Allgemeine Zeitung. Nr. 140. Augsburg, 19. Mai 1840.unternehmen." Der erwähnte Credit wurde mit 103 gegen 3 Stimmen angenommen. * Die Deputirtenkammer beschäftigte sich in der Sitzung vom 14 Mai mit dem außerordentlichen Credit für die kriegerischen Operationen in Algier. Die Commission hatte sich zwar einstimmig für die Bewilligiung desselben erklärt, dabei aber in einem Zusatzartikel den Wunsch ausgesprochen, daß die Regierung in der nächsten Session den Kammern ein festes System hinsichtlich der Besetzung Algeriens vorlegen möge. Hr. Allard nahm zuerst das Wort gegen den Antrag der Commission. Eine beschränkte Occupation, meinte er, käme einer gänzlichen Räumung fast gleich. Hr. Berryer glaubte, der Augenblick sey unpassend zu einer Berathung über Occupationssysteme, während die französische Armee in Afrika sich mit den Arabern herumschlage. Er sprach für eine Vertagung jener Frage und für die Bewilligung des Credits. Hr. Thiers erklärte, wenn der Zweck des Zusatzartikels der Commission bloß sey, von der Regierung eine aufrichtige Darlegung des in Algier zu befolgenden Systems zu erlangen, so stimme er demselben bei und die Regierung zeige sich bereit, im nächsten Jahre dieses System vorzulegen. Sollte das Amendement aber bezwecken, in den Augen des Auslandes oder der Araber den Ernst Frankreichs, Algier zu behaupten, zu schwächen, so werde er es mit aller Kraft bekämpfen. Denn man könne in Algier eine starke Stellung nur dann behaupten, wenn man laut die Absicht verkünde, dort eine feste Niederlassung zu gründen. Wenn die französische Occupation in Algier so viele Schwankungen erlitten, so trügen nur das unselige Zaudern und der häufige Wechsel der Systeme die Schuld." Die Erklärung des Ministerpräsidenten fand großen Beifall. Die Sitzung dauerte bei Abgang der Post noch fort. * Deputirtenkammersitzung vom 13 Mai. An der Tagesordnung war die Discussion über die außerordentlichen und die Supplementarcredite für 1839 und 1840. Bei Anlaß des Credits von 450,000 Fr. für außerordentliche Missionen bemerkte Hr. Estancelin, die Anerkennung von Texas und der übrigen kleinen amerikanischen Republiken scheine ihm voreilig. Hr. Thiers gab zu, daß man im Allgemeinen sich nicht zu sehr beeilen dürfe, alle jene kleinen Republiken, mit welchen die Verbindungen weder angenehm noch vortheilhaft seyen, anzuerkennen. Frankreich habe bereits diese traurige Erfahrung gemacht. Uebrigens sey das Cabinet bei der vorliegenden Frage gar nicht betheiligt, denn nicht von ihm seyen jene Missionen angeordnet worden. Zugleich bemerkt der Conseilpräsident, daß in Amerika Handelsvortheile zu erlangen waren, welche das Verfahren des vorhergehenden Cabinets rechtfertigten. Dieser Credit, so wie die Supplementarcredite für die Ministerien des Kriegs, des Handels, des Innern und der Finanzen wurden dann ohne Discussion angenommen. Dagegen verweigerte die Kammer bei dem Supplementarcredit für das Justizministerium die Bewilligung einer Summe von 7350 Fr. für die durch Hrn. Teste angeordnete Vermehrung der Staatsräthe im ordentlichen Dienst mit 168 gegen 149 Stimmen. * In den Bureaux der Deputirtenkammer ward der Gesetzesentwurf zur Abholung der irdischen Reste Napoleons eben so günstig, wie in der Kammer selbst aufgenommen. Viele Mitglieder trugen darauf an, die Magdalenenkirche dem Invalidenhotel vorzuziehen. Hr. Berryer war dieser Ansicht, und rühmte bei diesem Anlaß die Größe Napoleons in militärischer Hinsicht, tadelte ihn aber als Staatsmann wegen verschiedener Acte, welche die Freiheit überhaupt, hauptsächlich die Unabhängigkeit