Allgemeine Zeitung. Nr. 142. Augsburg, 21. Mai 1840.gewisser Logorburu und ein geheimnißvoller Unbekannter, der den Pfarrer Legarra begleitet hatte und von den Führern Don Ignacio genannt wurde, scheinen allein noch flüchtig oder verborgen. - Eine geheime Junta, die von Perpignan aus zwischen dem Hofe zu Bourges und Cabrera thätige Verbindung unterhielt, wurde unlängst entdeckt und ihre sämmtlichen Papiere weggenommen. Man spricht von gefundenen Anweisungen auf den königlichen Schatz Karls V für außerordentliche Summen. Die Carlisten sind nicht wenig darüber bestürzt. Großbritannien. London, 14 Mai. Prinz Ernst von Sachsen-Coburg hat sich am Montag (11 Mai) in Falmouth nach Lissabon eingeschifft, um seinem Vetter, dem König-Gemahl (King Consort) von Portugal einen Besuch abzustatten; er wird dann binnen sechs Wochen über England nach Deutschland zurückkehren. Als der ermordete Lord William Russell am Vorabend seines Todes den letzten Spaziergang machte, begegnete ihm der Graf von Errol und frug ihn, wie er sich befinde. "So wohl, antwortete der Lord, daß ich eben eine neue Miethzeit meines Lebens anzutreten denke. (I am going to take a fresh lease of my life.) Die früher erwähnte Dogge ist jetzt wieder zum Vorschein gekommen, und durchläuft mit beständigem unruhigem Suchen und Winseln die Zimmer, in deren keinem sie ihren Herrn findet. Auf die gestern erwähnte Rede des Grafen Stanhope über China (in der Oberhaussitzung vom 12 Mai) antwortete Lord Melbourne im Wesentlichen: "Die Anerkennung der Gesetze fremder Länder ist ein moralisch-politischer und commercieller Grundsatz, dessen Bündigkeit ich nicht bestreiten will; nur meine ich nicht, daß wenn es allerdings einer Regierung nicht ansteht, denjenigen ihrer Unterthanen, die jene Gesetze übertreten, Vorschub zu leisten, es ihr nun auch obliege, sie zur Befolgung derselben ihrerseits zu zwingen. Hinsichtlich China's aber ist eine entschiedene Anerkennung der chinesischen Handelsgesetze unsrer Regierung deßhalb immer unmöglich gewesen, weil der schwankende politische Zustand jenes Landes von Jahr zu Jahr eine Aenderung des daselbst befolgten politisch-commerciellen Systems erwarten ließ. Das chinesische Verbot des Opiums datirt erst von 1796, und man wird zugestehen, daß für ein Reich, das seine Geschichte auf vierzigtausend Jahre zurückführt, ein Zeitraum von 40 Jahren nur eine sehr momentane Bedeutung hat. Eben dieß fortwährend Unsichere in der das Ausland betreffenden Gesetzgebung China's hat es aber auch der brittischen Regierung unmöglich gemacht, ihren dort angestellten Agenten bestimmte Instructionen für ihr Verfahren der chinesischen Regierung gegenüber zukommen zu lassen. Was Capitän Elliot betrifft, so kann ich allerdings, bei der großen Entfernung und Neuheit der Verhältnisse, in denen er sich verwickelt findet, nicht angeben, ob die Schritte, die er gethan, immer und in jeder Rücksicht die besten gewesen sind - am wenigsten zu billigen, obwohl auch leicht zu entschuldigen durch seine kritische Lage, und überdieß seine Gereiztheit, scheint sein Feuern auf die Dschunken von Hong Kong und die veranstaltete Blokade -; doch muß ich, so weit mein Urtheil reicht, erklären, daß das Betragen dieses Officiers im Ganzen eben so besonnen und klug als fest und entschlossen gewesen ist. Besonders lobenswerth scheint mir die Entschlossenheit, mit der er Hrn. Dent, den er nach des edlen Grafen Ansicht, den chinesischen Gerichten hätte überantworten müssen, vielmehr nicht ausgeliefert, sondern gegen jede Gewaltthätigkeit sicher gestellt hat. Meint der edle Lord, daß die Annahme seiner Adresse alle unsre Feindseligkeiten mit China wirklich beendigen würde? Sie würde die Feindseligkeiten nicht verhindern, und die Unterhandlungen nur verwirren. Es thut mir leid, daß der Genuß des Opiums in China vorherrscht, ebenso wie es mir leid thut, daß die Leute sich bei uns in geistigen Getränken berauschen. So viel ich weiß, fand es sich noch unter allen