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Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840.

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Hauptursachen der Abnahme der Industrie in jenem Lande ist die Schwierigkeit, die Bevölkerung unter farbigen Häuptlingen zur Arbeit zu vermögen. Unter schwarzen Häuptlingen, wie Toussaint-Louverture, Christophe und Dessalines wurde die Arbeit erzwungen. Seit der Abschaffung der Sklaverei existirt die Peitsche nicht mehr, man hat sie aber ersetzt durch einen großen dreifarbigen Stock, Symbol der Freiheit! *)*) (Allgemeines und anhaltendes Gelächter.) Die Industrie beschränkt sich auf die zur Erhaltung der Gesellschaft unumgänglich nothwendigen Professionen. Die Landstraßen sind im schlechtesten Zustand und die Regierung von Hayti besitzt keine Ingenieure, sie wiederherstellen zu können." Die Kammer ging hierauf zur Discussion der einzelnen Artikel über. Hr. Lamartine nahm das Wort zu Gunsten des Amendements des Hrn. v. Kebertin, welcher die Befriedigung der Forderungen der ehemaligen Pflanzer von St. Domingo vom Staat garantirt wünschte. Allerdings könne, sagte der Redner, die Regierung keine Garantie der Interessen der Franzosen im Ausland übernehmen, und hierüber theile er ganz die Ansichten des Handelsministers. Dagegen sey die Regierung den Franzosen im eigenen Lande Schutz schuldig, und St. Domingo habe man zur Zeit, als die Katastrophe über die Pflanzer hereingebrochen, zum französischen Gebiet gerechnet. Zur Entschädigung der französischen Pflanzer habe die Republik Hayti sich vertragsmäßig verpflichtet, und nur unter dieser Bedingung sey ihre Unabhängigkeit von Frankreich anerkannt worden. Fürchte man sich zu erklären, daß der Staat die Garantie der Zahlungen Hayti's übernehme, so berechtige man die Leute zur Voraussetzung, daß Frankreich den Vertrag mit Hayti nicht sehr ernst nehme, und dessen Vollziehung nichts weniger als sicher sey. Auch Hr. v. Labourdonnaye sprach für das Amendement, welches aber, wie gestern bereits erwähnt, verworfen wurde. Bei der Abstimmung über den ganzen Gesetzesentwurf wurde derselbe mit 235 gegen 13 Stimmen angenommen.

Wir tragen den Ministerialbericht nach, welcher der letzten Amnestieordonnanz voranging: "Sire! Eine Amnestie bezeichnete vor drei Jahren die Heirath des Kronerben. Den Geboten Ihres eigenen Herzens und den Rathschlägen einer erleuchteten Politik folgend, wünschte Ew. Maj., daß ein Ereigniß, welches die Wünsche Frankreichs erfüllte, indem es der Juliusdynastie beständige Dauer sicherte, der Anlaß seyn solle zu einem großen Gnadenacte; und Sie gaben Allen die Freiheit, welche wegen politischer Verbrechen und Vergehen verurtheilt waren, und sich damals in den Gefängnissen des Staats befanden. Die Vermählung Ihres zweiten Sohnes, Sire, verbreitet in Ihrer erlauchten Familie eine Freude, an welcher die Nation Theil nimmt. Ew. Maj. wünschen, daß dieß ein neuer Anlaß werden möge, Ihre königliche Milde kund zu geben. Ihre Minister widmen sich mit Angelegentlichkeit der Vollziehung Ihrer Befehle, indem Sie die Ergänzung der Amnestie vorschlagen, und dieselbe auf jedes, vor dem 8 Mai 1837 wegen politischer Verbrechen oder Vergehen verurtheilte Individunm ausdehnen, dasselbe mag in den Staatsgefängnissen in Haft seyn oder nicht. Diese Maaßregel wird die letzten Spuren von Ereignissen verwischen, welche uns bereits fern liegen, und deren Wiederkehr zu besorgen wir keinen Grund haben. Milde gebührt der Regierung Ew. Maj. - denn dadurch wird sie geehrt, ohne geschwächt zu werden. Eine Macht, welche zu verzeihen versteht, erwirkt das Recht unbeugsam zu seyn, wenn ihre Großmuth undankbaren und aufrührerischen Herzen erzeigt wurde. Ich bin etc. Der Siegelbewahrer, Minister-Staatssecretär für das Departement der Justiz und des Cultus. Vivien."

