Allgemeine Zeitung. Nr. 124. Augsburg, 3. Mai 1840.aber keineswegs angenehm ist. Nach vielem, stets wechselnden Winde und einer schwülen Gewitterhitze bei sehr bedecktem Himmel, schien es uns plötzlich, als komme aus Süden ein dunkler Sandberg auf uns zugewandert. Ich befahl sogleich, mein Zelt, in welchem ich mich kurz vorher zu Bett gelegt hatte, nach Möglichkeit zu schließen, und durch einige Hülfsstricke noch besser an die umstehenden Bäume befestigen zu lassen, auch erhielt es sich glücklich, als die Winds- und Sandsbraut nun heulend über uns herflog, aber vor der Erde, die sie mit sich führte, gab es keine Rettung. In weniger als einer Minute war durch die nicht ganz zu schließenden Fugen des Zeltes so viel von diesem Elemente eingedrungen, daß Alles darin, wie ich selbst, zolldick mit schwarzem Schmutz aller Art bedeckt wurde, und ohne das seidene Tuch, welches ich dicht um mein Gesicht geschlagen hatte, glaube ich, daß ich davon hätte erstickt werden können. Alle Araber hatten sich unter ähnlicher Einwickelung mit dem Antlitz auf die Erde geworfen, wo sie bewegungslos liegen blieben bis das Wetter ausgetobt hatte, welches ungefähr nach zehn Minuten der Fall war. Am Abend wollte ich, um mich vom Erdbade abzuwaschen, ein anderes im Flusse nehmen, kam aber hier recht eigentlich aus dem Regen in die Traufe. Der einzig brauchbare Badeplatz war eine Viertelstunde von den Zelten entfernt, und schon während des Hingehens bemerkte ich, daß der nördliche Himmel sich seltsam gelbroth färbte, während aus seiner schwarzen Einfassung fernes Wetterleuchten sichtbar ward. Ich verlor daher keinen Augenblick, um ins Wasser zu kommen, hatte aber kaum einige Schwimmübungen versucht, als Tropfen so dick wie Haselnüsse langsam zu fallen anfingen, die Luft sich nächtlich verfinsterte, und mitten in diesem Dunkel eine feuerrothe Wolke sich uns mit unheimlichem Brausen näherte. Ich sprang jetzt eben so schnell aus dem Fluß als früher hinein, um wenigstens vor Ausbruch des drohenden Ereignisses wieder in meine Kleider zu kommen. Es war aber schon zu spät, und ich nur erst mit einem Bademantel angethan, als unter unaufhörlichem Krachen des Donners und Flammen der Blitze ein Wolkenbruch auf uns herabstürzte, wie ich nie etwas Aehnliches erlebt. Hier mußte ich die Geistesgegenwart der drei Neger des Schech-Bischir bewundern, die ich mit mir genommen hatte. Im Nu hatten sie mich nebst meinen Sachen in den großen Teppich gewickelt, der am Ufer ausgebreitet lag, ihn oben zusammengedreht, und sich alle drei auf der Seite, von wo Sturm und Wetter herkam, gleich einem schützenden Gewölbe von Fleisch und Bein über mich hingelegt. So bildeten wir eine zu compacte Masse, um vom rasenden Sturm und der strömenden Fluth weggeschwemmt werden zu können, und alles Uebel, was mir widerfuhr, bestand in der That in nichts Anderem, als eine Zeit lang im Wasser zu liegen, und mich später während eines etwas gelinderen Platzregens anziehen zu müssen, worauf ich nicht ermangelte, im schnellsten Laufe mein sicheres Zelt wieder zu gewinnen. Doch dauerte das Unwetter die ganze Nacht mit abwechselnder Stärke fort, so daß gegen Morgen selbst mein doppeltes Zeltdach das Eindringen des Wassers nicht mehr verhindern konnte. Ich mag immer von Glück sagen, daß dieses kleine Abenteuer mir kein Fieber zuzog, aber da sich die Hitze fast bei jeder Witterung gleich bleibt, ist man von der Nässe nicht so leicht einer Verkältung ausgesetzt, als in unserm rauheren Norden. Ich verweilte jedoch bis 1 Uhr Nachmittag am andern Tage, um der Sonne völlig Zeit zu lassen, uns und unsere Effecten hinlänglich zu trocknen, ehe wir von neuem aufbrachen. Im Anfang blieb auch heute das Land noch fortwährend durch Gesträuch, wenn gleich meistens