Allgemeine Zeitung. Nr. 124. Augsburg, 3. Mai 1840.Die Ruinen von Mesaourat und Ankunft in Karthum. (Fortsetzung.) Gegen Abend, nach einer kurzen Ruhe mußten wir wieder in den Sattel, um sieben deutsche Meilen weiter während der Nacht den dritten Ort aufzusuchen, an dem allein sich noch Ruinen in diesem Theile des Landes befinden. Da indeß, nach fünfstündigem Marsch, des Doctors und meines Kammerdieners Dromedare kaum mehr vorwärts zu bringen waren, das etwas coupirte Terrain in der ägyptischen Finsterniß immer schwieriger zu passiren wurde, und wir Alle uns vor Mattigkeit kaum mehr auf unsern Thieren zu erhalten vermochten, so beschlossen wir links ab einem großen Feuer zuzureiten, das, wie uns der Schech versicherte, einem ihm bekannten Beduinenstamm angehöre, um dort den Morgen oder wenigstens den Aufgang des Mondes abzuwarten. Ungeachtet der uns eben gegebenen Versicherung gebrauchte der Schech Bischir wiederum alle militärische Vorsicht. Wir mußten einige hundert Schritte von dem Feuer, das den Mimosenwald um uns her magisch beleuchtete, halten bleiben, und zwei Leute wurden zum Recognosciren vorausgeschickt. Als sie zur Abstattung ihres Rapports zurückkamen, ward es, ich weiß nicht aus welchen Gründen, nicht für dienlich gefunden, hier die Gastfreundschaft anzusprechen, sondern wir wandten uns von neuem seitwärts einem weit entfernteren Feuer zu, das am Horizonte aufblitzte. Dort nach einer halben Stunde angelangt, befolgte man dieselbe Taktik, worauf uns endlich gestattet ward auf einem isolirten Sandhügel unser Nachtlager aufzuschlagen, an dessen Fuß sich unsere sämmtlichen Thiere wie ein Bollwerk im Kreise umher reihten. Von den Beduinen, welchen der Schech allein einen Besuch abstattete, bekamen wir keinen einzigen zu sehen, statt dessen aber, was uns ungleich willkommener war, brachte uns der Schech eine enorme Kürbisflasche voll vortrefflicher Milch nebst einem Pack arabischer Brodkuchen mit, die uns ein köstliches Mahl bereiteten. Einige Stunden tiefen Schlafes, wenn gleich auf hartem Lager, erfrischten uns so vollkommen, daß wir alle mit erneutem Muth und in der besten Laune wieder unsere Dromedare bestiegen, um in belebender Morgenfrische der aufgehenden Sonne entgegenzureiten. Wir hätten uns jedoch die ganze Beschwerlichkeit dieser langen Tour füglich ersparen können, da die Ruinen, um derentwillen wir den großen Umweg unternahmen, ganz unbedeutend sind. Sie liegen nahe am Nil, und bestehen nur aus großen Schutthaufen, aus denen sich noch drei aufrecht stehende viereckige Pfeiler erheben, durch Isisköpfe mit sehr langen Ohren verziert. Ein italienischer Renegat, Leibarzt des Gouverneurs zu Karthum, hat hier Nachgrabungen veranstalten lassen, die aber kein anderes Resultat gegeben haben, als einige zerbrochene Säulenschäfte und Schlußsteine von Thoren mit dem Symbol der geflügelten Kugel aufzudecken, an denen die Arbeit ziemlich roh ist. Es blieb uns jetzt, um unsere Excursion ganz zu vollenden, nur noch ein zweistündiger Marsch bis Beni-Naga übrig, in dessen Nähe meine, auf der kürzesten Straße vorausgegangene Reisekarawane uns erwartete. Unser Weg längs des Nils glich, obgleich ohne Anbau, doch völlig einem Garten durch die Menge der zierlichen Gesträuchelumps und malerisch vertheilten Baumgruppen, zwischen denen sich die schönste Fernsicht, einerseits auf die eben verlassenen Berge, von der andern auf die weiten Windungen des Flusses eröffnete. Wild war hier ziemlich häufig, besonders