und die Würde der parlamentarischen Gewalt angetastet hätten. Die Generale Durrieu, Subervic und Pacot, die zu Commissarien ernannt wurden, sprachen sich ebenfalls für die Magdalenenkirche aus, und mehrere Mitglieder trugen bei diesem Anlaß auf Wiederherstellung des Bildes des Kaisers im Ehrenlegionsorden an. In dem fünften Bureau, wo Hr. Thiers und zwei seiner Collegen waren, dauerte die Erörterung länger, und war noch lebhafter. Hr. Bacot billigte den Entwurf, war aber gegen die Beisetzung im Invalidenhotel, da man jetzt nicht bloß dem militärischen Ruhme Napoleons, sondern dem, seiner Ansicht nach, viel größern Ruhm als Gesetzgeber seine Huldigung darbringe. Hr. Thiers behauptet, diese Betrachtungen seyen lange im Conseil erwogen worden, man habe sich aber für die Invalidenkirche entschieden, nachdem man sich überzeugt, daß dieser Tempel des Ruhms die zwei herrschenden Ideen des Kaisers auf seinem Todtenbette verwirklichen würde, nämlich an den Ufern der Seine zu ruhen, und die religiöse Pflege zu erhalten, zu deren Grundsätzen er sich immer bekannt habe. Ueberdieß müsse man den militärischen Geist auffrischen (deßwegen sey er [Hr. Thiers] auch für den afrikanischen Krieg); alle Soldaten, welche die Veteranen besuchten, werden sich vor dem Schatten Napoleons neu stählen. Deßwegen solle man keine Modificationen an dem Entwurfe vornehmen. Hr. v. Vatry meint, der militärische Geist brauche nicht wieder aufgefrischt zu werden, sondern nur erhalten, er sey nie erloschen. Er wünschte, man sollte dem Entwurf einen Artikel beifügen, kraft dessen der Orden der drei Vließe, der im Moniteur vom 1 August 1809 errichtet worden, hergestellt würde. Der Kaiser habe in diesen Orden jeden Soldaten zugelassen, der durch seine Wunden außer Stand gesetzt worden sey, activen Dienst zu leisten. Diesen könne man dann die Bewachung des Grabes des Kaisers auftragen. Hr. de la Plesse trägt an, daß der Civilcodex wieder seinen Namen Code Napoleon annehme, und daß eine Deputation der Kammer nach St. Helena zur Abholung der Asche Napoleons abgeschickt werde. Hr. Glais Bizoin fürchtet alle diese außerordentlichen Huldigungsbezeugungen, weil er nicht wie Hr. Remusat denke, "daß die Freiheit dem Ruhme widerstehen könne;" er sagt schließlich, daß die Napoleonisten und die andern Prätendenten schon eine Wichtigkeit gewonnen hätten, die er nicht vermehrt sehen möchte. Hr. Thiers versichert, daß die Anhänger einer Restauration irgend einer Art nur lächerlich seyen, und daß er sie nicht fürchte, daß das Volk seit einigen Jahren in der Achtung für die Gesetze des Landes sehr fortgeschritten sey, und daß er dafür stehe, daß das Gesetz unter dem Beistande von 500 Gendarmen gegen alle verbrecherischen Versuche in Achtung zu erhalten sey; die Rückkehr der Asche Napoleons würde der Regierung nützlich seyn, weil das Land dadurch einen weiteren Beweis von dem Eifer des Königs erhalten habe, sich frei und offen Frankreichs ganzem Ruhme beizugesellen. Ueber die Versetzung der Ueberreste Napoleons nach Frankreich lassen wir heute noch einige weitere Journalurtheile folgen: "So bedeutend ist - sagt das Journal des Debats - nach zwanzig Jahren noch die Macht dieses großen Namens, daß - wenn er kaum in einer französischen Versammlung ausgesprochen wird - einen Augenblick aller Parteihader aufhört und jeder sich nur die glorreichen Erinnerungen jener Jahre zurückruft. Die Ideen Napoleons sind nicht mehr die unserer Zeit. Jene energische Autorität ohne Controle, jener absolute Wille eines Einzigen, jener manchmal blinde Despotismus des Genie's, sie sind für immer verschwunden; der Ruhm unserer Waffen, den Napoleon so hoch gestellt hat, ist heute nicht mehr der Wunsch Frankreichs. Des militärischen Ruhmes satt rückt Frankreich gegenwärtig auf der Bahn der friedlichen Eroberungen der Freiheit und der Industrie vorwärts. In der Stille bereitet sich unternehmen.