Auf Antrag des Ministers des Innern hat der König Hrn. Tailhandier, Maire der Gemeinde Lignieres, weil er bei den dortigen Unruhen wegen der Brodtheurung so große Festigkeit und Hingebung bewiesen habe, zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Die HH. Thiers, Karl Dupin, Calmon und der französische Gesandte in Berlin, Hr. Bresson, sind zu Großofficieren der Ehrenlegion ernannt worden. Hr. Ganneron erhielt das Commandeurkreuz. Unter den kürzlich mit dem Ritterkreuz desselben Ordens decorirten Officieren der afrikanischen Armee befindet sich auch der Lieutenant Lepic, der sich beim letzten Gefecht unweit Messerghin durch persönliche Tapferkeit hervorgethan und die erwähnte Ausforderung von einem Scheik der Angad erhalten hatte. Das Journal des Debats erinnert, daß dessen Vater, der General Lepic, sich bei Cylau in ganz gleicher Lage befunden, und nur durch seinen persönlichen Muth sich durch die ihn umzingelnden Feinde geschlagen habe. - Der Constitutionnel meldet noch folgende Ernennungen im Ehrenlegionsorden: die HH. Guizot und Pontecoulant zum Großkreuz, General Cubieres zum Großofficier, Hr. Mignet zum Commandeur, Graf v. Montalembert, Mitglied der Pairskammer und Graf Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten zu Rittern.

Eine k. Ordonnanz vom 30 April ernennt Hrn. Poinsot, vormaligen Generalinspector der Studien, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, zum Mitglied des königl. Conseils des öffentlichen Unterrichts, an die Stelle des verewigten Hrn. Poisson.

Die Statue der Freiheitsgöttin wurde am 29 April auf die Spitze der Juliussäule gebracht. Die Operation, welche von dem Architekten Hrn. Duc geleitet wurde, dauerte vier Stunden. Die Freiheitsgöttin ist geflügelt; sie hält in der rechten Hand eine brennende Lampe, in der Linken eine zerbrochene Kette und erhebt den einen Fuß in die Luft, während der andere auf einem Erdglobus ruht. Eine große Masse Neugieriger wogte den ganzen Tag über den Bastilleplatz. Der Minister des Innern, Hr. v. Remusat, und Hr. Leon de Maleville, Generalsecretär, waren bei der Operation anwesend. Die Gazette de France meint, jenes Symbol der Freiheit verkünde in Frankreich eher alles Andere, als Freiheit der Meinungen, innern und äußern Frieden und Blüthe des Handels. Merkwürdig sey es, daß diese Säule unter dem ersten Ministerium des Hrn. Thiers begonnen und unter seiner Dictatur vollendet worden sey.

Das Verhältniß des Conseilspräsidenten der Kammer gegenüber wird immer kritischer: er klagt selbst über die Unmöglichkeit mit dieser Kammer zu regieren, während anderseits jeden Tag die Unzufriedenheit der Linken mit ihm steigt; sein Benehmen in Bezug auf die Motion des Hrn. v. Remilly trägt wesentlich hierzu bei. Heute gibt man ihm die Schuld, daß der Präsident der Kammer diese Angelegenheit noch nicht auf die Tagsordnung zur Berathung in den Bureaux gebracht hat. - Gestern hat die Kammer den Gesetzesentwurf über das Salz angenommen, der von großer Wichtigkeit für die unteren Classen ist. In Frankreich besteht eine Auflage von 28 Fr. 50 C. auf 100 Kilogramm (etwas mehr als zwei Centner) Salz, die der Fabricant oder Producent zu zahlen hat; außerdem ist die Ausbeutung des Salzes einer Anzahl sehr lästiger Einschränkungen unterworfen; übrigens

*) Diesen dreifarbigen Stock haben die Franzosen selbst eingeführt, als sie auf der Insel die Menschenrechte verkündigten, und so zum Prügeln ein Symbol der Freiheit brauchten. Wir verweisen auf Thiers' Geschichte der französischen Revolution.