Hasen, welche die Beduinen durch Steinwürfe zu tödten verstehen. Einmal flog ein Trupp von sechs schlohweißen großen Antilopen an uns vorüber, und in der Nähe einiger Zelte sahen wir eine sehr eigenthümliche Race halbwilder Schafe, die nicht nur in der Form ganz von den unsrigen abwichen, sondern auch in ihrer Farbe. Einige waren rehfarben, die Wolle anderer von der Farbe eines falben Pferdes, und mehrere waren auf das schönste marmorirt wie ein Osterei. Bald darauf erblickten wir, unsern Beni-Naga, einen dichten Hain hoher Palmen, derengleichen wir lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten, und entdeckten zugleich unsere hellgrünen Zelte unter ihrem Schatten aufgeschlagen, neben verschiedenen Sekis, umgeben von den durch sie bewässerten, fruchtbaren Fluren. Hier beschloß ich den heutigen Tag zu rasten. Ein Schaf ward für den Schech und seine Leute geschlachtet, und ganz am Spieße gebraten, ich begnügte mich mit Datteln und Milch - eine Diät die ich bis Karthum fortsetzte, und dadurch mein häufiges Kopfweh und anderes Uebelbefinden vollständig beseitigte. Beni-Naga ist gleich Schendi ein sehr großer, aber fast gänzlich zerstörter Ort, den nur noch 2 bis 3 Familien bewohnen. Unfern der Stadt steht das Grab eines berühmten mohammedanischen Heiligen, in Form einer hohen scharfzugespitzten Pyramide, die hier noch immer für dergleichen Zwecke übliche Bauart. Wir fanden zuweilen diese Denkmäler auch, gleich den alten, stufenweise emporsteigen, so daß man ihren Gipfel bequem erklettern konnte. Doch sind die mohammedanischen Pyramiden nie vereckig, sondern immer rund. Zuweilen sind Bruchsteine bei ihnen angewandt, meistens werden sie aber nur aus in der Sonne getrockneten Backsteinen, oder mit Stroh vermischter Erde, aufgeführt, seltener aus gebrannten Ziegeln. Gleich bei unserer Ankunft erzählte man uas eine traurige Begebenheit, die sich vorgestern neben unserm Lagerplatze zugetragen. Zwei Löwen hatten sich in der Nähe eines der Seki geschlichen, wo mehrere Stücke Vieh eingepfercht standen, von denen das größte der Raubthiere sich eine Kuh zur Beute auserwählte. Im Begriff sie fortzuschleppen, ward es von dem Besitzer, den das Angstgebrüll der Kuh herbeigerufen hatte, kühn angegriffen. In Verzweiflung über den Verlust dessen, was vielleicht den größten Theil seines Vermögens ausmachte, stürzte sich der arme Schwarze auf den Löwen, und bohrte ihm seinen Wurfspieß tief in die Brust. Leider war jedoch die Wunde nicht sogleich tödtlich, das gereizte Unthier ließ augenblicklich seinen Raub los, und mit einem einzigen Satze seinen Feind erreichend, riß es ihm mit der Klaue das Gesicht ab, während es ihm zugleich den rechten Arm fürchterlich mit den Zähnen zerfleischte. Während dieß geschah, waren indeß sämmtliche zum Seki gehörende Leute herbeigekommen, und erlegten leicht mit ihren langen Spießen den schon erschöpften Löwen; der andere, jüngere entsprang. Mit der diesen Menschen eigenen Apathie ward noch in derselben Nacht das erlegte Thier gebraten, gierig aufgefressen, und am andern Morgen die Haut an einen zufällig durchreisenden Dschellab verkauft. Der Verwundete hatte unter den gräßlichsten Schmerzen noch einen Tag gelebt, und war eben begraben worden, als wir anlangten. Wir hatten Gelegenheit, während unseres Aufenthalts in diesem Bivonac einige den hiesigen Klimaten eigenthümliche Phänomene zu beobachten, denen beizuwohnen zwar merkwürdig Die Ruinen von Mesaourat und Ankunft in Karthum. (Fortsetzung.) Gegen