blätterloses, belebt, und wir begegneten vielen Reisenden zu Kamel, zu Pferd, zu Esel und zu Fuß, alle stets mit Schild und Speer bewaffnet, größtentheils hoch gewachsene, schöne Leute aus dem Sudan, die besonders in der Form der Beine und Waden sehr die bisher gesehenen Araber übertreffen, welche bei aller ihrer Kräftigkeit doch meistens nur mit Spindelbeinen begabt sind. Sie erwiederten unsern Gruß mit viel Freundlichkeit, und hatten überhaupt ein freies, gutmüthiges, und im Ganzen gefälligeres, obwohl weniger würdevolles und vornehmes Aussehen als die Schaki- und Dschahelin-Araber. Nach einigen Stunden verschwand alle Vegetation, und die ebene, leere Fläche bot seitwärts nur ein isolirtes, weitläuftiges und niedriges Granitgebirge dar, das den Ruinen einer Stadt glich, und von dem Blendwerk der Wüste mit einem See von täuschender Wahrheit umschlossen ward. Der Boden ist hier überall sehr salzhaltig. Die weitere Tour blieb von hier an lange Zeit äußerst einförmig, bis wir am Abend die Region der letzten (sechsten) Katarakte des Nils erreichten, wo von neuem eine frischere Vegetation beginnt, und Granitfelsen aller Formen sich wie bei Assuan, wiewohl mit einem weit anmuthigeren Charakter der Landschaft, bis mehrere Stunden vom Nil ab quer durch die Gegend hinziehen. Der höchste dieser Felsen, in der Nähe der Straße, markirt, nach der Eintheilung der Araber die Gränze zwischen Nubien und Sudan, ein schöner romantischer Fleck, dem nach dem Flusse zu ein dichter Wald zur Seite liegt, während sich vorn im Süden ein blaues Gebirge erhebt, welches, sich dann östlich wendend, in einer sonderbaren Berggruppe endigt. Diese gleicht einem Du end in irregulären Haufen neben einander aufgestellten, gigantischen Heuschobern, oder Santonsgräbern, wenn man lieber will, alle von ganz gleicher Höhe und Gestalt, und einzeln aus der Fläche emporsteigend, ohne daß man, wenigstens von hier aus, irgend eine Verbindung zwischen ihnen entdecken könnte. Ich erinnere mich an dieser Stelle des Enthusiasmus, mit dem ich bei Assuan zuerst in Nubien eingeritten war, und wie wenig ich damals träumte, auf der andern Seite wieder hinauszureiten. Der Doctor, dem ich diese Bemerkung mittheilte, erwiederte: "Ja, und wie viele reiten hier aus Nubien hinaus, ohne je von neuem wieder herein zu kommen." Das freilich, sagte ich, müssen wir dem Schicksal anheimstellen, und ich hoffe für die, welche uns lieben, daß der Himmel für uns es besser wenden wird. Was aber mich selbst betrifft, so kann es meiner durch das Weltall wandernden Seele ziemlich einerlei seyn, wo sie ihren jetzigen Körper zu noch viel weiterer und interessanterer Wanderung in neuer Gestalt auf dieser Erde zurückläßt. Ich bin immer zu dieser kleinen Katastrophe fertig und bereit, wiewohl keineswegs pressirt sie herbeizurufen, am wenigsten durch unnütze Besorgniß; ein so beruhigender Gemüthsstand, daß ich ihn selbst allen meinen frommen Feinden wünsche, nach der schwierigsten Lehre unserer Religion, die uns vorschreibt: segnet die euch fluchen. Uebrigens, setzte ich hinzu, haben ein Arzt und ein Philosoph, die zusammen reisen, gewiß weniger zu befürchten als andere. Sie werden meinen und Ihren Körper curiren, wenn wir krank werden, und ich werde nie ermangeln, wenn Spleen oder das Heimweh uns übermannt, oder die Hitze zu unerträglich wird, unsern Seelen mit den vortrefflichsten Maximen zu Hülfe zu kommen; es ist dabei nur nöthig, daß wir beide an einander glauben, ich an Ihre Heilkunst und Sie an meine Philosophie, und da dieß unser beiderseitiges Interesse ist, so müssen wir unsern Skepticismus in dieser Hinsicht wenigstens jetzt gefangen nehmen." Der Doctor war es zufrieden, und so setzten wir mit verdoppelter aber keineswegs angenehm ist. Nach