Hauptursachen der Abnahme der Industrie in jenem Lande ist die Schwierigkeit, die Bevölkerung unter farbigen Häuptlingen zur Arbeit zu vermögen. Unter schwarzen Häuptlingen, wie Toussaint-Louverture, Christophe und Dessalines wurde die Arbeit erzwungen. Seit der Abschaffung der Sklaverei existirt die Peitsche nicht mehr, man hat sie aber ersetzt durch einen großen dreifarbigen Stock, Symbol der Freiheit! *)*) (Allgemeines und anhaltendes Gelächter.) Die Industrie beschränkt sich auf die zur Erhaltung der Gesellschaft unumgänglich nothwendigen Professionen. Die Landstraßen sind im schlechtesten Zustand und die Regierung von Hayti besitzt keine Ingenieure, sie wiederherstellen zu können.“ Die Kammer ging hierauf zur Discussion der einzelnen Artikel über. Hr. Lamartine nahm das Wort zu Gunsten des Amendements des Hrn. v. Kebertin, welcher die Befriedigung der Forderungen der ehemaligen Pflanzer von St. Domingo vom Staat garantirt wünschte. Allerdings könne, sagte der Redner, die Regierung keine Garantie der Interessen der Franzosen im Ausland übernehmen, und hierüber theile er ganz die Ansichten des Handelsministers. Dagegen sey die Regierung den Franzosen im eigenen Lande Schutz schuldig, und St. Domingo habe man zur Zeit, als die Katastrophe über die Pflanzer hereingebrochen, zum französischen Gebiet gerechnet. Zur Entschädigung der französischen Pflanzer habe die Republik Hayti sich vertragsmäßig verpflichtet, und nur unter dieser Bedingung sey ihre Unabhängigkeit von Frankreich anerkannt worden. Fürchte man sich zu erklären, daß der Staat die Garantie der Zahlungen Hayti's übernehme, so berechtige man die Leute zur Voraussetzung, daß Frankreich den Vertrag mit Hayti nicht sehr ernst nehme, und dessen Vollziehung nichts weniger als sicher sey. Auch Hr. v. Labourdonnaye sprach für das Amendement, welches aber, wie gestern bereits erwähnt, verworfen wurde. Bei der Abstimmung über den ganzen Gesetzesentwurf wurde derselbe mit 235 gegen 13 Stimmen angenommen.

Wir tragen den Ministerialbericht nach, welcher der letzten Amnestieordonnanz voranging: „Sire! Eine Amnestie bezeichnete vor drei Jahren die Heirath des Kronerben. Den Geboten Ihres eigenen Herzens und den Rathschlägen einer erleuchteten Politik folgend, wünschte Ew. Maj., daß ein Ereigniß, welches die Wünsche Frankreichs erfüllte, indem es der Juliusdynastie beständige Dauer sicherte, der Anlaß seyn solle zu einem großen Gnadenacte; und Sie gaben Allen die Freiheit, welche wegen politischer Verbrechen und Vergehen verurtheilt waren, und sich damals in den Gefängnissen des Staats befanden. Die Vermählung Ihres zweiten Sohnes, Sire, verbreitet in Ihrer erlauchten Familie eine Freude, an welcher die Nation Theil nimmt. Ew. Maj. wünschen, daß dieß ein neuer Anlaß werden möge, Ihre königliche Milde kund zu geben. Ihre Minister widmen sich mit Angelegentlichkeit der Vollziehung Ihrer Befehle, indem Sie die Ergänzung der Amnestie vorschlagen, und dieselbe auf jedes, vor dem 8 Mai 1837 wegen politischer Verbrechen oder Vergehen verurtheilte Individunm ausdehnen, dasselbe mag in den Staatsgefängnissen in Haft seyn oder nicht. Diese Maaßregel wird die letzten Spuren von Ereignissen verwischen, welche uns bereits fern liegen, und deren Wiederkehr zu besorgen wir keinen Grund haben. Milde gebührt der Regierung Ew. Maj. – denn dadurch wird sie geehrt, ohne geschwächt zu werden. Eine Macht, welche zu verzeihen versteht, erwirkt das Recht unbeugsam zu seyn, wenn ihre Großmuth undankbaren und aufrührerischen Herzen erzeigt wurde. Ich bin etc. Der Siegelbewahrer, Minister-Staatssecretär für das Departement der Justiz und des Cultus. Vivien.“