Nationen, denen der Genuß von Wein und andern geistigen Getränken durch Sitte oder Religion verboten wurde, daß sie zu andern aufregenden oder betäubenden Mitteln griffen, die in der Regel viel schädlicher wirken. Daß diese Mittel auch beliebter werden können, wundert mich. Denn besteht nicht das Verführerische und mithin Gefährliche von Wein und gebrannten Wassern darin, daß sie mit ihrer berauschenden Kraft auch einen angenehmen Geschmack verbinden? Das Opium ist dagegen durchaus nichts anderes als berauschend, und der Genuß desselben scheint deßhalb weit weniger verführerisch, als der Genuß unsrer geistigen Getränke, die zugleich sehr gut schmecken. (Gelächter.) Indessen zeigt die Erfahrung das Gegentheil, und was die Nichtunterdrückbarkeit des Opiumhandels betrifft, so springt solche bei einem Blick auf die zahllose Bevölkerung China's und auf den schrankenlosen Durst dieser Bevölkerung nach Opium leicht in die Augen. Und wodurch sollte ferner der Anbau des Mohns auf den großen Landstrecken im brittisch-indischen Reiche, die jetzt damit bedeckt sind, ersetzt werden? Ja, wollte selbst unsre Regierung in den unmittelbar von ihr abhängigen Provinzen dieses Reichs den Mohnbau unterdrücken, so würde er doch in den andern unabhängigen Provinzen, z. B. im Pendschab und im Sind, ungestört fortdauern, und den (von uns nicht controlirbaren) brittischen Kaufleuten fortdauernde Mittel zur Betreibung jenes einträglichen Handels liefern. Der in des edlen Lords Adresse auszusprechende Wunsch für vollkommene Unterdrückung des Opiumhandels bezweckt demnach etwas vollkommen Unmögliches, und wir würden durch Aussprechen desselben nichts thun, als bei den andern Staaten trügerische Erwartungen und vielleicht den Verdacht erwecken, daß wir damit, wie mit unsern Beschlüssen gegen den Sklavenhandel vielmehr bezwecken, andere Staaten von einem gewinnreichen Geschäft abzuhalten, als selbst aufrichtig davon abzustehen. Ein anderer Grund aber, warum mir die Annahme der vorgeschlagenen Adresse unräthlich scheint, ist der, daß wir dadurch das Betragen der chinesischen Behörden gegen uns öffentlich billigen, und uns mithin einen der Ausgangspunkte für künftige etwanige Verhandlungen mit China im voraus zerstören würden. Nicht zu gedenken, daß der Styl, in dem die Adresse unser Verhältniß zu China darstellt, keineswegs der passende ist, sondern China so behandelt, wie wir etwa in einer diplomatischen Note Oesterreich oder eine andere verbündete Macht behandeln würden. Ich schließe meine Rede mit der Erklärung, daß allerdings hinsichtlich des Opiumhandels die Annahme eines andern Systems, welches selben weniger begünstigt, und ihn weniger mit den Regierungsacten unsers Landes zu vermengen scheint, ernstliche Betrachtung verdient, daß ich aber für jetzt kein Mittel sehe, ein solches System hervorzurufen, und eine so baldige Aenderung in dieser Sache also weder in meinem noch der Regierung Namen versprechen kann." Der Herzog v. Wellington bemerkte dann im Wesentlichen: "Ich stimme gleichfalls für Beseitigung der vorgeschlagenen Adresse, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil das Haus weder mit den bis jetzt in China vorgefallenen Ereignissen, noch auch mit den der Regierung zu Gebot stehenden Hülfsmitteln für einen etwanigen chinesischen Krieg hinlänglich bekannt ist. Ich wenigstens würde, wenn die Adresse zur Abstimmung käme, eben so wenig gegen als für dieselbe abstimmen mögen: nicht dagegen, weil ich besorgte, die Regierung gewisser Logorburu und ein geheimnißvoller Unbekannter, der den Pfarrer Legarra begleitet hatte und von den Führern Don Ignacio genannt wurde, scheinen allein noch flüchtig oder verborgen. – Eine geheime Junta, die von Perpignan aus zwischen dem Hofe zu Bourges und Cabrera thätige Verbindung unterhielt, wurde unlängst entdeckt und ihre sämmtlichen Papiere weggenommen. Man spricht von gefundenen Anweisungen auf den königlichen Schatz Karls V für außerordentliche Summen. Die Carlisten