vielem, stets wechselnden Winde und einer schwülen Gewitterhitze bei sehr bedecktem Himmel, schien es uns plötzlich, als komme aus Süden ein dunkler Sandberg auf uns zugewandert. Ich befahl sogleich, mein Zelt, in welchem ich mich kurz vorher zu Bett gelegt hatte, nach Möglichkeit zu schließen, und durch einige Hülfsstricke noch besser an die umstehenden Bäume befestigen zu lassen, auch erhielt es sich glücklich, als die Winds- und Sandsbraut nun heulend über uns herflog, aber vor der Erde, die sie mit sich führte, gab es keine Rettung. In weniger als einer Minute war durch die nicht ganz zu schließenden Fugen des Zeltes so viel von diesem Elemente eingedrungen, daß Alles darin, wie ich selbst, zolldick mit schwarzem Schmutz aller Art bedeckt wurde, und ohne das seidene Tuch, welches ich dicht um mein Gesicht geschlagen hatte, glaube ich, daß ich davon hätte erstickt werden können. Alle Araber hatten sich unter ähnlicher Einwickelung mit dem Antlitz auf die Erde geworfen, wo sie bewegungslos liegen blieben bis das Wetter ausgetobt hatte, welches ungefähr nach zehn Minuten der Fall war. Am Abend wollte ich, um mich vom Erdbade abzuwaschen, ein anderes im Flusse nehmen, kam aber hier recht eigentlich aus dem Regen in die Traufe. Der einzig brauchbare Badeplatz war eine Viertelstunde von den Zelten entfernt, und schon während des Hingehens bemerkte ich, daß der nördliche Himmel sich seltsam gelbroth färbte, während aus seiner schwarzen Einfassung fernes Wetterleuchten sichtbar ward. Ich verlor daher keinen Augenblick, um ins Wasser zu kommen, hatte aber kaum einige Schwimmübungen versucht, als Tropfen so dick wie Haselnüsse langsam zu fallen anfingen, die Luft sich nächtlich verfinsterte, und mitten in diesem Dunkel eine feuerrothe Wolke sich uns mit unheimlichem Brausen näherte. Ich sprang jetzt eben so schnell aus dem Fluß als früher hinein, um wenigstens vor Ausbruch des drohenden Ereignisses wieder in meine Kleider zu kommen. Es war aber schon zu spät, und ich nur erst mit einem Bademantel angethan, als unter unaufhörlichem Krachen des Donners und Flammen der Blitze ein Wolkenbruch auf uns herabstürzte, wie ich nie etwas Aehnliches erlebt. Hier mußte ich die Geistesgegenwart der drei Neger des Schech-Bischir bewundern, die ich mit mir genommen hatte. Im Nu hatten sie mich nebst meinen Sachen in den großen Teppich gewickelt, der am Ufer ausgebreitet lag, ihn oben zusammengedreht, und sich alle drei auf der Seite, von wo Sturm und Wetter herkam, gleich einem schützenden Gewölbe von Fleisch und Bein über mich hingelegt. So bildeten wir eine zu compacte Masse, um vom rasenden Sturm und der strömenden Fluth weggeschwemmt werden zu können, und alles Uebel, was mir widerfuhr, bestand in der That in nichts Anderem, als eine Zeit lang im Wasser zu liegen, und mich später während eines etwas gelinderen Platzregens anziehen zu müssen, worauf ich nicht ermangelte, im schnellsten Laufe mein sicheres Zelt wieder zu gewinnen. Doch dauerte das Unwetter die ganze Nacht mit abwechselnder Stärke fort, so daß gegen Morgen selbst mein doppeltes Zeltdach das Eindringen des Wassers nicht mehr verhindern konnte. Ich mag immer von Glück sagen, daß dieses kleine Abenteuer mir kein Fieber zuzog, aber da sich die Hitze fast bei jeder Witterung gleich bleibt, ist man von der Nässe nicht so leicht einer Verkältung ausgesetzt, als in unserm rauheren Norden. Ich verweilte jedoch bis 1 Uhr Nachmittag am andern Tage, um der Sonne völlig Zeit zu lassen, uns und unsere Effecten hinlänglich zu trocknen, ehe wir von neuem aufbrachen. Im Anfang blieb auch heute das Land noch fortwährend durch Gesträuch, wenn gleich meistens blätterloses, belebt, und wir begegneten vielen Reisenden zu Kamel, zu Pferd, zu