Allgemeine Zeitung. Nr. 131. Augsburg, 10. Mai 1840.Judaismus eingeweihten Rabbinern zur strengsten Pflicht gemacht, sich jedesmal vor Ostern eines Christen zu versichern, um sein Blut zur Heiligung ihrer Gebräuche zu vergießen. Dieß sey der Grund, warum alle Jahre zu einer gewissen Zeit Christen, hauptsächlich Christenknaben, verschwunden wären. Was aus den Juden in Syrien werden soll, mag der Himmel wissen; die Aufregung in ganz Syrien gegen sie ist so, daß es der Regierung sehr schwer wird, das Volk zu verhindern, Gewaltmaaßregeln zu gebrauchen. Dieß zeigte sich kürzlich in Damaskus, als man einige angeblich wieder aufgefundene Theile des zerstückten Körpers des unglücklichen Capuciners feierlichst bestattete; Christen und Muselmänner vereinigten sich in den furchtbarsten Verwünschungen gegen die Juden, und nur der Energie des Gouverneurs, Scherif-Pascha's, ist es zu verdanken, daß nicht sogleich eine allgemeine Niedermetzelung der Juden erfolgte. - In Bezug auf politische Dinge in Syrien sprechen alle Briefe von der ungemeinen Thätigkeit in der Befestigung der ganzen syrischen Küste. Nach Acre ward ein bedeutender Artilleriepark von 216 Geschützen geschafft, unter denen 11632 Pfünder. 12,000 Mann stehen daselbst unter Soliman Pascha, der mit dem Obristen Schulz die Arbeiten leitet. Auch Beyrut wird in Vertheidigungsstand gesetzt, Aehnliches, wie Sie schon wissen, geschieht mit Jaffa. Ibrahim ist immer noch in Marasch. Im Fall eines Angriffs, möge er kommen woher er wolle, ist er entschlossen mit der Cavallerie einen Einfall in Natolien zu machen, um dort Alles aufzuwiegeln und unter die Waffen zu bringen. Alle Kurden und Turkomanen sind ganz unzweifelhaft für ihn, und werden ihm mit bedeutenden Reiterschaaren zu Hülfe kommen. Wie vertragen sich diese Dispositionen mit den anscheinend friedlichen Nachrichten, die aus Europa kommen? Alexandria, 16 April. In Damaskus werden die Untersuchungen gegen die Juden fortgesetzt. Man hat sich einer Menge auf die jüdische Religion Bezug habender Schriften bemächtigt, unter andern des Torah, eines seltenen Buchs, in welchem man das Gebot der Menschenopfer entdeckt haben will. Es liegt mir eine vom koptischen Bischof Maximo angefertigte Uebersetzung des Verhörs bis zum 9 März vor, aus dem hervorgeht, daß man mit der Tortur aufs grausamste gegen die Juden verfuhr, und die endlich zu Geständnissen des begangenen Mordes sowohl als dessen Ursachen nöthigte. David Harraris hat sich zum Muselmann gemacht, um sein Leben zu retten, und hat dann ausgesagt, daß das Blut des Paters Thomas, nachdem es in eine große Bouteille gethan, dem Rabbiner Jacob Tabaila gegeben ward. Nachdem Letzterer 900 Karbatschen-streiche ausgehalten, gestand auch er dasselbe und sagte, seine Frau habe dasselbe verborgen, worauf sogleich Nachforschungen angestellt wurden, deren Resultate noch unbekannt sind. (Ich werde Ihnen die Uebersetzung des mir vorliegenden Verhörs übersenden.) - Die Pestfälle ließ die Sanitätscommission bis auf 25 steigen; als man aber dem Pascha durch augenfällige Beispiele bewies, daß die Pestärzte ganz gesunde Individuen für Pestkrank ausgaben, und sie ins Pestspital schleppten, sagte er ihnen, daß er ihrer Bulletins überdrüssig sey, und nichts mehr von der Pest hören wolle. Am folgenden Tag, gestern, zeigte