Auf Antrag des Ministers des Innern hat der König Hrn. Tailhandier, Maire der Gemeinde Lignières, weil er bei den dortigen Unruhen wegen der Brodtheurung so große Festigkeit und Hingebung bewiesen habe, zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Die HH. Thiers, Karl Dupin, Calmon und der französische Gesandte in Berlin, Hr. Bresson, sind zu Großofficieren der Ehrenlegion ernannt worden. Hr. Ganneron erhielt das Commandeurkreuz. Unter den kürzlich mit dem Ritterkreuz desselben Ordens decorirten Officieren der afrikanischen Armee befindet sich auch der Lieutenant Lepic, der sich beim letzten Gefecht unweit Messerghin durch persönliche Tapferkeit hervorgethan und die erwähnte Ausforderung von einem Scheik der Angad erhalten hatte. Das Journal des Débats erinnert, daß dessen Vater, der General Lepic, sich bei Cylau in ganz gleicher Lage befunden, und nur durch seinen persönlichen Muth sich durch die ihn umzingelnden Feinde geschlagen habe. – Der Constitutionnel meldet noch folgende Ernennungen im Ehrenlegionsorden: die HH. Guizot und Pontecoulant zum Großkreuz, General Cubières zum Großofficier, Hr. Mignet zum Commandeur, Graf v. Montalembert, Mitglied der Pairskammer und Graf Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten zu Rittern.

Eine k. Ordonnanz vom 30 April ernennt Hrn. Poinsot, vormaligen Generalinspector der Studien, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, zum Mitglied des königl. Conseils des öffentlichen Unterrichts, an die Stelle des verewigten Hrn. Poisson.

Die Statue der Freiheitsgöttin wurde am 29 April auf die Spitze der Juliussäule gebracht. Die Operation, welche von dem Architekten Hrn. Duc geleitet wurde, dauerte vier Stunden. Die Freiheitsgöttin ist geflügelt; sie hält in der rechten Hand eine brennende Lampe, in der Linken eine zerbrochene Kette und erhebt den einen Fuß in die Luft, während der andere auf einem Erdglobus ruht. Eine große Masse Neugieriger wogte den ganzen Tag über den Bastilleplatz. Der Minister des Innern, Hr. v. Remusat, und Hr. Léon de Maleville, Generalsecretär, waren bei der Operation anwesend. Die Gazette de France meint, jenes Symbol der Freiheit verkünde in Frankreich eher alles Andere, als Freiheit der Meinungen, innern und äußern Frieden und Blüthe des Handels. Merkwürdig sey es, daß diese Säule unter dem ersten Ministerium des Hrn. Thiers begonnen und unter seiner Dictatur vollendet worden sey.

