht, alle übrigen sind mehr oder weniger zertrümmert. An den beiden Enden der Colonnade scheinen Hallen gewesen zu seyn, und Nischen, wahrscheinlich mit Statuen geziert, diese geschlossen zu haben. Aus der östlichen der Hallen tritt man in einen, ehemals ohne Zweifel bedeckten Gang, zehn und einen halben Fuß breit und 231 Fuß lang, dessen Einfassungsmauern nur vier Fuß Dicke haben, und mit zugerundeten großen Werkstücken, von der Art, die man in Norddeutschland Eselsrücken nennt, belegt sind. Der Gang führt durch mehrere große Höfe, in deren einem noch eine einzelne hohe Säule von 12 1/2 Fuß Umfang steht. Dann leitet er neben den Grundmauern verschiedener Gebäude vorbei, durch eine verzierte Pforte in die hintere Colonnade eines, etwas erhöhter als der Rest stehenden Tempels, der ganz nach der gewöhnlichen Anordnung eines griechischen Pteripteron erbaut ist, jedoch ohne Opisthodomos noch Pronaos. Er bildet nur einen einzigen Saal (die cella), welche von vier Säulen innerhalb getragen, und auf allen vier Seiten durch Mauern geschlossen wird, die rund umher ein doppelter Porticus, zehn Säulen an der langen und sechs an der schmalen Seite, umgibt. Auf drei Seiten sind die Säulen glatt, auf der vierten östlichen aber – wo sich eine breite und hohe offene Terrasse befindet, nach der, wie noch einige Spuren verrathen, eine prächtige Treppe, welche die ganze Breite der Terrasse einnahm, hinaufführte – zeigen sich alle Säulen auf das reichste und zum Theil in sehr geschmackvoller Arbeit verziert, obgleich die Größe derselben auch hier nur um ein Weniges die früher von mir angeführten übersteigt, und überhaupt nur das Zierliche, nirgends das Imposante vorherrscht. Jede Säule ist verschieden decorirt, und hier stießen wir zuerst in den ganzen Ruinen auf ägyptische Hieroglyphen und Anaglyphen, gut ausgeführt, aber ohne Farben. Nur der unterste Stein der Säulen, deren jede aus vier Stücken bestand, war mit dergleichen Sculpturen decorirt. An einigen sah man die gewöhnliche Procession der ägyptischen Gottheiten mit ihren Attributen, denen eine Königin Opfer brachte, was mich fortwährend in meiner Hypothese bestärkte, daß das schöne Geschlecht hier de préférence gewaltet habe. Die Figuren an den vier mittelsten Säulen, dicht neben dem Haupteingang, waren voll zu drei Viertel herausgearbeitet, und bei sehr correcter Zeichnung mit viel Grazie behandelt, jedoch viel weichlicher gehalten als es der ernste reinägyptische Styl gestattet. Alle diese Darstellungen sind leider sehr verstümmelt. Im Innern des Tempels, wo, wie schon erwähnt, sich nur vier Säulen befinden, sind in jeder der beiden längeren Seitenwände zwei Fenster angebracht; auf der südlichen bemerkten wir zwischen diesen noch eine Nische, in der wahrscheinlich die hier verehrte Gottheit stand. Dem großen geschmückten Eingangsthore dieses Tempels gegenüber ist eine kleinere Ausgangsthüre, die durch den hintern Porticus nach einer nur fünf Fuß breiten Treppe führt, durch die man in einen Wirrwarr von Räumen gelangt, ohne Zweifel Privatwohnungen, deren Hauptmauer auf der Südseite in einen sehr großen, weit tiefer liegenden Hof abfällt, so daß sie hier wohl an 18 Fuß Höhe haben mag. In der Mitte des besagten Hofes deuten Grundlagen und einzeln umher liegende Fragmente auf das einstige Daseyn zweier Obelisken, und wahrscheinlich eines Kolosses zwischen ihnen. Nirgends konnte ich auf den Außenseiten der Mauern, noch im Innern der Gemächer, Spuren anderer Sculpturen, noch eines königlichen Ringes entdecken, nur zwei kleine sich sehr ähnliche, eingemeißelte Bilder grotesker Art fand ich auf, und den Anfang einer Inschrift, die sich auf der Hinterwand des Tempels befand. Der Rest derselben war verwischt, wogegen viele Wände desto mehr mit rohen Versuchen der Araber, oder vielleicht auch einzelner hierher versprengter neuägyptischer Soldaten verunreinigt waren. Mit größerem Vergnügen entdeckte ich später unter diesen Allotrien zwei lange Inschriften von HH. Linant und Cailliaud, den einzigen Europäern, die bis heute, den 25 April 1837, bis hierher vorgedrungen sind.