das Bulletin nur Einen Fall an. In diesem Lande wird mit allen Dingen ein heilloses Spiel getrieben; welchen Schaden es bringt, ob das Publicum dadurch beunruhigt wird, und ob es bedeutende Folgen haben kann, darum bekümmert sich Niemand, wofern nur das eigene Interesse gewinnt. Ostindien und China. Alexandria, 21 April. Die ostindische Post ist heute früh um 7 Uhr ausgegeben worden, und um 9 Uhr müssen die Briefe nach Malta aufgegeben seyn; sie hat uns keine Zeitungen unter Band überbracht; was ich Ihnen in aller Eile mittheilen kann, habe ich Freunden zu verdanken. Die Briefe und Zeitungen unter Couvert sind vom 31 März aus Bombay, bringen aber beinahe nichts Neues. Man setzte die Vorbereitungen zum Kriege gegen China eifrig fort; das englische Linienschiff Wellesley war in Calcutta angekommen, wo es Sir J. G. Bremer, Commodore und einstweiliger Oberbefehlshaber der englischen Marine in Indien, besteigen wird. - Aus Dschellalabad soll die Nachricht eingegangen seyn, daß die Häupter von Buchara sich bereit zeigen, Dost Mohammed auszuliefern und ein Schutz- und Trutzbündniß mit England einzugeben, auch um einen englischen Residenten ansuchen, welchen man ihnen den auch sogleich von Herat aus in der Person des Lieutenants J. Abbott zugeschickt haben soll, Alles aus Besorgniß vor den Russen, von denen man in Indien indessen nichts Neues rücksichtlich ihres Vorrückens gegen Chiwa erfahren hatte. - Das Merkwürdigste aus China ( 8 Jan.) ist die Declaration des Capitäns Smith von der Fregatte Volage, datirt Dschumpi den 8 Jan., worin er bekannt macht, daß, da die Chinesen den Hrn. Gribble ungeachtet aller Ermahnungen und Bitten nicht herausgeben wollen, er auf Befehl des Superintendenten Elliot vom 15 Jan. 1840 den Hafen und den Fluß von Canton in Blokadestand erkläre. Judaismus eingeweihten Rabbinern zur strengsten Pflicht gemacht, sich jedesmal vor Ostern eines Christen zu versichern, um sein Blut zur Heiligung ihrer Gebräuche zu vergießen. Dieß sey der Grund, warum alle Jahre zu einer gewissen Zeit Christen, hauptsächlich Christenknaben, verschwunden wären. Was aus den Juden in Syrien werden soll, mag der Himmel wissen; die Aufregung in ganz Syrien gegen sie ist so, daß es der Regierung sehr schwer wird, das Volk zu verhindern, Gewaltmaaßregeln zu gebrauchen. Dieß zeigte sich kürzlich in Damaskus, als man einige angeblich wieder aufgefundene Theile des zerstückten Körpers des unglücklichen Capuciners feierlichst bestattete; Christen und Muselmänner vereinigten sich in den furchtbarsten Verwünschungen gegen die Juden, und nur der Energie des Gouverneurs, Scherif-Pascha's, ist es zu verdanken, daß nicht sogleich eine allgemeine Niedermetzelung der Juden erfolgte. – In Bezug auf politische Dinge in Syrien sprechen alle Briefe von der ungemeinen Thätigkeit in der Befestigung der ganzen syrischen Küste. Nach Acre ward ein bedeutender Artilleriepark von 216 Geschützen geschafft, unter denen 11632 Pfünder. 