Abend, nach einer kurzen Ruhe mußten wir wieder in den Sattel, um sieben deutsche Meilen weiter während der Nacht den dritten Ort aufzusuchen, an dem allein sich noch Ruinen in diesem Theile des Landes befinden. Da indeß, nach fünfstündigem Marsch, des Doctors und meines Kammerdieners Dromedare kaum mehr vorwärts zu bringen waren, das etwas coupirte Terrain in der ägyptischen Finsterniß immer schwieriger zu passiren wurde, und wir Alle uns vor Mattigkeit kaum mehr auf unsern Thieren zu erhalten vermochten, so beschlossen wir links ab einem großen Feuer zuzureiten, das, wie uns der Schech versicherte, einem ihm bekannten Beduinenstamm angehöre, um dort den Morgen oder wenigstens den Aufgang des Mondes abzuwarten. Ungeachtet der uns eben gegebenen Versicherung gebrauchte der Schech Bischir wiederum alle militärische Vorsicht. Wir mußten einige hundert Schritte von dem Feuer, das den Mimosenwald um uns her magisch beleuchtete, halten bleiben, und zwei Leute wurden zum Recognosciren vorausgeschickt. Als sie zur Abstattung ihres Rapports zurückkamen, ward es, ich weiß nicht aus welchen Gründen, nicht für dienlich gefunden, hier die Gastfreundschaft anzusprechen, sondern wir wandten uns von neuem seitwärts einem weit entfernteren Feuer zu, das am Horizonte aufblitzte. Dort nach einer halben Stunde angelangt, befolgte man dieselbe Taktik, worauf uns endlich gestattet ward auf einem isolirten Sandhügel unser Nachtlager aufzuschlagen, an dessen Fuß sich unsere sämmtlichen Thiere wie ein Bollwerk im Kreise umher reihten. Von den Beduinen, welchen der Schech allein einen Besuch abstattete, bekamen wir keinen einzigen zu sehen, statt dessen aber, was uns ungleich willkommener war, brachte uns der Schech eine enorme Kürbisflasche voll vortrefflicher Milch nebst einem Pack arabischer Brodkuchen mit, die uns ein köstliches Mahl bereiteten. Einige Stunden tiefen Schlafes, wenn gleich auf hartem Lager, erfrischten uns so vollkommen, daß wir alle mit erneutem Muth und in der besten Laune wieder unsere Dromedare bestiegen, um in belebender Morgenfrische der aufgehenden Sonne entgegenzureiten. Wir hätten uns jedoch die ganze Beschwerlichkeit dieser langen Tour füglich ersparen können, da die Ruinen, um derentwillen wir den großen Umweg unternahmen, ganz unbedeutend sind. Sie liegen nahe am Nil, und bestehen nur aus großen Schutthaufen, aus denen sich noch drei aufrecht stehende viereckige Pfeiler erheben, durch Isisköpfe mit sehr langen Ohren verziert. Ein italienischer Renegat, Leibarzt des Gouverneurs zu Karthum, hat hier Nachgrabungen veranstalten lassen, die aber kein anderes Resultat gegeben haben, als einige zerbrochene Säulenschäfte und Schlußsteine von Thoren mit dem Symbol der geflügelten Kugel aufzudecken, an denen die Arbeit ziemlich roh ist. Es blieb uns jetzt, um unsere Excursion ganz zu vollenden, nur noch ein zweistündiger Marsch bis Beni-Naga übrig, in dessen Nähe meine, auf der kürzesten Straße vorausgegangene Reisekarawane uns erwartete. Unser Weg längs des Nils glich, obgleich ohne Anbau, doch völlig einem Garten durch die Menge der zierlichen Gesträuchelumps und malerisch vertheilten Baumgruppen, zwischen denen sich die schönste Fernsicht, einerseits auf die eben verlassenen Berge, von der andern auf die weiten Windungen des Flusses eröffnete. Wild war hier ziemlich häufig, besonders Hasen, welche die Beduinen durch Steinwürfe zu tödten verstehen. Einmal flog ein Trupp von sechs schlohweißen großen Antilopen