“ Der erwähnte Credit wurde mit 103 gegen 3 Stimmen angenommen. * Die Deputirtenkammer beschäftigte sich in der Sitzung vom 14 Mai mit dem außerordentlichen Credit für die kriegerischen Operationen in Algier. Die Commission hatte sich zwar einstimmig für die Bewilligiung desselben erklärt, dabei aber in einem Zusatzartikel den Wunsch ausgesprochen, daß die Regierung in der nächsten Session den Kammern ein festes System hinsichtlich der Besetzung Algeriens vorlegen möge. Hr. Allard nahm zuerst das Wort gegen den Antrag der Commission. Eine beschränkte Occupation, meinte er, käme einer gänzlichen Räumung fast gleich. Hr. Berryer glaubte, der Augenblick sey unpassend zu einer Berathung über Occupationssysteme, während die französische Armee in Afrika sich mit den Arabern herumschlage. Er sprach für eine Vertagung jener Frage und für die Bewilligung des Credits. Hr. Thiers erklärte, wenn der Zweck des Zusatzartikels der Commission bloß sey, von der Regierung eine aufrichtige Darlegung des in Algier zu befolgenden Systems zu erlangen, so stimme er demselben bei und die Regierung zeige sich bereit, im nächsten Jahre dieses System vorzulegen. Sollte das Amendement aber bezwecken, in den Augen des Auslandes oder der Araber den Ernst Frankreichs, Algier zu behaupten, zu schwächen, so werde er es mit aller Kraft bekämpfen. Denn man könne in Algier eine starke Stellung nur dann behaupten, wenn man laut die Absicht verkünde, dort eine feste Niederlassung zu gründen. Wenn die französische Occupation in Algier so viele Schwankungen erlitten, so trügen nur das unselige Zaudern und der häufige Wechsel der Systeme die Schuld.“ Die Erklärung des Ministerpräsidenten fand großen Beifall. Die Sitzung dauerte bei Abgang der Post noch fort. * Deputirtenkammersitzung vom 13 Mai. An der Tagesordnung war die Discussion über die außerordentlichen und die Supplementarcredite für 1839 und 1840. Bei Anlaß des Credits von 450,000 Fr. für außerordentliche Missionen bemerkte Hr. Estancelin, die Anerkennung von Texas und der übrigen kleinen amerikanischen Republiken scheine ihm voreilig. Hr. Thiers gab zu, daß man im Allgemeinen sich nicht zu sehr beeilen dürfe, alle jene kleinen Republiken, mit welchen die Verbindungen weder angenehm noch vortheilhaft seyen, anzuerkennen. Frankreich habe bereits diese traurige Erfahrung gemacht. Uebrigens sey das Cabinet bei der vorliegenden Frage gar nicht betheiligt, denn nicht von ihm seyen jene Missionen angeordnet worden. Zugleich bemerkt der Conseilpräsident, daß in Amerika Handelsvortheile zu erlangen waren, welche das Verfahren des vorhergehenden Cabinets rechtfertigten. Dieser Credit, so wie die Supplementarcredite für die Ministerien des Kriegs, des Handels, des Innern und der Finanzen wurden dann ohne Discussion angenommen. Dagegen verweigerte die Kammer bei dem Supplementarcredit für das Justizministerium die Bewilligung einer Summe von 7350 Fr. für die durch Hrn. Teste angeordnete Vermehrung der Staatsräthe im ordentlichen Dienst mit 168 gegen 149 Stimmen. * In den Bureaux der Deputirtenkammer ward der Gesetzesentwurf zur Abholung der irdischen Reste Napoleons eben so günstig, wie in der Kammer selbst aufgenommen. Viele Mitglieder trugen darauf an, die Magdalenenkirche dem