12,000 Mann stehen daselbst unter Soliman Pascha, der mit dem Obristen Schulz die Arbeiten leitet. Auch Beyrut wird in Vertheidigungsstand gesetzt, Aehnliches, wie Sie schon wissen, geschieht mit Jaffa. Ibrahim ist immer noch in Marasch. Im Fall eines Angriffs, möge er kommen woher er wolle, ist er entschlossen mit der Cavallerie einen Einfall in Natolien zu machen, um dort Alles aufzuwiegeln und unter die Waffen zu bringen. Alle Kurden und Turkomanen sind ganz unzweifelhaft für ihn, und werden ihm mit bedeutenden Reiterschaaren zu Hülfe kommen. Wie vertragen sich diese Dispositionen mit den anscheinend friedlichen Nachrichten, die aus Europa kommen? Alexandria, 16 April. In Damaskus werden die Untersuchungen gegen die Juden fortgesetzt. Man hat sich einer Menge auf die jüdische Religion Bezug habender Schriften bemächtigt, unter andern des Torah, eines seltenen Buchs, in welchem man das Gebot der Menschenopfer entdeckt haben will. Es liegt mir eine vom koptischen Bischof Maximo angefertigte Uebersetzung des Verhörs bis zum 9 März vor, aus dem hervorgeht, daß man mit der Tortur aufs grausamste gegen die Juden verfuhr, und die endlich zu Geständnissen des begangenen Mordes sowohl als dessen Ursachen nöthigte. David Harraris hat sich zum Muselmann gemacht, um sein Leben zu retten, und hat dann ausgesagt, daß das Blut des Paters Thomas, nachdem es in eine große Bouteille gethan, dem Rabbiner Jacob Tabaila gegeben ward. Nachdem Letzterer 900 Karbatschen-streiche ausgehalten, gestand auch er dasselbe und sagte, seine Frau habe dasselbe verborgen, worauf sogleich Nachforschungen angestellt wurden, deren Resultate noch unbekannt sind. (Ich werde Ihnen die Uebersetzung des mir vorliegenden Verhörs übersenden.) – Die Pestfälle ließ die Sanitätscommission bis auf 25 steigen; als man aber dem Pascha durch augenfällige Beispiele bewies, daß die Pestärzte ganz gesunde Individuen für Pestkrank ausgaben, und sie ins Pestspital schleppten, sagte er ihnen, daß er ihrer Bulletins überdrüssig sey, und nichts mehr von der Pest hören wolle. Am folgenden Tag, gestern, zeigte das Bulletin nur Einen Fall an. In diesem Lande wird mit allen Dingen ein heilloses Spiel getrieben; welchen Schaden es bringt, ob das Publicum dadurch beunruhigt wird, und ob es bedeutende Folgen haben kann, darum bekümmert sich Niemand, wofern nur das eigene Interesse gewinnt. Ostindien und China. Alexandria, 21 April. Die ostindische Post ist heute früh um 7 Uhr ausgegeben worden, und um 9 Uhr müssen die Briefe nach Malta aufgegeben seyn; sie hat uns keine Zeitungen unter Band überbracht; was ich Ihnen in aller Eile mittheilen kann, habe ich Freunden zu verdanken. Die Briefe und Zeitungen unter Couvert sind vom 31 März aus Bombay, bringen aber beinahe nichts Neues. Man setzte die Vorbereitungen zum Kriege gegen China eifrig fort; das englische Linienschiff Wellesley war in Calcutta angekommen, wo es Sir J. G. Bremer, Commodore und einstweiliger Oberbefehlshaber der englischen Marine in Indien, besteigen wird. – Aus Dschellalabad soll die Nachricht eingegangen seyn, daß die Häupter von Buchara sich bereit zeigen, Dost Mohammed auszuliefern und ein Schutz- und Trutzbündniß mit England einzugeben, auch um einen englischen Residenten ansuchen, welchen man ihnen den auch sogleich von Herat aus in der Person des Lieutenants J. Abbott zugeschickt haben soll, Alles aus Besorgniß vor den Russen, von denen man in Indien indessen nichts Neues rücksichtlich ihres Vorrückens gegen Chiwa erfahren hatte. – Das Merkwürdigste aus China ( 8 Jan.) ist die Declaration des Capitäns Smith von der Fregatte Volage, datirt Dschumpi den 8 Jan., worin er bekannt macht, daß, da die Chinesen den Hrn. 