sind nicht wenig darüber bestürzt. Großbritannien. London, 14 Mai. Prinz Ernst von Sachsen-Coburg hat sich am Montag (11 Mai) in Falmouth nach Lissabon eingeschifft, um seinem Vetter, dem König-Gemahl (King Consort) von Portugal einen Besuch abzustatten; er wird dann binnen sechs Wochen über England nach Deutschland zurückkehren. Als der ermordete Lord William Russell am Vorabend seines Todes den letzten Spaziergang machte, begegnete ihm der Graf von Errol und frug ihn, wie er sich befinde. „So wohl, antwortete der Lord, daß ich eben eine neue Miethzeit meines Lebens anzutreten denke. (I am going to take a fresh lease of my life.) Die früher erwähnte Dogge ist jetzt wieder zum Vorschein gekommen, und durchläuft mit beständigem unruhigem Suchen und Winseln die Zimmer, in deren keinem sie ihren Herrn findet. Auf die gestern erwähnte Rede des Grafen Stanhope über China (in der Oberhaussitzung vom 12 Mai) antwortete Lord Melbourne im Wesentlichen: „Die Anerkennung der Gesetze fremder Länder ist ein moralisch-politischer und commercieller Grundsatz, dessen Bündigkeit ich nicht bestreiten will; nur meine ich nicht, daß wenn es allerdings einer Regierung nicht ansteht, denjenigen ihrer Unterthanen, die jene Gesetze übertreten, Vorschub zu leisten, es ihr nun auch obliege, sie zur Befolgung derselben ihrerseits zu zwingen. Hinsichtlich China's aber ist eine entschiedene Anerkennung der chinesischen Handelsgesetze unsrer Regierung deßhalb immer unmöglich gewesen, weil der schwankende politische Zustand jenes Landes von Jahr zu Jahr eine Aenderung des daselbst befolgten politisch-commerciellen Systems erwarten ließ. Das chinesische Verbot des Opiums datirt erst von 1796, und man wird zugestehen, daß für ein Reich, das seine Geschichte auf vierzigtausend Jahre zurückführt, ein Zeitraum von 40 Jahren nur eine sehr momentane Bedeutung hat. Eben dieß fortwährend Unsichere in der das Ausland betreffenden Gesetzgebung China's hat es aber auch der brittischen Regierung unmöglich gemacht, ihren dort angestellten Agenten bestimmte Instructionen für ihr Verfahren der chinesischen Regierung gegenüber zukommen zu lassen. Was Capitän Elliot betrifft, so kann ich allerdings, bei der großen Entfernung und Neuheit der Verhältnisse, in denen er sich verwickelt findet, nicht angeben, ob die Schritte, die er gethan, immer und in jeder Rücksicht die besten gewesen sind – am wenigsten zu billigen, obwohl auch leicht zu entschuldigen durch seine kritische Lage, und überdieß seine Gereiztheit, scheint sein Feuern auf die Dschunken von Hong Kong und die veranstaltete Blokade –; doch muß ich, so weit mein Urtheil reicht, erklären, daß das Betragen dieses Officiers im Ganzen eben so besonnen und klug als fest und entschlossen gewesen ist. Besonders lobenswerth scheint mir die Entschlossenheit, mit der er Hrn. Dent, den er nach des edlen Grafen Ansicht, den chinesischen Gerichten hätte überantworten müssen, vielmehr nicht ausgeliefert, sondern gegen jede Gewaltthätigkeit sicher gestellt hat. Meint der edle Lord, daß die Annahme seiner Adresse alle unsre Feindseligkeiten mit China wirklich beendigen würde? Sie würde die Feindseligkeiten nicht verhindern, und die Unterhandlungen nur verwirren. Es thut mir leid, daß der Genuß des Opiums in China vorherrscht, ebenso wie es mir leid thut, daß die Leute sich bei uns in geistigen Getränken berauschen. So viel ich weiß, fand es sich noch unter allen Nationen, denen der Genuß von Wein und andern geistigen Getränken durch Sitte oder Religion verboten wurde, daß sie zu andern aufregenden oder betäubenden Mitteln griffen, die in der Regel viel schädlicher wirken. Daß diese Mittel auch beliebter werden können, wundert mich. Denn besteht nicht das Verführerische und mithin Gefährliche von Wein und gebrannten Wassern darin, daß sie mit ihrer berauschenden Kraft auch einen angenehmen Geschmack verbinden? Das Opium ist dagegen durchaus nichts anderes als berauschend, und der Genuß desselben