Invalidenhotel vorzuziehen. Hr. Berryer war dieser Ansicht, und rühmte bei diesem Anlaß die Größe Napoleons in militärischer Hinsicht, tadelte ihn aber als Staatsmann wegen verschiedener Acte, welche die Freiheit überhaupt, hauptsächlich die Unabhängigkeit und die Würde der parlamentarischen Gewalt angetastet hätten. Die Generale Durrieu, Subervic und Pacot, die zu Commissarien ernannt wurden, sprachen sich ebenfalls für die Magdalenenkirche aus, und mehrere Mitglieder trugen bei diesem Anlaß auf Wiederherstellung des Bildes des Kaisers im Ehrenlegionsorden an. In dem fünften Bureau, wo Hr. Thiers und zwei seiner Collegen waren, dauerte die Erörterung länger, und war noch lebhafter. Hr. Bacot billigte den Entwurf, war aber gegen die Beisetzung im Invalidenhotel, da man jetzt nicht bloß dem militärischen Ruhme Napoleons, sondern dem, seiner Ansicht nach, viel größern Ruhm als Gesetzgeber seine Huldigung darbringe. Hr. Thiers behauptet, diese Betrachtungen seyen lange im Conseil erwogen worden, man habe sich aber für die Invalidenkirche entschieden, nachdem man sich überzeugt, daß dieser Tempel des Ruhms die zwei herrschenden Ideen des Kaisers auf seinem Todtenbette verwirklichen würde, nämlich an den Ufern der Seine zu ruhen, und die religiöse Pflege zu erhalten, zu deren Grundsätzen er sich immer bekannt habe. Ueberdieß müsse man den militärischen Geist auffrischen (deßwegen sey er [Hr. Thiers] auch für den afrikanischen Krieg); alle Soldaten, welche die Veteranen besuchten, werden sich vor dem Schatten Napoleons neu stählen. Deßwegen solle man keine Modificationen an dem Entwurfe vornehmen. Hr. v. Vatry meint, der militärische Geist brauche nicht wieder aufgefrischt zu werden, sondern nur erhalten, er sey nie erloschen. Er wünschte, man sollte dem Entwurf einen Artikel beifügen, kraft dessen der Orden der drei Vließe, der im Moniteur vom 1 August 1809 errichtet worden, hergestellt würde. Der Kaiser habe in diesen Orden jeden Soldaten zugelassen, der durch seine Wunden außer Stand gesetzt worden sey, activen Dienst zu leisten. Diesen könne man dann die Bewachung des Grabes des Kaisers auftragen. Hr. de la Plesse trägt an, daß der Civilcodex wieder seinen Namen Code Napoleon annehme, und daß eine Deputation der Kammer nach St. Helena zur Abholung der Asche Napoleons abgeschickt werde. Hr. Glais Bizoin fürchtet alle diese außerordentlichen Huldigungsbezeugungen, weil er nicht wie Hr. Rémusat denke, „daß die Freiheit dem Ruhme widerstehen könne;“ er sagt schließlich, daß die Napoleonisten und die andern Prätendenten schon eine Wichtigkeit gewonnen hätten, die er nicht vermehrt sehen möchte. Hr. Thiers versichert, daß die Anhänger einer Restauration irgend einer Art nur lächerlich seyen, und daß er sie nicht fürchte, daß das Volk seit einigen Jahren in der Achtung für die Gesetze des Landes sehr fortgeschritten sey, und daß er dafür stehe, daß das Gesetz unter dem Beistande von 500 Gendarmen gegen alle verbrecherischen Versuche in Achtung zu erhalten sey; die Rückkehr der Asche Napoleons würde der Regierung nützlich seyn, weil das Land dadurch einen weiteren Beweis von dem Eifer des Königs erhalten habe, sich frei und offen Frankreichs ganzem Ruhme beizugesellen. Ueber die Versetzung der Ueberreste Napoleons nach Frankreich lassen wir heute noch einige weitere Journalurtheile folgen: „So bedeutend ist – sagt das Journal des Débats – nach zwanzig Jahren noch die Macht dieses großen Namens, daß – wenn er kaum in einer französischen Versammlung ausgesprochen wird – einen Augenblick aller Parteihader aufhört und