an uns vorüber, und in der Nähe einiger Zelte sahen wir eine sehr eigenthümliche Race halbwilder Schafe, die nicht nur in der Form ganz von den unsrigen abwichen, sondern auch in ihrer Farbe. Einige waren rehfarben, die Wolle anderer von der Farbe eines falben Pferdes, und mehrere waren auf das schönste marmorirt wie ein Osterei. Bald darauf erblickten wir, unsern Beni-Naga, einen dichten Hain hoher Palmen, derengleichen wir lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten, und entdeckten zugleich unsere hellgrünen Zelte unter ihrem Schatten aufgeschlagen, neben verschiedenen Sekis, umgeben von den durch sie bewässerten, fruchtbaren Fluren. Hier beschloß ich den heutigen Tag zu rasten. Ein Schaf ward für den Schech und seine Leute geschlachtet, und ganz am Spieße gebraten, ich begnügte mich mit Datteln und Milch – eine Diät die ich bis Karthum fortsetzte, und dadurch mein häufiges Kopfweh und anderes Uebelbefinden vollständig beseitigte. Beni-Naga ist gleich Schendi ein sehr großer, aber fast gänzlich zerstörter Ort, den nur noch 2 bis 3 Familien bewohnen. Unfern der Stadt steht das Grab eines berühmten mohammedanischen Heiligen, in Form einer hohen scharfzugespitzten Pyramide, die hier noch immer für dergleichen Zwecke übliche Bauart. Wir fanden zuweilen diese Denkmäler auch, gleich den alten, stufenweise emporsteigen, so daß man ihren Gipfel bequem erklettern konnte. Doch sind die mohammedanischen Pyramiden nie vereckig, sondern immer rund. Zuweilen sind Bruchsteine bei ihnen angewandt, meistens werden sie aber nur aus in der Sonne getrockneten Backsteinen, oder mit Stroh vermischter Erde, aufgeführt, seltener aus gebrannten Ziegeln. Gleich bei unserer Ankunft erzählte man uas eine traurige Begebenheit, die sich vorgestern neben unserm Lagerplatze zugetragen. Zwei Löwen hatten sich in der Nähe eines der Seki geschlichen, wo mehrere Stücke Vieh eingepfercht standen, von denen das größte der Raubthiere sich eine Kuh zur Beute auserwählte. Im Begriff sie fortzuschleppen, ward es von dem Besitzer, den das Angstgebrüll der Kuh herbeigerufen hatte, kühn angegriffen. In Verzweiflung über den Verlust dessen, was vielleicht den größten Theil seines Vermögens ausmachte, stürzte sich der arme Schwarze auf den Löwen, und bohrte ihm seinen Wurfspieß tief in die Brust. Leider war jedoch die Wunde nicht sogleich tödtlich, das gereizte Unthier ließ augenblicklich seinen Raub los, und mit einem einzigen Satze seinen Feind erreichend, riß es ihm mit der Klaue das Gesicht ab, während es ihm zugleich den rechten Arm fürchterlich mit den Zähnen zerfleischte. Während dieß geschah, waren indeß sämmtliche zum Seki gehörende Leute herbeigekommen, und erlegten leicht mit ihren langen Spießen den schon erschöpften Löwen; der andere, jüngere entsprang. Mit der diesen Menschen eigenen Apathie ward noch in derselben Nacht das erlegte Thier gebraten, gierig aufgefressen, und am andern Morgen die Haut an einen zufällig durchreisenden Dschellab verkauft. Der Verwundete hatte unter den gräßlichsten Schmerzen noch einen Tag gelebt, und war eben begraben worden, als wir anlangten. Wir hatten Gelegenheit, während unseres Aufenthalts in diesem Bivonac einige den hiesigen Klimaten eigenthümliche Phänomene zu beobachten, denen beizuwohnen zwar merkwürdig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0009" n="0985"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ruinen von Mesaourat und Ankunft in Karthum</hi>.