Das Verhältniß des Conseilspräsidenten der Kammer gegenüber wird immer kritischer: er klagt selbst über die Unmöglichkeit mit dieser Kammer zu regieren, während anderseits jeden Tag die Unzufriedenheit der Linken mit ihm steigt; sein Benehmen in Bezug auf die Motion des Hrn. v. Remilly trägt wesentlich hierzu bei. Heute gibt man ihm die Schuld, daß der Präsident der Kammer diese Angelegenheit noch nicht auf die Tagsordnung zur Berathung in den Bureaux gebracht hat. – Gestern hat die Kammer den Gesetzesentwurf über das Salz angenommen, der von großer Wichtigkeit für die unteren Classen ist. In Frankreich besteht eine Auflage von 28 Fr. 50 C. auf 100 Kilogramm (etwas mehr als zwei Centner) Salz, die der Fabricant oder Producent zu zahlen hat; außerdem ist die Ausbeutung des Salzes einer Anzahl sehr lästiger Einschränkungen unterworfen; übrigens

*) Diesen dreifarbigen Stock haben die Franzosen selbst eingeführt, als sie auf der Insel die Menschenrechte verkündigten, und so zum Prügeln ein Symbol der Freiheit brauchten. Wir verweisen auf Thiers' Geschichte der französischen Revolution.
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Hauptursachen der Abnahme der Industrie in jenem Lande ist die Schwierigkeit, die Bevölkerung unter farbigen Häuptlingen zur Arbeit zu vermögen. Unter schwarzen Häuptlingen, wie Toussaint-Louverture, Christophe und Dessalines wurde die Arbeit erzwungen. Seit der Abschaffung der Sklaverei existirt die Peitsche nicht mehr, man hat sie aber ersetzt durch einen großen dreifarbigen Stock, Symbol der Freiheit! <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"><p>Diesen dreifarbigen Stock haben die Franzosen selbst eingeführt, als sie auf der Insel die Menschenrechte verkündigten, und so zum Prügeln ein Symbol der Freiheit brauchten. Wir verweisen auf Thiers' Geschichte der französischen Revolution.</p></note> (Allgemeines und anhaltendes Gelächter.) Die Industrie beschränkt sich auf die zur Erhaltung der Gesellschaft unumgänglich nothwendigen Professionen. Die Landstraßen sind im schlechtesten Zustand und die Regierung von Hayti besitzt keine Ingenieure, sie wiederherstellen zu können.&#x201C; Die Kammer ging hierauf zur Discussion der einzelnen Artikel über. Hr. <hi rendition="#g">Lamartine</hi> nahm das Wort zu Gunsten des Amendements des Hrn. v. Kebertin, welcher die Befriedigung der Forderungen der ehemaligen Pflanzer von St. Domingo vom Staat garantirt wünschte. Allerdings könne, sagte der Redner, die Regierung keine Garantie der Interessen der Franzosen im Ausland übernehmen, und hierüber theile er ganz die Ansichten des Handelsministers. Dagegen sey die Regierung den Franzosen im eigenen Lande Schutz schuldig, und St. Domingo habe man zur Zeit, als die Katastrophe über die Pflanzer hereingebrochen, zum französischen Gebiet gerechnet. Zur Entschädigung der französischen Pflanzer habe die Republik Hayti sich vertragsmäßig verpflichtet, und nur unter dieser Bedingung sey ihre Unabhängigkeit von Frankreich anerkannt worden. Fürchte man sich zu erklären, daß der Staat die Garantie der Zahlungen Hayti's übernehme, so berechtige man die Leute zur Voraussetzung, daß Frankreich den Vertrag mit Hayti nicht sehr ernst nehme, und dessen Vollziehung nichts weniger als sicher sey. Auch Hr. v. <hi rendition="#g">Labourdonnaye</hi> sprach für das Amendement, welches aber, wie gestern bereits erwähnt, verworfen wurde. Bei der Abstimmung über den ganzen Gesetzesentwurf wurde derselbe mit 235 gegen 13 Stimmen angenommen.</p><lb/>