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Dieß zeigte sich kürzlich in Damaskus, als man einige angeblich wieder aufgefundene Theile des zerstückten Körpers des unglücklichen Capuciners feierlichst bestattete; Christen und Muselmänner vereinigten sich in den furchtbarsten Verwünschungen gegen die Juden, und nur der Energie des Gouverneurs, Scherif-Pascha's, ist es zu verdanken, daß nicht sogleich eine allgemeine Niedermetzelung der Juden erfolgte. – In Bezug auf politische Dinge in Syrien sprechen alle Briefe von der ungemeinen Thätigkeit in der Befestigung der ganzen syrischen Küste. Nach Acre ward ein bedeutender Artilleriepark von 216 Geschützen geschafft, unter denen 11632 Pfünder. 12,000 Mann stehen daselbst unter Soliman Pascha, der mit dem Obristen Schulz die Arbeiten leitet. Auch Beyrut wird in Vertheidigungsstand gesetzt, Aehnliches, wie Sie schon wissen, geschieht mit Jaffa. Ibrahim ist immer noch in Marasch. Im Fall eines Angriffs, möge er kommen woher er wolle, ist er entschlossen mit der Cavallerie einen Einfall in Natolien zu machen, um dort Alles aufzuwiegeln und unter die Waffen zu bringen. Alle Kurden und Turkomanen sind ganz unzweifelhaft für ihn, und werden ihm mit bedeutenden Reiterschaaren zu Hülfe kommen. Wie vertragen sich diese Dispositionen mit den anscheinend friedlichen Nachrichten, die aus Europa kommen?</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Alexandria,</hi> 16 April.</dateline> <p> In Damaskus werden die Untersuchungen gegen die Juden fortgesetzt. Man hat sich einer Menge auf die jüdische Religion Bezug habender Schriften bemächtigt, unter andern des Torah, eines seltenen Buchs, in welchem man das Gebot der Menschenopfer entdeckt haben will. Es liegt mir eine vom koptischen Bischof Maximo angefertigte Uebersetzung des Verhörs bis zum 9 März vor, aus dem hervorgeht, daß man mit der Tortur aufs grausamste gegen die Juden verfuhr, und die endlich zu Geständnissen des begangenen Mordes sowohl als dessen Ursachen nöthigte. David Harraris hat sich zum Muselmann gemacht, um sein Leben zu retten, und hat dann ausgesagt, daß das Blut des Paters Thomas, nachdem es in eine große Bouteille gethan, dem Rabbiner Jacob Tabaila gegeben ward. Nachdem Letzterer 900 Karbatschen-streiche ausgehalten, gestand auch er dasselbe und sagte, seine Frau habe dasselbe verborgen, worauf sogleich Nachforschungen angestellt wurden, deren Resultate noch unbekannt sind. (Ich werde Ihnen die Uebersetzung des mir vorliegenden Verhörs übersenden.) – Die Pestfälle ließ die Sanitätscommission bis auf 25 steigen; als man aber dem Pascha durch augenfällige Beispiele bewies, daß die Pestärzte ganz gesunde Individuen für Pestkrank ausgaben, und sie ins Pestspital schleppten, sagte er ihnen, daß er ihrer Bulletins überdrüssig sey, und nichts mehr von der Pest hören wolle. Am folgenden Tag, gestern, zeigte das Bulletin nur Einen Fall an. In diesem Lande wird mit allen Dingen ein heilloses Spiel getrieben; welchen Schaden es bringt, ob das Publicum dadurch beunruhigt wird, und ob es bedeutende Folgen haben kann, darum bekümmert sich Niemand, wofern nur das eigene Interesse gewinnt.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Ostindien und China.