</hi> </head><lb/> <p>(Fortsetzung.)</p><lb/> <p>Gegen Abend, nach einer kurzen Ruhe mußten wir wieder in den Sattel, um sieben deutsche Meilen weiter während der Nacht den dritten Ort aufzusuchen, an dem allein sich noch Ruinen in diesem Theile des Landes befinden. Da indeß, nach fünfstündigem Marsch, des Doctors und meines Kammerdieners Dromedare kaum mehr vorwärts zu bringen waren, das etwas coupirte Terrain in der ägyptischen Finsterniß immer schwieriger zu passiren wurde, und wir Alle uns vor Mattigkeit kaum mehr auf unsern Thieren zu erhalten vermochten, so beschlossen wir links ab einem großen Feuer zuzureiten, das, wie uns der Schech versicherte, einem ihm bekannten Beduinenstamm angehöre, um dort den Morgen oder wenigstens den Aufgang des Mondes abzuwarten. Ungeachtet der uns eben gegebenen Versicherung gebrauchte der Schech Bischir wiederum alle militärische Vorsicht. Wir mußten einige hundert Schritte von dem Feuer, das den Mimosenwald um uns her magisch beleuchtete, halten bleiben, und zwei Leute wurden zum Recognosciren vorausgeschickt. Als sie zur Abstattung ihres Rapports zurückkamen, ward es, ich weiß nicht aus welchen Gründen, nicht für dienlich gefunden, hier die Gastfreundschaft anzusprechen, sondern wir wandten uns von neuem seitwärts einem weit entfernteren Feuer zu, das am Horizonte aufblitzte. Dort nach einer halben Stunde angelangt, befolgte man dieselbe Taktik, worauf uns endlich gestattet ward auf einem isolirten Sandhügel unser Nachtlager aufzuschlagen, an dessen Fuß sich unsere sämmtlichen Thiere wie ein Bollwerk im Kreise umher reihten. Von den Beduinen, welchen der Schech allein einen Besuch abstattete, bekamen wir keinen einzigen zu sehen, statt dessen aber, was uns ungleich willkommener war, brachte uns der Schech eine enorme Kürbisflasche voll vortrefflicher Milch nebst einem Pack arabischer Brodkuchen mit, die uns ein köstliches Mahl bereiteten. Einige Stunden tiefen Schlafes, wenn gleich auf hartem Lager, erfrischten uns so vollkommen, daß wir alle mit erneutem Muth und in der besten Laune wieder unsere Dromedare bestiegen, um in belebender Morgenfrische der aufgehenden Sonne entgegenzureiten. Wir hätten uns jedoch die ganze Beschwerlichkeit dieser langen Tour füglich ersparen können, da die Ruinen, um derentwillen wir den großen Umweg unternahmen, ganz unbedeutend sind. Sie liegen nahe am Nil, und bestehen nur aus großen Schutthaufen, aus denen sich noch drei aufrecht stehende viereckige Pfeiler erheben, durch Isisköpfe mit sehr langen Ohren verziert. Ein italienischer Renegat, Leibarzt des Gouverneurs zu Karthum, hat hier Nachgrabungen veranstalten lassen, die aber kein anderes Resultat gegeben haben, als einige zerbrochene Säulenschäfte und Schlußsteine von Thoren mit dem Symbol der geflügelten Kugel aufzudecken, an denen die Arbeit ziemlich roh ist.</p><lb/> <p>Es blieb uns jetzt, um unsere Excursion ganz zu vollenden, nur noch ein zweistündiger Marsch bis Beni-Naga übrig, in dessen Nähe meine, auf der kürzesten Straße vorausgegangene Reisekarawane uns erwartete. Unser Weg längs des Nils glich, obgleich ohne Anbau, doch völlig einem Garten durch die Menge der zierlichen Gesträuchelumps und malerisch vertheilten Baumgruppen, zwischen denen sich die schönste Fernsicht, einerseits auf die eben verlassenen Berge, von der andern auf die weiten Windungen des Flusses eröffnete. Wild war hier ziemlich häufig, besonders Hasen, welche die Beduinen durch Steinwürfe zu tödten verstehen. Einmal flog