Esel und zu Fuß, alle stets mit Schild und Speer bewaffnet, größtentheils hoch gewachsene, schöne Leute aus dem Sudan, die besonders in der Form der Beine und Waden sehr die bisher gesehenen Araber übertreffen, welche bei aller ihrer Kräftigkeit doch meistens nur mit Spindelbeinen begabt sind. Sie erwiederten unsern Gruß mit viel Freundlichkeit, und hatten überhaupt ein freies, gutmüthiges, und im Ganzen gefälligeres, obwohl weniger würdevolles und vornehmes Aussehen als die Schaki- und Dschahelin-Araber. Nach einigen Stunden verschwand alle Vegetation, und die ebene, leere Fläche bot seitwärts nur ein isolirtes, weitläuftiges und niedriges Granitgebirge dar, das den Ruinen einer Stadt glich, und von dem Blendwerk der Wüste mit einem See von täuschender Wahrheit umschlossen ward. Der Boden ist hier überall sehr salzhaltig. Die weitere Tour blieb von hier an lange Zeit äußerst einförmig, bis wir am Abend die Region der letzten (sechsten) Katarakte des Nils erreichten, wo von neuem eine frischere Vegetation beginnt, und Granitfelsen aller Formen sich wie bei Assuan, wiewohl mit einem weit anmuthigeren Charakter der Landschaft, bis mehrere Stunden vom Nil ab quer durch die Gegend hinziehen. Der höchste dieser Felsen, in der Nähe der Straße, markirt, nach der Eintheilung der Araber die Gränze zwischen Nubien und Sudan, ein schöner romantischer Fleck, dem nach dem Flusse zu ein dichter Wald zur Seite liegt, während sich vorn im Süden ein blaues Gebirge erhebt, welches, sich dann östlich wendend, in einer sonderbaren Berggruppe endigt. Diese gleicht einem Du end in irregulären Haufen neben einander aufgestellten, gigantischen Heuschobern, oder Santonsgräbern, wenn man lieber will, alle von ganz gleicher Höhe und Gestalt, und einzeln aus der Fläche emporsteigend, ohne daß man, wenigstens von hier aus, irgend eine Verbindung zwischen ihnen entdecken könnte. Ich erinnere mich an dieser Stelle des Enthusiasmus, mit dem ich bei Assuan zuerst in Nubien eingeritten war, und wie wenig ich damals träumte, auf der andern Seite wieder hinauszureiten. Der Doctor, dem ich diese Bemerkung mittheilte, erwiederte: „Ja, und wie viele reiten hier aus Nubien hinaus, ohne je von neuem wieder herein zu kommen.“ Das freilich, sagte ich, müssen wir dem Schicksal anheimstellen, und ich hoffe für die, welche uns lieben, daß der Himmel für uns es besser wenden wird. Was aber mich selbst betrifft, so kann es meiner durch das Weltall wandernden Seele ziemlich einerlei seyn, wo sie ihren jetzigen Körper zu noch viel weiterer und interessanterer Wanderung in neuer Gestalt auf dieser Erde zurückläßt. Ich bin immer zu dieser kleinen Katastrophe fertig und bereit, wiewohl keineswegs pressirt sie herbeizurufen, am wenigsten durch unnütze Besorgniß; ein so beruhigender Gemüthsstand, daß ich ihn selbst allen meinen frommen Feinden wünsche, nach der schwierigsten Lehre unserer Religion, die uns vorschreibt: segnet die euch fluchen. Uebrigens, setzte ich hinzu, haben ein Arzt und ein Philosoph, die zusammen reisen, gewiß weniger zu befürchten als andere. Sie werden meinen und Ihren Körper curiren, wenn wir krank werden, und ich werde nie ermangeln, wenn Spleen oder das Heimweh uns übermannt, oder die Hitze zu unerträglich wird, unsern Seelen mit den vortrefflichsten Maximen zu Hülfe zu kommen; es ist dabei nur nöthig, daß wir beide an einander glauben, ich an Ihre Heilkunst und Sie an meine Philosophie, und da dieß unser beiderseitiges Interesse ist, so müssen wir unsern Skepticismus in dieser Hinsicht wenigstens jetzt gefangen nehmen.