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Allgemeine Zeitung. Nr. 139. Augsburg, 18. Mai 1840.

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der Schriften des Grafen, noch seine Verdienste um sein Vaterland nur im mindesten berührt, sondern, unter den Schutz seines mächtigen Beispiels gestellt, nur bedeutet werden, wie es mit der aura popularis zu allen Zeiten bestellt war, und daß das Hinweisen auf den berühmten Patrioten kein ganz glücklich gewähltes sey.

Etwas weiter läugnet Hr. v. Pulszky unsere Behauptung: ein Theil des Zehnten wäre aufgegeben worden, und meint, es sey der Neunte gewesen! Was aufgegeben wurde, war der sogenannte "kleine" Zehnt und der "der Brachfelder." Wir überlassen diese Chicane des Ausdrucks dem Verfasser und constatiren sie bloß, um zu zeigen, zu wie kleinen Dingen er in Ermangelung größerer greift. Endlich geht er auf die von uns gerügten Mängel über. Läugnet er sie? Nein! Er behauptet nur: der Landtag habe vorgesorgt, sie abzustellen. Also waren sie abzustellen; was auch nicht füglich widersprochen werden kann, denn es waren ja, wie Hr. v. Pulszky früher sagte, dieselben, die Graf Szecheny bereits schärfer und geistreicher angeregt hatte. Wann wurde die große Mehrzahl dieser Verbesserungen in Betracht gezogen? Seit etwa sechs Wochen! Seit dem 2 April namentlich ist, wir wissen es wohl, in dieser Hinsicht viel geschehen, und wir haben dieser kräftigen, wenn auch späten Bestrebung in unserm letzten Aufsatze die freudigste Anerkennung gezollt. Unsere ersten Pia desideria datiren indeß vom Anfang Julius v. J. und scheinen mithin immer noch nicht "der Senf nach dem Essen" gewesen zu seyn.

Wenn Hr. v. Pulszky Gelegenheit nimmt, abermals auf das Gesetz der Aviticität zu kommen, und behauptet, diese habe mit dem ausgearbeiteten Wechselrechte nichts zu schaffen, so hat er kaum halb Recht. Soll das Wechselrecht nur schnellere Justiz in manchen Fällen herbeiführen, so wollen wir es ihm zugeben; soll aber durch das neue Wechselrecht auch der Credit im Allgemeinen und die Möglichkeit, sich Geld zu schaffen, gefördert werden, so läugnen wir es vollkommen. Behauptet aber Hr. v. Pulszky wiederholt, die Regierung sey entschieden gegen das Aviticitätsgesetz, so sagen wir ihm wiederholt, daß er nichts davon wissen könne. Wenn wir aber diese Ansicht selbst gegen die der Regierung vertheidigen sollten, was leicht möglich ist, so wird wenigstens nicht behauptet werden können, wir seyen servile Anhänger derselben.