jeder sich nur die glorreichen Erinnerungen jener Jahre zurückruft. Die Ideen Napoleons sind nicht mehr die unserer Zeit. Jene energische Autorität ohne Controle, jener absolute Wille eines Einzigen, jener manchmal blinde Despotismus des Genie's, sie sind für immer verschwunden; der Ruhm unserer Waffen, den Napoleon so hoch gestellt hat, ist heute nicht mehr der Wunsch Frankreichs. Des militärischen Ruhmes satt rückt Frankreich gegenwärtig auf der Bahn der friedlichen Eroberungen der Freiheit und der Industrie vorwärts. In der Stille bereitet sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="1115"/> unternehmen.“ Der erwähnte Credit wurde mit 103 gegen 3 Stimmen angenommen.</p><lb/> <p>* Die <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> beschäftigte sich in der Sitzung vom 14 Mai mit dem außerordentlichen Credit für die kriegerischen Operationen in Algier. 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Hr. <hi rendition="#g">Thiers</hi> erklärte, wenn der Zweck des Zusatzartikels der Commission bloß sey, von der Regierung eine aufrichtige Darlegung des in Algier zu befolgenden Systems zu erlangen, so stimme er demselben bei und die Regierung zeige sich bereit, im nächsten Jahre dieses System vorzulegen. Sollte das Amendement aber bezwecken, in den Augen des Auslandes oder der Araber den Ernst Frankreichs, Algier zu behaupten, zu schwächen, so werde er es mit aller Kraft bekämpfen. Denn man könne in Algier eine starke Stellung nur dann behaupten, wenn man laut die Absicht verkünde, dort eine feste Niederlassung zu gründen. Wenn die französische Occupation in Algier so viele Schwankungen erlitten, so trügen nur das unselige Zaudern und der häufige Wechsel der Systeme die Schuld.“ Die Erklärung des Ministerpräsidenten fand großen Beifall. Die Sitzung dauerte bei Abgang der Post noch fort.</p><lb/> <p>* <hi rendition="#g">Deputirtenkammersitzung</hi> vom 13 Mai. An der Tagesordnung war die Discussion über die außerordentlichen und die Supplementarcredite für 1839 und 1840. Bei Anlaß des Credits von 450,000 Fr. für außerordentliche Missionen bemerkte Hr. <hi rendition="#g">Estancelin</hi>, die Anerkennung von Texas und der übrigen kleinen amerikanischen Republiken scheine ihm voreilig. Hr. <hi rendition="#g">Thiers</hi> gab zu, daß man im Allgemeinen sich nicht zu sehr beeilen dürfe, alle jene kleinen Republiken, mit welchen die Verbindungen weder angenehm noch vortheilhaft seyen, anzuerkennen. Frankreich habe bereits diese traurige Erfahrung gemacht. Uebrigens sey das Cabinet bei der vorliegenden Frage gar nicht betheiligt, denn nicht von ihm seyen jene Missionen angeordnet worden. Zugleich bemerkt der Conseilpräsident, daß in Amerika Handelsvortheile zu erlangen waren, welche das Verfahren des vorhergehenden Cabinets rechtfertigten. Dieser Credit, so wie die Supplementarcredite für die Ministerien des Kriegs, des Handels, des Innern und der Finanzen wurden dann ohne Discussion angenommen. Dagegen verweigerte die Kammer bei dem Supplementarcredit für das Justizministerium die Bewilligung einer Summe von 7350 Fr. für die durch Hrn. Teste angeordnete Vermehrung der Staatsräthe im ordentlichen Dienst mit 168 gegen 149 Stimmen.