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Alexandria,</hi> 21 April.</dateline> <p> Die ostindische Post ist heute früh um 7 Uhr ausgegeben worden, und um 9 Uhr müssen die Briefe nach Malta aufgegeben seyn; sie hat uns keine Zeitungen <hi rendition="#g">unter Band</hi> überbracht; was ich Ihnen in aller Eile mittheilen kann, habe ich Freunden zu verdanken. Die Briefe und Zeitungen unter Couvert sind vom 31 März aus Bombay, bringen aber beinahe nichts Neues. Man setzte die Vorbereitungen zum Kriege gegen China eifrig fort; das englische Linienschiff Wellesley war in Calcutta angekommen, wo es Sir J. G. Bremer, Commodore und einstweiliger Oberbefehlshaber der englischen Marine in Indien, besteigen wird. – Aus Dschellalabad soll die Nachricht eingegangen seyn, daß die Häupter von Buchara sich bereit zeigen, Dost Mohammed auszuliefern und ein Schutz- und Trutzbündniß mit England einzugeben, auch um einen englischen Residenten ansuchen, welchen man ihnen den auch sogleich von Herat aus in der Person des Lieutenants J. Abbott zugeschickt haben <hi rendition="#g">soll</hi>, Alles aus Besorgniß vor den Russen, von denen man in Indien indessen nichts Neues rücksichtlich ihres Vorrückens gegen Chiwa erfahren hatte. – Das Merkwürdigste aus China ( 8 Jan.) ist die Declaration des Capitäns Smith von der Fregatte Volage, datirt Dschumpi den 8 Jan., worin er bekannt macht, daß, da die Chinesen den Hrn. 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Judaismus eingeweihten Rabbinern zur strengsten Pflicht gemacht, sich jedesmal vor Ostern eines Christen zu versichern, um sein Blut zur Heiligung ihrer Gebräuche zu vergießen. Dieß sey der Grund, warum alle Jahre zu einer gewissen Zeit Christen, hauptsächlich Christenknaben, verschwunden wären. Was aus den Juden in Syrien werden soll, mag der Himmel wissen; die Aufregung in ganz Syrien gegen sie ist so, daß es der Regierung sehr schwer wird, das Volk zu verhindern, Gewaltmaaßregeln zu gebrauchen. Dieß zeigte sich kürzlich in Damaskus, als man einige angeblich wieder aufgefundene Theile des zerstückten Körpers des unglücklichen Capuciners feierlichst bestattete; Christen und Muselmänner vereinigten sich in den furchtbarsten Verwünschungen gegen die Juden, und nur der Energie des Gouverneurs, Scherif-Pascha's, ist es zu verdanken, daß nicht sogleich eine allgemeine Niedermetzelung der Juden erfolgte. – In Bezug auf politische Dinge in Syrien sprechen alle Briefe von der ungemeinen Thätigkeit in der Befestigung der ganzen syrischen Küste. Nach Acre ward ein bedeutender Artilleriepark von 216 Geschützen geschafft, unter denen 11632 Pfünder. 12,000 Mann stehen daselbst unter Soliman Pascha, der mit dem Obristen Schulz die Arbeiten leitet. Auch Beyrut wird in Vertheidigungsstand gesetzt, Aehnliches, wie Sie schon wissen, geschieht mit Jaffa. Ibrahim ist immer noch in Marasch. Im Fall eines Angriffs, möge er kommen woher er wolle, ist er entschlossen mit der Cavallerie einen Einfall in Natolien zu machen, um dort Alles aufzuwiegeln und unter die Waffen zu bringen. Alle Kurden und Turkomanen sind ganz unzweifelhaft für ihn, und werden ihm mit bedeutenden Reiterschaaren zu Hülfe kommen. Wie vertragen sich diese Dispositionen mit den anscheinend friedlichen Nachrichten, die aus Europa kommen?