ein Trupp von sechs schlohweißen großen Antilopen an uns vorüber, und in der Nähe einiger Zelte sahen wir eine sehr eigenthümliche Race halbwilder Schafe, die nicht nur in der Form ganz von den unsrigen abwichen, sondern auch in ihrer Farbe. Einige waren rehfarben, die Wolle anderer von der Farbe eines falben Pferdes, und mehrere waren auf das schönste marmorirt wie ein Osterei. Bald darauf erblickten wir, unsern Beni-Naga, einen dichten Hain hoher Palmen, derengleichen wir lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten, und entdeckten zugleich unsere hellgrünen Zelte unter ihrem Schatten aufgeschlagen, neben verschiedenen Sekis, umgeben von den durch sie bewässerten, fruchtbaren Fluren. Hier beschloß ich den heutigen Tag zu rasten. Ein Schaf ward für den Schech und seine Leute geschlachtet, und ganz am Spieße gebraten, ich begnügte mich mit Datteln und Milch – eine Diät die ich bis Karthum fortsetzte, und dadurch mein häufiges Kopfweh und anderes Uebelbefinden vollständig beseitigte.</p><lb/> <p>Beni-Naga ist gleich Schendi ein sehr großer, aber fast gänzlich zerstörter Ort, den nur noch 2 bis 3 Familien bewohnen. Unfern der Stadt steht das Grab eines berühmten mohammedanischen Heiligen, in Form einer hohen scharfzugespitzten Pyramide, die hier noch immer für dergleichen Zwecke übliche Bauart. Wir fanden zuweilen diese Denkmäler auch, gleich den alten, stufenweise emporsteigen, so daß man ihren Gipfel bequem erklettern konnte. Doch sind die mohammedanischen Pyramiden nie vereckig, sondern immer rund. Zuweilen sind Bruchsteine bei ihnen angewandt, meistens werden sie aber nur aus in der Sonne getrockneten Backsteinen, oder mit Stroh vermischter Erde, aufgeführt, seltener aus gebrannten Ziegeln. Gleich bei unserer Ankunft erzählte man uas eine traurige Begebenheit, die sich vorgestern neben unserm Lagerplatze zugetragen. Zwei Löwen hatten sich in der Nähe eines der Seki geschlichen, wo mehrere Stücke Vieh eingepfercht standen, von denen das größte der Raubthiere sich eine Kuh zur Beute auserwählte. Im Begriff sie fortzuschleppen, ward es von dem Besitzer, den das Angstgebrüll der Kuh herbeigerufen hatte, kühn angegriffen. In Verzweiflung über den Verlust dessen, was vielleicht den größten Theil seines Vermögens ausmachte, stürzte sich der arme Schwarze auf den Löwen, und bohrte ihm seinen Wurfspieß tief in die Brust. Leider war jedoch die Wunde nicht sogleich tödtlich, das gereizte Unthier ließ augenblicklich seinen Raub los, und mit einem einzigen Satze seinen Feind erreichend, riß es ihm mit der Klaue das Gesicht ab, während es ihm zugleich den rechten Arm fürchterlich mit den Zähnen zerfleischte. Während dieß geschah, waren indeß sämmtliche zum Seki gehörende Leute herbeigekommen, und erlegten leicht mit ihren langen Spießen den schon erschöpften Löwen; der andere, jüngere entsprang. Mit der diesen Menschen eigenen Apathie ward noch in derselben Nacht das erlegte Thier gebraten, gierig aufgefressen, und am andern Morgen die Haut an einen zufällig durchreisenden Dschellab verkauft. Der Verwundete hatte unter den gräßlichsten Schmerzen noch einen Tag gelebt, und war eben begraben worden, als wir anlangten.</p><lb/> <p>Wir hatten Gelegenheit, während unseres Aufenthalts in diesem Bivonac einige den hiesigen Klimaten eigenthümliche Phänomene zu beobachten, denen beizuwohnen zwar merkwürdig<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0985/0009]
Die Ruinen von Mesaourat und Ankunft in Karthum.