“ Der Doctor war es zufrieden, und so setzten wir mit verdoppelter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="0986"/> aber keineswegs angenehm ist. Nach vielem, stets wechselnden Winde und einer schwülen Gewitterhitze bei sehr bedecktem Himmel, schien es uns plötzlich, als komme aus Süden ein dunkler Sandberg auf uns zugewandert. Ich befahl sogleich, mein Zelt, in welchem ich mich kurz vorher zu Bett gelegt hatte, nach Möglichkeit zu schließen, und durch einige Hülfsstricke noch besser an die umstehenden Bäume befestigen zu lassen, auch erhielt es sich glücklich, als die Winds- und Sandsbraut nun heulend über uns herflog, aber vor der Erde, die sie mit sich führte, gab es keine Rettung. In weniger als einer Minute war durch die nicht ganz zu schließenden Fugen des Zeltes so viel von diesem Elemente eingedrungen, daß Alles darin, wie ich selbst, zolldick mit schwarzem Schmutz aller Art bedeckt wurde, und ohne das seidene Tuch, welches ich dicht um mein Gesicht geschlagen hatte, glaube ich, daß ich davon hätte erstickt werden können. Alle Araber hatten sich unter ähnlicher Einwickelung mit dem Antlitz auf die Erde geworfen, wo sie bewegungslos liegen blieben bis das Wetter ausgetobt hatte, welches ungefähr nach zehn Minuten der Fall war.</p><lb/> <p>Am Abend wollte ich, um mich vom Erdbade abzuwaschen, ein anderes im Flusse nehmen, kam aber hier recht eigentlich aus dem Regen in die Traufe. Der einzig brauchbare Badeplatz war eine Viertelstunde von den Zelten entfernt, und schon während des Hingehens bemerkte ich, daß der nördliche Himmel sich seltsam gelbroth färbte, während aus seiner schwarzen Einfassung fernes Wetterleuchten sichtbar ward. Ich verlor daher keinen Augenblick, um ins Wasser zu kommen, hatte aber kaum einige Schwimmübungen versucht, als Tropfen so dick wie Haselnüsse langsam zu fallen anfingen, die Luft sich nächtlich verfinsterte, und mitten in diesem Dunkel eine feuerrothe Wolke sich uns mit unheimlichem Brausen näherte. Ich sprang jetzt eben so schnell <hi rendition="#g">aus</hi> dem Fluß als früher hinein, um wenigstens vor Ausbruch des drohenden Ereignisses wieder in meine Kleider zu kommen. Es war aber schon zu spät, und ich nur erst mit einem Bademantel angethan, als unter unaufhörlichem Krachen des Donners und Flammen der Blitze ein Wolkenbruch auf uns herabstürzte, wie ich nie etwas Aehnliches erlebt. Hier mußte ich die Geistesgegenwart der drei Neger des Schech-Bischir bewundern, die ich mit mir genommen hatte. Im Nu hatten sie mich nebst meinen Sachen in den großen Teppich gewickelt, der am Ufer ausgebreitet lag, ihn oben zusammengedreht, und sich alle drei auf der Seite, von wo Sturm und Wetter herkam, gleich einem schützenden Gewölbe von Fleisch und Bein über mich hingelegt. So bildeten wir eine zu compacte Masse, um vom rasenden Sturm und der strömenden Fluth weggeschwemmt werden zu können, und alles Uebel, was mir widerfuhr, bestand in der That in nichts Anderem, als eine Zeit lang im Wasser zu liegen, und mich später während eines etwas gelinderen Platzregens anziehen zu müssen, worauf ich nicht ermangelte, im schnellsten Laufe mein sicheres Zelt wieder zu gewinnen. Doch dauerte das Unwetter die ganze Nacht mit abwechselnder Stärke fort, so daß gegen Morgen selbst mein doppeltes Zeltdach das Eindringen des Wassers nicht mehr verhindern konnte. Ich mag immer von Glück sagen, daß dieses kleine Abenteuer mir kein Fieber zuzog, aber da sich die Hitze fast bei jeder Witterung gleich bleibt, ist man von der Nässe nicht so leicht einer Verkältung ausgesetzt, als in unserm rauheren Norden. Ich verweilte jedoch bis 1 Uhr Nachmittag am andern Tage, um der Sonne völlig Zeit zu lassen, uns und unsere Effecten hinlänglich zu trocknen, ehe wir von neuem aufbrachen.