"Par parenthese" bemerkt Hr. v. Pulszky, wir hätten "in unserer Naivetät" nicht geahnt, daß unsere Sätze, auf individuelle Fälle angewendet, eben den Boden bilden, auf dem die Opposition selbst sich bewegt habe. Wir sind naiv, aber nicht ganz so naiv, als Hr. v. Pulszky sich einbildet. Wir haben allerdings eine leise Ahnung davon gehabt. Wir wollen ihm noch mehr vertrauen; wir wollen ihm sagen, wo der anziehende und der abstoßende Pol unserer gegenseitigen Berührungen ist. Wir stehen allerdings auf einem Felde, wo wir nicht nur Hrn. v. Pulszky, sondern mit ihm auch jenen Theil der Opposition, der redlich prüft und untersucht, und welchem blinde Leidenschaft nicht jede vernünftige Basis genommen hat, nothwendig begegnen müssen. Wir trachten beide nach demselben Ziel: nach Ungarns Flor, Ruhm, Größe. Der Weg aber, den wir einschlagen, ist ein verschiedener. Wir meinen, dieses Ziel sey nur dadurch zu erreichen, daß man mit der Regierung gehe; unsere Gegner glauben, es werde erreicht, wenn man gegen, oder im besten Fall, ohne die Regierung gehe. Wir verlieren keinen Augenblick den österreichischen Staat aus den Augen; die Opposition glaubt, es könne ein Königreich Ungarn ohne den österreichischen Staat geben. Wir wollen die Frage nochmals positiv und klar stellen: ist Ungarn ein integrirender Theil des Kaiserstaates? ist Kaiser Ferdinand Ungarns Herr, wie er Oesterreichs Herr ist, und ist nur die Form und Natur der Verwaltung verschieden, oder will man behaupten, Ungarn stehe zur Krone Oesterreich, wie etwa ein deutscher Bundesstaat zum deutschen Bunde? Die Antwort hierauf wird auch ganz genau den Punkt feststellen, bis zu welchem Punkte wir das selfgovernment vollkommen gelten lassen, und von wo wir anfangen, es als Hochverrath zu betrachten. Es wird daraus deutlich hervorgehen, daß wir die Municipalverwaltung der Comitate, im Gegensatz der Centralisation, in ihrem ganzen Umfang anerkennen und dennoch der Regierung das Recht vindiciren de regner et de gouverner. "Simul cum regno et imperio", wie es P. II. T. 3. §. 2 lautet; daß wir ihr jene "plenaria potestas" vindiciren - "quae omnis nobilitatis origo", wie es P. I. T. 3. §. 6 heißt. Das Königthum, so gestellt, wie die Constitution es unwiderlegbar gestellt hat, wird es sich leicht entscheiden lassen, ob eine systematische Reform, die ihre Gegenstände nicht im Einzelnen sucht und aus dem Zusammenhang reißt, sondern das Ganze umfaßt, in ihren Folgen etwas gemein haben könne mit der Assemblee constituante, oder dem Convent. Nur wo das Königthum in den Staub getreten wird, sind Katastrophen dieser Art zu fürchten; wir aber sind da, es zu vertheidigen und siegreich zu machen, der vollen constitutionellen Freiheit unbeschadet.

Wir müssen uns bei dieser Gelegenheit abermals beklagen, wie gern unsere Gegner den allgemeinen Standpunkt verrücken möchten, aus dem die ungarischen Angelegenheiten zu betrachten sind. Wir haben schon bei einer andern Gelegenheit zu Anfang des Landtags angeführt, wie häufig man versucht, die ungarische Constitution in ihrem Wesen als gleichbedeutend mit den modernen Constitutionstheorien anderer Staaten darzustellen. Anglomane Liebhaberei hat sich dabei vielfach selbst getäuscht. Hören wir einen Mann, eine Notabilität des Landes, einen altberühmten Vorkämpfer auf zwanzig Landtagen, Paul Nagy, den Deputirten von Oedenburg, sich hierüber äußern. Dieser Mann, eben so patriotisch als geistreich, sprach auf diesem Landtage wie folgt: "Es ist wahr, daß, wie man zuvor behauptete, auswärts acht neue Constitutionen gegründet wurden; doch was für Constitutionen? Ich berechne den reinen Gewinn dabei, nicht wie der Deputirte des Zalader Comitats, sondern so, daß die Gründung dieser Constitutionen die unsrige achtfach gefährde. Es ist nichts possierlicher, als unsere Verfassung mit jenen, in neuerer Zeit begründeten in Parallele zu stellen. In diesen concentrirt sich das allgemeine Interesse der ganzen Nation. In England z. B. sympathisirt jeder Kohlenbrenner in dieser Beziehung mit dem Lord; bei uns kann, wenn von der Constitution die Rede ist, nur der gesetzgebende Körper gemeint seyn. Freilich bilden wir einen ansehnlichen Körper, aber die Masse des Volks ist nicht unter uns. Die privilegirten Stände sind eine Last für eben diese Masse. Preußen ist eine absolute Monarchie, aber in dieser Beziehung, mit unserer Constitution verglichen, ist es eine Republik." Welches Bild von Ungarns Verhältnissen gleicht mehr diesen Zügen, das von uns entworfene oder das von unsern Gegnern? Wer hat den historischen Boden thatsächlich mehr festgehalten, wir oder sie? Auch dieser Vorwurf Pulszky's fällt mithin gänzlich zusammen. Bezieht man diesen Begriff aber, wie Hrn. v. Pulszky's Rüge, auf die vorzunehmenden Reformen, und will man ihn bei diesen festhalten, so ist der historische Boden in Ungarn immer in erster Linie: die königliche Gewalt. Alle Reformen, wie umfassend sie seyen - und wir gehen in dieser Beziehung allerdings weit - die diesen ersten constitutionellen Factor nicht beiseite schieben, stehen