(Fortsetzung.)
Gegen Abend, nach einer kurzen Ruhe mußten wir wieder in den Sattel, um sieben deutsche Meilen weiter während der Nacht den dritten Ort aufzusuchen, an dem allein sich noch Ruinen in diesem Theile des Landes befinden. Da indeß, nach fünfstündigem Marsch, des Doctors und meines Kammerdieners Dromedare kaum mehr vorwärts zu bringen waren, das etwas coupirte Terrain in der ägyptischen Finsterniß immer schwieriger zu passiren wurde, und wir Alle uns vor Mattigkeit kaum mehr auf unsern Thieren zu erhalten vermochten, so beschlossen wir links ab einem großen Feuer zuzureiten, das, wie uns der Schech versicherte, einem ihm bekannten Beduinenstamm angehöre, um dort den Morgen oder wenigstens den Aufgang des Mondes abzuwarten. Ungeachtet der uns eben gegebenen Versicherung gebrauchte der Schech Bischir wiederum alle militärische Vorsicht. Wir mußten einige hundert Schritte von dem Feuer, das den Mimosenwald um uns her magisch beleuchtete, halten bleiben, und zwei Leute wurden zum Recognosciren vorausgeschickt. Als sie zur Abstattung ihres Rapports zurückkamen, ward es, ich weiß nicht aus welchen Gründen, nicht für dienlich gefunden, hier die Gastfreundschaft anzusprechen, sondern wir wandten uns von neuem seitwärts einem weit entfernteren Feuer zu, das am Horizonte aufblitzte. Dort nach einer halben Stunde angelangt, befolgte man dieselbe Taktik, worauf uns endlich gestattet ward auf einem isolirten Sandhügel unser Nachtlager aufzuschlagen, an dessen Fuß sich unsere sämmtlichen Thiere wie ein Bollwerk im Kreise umher reihten. Von den Beduinen, welchen der Schech allein einen Besuch abstattete, bekamen wir keinen einzigen zu sehen, statt dessen aber, was uns ungleich willkommener war, brachte uns der Schech eine enorme Kürbisflasche voll vortrefflicher Milch nebst einem Pack arabischer Brodkuchen mit, die uns ein köstliches Mahl bereiteten. Einige Stunden tiefen Schlafes, wenn gleich auf hartem Lager, erfrischten uns so vollkommen, daß wir alle mit erneutem Muth und in der besten Laune wieder unsere Dromedare bestiegen, um in belebender Morgenfrische der aufgehenden Sonne entgegenzureiten. Wir hätten uns jedoch die ganze Beschwerlichkeit dieser langen Tour füglich ersparen können, da die Ruinen, um derentwillen wir den großen Umweg unternahmen, ganz unbedeutend sind. Sie liegen nahe am Nil, und bestehen nur aus großen Schutthaufen, aus denen sich noch drei aufrecht stehende viereckige Pfeiler erheben, durch Isisköpfe mit sehr langen Ohren verziert. Ein italienischer Renegat, Leibarzt des Gouverneurs zu Karthum, hat hier Nachgrabungen veranstalten lassen, die aber kein anderes Resultat gegeben haben, als einige zerbrochene Säulenschäfte und Schlußsteine von Thoren mit dem Symbol der geflügelten Kugel aufzudecken, an denen die Arbeit ziemlich roh ist.