</p><lb/> <p>Im Anfang blieb auch heute das Land noch fortwährend durch Gesträuch, wenn gleich meistens blätterloses, belebt, und wir begegneten vielen Reisenden zu Kamel, zu Pferd, zu Esel und zu Fuß, alle stets mit Schild und Speer bewaffnet, größtentheils hoch gewachsene, schöne Leute aus dem Sudan, die besonders in der Form der Beine und Waden sehr die bisher gesehenen Araber übertreffen, welche bei aller ihrer Kräftigkeit doch meistens nur mit Spindelbeinen begabt sind. Sie erwiederten unsern Gruß mit viel Freundlichkeit, und hatten überhaupt ein freies, gutmüthiges, und im Ganzen gefälligeres, obwohl weniger würdevolles und vornehmes Aussehen als die Schaki- und Dschahelin-Araber. Nach einigen Stunden verschwand alle Vegetation, und die ebene, leere Fläche bot seitwärts nur ein isolirtes, weitläuftiges und niedriges Granitgebirge dar, das den Ruinen einer Stadt glich, und von dem Blendwerk der Wüste mit einem See von täuschender Wahrheit umschlossen ward. Der Boden ist hier überall sehr salzhaltig.</p><lb/> <p>Die weitere Tour blieb von hier an lange Zeit äußerst einförmig, bis wir am Abend die Region der letzten (sechsten) Katarakte des Nils erreichten, wo von neuem eine frischere Vegetation beginnt, und Granitfelsen aller Formen sich wie bei Assuan, wiewohl mit einem weit anmuthigeren Charakter der Landschaft, bis mehrere Stunden vom Nil ab quer durch die Gegend hinziehen. Der höchste dieser Felsen, in der Nähe der Straße, markirt, nach der Eintheilung der Araber die Gränze zwischen Nubien und Sudan, ein schöner romantischer Fleck, dem nach dem Flusse zu ein dichter Wald zur Seite liegt, während sich vorn im Süden ein blaues Gebirge erhebt, welches, sich dann östlich wendend, in einer sonderbaren Berggruppe endigt. Diese gleicht einem Du end in irregulären Haufen neben einander aufgestellten, gigantischen Heuschobern, oder Santonsgräbern, wenn man lieber will, alle von ganz gleicher Höhe und Gestalt, und einzeln aus der Fläche emporsteigend, ohne daß man, wenigstens von hier aus, irgend eine Verbindung zwischen ihnen entdecken könnte. Ich erinnere mich an dieser Stelle des Enthusiasmus, mit dem ich bei Assuan zuerst in Nubien eingeritten war, und wie wenig ich damals träumte, auf der andern Seite wieder hinauszureiten. Der Doctor, dem ich diese Bemerkung mittheilte, erwiederte: „Ja, und wie viele reiten hier aus Nubien hinaus, ohne je von neuem wieder herein zu kommen.“ Das freilich, sagte ich, müssen wir dem Schicksal anheimstellen, und ich hoffe für die, welche uns lieben, daß der Himmel für uns es besser wenden wird. Was aber mich selbst betrifft, so kann es meiner durch das Weltall wandernden Seele ziemlich einerlei seyn, wo sie ihren jetzigen Körper zu noch viel weiterer und interessanterer Wanderung in neuer Gestalt auf dieser Erde zurückläßt. Ich bin immer zu dieser kleinen Katastrophe fertig und bereit, wiewohl keineswegs pressirt sie herbeizurufen, am wenigsten durch unnütze Besorgniß; ein so beruhigender Gemüthsstand, daß ich ihn selbst allen meinen frommen Feinden wünsche, nach der schwierigsten Lehre unserer Religion, die uns vorschreibt: segnet die euch fluchen. Uebrigens, setzte ich hinzu, haben ein Arzt und ein Philosoph, die zusammen reisen, gewiß weniger zu befürchten als andere. <hi rendition="#g">Sie</hi> werden meinen und Ihren Körper curiren, wenn wir krank werden, und ich werde nie ermangeln, wenn Spleen oder das Heimweh uns übermannt, oder die Hitze zu unerträglich wird, unsern Seelen mit den vortrefflichsten Maximen zu Hülfe zu kommen; es ist dabei nur nöthig, daß wir beide an einander glauben, ich an Ihre Heilkunst und Sie an meine Philosophie, und da dieß unser beiderseitiges Interesse ist, so müssen wir unsern Skepticismus in <hi rendition="#g">dieser</hi> Hinsicht wenigstens jetzt gefangen nehmen.“ Der Doctor war es zufrieden, und so setzten wir mit verdoppelter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0986/0010]