der Schriften des Grafen, noch seine Verdienste um sein Vaterland nur im mindesten berührt, sondern, unter den Schutz seines mächtigen Beispiels gestellt, nur bedeutet werden, wie es mit der aura popularis zu allen Zeiten bestellt war, und daß das Hinweisen auf den berühmten Patrioten kein ganz glücklich gewähltes sey.

Etwas weiter läugnet Hr. v. Pulszky unsere Behauptung: ein Theil des Zehnten wäre aufgegeben worden, und meint, es sey der Neunte gewesen! Was aufgegeben wurde, war der sogenannte „kleine“ Zehnt und der „der Brachfelder.“ Wir überlassen diese Chicane des Ausdrucks dem Verfasser und constatiren sie bloß, um zu zeigen, zu wie kleinen Dingen er in Ermangelung größerer greift. Endlich geht er auf die von uns gerügten Mängel über. Läugnet er sie? Nein! Er behauptet nur: der Landtag habe vorgesorgt, sie abzustellen. Also waren sie abzustellen; was auch nicht füglich widersprochen werden kann, denn es waren ja, wie Hr. v. Pulszky früher sagte, dieselben, die Graf Szechény bereits schärfer und geistreicher angeregt hatte. Wann wurde die große Mehrzahl dieser Verbesserungen in Betracht gezogen? Seit etwa sechs Wochen! Seit dem 2 April namentlich ist, wir wissen es wohl, in dieser Hinsicht viel geschehen, und wir haben dieser kräftigen, wenn auch späten Bestrebung in unserm letzten Aufsatze die freudigste Anerkennung gezollt. Unsere ersten Pia desideria datiren indeß vom Anfang Julius v. J. und scheinen mithin immer noch nicht „der Senf nach dem Essen“ gewesen zu seyn.

Wenn Hr. v. Pulszky Gelegenheit nimmt, abermals auf das Gesetz der Aviticität zu kommen, und behauptet, diese habe mit dem ausgearbeiteten Wechselrechte nichts zu schaffen, so hat er kaum halb Recht. Soll das Wechselrecht nur schnellere Justiz in manchen Fällen herbeiführen, so wollen wir es ihm zugeben; soll aber durch das neue Wechselrecht auch der Credit im Allgemeinen und die Möglichkeit, sich Geld zu schaffen, gefördert werden, so läugnen wir es vollkommen. Behauptet aber Hr. v. Pulszky wiederholt, die Regierung sey entschieden gegen das Aviticitätsgesetz, so sagen wir ihm wiederholt, daß er nichts davon wissen könne. Wenn wir aber diese Ansicht selbst gegen die der Regierung vertheidigen sollten, was leicht möglich ist, so wird wenigstens nicht behauptet werden können, wir seyen servile Anhänger derselben.