</p><lb/> <p>* In den Bureaux der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> ward der Gesetzesentwurf zur Abholung der irdischen Reste Napoleons eben so günstig, wie in der Kammer selbst aufgenommen. Viele Mitglieder trugen darauf an, die Magdalenenkirche dem Invalidenhotel vorzuziehen. Hr. <hi rendition="#g">Berryer</hi> war dieser Ansicht, und rühmte bei diesem Anlaß die Größe Napoleons in militärischer Hinsicht, tadelte ihn aber als Staatsmann wegen verschiedener Acte, welche die Freiheit überhaupt, hauptsächlich die Unabhängigkeit und die Würde der parlamentarischen Gewalt angetastet hätten. Die Generale Durrieu, Subervic und Pacot, die zu Commissarien ernannt wurden, sprachen sich ebenfalls für die Magdalenenkirche aus, und mehrere Mitglieder trugen bei diesem Anlaß auf Wiederherstellung des Bildes des Kaisers im Ehrenlegionsorden an. In dem fünften Bureau, wo Hr. Thiers und zwei seiner Collegen waren, dauerte die Erörterung länger, und war noch lebhafter. Hr. <hi rendition="#g">Bacot</hi> billigte den Entwurf, war aber gegen die Beisetzung im Invalidenhotel, da man jetzt nicht bloß dem militärischen Ruhme Napoleons, sondern dem, seiner Ansicht nach, viel größern Ruhm als Gesetzgeber seine Huldigung darbringe. Hr. <hi rendition="#g">Thiers</hi> behauptet, diese Betrachtungen seyen lange im Conseil erwogen worden, man habe sich aber für die Invalidenkirche entschieden, nachdem man sich überzeugt, daß dieser Tempel des Ruhms die zwei herrschenden Ideen des Kaisers auf seinem Todtenbette verwirklichen würde, nämlich an den Ufern der Seine zu ruhen, und die religiöse Pflege zu erhalten, zu deren Grundsätzen er sich immer bekannt habe. Ueberdieß müsse man den militärischen Geist auffrischen (deßwegen sey er [Hr. Thiers] auch für den afrikanischen Krieg); alle Soldaten, welche die Veteranen besuchten, werden sich vor dem Schatten Napoleons neu stählen. Deßwegen solle man keine Modificationen an dem Entwurfe vornehmen. Hr. v. Vatry meint, der militärische Geist brauche nicht wieder aufgefrischt zu werden, sondern nur erhalten, er sey nie erloschen. Er wünschte, man sollte dem Entwurf einen Artikel beifügen, kraft dessen der Orden der drei Vließe, der im Moniteur vom 1 August 1809 errichtet worden, hergestellt würde. Der Kaiser habe in diesen Orden jeden Soldaten zugelassen, der durch seine Wunden außer Stand gesetzt worden sey, activen Dienst zu leisten. Diesen könne man dann die Bewachung des Grabes des Kaisers auftragen. Hr. <hi rendition="#g">de la Plesse</hi> trägt an, daß der Civilcodex wieder seinen Namen Code Napoleon annehme, und daß eine Deputation der Kammer nach St. Helena zur Abholung der Asche Napoleons abgeschickt werde. Hr. <hi rendition="#g">Glais Bizoin</hi> fürchtet alle diese außerordentlichen Huldigungsbezeugungen, weil er nicht wie Hr. Rémusat denke, „daß die Freiheit dem Ruhme widerstehen könne;“ er sagt schließlich, daß die Napoleonisten und die andern Prätendenten schon eine Wichtigkeit gewonnen hätten, die er nicht vermehrt sehen möchte. 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Die Ideen Napoleons sind nicht mehr die unserer Zeit. Jene energische Autorität ohne Controle, jener absolute Wille eines Einzigen, jener manchmal blinde Despotismus des Genie's, sie sind für immer verschwunden; der Ruhm unserer Waffen, den Napoleon so hoch gestellt hat, ist heute nicht mehr der Wunsch Frankreichs. Des militärischen Ruhmes satt rückt Frankreich gegenwärtig auf der Bahn der friedlichen Eroberungen der Freiheit und der Industrie vorwärts. In der Stille bereitet sich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1115/0003]
unternehmen.“ Der erwähnte Credit wurde mit 103 gegen 3 Stimmen angenommen.