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[1011/0003] Hauptursachen der Abnahme der Industrie in jenem Lande ist die Schwierigkeit, die Bevölkerung unter farbigen Häuptlingen zur Arbeit zu vermögen. Unter schwarzen Häuptlingen, wie Toussaint-Louverture, Christophe und Dessalines wurde die Arbeit erzwungen. Seit der Abschaffung der Sklaverei existirt die Peitsche nicht mehr, man hat sie aber ersetzt durch einen großen dreifarbigen Stock, Symbol der Freiheit! *) *) (Allgemeines und anhaltendes Gelächter.) Die Industrie beschränkt sich auf die zur Erhaltung der Gesellschaft unumgänglich nothwendigen Professionen. Die Landstraßen sind im schlechtesten Zustand und die Regierung von Hayti besitzt keine Ingenieure, sie wiederherstellen zu können.“ Die Kammer ging hierauf zur Discussion der einzelnen Artikel über. Hr. Lamartine nahm das Wort zu Gunsten des Amendements des Hrn. v. Kebertin, welcher die Befriedigung der Forderungen der ehemaligen Pflanzer von St. Domingo vom Staat garantirt wünschte. Allerdings könne, sagte der Redner, die Regierung keine Garantie der Interessen der Franzosen im Ausland übernehmen, und hierüber theile er ganz die Ansichten des Handelsministers. Dagegen sey die Regierung den Franzosen im eigenen Lande Schutz schuldig, und St. Domingo habe man zur Zeit, als die Katastrophe über die Pflanzer hereingebrochen, zum französischen Gebiet gerechnet. Zur Entschädigung der französischen Pflanzer habe die Republik Hayti sich vertragsmäßig verpflichtet, und nur unter dieser Bedingung sey ihre Unabhängigkeit von Frankreich anerkannt worden. Fürchte man sich zu erklären, daß der Staat die Garantie der Zahlungen Hayti's übernehme, so berechtige man die Leute zur Voraussetzung, daß Frankreich den Vertrag mit Hayti nicht sehr ernst nehme, und dessen Vollziehung nichts weniger als sicher sey. Auch Hr. v. Labourdonnaye sprach für das Amendement, welches aber, wie gestern bereits erwähnt, verworfen wurde. Bei der Abstimmung über den ganzen Gesetzesentwurf wurde derselbe mit 235 gegen 13 Stimmen angenommen. Wir tragen den Ministerialbericht nach, welcher der letzten Amnestieordonnanz voranging: „Sire! Eine Amnestie bezeichnete vor drei Jahren die Heirath des Kronerben. Den Geboten Ihres eigenen Herzens und den Rathschlägen einer erleuchteten Politik folgend, wünschte Ew. Maj., daß ein Ereigniß, welches die Wünsche Frankreichs erfüllte, indem es der Juliusdynastie beständige Dauer sicherte, der Anlaß seyn solle zu einem großen Gnadenacte; und Sie gaben Allen die Freiheit, welche wegen politischer Verbrechen und Vergehen verurtheilt waren, und sich damals in den Gefängnissen des Staats befanden. Die Vermählung Ihres zweiten Sohnes, Sire, verbreitet in Ihrer erlauchten Familie eine Freude, an welcher die Nation Theil nimmt. Ew. Maj. wünschen, daß dieß ein neuer Anlaß werden möge, Ihre königliche Milde kund zu geben. Ihre Minister widmen sich mit Angelegentlichkeit der Vollziehung Ihrer Befehle, indem Sie die Ergänzung der Amnestie vorschlagen, und dieselbe auf jedes, vor dem 8 Mai 1837 wegen politischer Verbrechen oder Vergehen verurtheilte Individunm ausdehnen, dasselbe mag in den Staatsgefängnissen in Haft seyn oder nicht. Diese Maaßregel wird die letzten Spuren von Ereignissen verwischen, welche uns bereits fern liegen, und deren Wiederkehr zu besorgen wir keinen Grund haben. Milde gebührt der Regierung Ew. Maj. – denn dadurch wird sie geehrt, ohne geschwächt zu werden. Eine Macht, welche zu verzeihen versteht, erwirkt das Recht unbeugsam zu seyn, wenn ihre Großmuth undankbaren und aufrührerischen Herzen erzeigt wurde. Ich bin etc. Der Siegelbewahrer, Minister-Staatssecretär für das Departement der Justiz und des Cultus. Vivien.