„Par parenthèse“ bemerkt Hr. v. Pulszky, wir hätten „in unserer Naivetät“ nicht geahnt, daß unsere Sätze, auf individuelle Fälle angewendet, eben den Boden bilden, auf dem die Opposition selbst sich bewegt habe. Wir sind naiv, aber nicht ganz so naiv, als Hr. v. Pulszky sich einbildet. Wir haben allerdings eine leise Ahnung davon gehabt. Wir wollen ihm noch mehr vertrauen; wir wollen ihm sagen, wo der anziehende und der abstoßende Pol unserer gegenseitigen Berührungen ist. Wir stehen allerdings auf einem Felde, wo wir nicht nur Hrn. v. Pulszky, sondern mit ihm auch jenen Theil der Opposition, der redlich prüft und untersucht, und welchem blinde Leidenschaft nicht jede vernünftige Basis genommen hat, nothwendig begegnen müssen. Wir trachten beide nach demselben Ziel: nach Ungarns Flor, Ruhm, Größe. Der Weg aber, den wir einschlagen, ist ein verschiedener. Wir meinen, dieses Ziel sey nur dadurch zu erreichen, daß man mit der Regierung gehe; unsere Gegner glauben, es werde erreicht, wenn man gegen, oder im besten Fall, ohne die Regierung gehe. Wir verlieren keinen Augenblick den österreichischen Staat aus den Augen; die Opposition glaubt, es könne ein Königreich Ungarn ohne den österreichischen Staat geben. Wir wollen die Frage nochmals positiv und klar stellen: ist Ungarn ein integrirender Theil des Kaiserstaates? ist Kaiser Ferdinand Ungarns Herr, wie er Oesterreichs Herr ist, und ist nur die Form und Natur der Verwaltung verschieden, oder will man behaupten, Ungarn stehe zur Krone Oesterreich, wie etwa ein deutscher Bundesstaat zum deutschen Bunde? Die Antwort hierauf wird auch ganz genau den Punkt feststellen, bis zu welchem Punkte wir das selfgovernment vollkommen gelten lassen, und von wo wir anfangen, es als Hochverrath zu betrachten. Es wird daraus deutlich hervorgehen, daß wir die Municipalverwaltung der Comitate, im Gegensatz der Centralisation, in ihrem ganzen Umfang anerkennen und dennoch der Regierung das Recht vindiciren de régner et de gouverner. „Simul cum regno et imperio“, wie es P. II. T. 3. §. 2 lautet; daß wir ihr jene „plenaria potestas“ vindiciren – „quae omnis nobilitatis origo“, wie es P. I. T. 3. §. 6 heißt. Das Königthum, so gestellt, wie die Constitution es unwiderlegbar gestellt hat, wird es sich leicht entscheiden lassen, ob eine systematische Reform, die ihre Gegenstände nicht im Einzelnen sucht und aus dem Zusammenhang reißt, sondern das Ganze umfaßt, in ihren Folgen etwas gemein haben könne mit der Assemblée constituante, oder dem Convent. Nur wo das Königthum in den Staub getreten wird, sind Katastrophen dieser Art zu fürchten; wir aber sind da, es zu vertheidigen und siegreich zu machen, der vollen constitutionellen Freiheit unbeschadet.

Wir müssen uns bei dieser Gelegenheit abermals beklagen, wie gern unsere Gegner den allgemeinen Standpunkt verrücken möchten, aus dem die ungarischen Angelegenheiten zu betrachten sind. Wir haben schon bei einer andern Gelegenheit zu Anfang des Landtags angeführt, wie häufig man versucht, die ungarische Constitution in ihrem Wesen als gleichbedeutend mit den modernen Constitutionstheorien anderer Staaten darzustellen. Anglomane Liebhaberei hat sich dabei vielfach selbst getäuscht. Hören wir einen Mann, eine Notabilität des Landes, einen altberühmten Vorkämpfer auf zwanzig Landtagen, Paul Nagy, den Deputirten von Oedenburg, sich hierüber äußern. Dieser Mann, eben so patriotisch als geistreich, sprach auf diesem Landtage wie folgt: „Es ist wahr, daß, wie man zuvor behauptete, auswärts acht neue Constitutionen gegründet wurden; doch was für Constitutionen? Ich berechne den reinen Gewinn dabei, nicht wie der Deputirte des Zalader Comitats, sondern so, daß die Gründung dieser Constitutionen die unsrige achtfach gefährde. Es ist nichts possierlicher, als unsere Verfassung mit jenen, in neuerer Zeit begründeten in Parallele zu stellen. In diesen concentrirt sich das allgemeine Interesse der ganzen Nation. In England z. B. sympathisirt jeder Kohlenbrenner in dieser Beziehung mit dem Lord; bei uns kann, wenn von der Constitution die Rede ist, nur der gesetzgebende Körper gemeint seyn. Freilich bilden wir einen ansehnlichen Körper, aber die Masse des Volks ist nicht unter uns. Die privilegirten Stände sind eine Last für eben diese Masse. Preußen ist eine absolute Monarchie, aber in dieser Beziehung, mit unserer Constitution verglichen, ist es eine Republik.“ Welches Bild von Ungarns Verhältnissen gleicht mehr diesen Zügen, das von uns entworfene oder das von unsern Gegnern? Wer hat den historischen Boden thatsächlich mehr festgehalten, wir oder sie? Auch dieser Vorwurf Pulszky's fällt mithin gänzlich zusammen. Bezieht man diesen Begriff aber, wie Hrn. v. Pulszky's Rüge, auf die vorzunehmenden Reformen, und will man ihn bei diesen festhalten, so ist der historische Boden in Ungarn immer in erster Linie: die königliche Gewalt. Alle Reformen, wie umfassend sie seyen – und wir gehen in dieser Beziehung allerdings weit – die diesen ersten constitutionellen Factor nicht beiseite schieben, stehen