aber keineswegs angenehm ist. Nach vielem, stets wechselnden Winde und einer schwülen Gewitterhitze bei sehr bedecktem Himmel, schien es uns plötzlich, als komme aus Süden ein dunkler Sandberg auf uns zugewandert. Ich befahl sogleich, mein Zelt, in welchem ich mich kurz vorher zu Bett gelegt hatte, nach Möglichkeit zu schließen, und durch einige Hülfsstricke noch besser an die umstehenden Bäume befestigen zu lassen, auch erhielt es sich glücklich, als die Winds- und Sandsbraut nun heulend über uns herflog, aber vor der Erde, die sie mit sich führte, gab es keine Rettung. In weniger als einer Minute war durch die nicht ganz zu schließenden Fugen des Zeltes so viel von diesem Elemente eingedrungen, daß Alles darin, wie ich selbst, zolldick mit schwarzem Schmutz aller Art bedeckt wurde, und ohne das seidene Tuch, welches ich dicht um mein Gesicht geschlagen hatte, glaube ich, daß ich davon hätte erstickt werden können. Alle Araber hatten sich unter ähnlicher Einwickelung mit dem Antlitz auf die Erde geworfen, wo sie bewegungslos liegen blieben bis das Wetter ausgetobt hatte, welches ungefähr nach zehn Minuten der Fall war.
Am Abend wollte ich, um mich vom Erdbade abzuwaschen, ein anderes im Flusse nehmen, kam aber hier recht eigentlich aus dem Regen in die Traufe. Der einzig brauchbare Badeplatz war eine Viertelstunde von den Zelten entfernt, und schon während des Hingehens bemerkte ich, daß der nördliche Himmel sich seltsam gelbroth färbte, während aus seiner schwarzen Einfassung fernes Wetterleuchten sichtbar ward. Ich verlor daher keinen Augenblick, um ins Wasser zu kommen, hatte aber kaum einige Schwimmübungen versucht, als Tropfen so dick wie Haselnüsse langsam zu fallen anfingen, die Luft sich nächtlich verfinsterte, und mitten in diesem Dunkel eine feuerrothe Wolke sich uns mit unheimlichem Brausen näherte. Ich sprang jetzt eben so schnell aus dem Fluß als früher hinein, um wenigstens vor Ausbruch des drohenden Ereignisses wieder in meine Kleider zu kommen. Es war aber schon zu spät, und ich nur erst mit einem Bademantel angethan, als unter unaufhörlichem Krachen des Donners und Flammen der Blitze ein Wolkenbruch auf uns herabstürzte, wie ich nie etwas Aehnliches erlebt. Hier mußte ich die Geistesgegenwart der drei Neger des Schech-Bischir bewundern, die ich mit mir genommen hatte. Im Nu hatten sie mich nebst meinen Sachen in den großen Teppich gewickelt, der am Ufer ausgebreitet lag, ihn oben zusammengedreht, und sich alle drei auf der Seite, von wo Sturm und Wetter herkam, gleich einem schützenden Gewölbe von Fleisch und Bein über mich hingelegt. So bildeten wir eine zu compacte Masse, um vom rasenden Sturm und der strömenden Fluth weggeschwemmt werden zu können, und alles Uebel, was mir widerfuhr, bestand in der That in nichts Anderem, als eine Zeit lang im Wasser zu liegen, und mich später während eines etwas gelinderen Platzregens anziehen zu müssen, worauf ich nicht ermangelte, im schnellsten Laufe mein sicheres Zelt wieder zu gewinnen. Doch dauerte das Unwetter die ganze Nacht mit abwechselnder Stärke fort, so daß gegen Morgen selbst mein doppeltes Zeltdach das Eindringen des Wassers nicht mehr verhindern konnte. Ich mag immer von Glück sagen, daß dieses kleine Abenteuer mir kein Fieber zuzog, aber da sich die Hitze fast bei jeder Witterung gleich bleibt, ist man von der Nässe nicht so leicht einer Verkältung ausgesetzt, als in unserm rauheren Norden. Ich verweilte jedoch bis 1 Uhr Nachmittag am andern Tage, um der Sonne völlig Zeit zu lassen, uns und unsere Effecten hinlänglich zu trocknen, ehe wir von neuem aufbrachen.