“ Auf Antrag des Ministers des Innern hat der König Hrn. Tailhandier, Maire der Gemeinde Lignières, weil er bei den dortigen Unruhen wegen der Brodtheurung so große Festigkeit und Hingebung bewiesen habe, zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Die HH. Thiers, Karl Dupin, Calmon und der französische Gesandte in Berlin, Hr. Bresson, sind zu Großofficieren der Ehrenlegion ernannt worden. Hr. Ganneron erhielt das Commandeurkreuz. Unter den kürzlich mit dem Ritterkreuz desselben Ordens decorirten Officieren der afrikanischen Armee befindet sich auch der Lieutenant Lepic, der sich beim letzten Gefecht unweit Messerghin durch persönliche Tapferkeit hervorgethan und die erwähnte Ausforderung von einem Scheik der Angad erhalten hatte. Das Journal des Débats erinnert, daß dessen Vater, der General Lepic, sich bei Cylau in ganz gleicher Lage befunden, und nur durch seinen persönlichen Muth sich durch die ihn umzingelnden Feinde geschlagen habe. – Der Constitutionnel meldet noch folgende Ernennungen im Ehrenlegionsorden: die HH. Guizot und Pontecoulant zum Großkreuz, General Cubières zum Großofficier, Hr. Mignet zum Commandeur, Graf v. Montalembert, Mitglied der Pairskammer und Graf Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten zu Rittern. Eine k. Ordonnanz vom 30 April ernennt Hrn. Poinsot, vormaligen Generalinspector der Studien, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, zum Mitglied des königl. Conseils des öffentlichen Unterrichts, an die Stelle des verewigten Hrn. Poisson. Die Statue der Freiheitsgöttin wurde am 29 April auf die Spitze der Juliussäule gebracht. Die Operation, welche von dem Architekten Hrn. Duc geleitet wurde, dauerte vier Stunden. Die Freiheitsgöttin ist geflügelt; sie hält in der rechten Hand eine brennende Lampe, in der Linken eine zerbrochene Kette und erhebt den einen Fuß in die Luft, während der andere auf einem Erdglobus ruht. Eine große Masse Neugieriger wogte den ganzen Tag über den Bastilleplatz. Der Minister des Innern, Hr. v. Remusat, und Hr. Léon de Maleville, Generalsecretär, waren bei der Operation anwesend. Die Gazette de France meint, jenes Symbol der Freiheit verkünde in Frankreich eher alles Andere, als Freiheit der Meinungen, innern und äußern Frieden und Blüthe des Handels. Merkwürdig sey es, daß diese Säule unter dem ersten Ministerium des Hrn. Thiers begonnen und unter seiner Dictatur vollendet worden sey. _ Paris, 30 April. Das Verhältniß des Conseilspräsidenten der Kammer gegenüber wird immer kritischer: er klagt selbst über die Unmöglichkeit mit dieser Kammer zu regieren, während anderseits jeden Tag die Unzufriedenheit der Linken mit ihm steigt; sein Benehmen in Bezug auf die Motion des Hrn. v. Remilly trägt wesentlich hierzu bei. Heute gibt man ihm die Schuld, daß der Präsident der Kammer diese Angelegenheit noch nicht auf die Tagsordnung zur Berathung in den Bureaux gebracht hat. – Gestern hat die Kammer den Gesetzesentwurf über das Salz angenommen, der von großer Wichtigkeit für die unteren Classen ist. In Frankreich besteht eine Auflage von 28 Fr. 50 C. auf 100 Kilogramm (etwas mehr als zwei Centner) Salz, die der Fabricant oder Producent zu zahlen hat; außerdem ist die Ausbeutung des Salzes einer Anzahl sehr lästiger Einschränkungen unterworfen; übrigens *) Diesen dreifarbigen Stock haben die Franzosen selbst eingeführt, als sie auf der Insel die Menschenrechte verkündigten, und so zum Prügeln ein Symbol der Freiheit brauchten. Wir verweisen auf Thiers' Geschichte der französischen Revolution.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840, S. 1011. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506/3>, abgerufen am 09.11.2024.