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Pulszky früher sagte, dieselben, die Graf Szechény bereits schärfer und geistreicher angeregt hatte. Wann wurde die große Mehrzahl dieser Verbesserungen in Betracht gezogen? Seit etwa sechs Wochen! Seit dem 2 April namentlich ist, wir wissen es wohl, in dieser Hinsicht viel geschehen, und wir haben dieser kräftigen, wenn auch späten Bestrebung in unserm letzten Aufsatze die freudigste Anerkennung gezollt. Unsere ersten Pia desideria datiren indeß vom Anfang Julius v. J. und scheinen mithin immer noch nicht „der Senf nach dem Essen“ gewesen zu seyn. Wenn Hr. v. Pulszky Gelegenheit nimmt, abermals auf das Gesetz der Aviticität zu kommen, und behauptet, diese habe mit dem ausgearbeiteten Wechselrechte nichts zu schaffen, so hat er kaum halb Recht. Soll das Wechselrecht nur schnellere Justiz in manchen Fällen herbeiführen, so wollen wir es ihm zugeben; soll aber durch das neue Wechselrecht auch der Credit im Allgemeinen und die Möglichkeit, sich Geld zu schaffen, gefördert werden, so läugnen wir es vollkommen. Behauptet aber Hr. v. Pulszky wiederholt, die Regierung sey entschieden gegen das Aviticitätsgesetz, so sagen wir ihm wiederholt, daß er nichts davon wissen könne. Wenn wir aber diese Ansicht selbst gegen die der Regierung vertheidigen sollten, was leicht möglich ist, so wird wenigstens nicht behauptet werden können, wir seyen servile Anhänger derselben. „Par parenthèse“ bemerkt Hr. v. Pulszky, wir hätten „in unserer Naivetät“ nicht geahnt, daß unsere Sätze, auf individuelle Fälle angewendet, eben den Boden bilden, auf dem die Opposition selbst sich bewegt habe. Wir sind naiv, aber nicht ganz so naiv, als Hr. v. Pulszky sich einbildet. Wir haben allerdings eine leise Ahnung davon gehabt. Wir wollen ihm noch mehr vertrauen; wir wollen ihm sagen, wo der anziehende und der abstoßende Pol unserer gegenseitigen Berührungen ist. Wir stehen allerdings auf einem Felde, wo wir nicht nur Hrn. v. Pulszky, sondern mit ihm auch jenen Theil der Opposition, der redlich prüft und untersucht, und welchem blinde Leidenschaft nicht jede vernünftige Basis genommen hat, nothwendig begegnen müssen. Wir trachten beide nach demselben Ziel: nach Ungarns Flor, Ruhm, Größe. Der Weg aber, den wir einschlagen, ist ein verschiedener. Wir meinen, dieses Ziel sey nur dadurch zu erreichen, daß man mit der Regierung gehe; unsere Gegner glauben, es werde erreicht, wenn man gegen, oder im besten Fall, ohne die Regierung gehe. Wir verlieren keinen Augenblick den österreichischen Staat aus den Augen; die Opposition glaubt, es könne ein Königreich Ungarn ohne den österreichischen Staat geben. Wir wollen die Frage nochmals positiv und klar stellen: ist Ungarn ein integrirender Theil des Kaiserstaates? ist Kaiser Ferdinand Ungarns Herr, wie er Oesterreichs Herr ist, und ist nur die Form und Natur der Verwaltung verschieden, oder will man behaupten, Ungarn stehe zur Krone Oesterreich, wie etwa ein deutscher Bundesstaat zum deutschen Bunde? Die Antwort hierauf wird auch ganz genau den Punkt feststellen, bis zu welchem Punkte wir das selfgovernment vollkommen gelten lassen, und von wo wir anfangen, es als Hochverrath zu betrachten. Es wird daraus deutlich hervorgehen, daß wir die Municipalverwaltung der Comitate, im Gegensatz der Centralisation, in ihrem ganzen Umfang anerkennen und dennoch der Regierung das Recht vindiciren de régner et de gouverner. „Simul cum regno et imperio“, wie es P. II. T. 3. §. 