* Die Deputirtenkammer beschäftigte sich in der Sitzung vom 14 Mai mit dem außerordentlichen Credit für die kriegerischen Operationen in Algier. Die Commission hatte sich zwar einstimmig für die Bewilligiung desselben erklärt, dabei aber in einem Zusatzartikel den Wunsch ausgesprochen, daß die Regierung in der nächsten Session den Kammern ein festes System hinsichtlich der Besetzung Algeriens vorlegen möge. Hr. Allard nahm zuerst das Wort gegen den Antrag der Commission. Eine beschränkte Occupation, meinte er, käme einer gänzlichen Räumung fast gleich. Hr. Berryer glaubte, der Augenblick sey unpassend zu einer Berathung über Occupationssysteme, während die französische Armee in Afrika sich mit den Arabern herumschlage. Er sprach für eine Vertagung jener Frage und für die Bewilligung des Credits. Hr. Thiers erklärte, wenn der Zweck des Zusatzartikels der Commission bloß sey, von der Regierung eine aufrichtige Darlegung des in Algier zu befolgenden Systems zu erlangen, so stimme er demselben bei und die Regierung zeige sich bereit, im nächsten Jahre dieses System vorzulegen. Sollte das Amendement aber bezwecken, in den Augen des Auslandes oder der Araber den Ernst Frankreichs, Algier zu behaupten, zu schwächen, so werde er es mit aller Kraft bekämpfen. Denn man könne in Algier eine starke Stellung nur dann behaupten, wenn man laut die Absicht verkünde, dort eine feste Niederlassung zu gründen. Wenn die französische Occupation in Algier so viele Schwankungen erlitten, so trügen nur das unselige Zaudern und der häufige Wechsel der Systeme die Schuld.“ Die Erklärung des Ministerpräsidenten fand großen Beifall. Die Sitzung dauerte bei Abgang der Post noch fort.
* Deputirtenkammersitzung vom 13 Mai. An der Tagesordnung war die Discussion über die außerordentlichen und die Supplementarcredite für 1839 und 1840. Bei Anlaß des Credits von 450,000 Fr. für außerordentliche Missionen bemerkte Hr. Estancelin, die Anerkennung von Texas und der übrigen kleinen amerikanischen Republiken scheine ihm voreilig. Hr. Thiers gab zu, daß man im Allgemeinen sich nicht zu sehr beeilen dürfe, alle jene kleinen Republiken, mit welchen die Verbindungen weder angenehm noch vortheilhaft seyen, anzuerkennen. Frankreich habe bereits diese traurige Erfahrung gemacht. Uebrigens sey das Cabinet bei der vorliegenden Frage gar nicht betheiligt, denn nicht von ihm seyen jene Missionen angeordnet worden. Zugleich bemerkt der Conseilpräsident, daß in Amerika Handelsvortheile zu erlangen waren, welche das Verfahren des vorhergehenden Cabinets rechtfertigten. Dieser Credit, so wie die Supplementarcredite für die Ministerien des Kriegs, des Handels, des Innern und der Finanzen wurden dann ohne Discussion angenommen. Dagegen verweigerte die Kammer bei dem Supplementarcredit für das Justizministerium die Bewilligung einer Summe von 7350 Fr. für die durch Hrn. Teste angeordnete Vermehrung der Staatsräthe im ordentlichen Dienst mit 168 gegen 149 Stimmen.
* In den Bureaux der Deputirtenkammer ward der Gesetzesentwurf zur Abholung der irdischen Reste Napoleons eben so günstig, wie in der Kammer selbst aufgenommen. Viele Mitglieder trugen darauf an, die Magdalenenkirche dem Invalidenhotel vorzuziehen. Hr. Berryer war dieser Ansicht, und rühmte bei diesem Anlaß die Größe Napoleons in militärischer Hinsicht, tadelte ihn aber als Staatsmann wegen verschiedener Acte, welche die Freiheit überhaupt, hauptsächlich die Unabhängigkeit und die Würde der parlamentarischen Gewalt angetastet hätten. Die Generale Durrieu, Subervic und Pacot, die zu Commissarien ernannt wurden, sprachen sich ebenfalls für die Magdalenenkirche aus, und mehrere Mitglieder trugen bei diesem Anlaß auf Wiederherstellung des Bildes des Kaisers im Ehrenlegionsorden an. In dem fünften Bureau, wo Hr. Thiers und