scheint deßhalb weit weniger verführerisch, als der Genuß unsrer geistigen Getränke, die zugleich sehr gut schmecken. (Gelächter.) Indessen zeigt die Erfahrung das Gegentheil, und was die Nichtunterdrückbarkeit des Opiumhandels betrifft, so springt solche bei einem Blick auf die zahllose Bevölkerung China's und auf den schrankenlosen Durst dieser Bevölkerung nach Opium leicht in die Augen. Und wodurch sollte ferner der Anbau des Mohns auf den großen Landstrecken im brittisch-indischen Reiche, die jetzt damit bedeckt sind, ersetzt werden? Ja, wollte selbst unsre Regierung in den unmittelbar von ihr abhängigen Provinzen dieses Reichs den Mohnbau unterdrücken, so würde er doch in den andern unabhängigen Provinzen, z. B. im Pendschab und im Sind, ungestört fortdauern, und den (von uns nicht controlirbaren) brittischen Kaufleuten fortdauernde Mittel zur Betreibung jenes einträglichen Handels liefern. Der in des edlen Lords Adresse auszusprechende Wunsch für vollkommene Unterdrückung des Opiumhandels bezweckt demnach etwas vollkommen Unmögliches, und wir würden durch Aussprechen desselben nichts thun, als bei den andern Staaten trügerische Erwartungen und vielleicht den Verdacht erwecken, daß wir damit, wie mit unsern Beschlüssen gegen den Sklavenhandel vielmehr bezwecken, andere Staaten von einem gewinnreichen Geschäft abzuhalten, als selbst aufrichtig davon abzustehen. Ein anderer Grund aber, warum mir die Annahme der vorgeschlagenen Adresse unräthlich scheint, ist der, daß wir dadurch das Betragen der chinesischen Behörden gegen uns öffentlich billigen, und uns mithin einen der Ausgangspunkte für künftige etwanige Verhandlungen mit China im voraus zerstören würden. Nicht zu gedenken, daß der Styl, in dem die Adresse unser Verhältniß zu China darstellt, keineswegs der passende ist, sondern China so behandelt, wie wir etwa in einer diplomatischen Note Oesterreich oder eine andere verbündete Macht behandeln würden. Ich schließe meine Rede mit der Erklärung, daß allerdings hinsichtlich des Opiumhandels die Annahme eines andern Systems, welches selben weniger begünstigt, und ihn weniger mit den Regierungsacten unsers Landes zu vermengen scheint, ernstliche Betrachtung verdient, daß ich aber für jetzt kein Mittel sehe, ein solches System hervorzurufen, und eine so baldige Aenderung in dieser Sache also weder in meinem noch der Regierung Namen versprechen kann.“ Der Herzog v. Wellington bemerkte dann im Wesentlichen: „Ich stimme gleichfalls für Beseitigung der vorgeschlagenen Adresse, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil das Haus weder mit den bis jetzt in China vorgefallenen Ereignissen, noch auch mit den der Regierung zu Gebot stehenden Hülfsmitteln für einen etwanigen chinesischen Krieg hinlänglich bekannt ist. Ich wenigstens würde, wenn die Adresse zur Abstimmung käme, eben so wenig gegen als für dieselbe abstimmen mögen: nicht dagegen, weil ich besorgte, die Regierung <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0002" n="1130"/> gewisser Logorburu und ein geheimnißvoller Unbekannter, der den Pfarrer Legarra begleitet hatte und von den Führern Don Ignacio genannt wurde, scheinen allein noch flüchtig oder verborgen. – Eine geheime Junta, die von Perpignan aus zwischen dem Hofe zu Bourges und Cabrera thätige Verbindung unterhielt, wurde unlängst entdeckt und ihre sämmtlichen Papiere weggenommen. 