Im Anfang blieb auch heute das Land noch fortwährend durch Gesträuch, wenn gleich meistens blätterloses, belebt, und wir begegneten vielen Reisenden zu Kamel, zu Pferd, zu Esel und zu Fuß, alle stets mit Schild und Speer bewaffnet, größtentheils hoch gewachsene, schöne Leute aus dem Sudan, die besonders in der Form der Beine und Waden sehr die bisher gesehenen Araber übertreffen, welche bei aller ihrer Kräftigkeit doch meistens nur mit Spindelbeinen begabt sind. Sie erwiederten unsern Gruß mit viel Freundlichkeit, und hatten überhaupt ein freies, gutmüthiges, und im Ganzen gefälligeres, obwohl weniger würdevolles und vornehmes Aussehen als die Schaki- und Dschahelin-Araber. Nach einigen Stunden verschwand alle Vegetation, und die ebene, leere Fläche bot seitwärts nur ein isolirtes, weitläuftiges und niedriges Granitgebirge dar, das den Ruinen einer Stadt glich, und von dem Blendwerk der Wüste mit einem See von täuschender Wahrheit umschlossen ward. Der Boden ist hier überall sehr salzhaltig.
Die weitere Tour blieb von hier an lange Zeit äußerst einförmig, bis wir am Abend die Region der letzten (sechsten) Katarakte des Nils erreichten, wo von neuem eine frischere Vegetation beginnt, und Granitfelsen aller Formen sich wie bei Assuan, wiewohl mit einem weit anmuthigeren Charakter der Landschaft, bis mehrere Stunden vom Nil ab quer durch die Gegend hinziehen. Der höchste dieser Felsen, in der Nähe der Straße, markirt, nach der Eintheilung der Araber die Gränze zwischen Nubien und Sudan, ein schöner romantischer Fleck, dem nach dem Flusse zu ein dichter Wald zur Seite liegt, während sich vorn im Süden ein blaues Gebirge erhebt, welches, sich dann östlich wendend, in einer sonderbaren Berggruppe endigt. Diese gleicht einem Du end in irregulären Haufen neben einander aufgestellten, gigantischen Heuschobern, oder Santonsgräbern, wenn man lieber will, alle von ganz gleicher Höhe und Gestalt, und einzeln aus der Fläche emporsteigend, ohne daß man, wenigstens von hier aus, irgend eine Verbindung zwischen ihnen entdecken könnte. Ich erinnere mich an dieser Stelle des Enthusiasmus, mit dem ich bei Assuan zuerst in Nubien eingeritten war, und wie wenig ich damals träumte, auf der andern Seite wieder hinauszureiten. Der Doctor, dem ich diese Bemerkung mittheilte, erwiederte: „Ja, und wie viele reiten hier aus Nubien hinaus, ohne je von neuem wieder herein zu kommen.“ Das freilich, sagte ich, müssen wir dem Schicksal anheimstellen, und ich hoffe für die, welche uns lieben, daß der Himmel für uns es besser wenden wird. Was aber mich selbst betrifft, so kann es meiner durch das Weltall wandernden Seele ziemlich einerlei seyn, wo sie ihren jetzigen Körper zu noch viel weiterer und interessanterer Wanderung in neuer Gestalt auf dieser Erde zurückläßt. Ich bin immer zu dieser kleinen Katastrophe fertig und bereit, wiewohl keineswegs pressirt sie herbeizurufen, am wenigsten durch unnütze Besorgniß; ein so beruhigender Gemüthsstand, daß ich ihn selbst allen meinen frommen Feinden wünsche, nach der schwierigsten Lehre unserer Religion, die uns vorschreibt: segnet die euch fluchen. Uebrigens, setzte ich hinzu, haben ein Arzt und ein Philosoph, die zusammen reisen, gewiß weniger zu befürchten als andere. Sie werden meinen und Ihren Körper curiren, wenn wir krank werden, und ich werde nie ermangeln, wenn Spleen oder das Heimweh uns übermannt, oder die Hitze zu unerträglich wird, unsern Seelen mit den vortrefflichsten Maximen zu Hülfe zu kommen; es ist dabei nur nöthig, daß wir beide an einander glauben, ich an Ihre Heilkunst und Sie an meine Philosophie, und da dieß unser beiderseitiges Interesse ist, so müssen wir unsern Skepticismus in dieser Hinsicht wenigstens jetzt gefangen nehmen.“ Der Doctor war es zufrieden, und so setzten wir mit verdoppelter
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