zwei seiner Collegen waren, dauerte die Erörterung länger, und war noch lebhafter. Hr. Bacot billigte den Entwurf, war aber gegen die Beisetzung im Invalidenhotel, da man jetzt nicht bloß dem militärischen Ruhme Napoleons, sondern dem, seiner Ansicht nach, viel größern Ruhm als Gesetzgeber seine Huldigung darbringe. Hr. Thiers behauptet, diese Betrachtungen seyen lange im Conseil erwogen worden, man habe sich aber für die Invalidenkirche entschieden, nachdem man sich überzeugt, daß dieser Tempel des Ruhms die zwei herrschenden Ideen des Kaisers auf seinem Todtenbette verwirklichen würde, nämlich an den Ufern der Seine zu ruhen, und die religiöse Pflege zu erhalten, zu deren Grundsätzen er sich immer bekannt habe. Ueberdieß müsse man den militärischen Geist auffrischen (deßwegen sey er [Hr. Thiers] auch für den afrikanischen Krieg); alle Soldaten, welche die Veteranen besuchten, werden sich vor dem Schatten Napoleons neu stählen. Deßwegen solle man keine Modificationen an dem Entwurfe vornehmen. Hr. v. Vatry meint, der militärische Geist brauche nicht wieder aufgefrischt zu werden, sondern nur erhalten, er sey nie erloschen. Er wünschte, man sollte dem Entwurf einen Artikel beifügen, kraft dessen der Orden der drei Vließe, der im Moniteur vom 1 August 1809 errichtet worden, hergestellt würde. Der Kaiser habe in diesen Orden jeden Soldaten zugelassen, der durch seine Wunden außer Stand gesetzt worden sey, activen Dienst zu leisten. Diesen könne man dann die Bewachung des Grabes des Kaisers auftragen. Hr. de la Plesse trägt an, daß der Civilcodex wieder seinen Namen Code Napoleon annehme, und daß eine Deputation der Kammer nach St. Helena zur Abholung der Asche Napoleons abgeschickt werde. Hr. Glais Bizoin fürchtet alle diese außerordentlichen Huldigungsbezeugungen, weil er nicht wie Hr. Rémusat denke, „daß die Freiheit dem Ruhme widerstehen könne;“ er sagt schließlich, daß die Napoleonisten und die andern Prätendenten schon eine Wichtigkeit gewonnen hätten, die er nicht vermehrt sehen möchte. Hr. Thiers versichert, daß die Anhänger einer Restauration irgend einer Art nur lächerlich seyen, und daß er sie nicht fürchte, daß das Volk seit einigen Jahren in der Achtung für die Gesetze des Landes sehr fortgeschritten sey, und daß er dafür stehe, daß das Gesetz unter dem Beistande von 500 Gendarmen gegen alle verbrecherischen Versuche in Achtung zu erhalten sey; die Rückkehr der Asche Napoleons würde der Regierung nützlich seyn, weil das Land dadurch einen weiteren Beweis von dem Eifer des Königs erhalten habe, sich frei und offen Frankreichs ganzem Ruhme beizugesellen.
Ueber die Versetzung der Ueberreste Napoleons nach Frankreich lassen wir heute noch einige weitere Journalurtheile folgen: „So bedeutend ist – sagt das Journal des Débats – nach zwanzig Jahren noch die Macht dieses großen Namens, daß – wenn er kaum in einer französischen Versammlung ausgesprochen wird – einen Augenblick aller Parteihader aufhört und jeder sich nur die glorreichen Erinnerungen jener Jahre zurückruft. Die Ideen Napoleons sind nicht mehr die unserer Zeit. Jene energische Autorität ohne Controle, jener absolute Wille eines Einzigen, jener manchmal blinde Despotismus des Genie's, sie sind für immer verschwunden; der Ruhm unserer Waffen, den Napoleon so hoch gestellt hat, ist heute nicht mehr der Wunsch Frankreichs. Des militärischen Ruhmes satt rückt Frankreich gegenwärtig auf der Bahn der friedlichen Eroberungen der Freiheit und der Industrie vorwärts. In der Stille bereitet sich
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