2 lautet; daß wir ihr jene „plenaria potestas“ vindiciren – „quae omnis nobilitatis origo“, wie es P. I. T. 3. §. 6 heißt. Das Königthum, so gestellt, wie die Constitution es unwiderlegbar gestellt hat, wird es sich leicht entscheiden lassen, ob eine systematische Reform, die ihre Gegenstände nicht im Einzelnen sucht und aus dem Zusammenhang reißt, sondern das Ganze umfaßt, in ihren Folgen etwas gemein haben könne mit der Assemblée constituante, oder dem Convent. Nur wo das Königthum in den Staub getreten wird, sind Katastrophen dieser Art zu fürchten; wir aber sind da, es zu vertheidigen und siegreich zu machen, der vollen constitutionellen Freiheit unbeschadet. Wir müssen uns bei dieser Gelegenheit abermals beklagen, wie gern unsere Gegner den allgemeinen Standpunkt verrücken möchten, aus dem die ungarischen Angelegenheiten zu betrachten sind. Wir haben schon bei einer andern Gelegenheit zu Anfang des Landtags angeführt, wie häufig man versucht, die ungarische Constitution in ihrem Wesen als gleichbedeutend mit den modernen Constitutionstheorien anderer Staaten darzustellen. Anglomane Liebhaberei hat sich dabei vielfach selbst getäuscht. Hören wir einen Mann, eine Notabilität des Landes, einen altberühmten Vorkämpfer auf zwanzig Landtagen, Paul Nagy, den Deputirten von Oedenburg, sich hierüber äußern. Dieser Mann, eben so patriotisch als geistreich, sprach auf diesem Landtage wie folgt: „Es ist wahr, daß, wie man zuvor behauptete, auswärts acht neue Constitutionen gegründet wurden; doch was für Constitutionen? Ich berechne den reinen Gewinn dabei, nicht wie der Deputirte des Zalader Comitats, sondern so, daß die Gründung dieser Constitutionen die unsrige achtfach gefährde. Es ist nichts possierlicher, als unsere Verfassung mit jenen, in neuerer Zeit begründeten in Parallele zu stellen. In diesen concentrirt sich das allgemeine Interesse der ganzen Nation. In England z. B. sympathisirt jeder Kohlenbrenner in dieser Beziehung mit dem Lord; bei uns kann, wenn von der Constitution die Rede ist, nur der gesetzgebende Körper gemeint seyn. Freilich bilden wir einen ansehnlichen Körper, aber die Masse des Volks ist nicht unter uns. Die privilegirten Stände sind eine Last für eben diese Masse. Preußen ist eine absolute Monarchie, aber in dieser Beziehung, mit unserer Constitution verglichen, ist es eine Republik.“ Welches Bild von Ungarns Verhältnissen gleicht mehr diesen Zügen, das von uns entworfene oder das von unsern Gegnern? Wer hat den historischen Boden thatsächlich mehr festgehalten, wir oder sie? Auch dieser Vorwurf Pulszky's fällt mithin gänzlich zusammen. Bezieht man diesen Begriff aber, wie Hrn. v. Pulszky's Rüge, auf die vorzunehmenden Reformen, und will man ihn bei diesen festhalten, so ist der historische Boden in Ungarn immer in erster Linie: die königliche Gewalt. Alle Reformen, wie umfassend sie seyen – und wir gehen in dieser Beziehung allerdings weit – die diesen ersten constitutionellen Factor nicht beiseite schieben, stehen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 139. Augsburg, 18. Mai 1840, S. 1106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_139_18400518/10>, abgerufen am 03.12.2024.