Sie lauten folgendermaßen:
1. L'an de Jesus 1822 Frédèric Cailliaud a visité ces ruines renommées, il y est venu mandé par la France. Favorisé par le prince Ismaël-Pacha, il a pénétré au de là de Fazole par 10 dégrés de latilude, ou il a visité des peuples payens.
2. L'an de Jesus 1822 Louis Linant a visité ces ruines. Il y est venu mandé par l'Angleterre et il a pénétré jusqu'au royaume de Seunsar, grace aux conquêtes d'Ismaël-Pacha, général des armées de son père Mehemed-Ali, vice-roi d'Egypte.
Ich glaubte ein Recht zu haben, als der dritte Europäer, der Mesaourat besucht hat, einen Ehrenplatz zwischen diesen beiden Herren einzunehmen, und ließ, da ich nicht so hohe Mandanten als sie aufzuführen habe (denn mein Vaterland, weit entfernt, mir Aufträge zu geben, verweigerte mir sie sogar), nur die nachstehenden Worte durch meinen Dragoman einmeißeln:
Im Jahr 1837 unserer christlichen Zeitrechnung hat ein deutscher Reisender ............ diese Ruinen besucht, gesandt durch seinen spiritus familiaris, und mit der Absicht, so weit vorzudringen, als es ihm Vergnügen machen wird.
In einem der unzähligen Höfe des Palasts steht noch ein besonderer kleiner Tempel frei in der Mitte, vielleicht ein Typhonium, weil an den Thürpfosten sich gräuliche Schlangen in die Höhe winden. Neben ihnen befinden sich die Reste zweier stehenden Kolosse von sehr mittelmäßiger Arbeit, und gleich allem Uebrigen aus Sandstein. Marmor und Granit sahen wir nirgends angewandt. Auch dieser Tempel besteht nur aus einer Cella mit zwei umgeworfenen Säulen darin. Dem Eingang gegenüber steht ein einfacher Altar.
Andere Ruinen außer dem Bereich der Umfangsmauer sind bis dato, so viel ich weiß, nicht aufgefunden worden; denkt man sich aber das auch jetzt noch durch seine malerischen Formen reizende Thal in blühender Cultur, Ziergärten um das Schloß und Wälder auf den nahen Bergen, so muß es einen höchst wünschenswerthen Landaufenthalt abgegeben haben, wenn die junge Königin der Aethiopier irgend eine Privatursache hatte, die Freuden der Einsamkeit den geräuschvolleren ihrer Hauptstädte Dschebbel-Barkal (Napata) und Meroe vorzuziehen.
Nach Mittag setzten wir unsern Ritt nach den Tempeln von El-Auratep fort. Zwei Stunden lang blieben wir noch in den Bergen, dann öffnete sich eine ungeheure Plaine vor unsern Augen, wieder mit einzeln stehenden Bergen in der weitesten Ferne umgränzt, während ein schmal auslaufender Ast des eben verlassenen Gebirgs, sich allmählich abdachend, uns links zur Seite blieb. Diese Ebene war steriler, als die früher durchzogene, doch ebenfalls an einigen Orten durch kleine Haine und Baumgruppen der stachlichten Mimosen einigermaßen belebt. Nach vier Stunden scharfen Reitens erreichten wir das Ende des erwähnten Bergrückens, wo vier Tempel, stufenweis nach der Ebene hinabsteigend, erbaut sind – ein Ort, der auf Hrn. Cadalvène's Karte (wie es scheint, nach der von Cailliaud copirt, da er selbst nicht hier war) Naga genannt wird. Die
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