_ Alexandria, 16 April. In Damaskus werden die Untersuchungen gegen die Juden fortgesetzt. Man hat sich einer Menge auf die jüdische Religion Bezug habender Schriften bemächtigt, unter andern des Torah, eines seltenen Buchs, in welchem man das Gebot der Menschenopfer entdeckt haben will. Es liegt mir eine vom koptischen Bischof Maximo angefertigte Uebersetzung des Verhörs bis zum 9 März vor, aus dem hervorgeht, daß man mit der Tortur aufs grausamste gegen die Juden verfuhr, und die endlich zu Geständnissen des begangenen Mordes sowohl als dessen Ursachen nöthigte. David Harraris hat sich zum Muselmann gemacht, um sein Leben zu retten, und hat dann ausgesagt, daß das Blut des Paters Thomas, nachdem es in eine große Bouteille gethan, dem Rabbiner Jacob Tabaila gegeben ward. Nachdem Letzterer 900 Karbatschen-streiche ausgehalten, gestand auch er dasselbe und sagte, seine Frau habe dasselbe verborgen, worauf sogleich Nachforschungen angestellt wurden, deren Resultate noch unbekannt sind. (Ich werde Ihnen die Uebersetzung des mir vorliegenden Verhörs übersenden.) – Die Pestfälle ließ die Sanitätscommission bis auf 25 steigen; als man aber dem Pascha durch augenfällige Beispiele bewies, daß die Pestärzte ganz gesunde Individuen für Pestkrank ausgaben, und sie ins Pestspital schleppten, sagte er ihnen, daß er ihrer Bulletins überdrüssig sey, und nichts mehr von der Pest hören wolle. Am folgenden Tag, gestern, zeigte das Bulletin nur Einen Fall an. In diesem Lande wird mit allen Dingen ein heilloses Spiel getrieben; welchen Schaden es bringt, ob das Publicum dadurch beunruhigt wird, und ob es bedeutende Folgen haben kann, darum bekümmert sich Niemand, wofern nur das eigene Interesse gewinnt.
Ostindien und China.
_ Alexandria, 21 April. Die ostindische Post ist heute früh um 7 Uhr ausgegeben worden, und um 9 Uhr müssen die Briefe nach Malta aufgegeben seyn; sie hat uns keine Zeitungen unter Band überbracht; was ich Ihnen in aller Eile mittheilen kann, habe ich Freunden zu verdanken. Die Briefe und Zeitungen unter Couvert sind vom 31 März aus Bombay, bringen aber beinahe nichts Neues. Man setzte die Vorbereitungen zum Kriege gegen China eifrig fort; das englische Linienschiff Wellesley war in Calcutta angekommen, wo es Sir J. G. Bremer, Commodore und einstweiliger Oberbefehlshaber der englischen Marine in Indien, besteigen wird. – Aus Dschellalabad soll die Nachricht eingegangen seyn, daß die Häupter von Buchara sich bereit zeigen, Dost Mohammed auszuliefern und ein Schutz- und Trutzbündniß mit England einzugeben, auch um einen englischen Residenten ansuchen, welchen man ihnen den auch sogleich von Herat aus in der Person des Lieutenants J. Abbott zugeschickt haben soll, Alles aus Besorgniß vor den Russen, von denen man in Indien indessen nichts Neues rücksichtlich ihres Vorrückens gegen Chiwa erfahren hatte. – Das Merkwürdigste aus China ( 8 Jan.) ist die Declaration des Capitäns Smith von der Fregatte Volage, datirt Dschumpi den 8 Jan., worin er bekannt macht, daß, da die Chinesen den Hrn. Gribble ungeachtet aller Ermahnungen und Bitten nicht herausgeben wollen, er auf Befehl des Superintendenten Elliot vom 15 Jan. 1840 den Hafen und den Fluß von Canton in Blokadestand erkläre.
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