Es blieb uns jetzt, um unsere Excursion ganz zu vollenden, nur noch ein zweistündiger Marsch bis Beni-Naga übrig, in dessen Nähe meine, auf der kürzesten Straße vorausgegangene Reisekarawane uns erwartete. Unser Weg längs des Nils glich, obgleich ohne Anbau, doch völlig einem Garten durch die Menge der zierlichen Gesträuchelumps und malerisch vertheilten Baumgruppen, zwischen denen sich die schönste Fernsicht, einerseits auf die eben verlassenen Berge, von der andern auf die weiten Windungen des Flusses eröffnete. Wild war hier ziemlich häufig, besonders Hasen, welche die Beduinen durch Steinwürfe zu tödten verstehen. Einmal flog ein Trupp von sechs schlohweißen großen Antilopen an uns vorüber, und in der Nähe einiger Zelte sahen wir eine sehr eigenthümliche Race halbwilder Schafe, die nicht nur in der Form ganz von den unsrigen abwichen, sondern auch in ihrer Farbe. Einige waren rehfarben, die Wolle anderer von der Farbe eines falben Pferdes, und mehrere waren auf das schönste marmorirt wie ein Osterei. Bald darauf erblickten wir, unsern Beni-Naga, einen dichten Hain hoher Palmen, derengleichen wir lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten, und entdeckten zugleich unsere hellgrünen Zelte unter ihrem Schatten aufgeschlagen, neben verschiedenen Sekis, umgeben von den durch sie bewässerten, fruchtbaren Fluren. Hier beschloß ich den heutigen Tag zu rasten. Ein Schaf ward für den Schech und seine Leute geschlachtet, und ganz am Spieße gebraten, ich begnügte mich mit Datteln und Milch – eine Diät die ich bis Karthum fortsetzte, und dadurch mein häufiges Kopfweh und anderes Uebelbefinden vollständig beseitigte.
Beni-Naga ist gleich Schendi ein sehr großer, aber fast gänzlich zerstörter Ort, den nur noch 2 bis 3 Familien bewohnen. Unfern der Stadt steht das Grab eines berühmten mohammedanischen Heiligen, in Form einer hohen scharfzugespitzten Pyramide, die hier noch immer für dergleichen Zwecke übliche Bauart. Wir fanden zuweilen diese Denkmäler auch, gleich den alten, stufenweise emporsteigen, so daß man ihren Gipfel bequem erklettern konnte. Doch sind die mohammedanischen Pyramiden nie vereckig, sondern immer rund. Zuweilen sind Bruchsteine bei ihnen angewandt, meistens werden sie aber nur aus in der Sonne getrockneten Backsteinen, oder mit Stroh vermischter Erde, aufgeführt, seltener aus gebrannten Ziegeln. Gleich bei unserer Ankunft erzählte man uas eine traurige Begebenheit, die sich vorgestern neben unserm Lagerplatze zugetragen. Zwei Löwen hatten sich in der Nähe eines der Seki geschlichen, wo mehrere Stücke Vieh eingepfercht standen, von denen das größte der Raubthiere sich eine Kuh zur Beute auserwählte. Im Begriff sie fortzuschleppen, ward es von dem Besitzer, den das Angstgebrüll der Kuh herbeigerufen hatte, kühn angegriffen. In Verzweiflung über den Verlust dessen, was vielleicht den größten Theil seines Vermögens ausmachte, stürzte sich der arme Schwarze auf den Löwen, und bohrte ihm seinen Wurfspieß tief in die Brust. Leider war jedoch die Wunde nicht sogleich tödtlich, das gereizte Unthier ließ augenblicklich seinen Raub los, und mit einem einzigen Satze seinen Feind erreichend, riß es ihm mit der Klaue das Gesicht ab, während es ihm zugleich den rechten Arm fürchterlich mit den Zähnen zerfleischte. Während dieß geschah, waren indeß sämmtliche zum Seki gehörende Leute herbeigekommen, und erlegten leicht mit ihren langen Spießen den schon erschöpften Löwen; der andere, jüngere entsprang. Mit der diesen Menschen eigenen Apathie ward noch in derselben Nacht das erlegte Thier gebraten, gierig aufgefressen, und am andern Morgen die Haut an einen zufällig durchreisenden Dschellab verkauft. Der Verwundete hatte unter den gräßlichsten Schmerzen noch einen Tag gelebt, und war eben begraben worden, als wir anlangten.
Wir hatten Gelegenheit, während unseres Aufenthalts in diesem Bivonac einige den hiesigen Klimaten eigenthümliche Phänomene zu beobachten, denen beizuwohnen zwar merkwürdig
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