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Hinsichtlich China's aber ist eine entschiedene Anerkennung der chinesischen Handelsgesetze unsrer Regierung deßhalb immer unmöglich gewesen, weil der schwankende politische Zustand jenes Landes von Jahr zu Jahr eine Aenderung des daselbst befolgten politisch-commerciellen Systems erwarten ließ. Das chinesische Verbot des Opiums datirt erst von 1796, und man wird zugestehen, daß für ein Reich, das seine Geschichte auf vierzigtausend Jahre zurückführt, ein Zeitraum von 40 Jahren nur eine sehr momentane Bedeutung hat. Eben dieß fortwährend Unsichere in der das Ausland betreffenden Gesetzgebung China's hat es aber auch der brittischen Regierung unmöglich gemacht, ihren dort angestellten Agenten bestimmte Instructionen für ihr Verfahren der chinesischen Regierung gegenüber zukommen zu lassen. Was Capitän Elliot betrifft, so kann ich allerdings, bei der großen Entfernung und Neuheit der Verhältnisse, in denen er sich verwickelt findet, nicht angeben, ob die Schritte, die er gethan, immer und in jeder Rücksicht die besten gewesen sind – am wenigsten zu billigen, obwohl auch leicht zu entschuldigen durch seine kritische Lage, und überdieß seine Gereiztheit, scheint sein Feuern auf die Dschunken von Hong Kong und die veranstaltete Blokade –; doch muß ich, so weit mein Urtheil reicht, erklären, daß das Betragen dieses Officiers im Ganzen eben so besonnen und klug als fest und entschlossen gewesen ist. Besonders lobenswerth scheint mir die Entschlossenheit, mit der er Hrn. Dent, den er nach des edlen Grafen Ansicht, den chinesischen Gerichten hätte überantworten müssen, vielmehr nicht ausgeliefert, sondern gegen jede Gewaltthätigkeit sicher gestellt hat. Meint der edle Lord, daß die Annahme seiner Adresse alle unsre Feindseligkeiten mit China wirklich beendigen würde? Sie würde die Feindseligkeiten nicht verhindern, und die Unterhandlungen nur verwirren. Es thut mir leid, daß der Genuß des Opiums in China vorherrscht, ebenso wie es mir leid thut, daß die Leute sich bei uns in geistigen Getränken berauschen. So viel ich weiß, fand es sich noch unter allen Nationen, denen der Genuß von Wein und andern geistigen Getränken durch Sitte oder Religion verboten wurde, daß sie zu andern aufregenden oder betäubenden Mitteln griffen, die in der Regel viel schädlicher wirken. Daß diese Mittel auch beliebter werden können, wundert mich. Denn besteht nicht das Verführerische und mithin Gefährliche von Wein und gebrannten Wassern darin, daß sie mit ihrer berauschenden Kraft auch einen angenehmen Geschmack verbinden? Das Opium ist dagegen durchaus nichts anderes als berauschend, und der Genuß desselben scheint deßhalb weit weniger verführerisch, als der Genuß unsrer geistigen Getränke, die zugleich sehr gut schmecken. (Gelächter.) Indessen zeigt die Erfahrung das Gegentheil, und was die Nichtunterdrückbarkeit des Opiumhandels betrifft, so springt solche bei einem Blick auf die zahllose Bevölkerung China's und auf den schrankenlosen Durst dieser Bevölkerung nach Opium leicht in die Augen. Und wodurch sollte ferner der Anbau des Mohns auf den großen Landstrecken im brittisch-indischen Reiche, die jetzt damit bedeckt sind, ersetzt werden? Ja, wollte selbst unsre Regierung in den unmittelbar von ihr abhängigen Provinzen dieses Reichs den Mohnbau unterdrücken, so würde er doch in den andern unabhängigen Provinzen, z. B. im Pendschab und im Sind, ungestört fortdauern, und den (von uns nicht controlirbaren) brittischen Kaufleuten fortdauernde Mittel zur Betreibung jenes einträglichen Handels liefern. Der in des edlen Lords Adresse auszusprechende Wunsch für vollkommene Unterdrückung des Opiumhandels bezweckt demnach etwas vollkommen Unmögliches, und wir würden durch Aussprechen desselben nichts thun, als bei den andern Staaten trügerische Erwartungen und vielleicht den Verdacht erwecken, daß wir damit, wie mit unsern Beschlüssen gegen den Sklavenhandel vielmehr bezwecken, andere Staaten von einem gewinnreichen Geschäft abzuhalten, als selbst aufrichtig davon abzustehen. Ein anderer Grund aber, warum mir die Annahme der vorgeschlagenen Adresse unräthlich scheint, ist der, daß wir dadurch das Betragen der chinesischen Behörden gegen uns öffentlich billigen, und uns mithin einen der Ausgangspunkte für künftige etwanige Verhandlungen mit China im voraus zerstören würden. Nicht zu gedenken, daß der Styl, in dem die Adresse unser Verhältniß zu China darstellt, keineswegs der passende ist, sondern China so behandelt, wie wir etwa in einer diplomatischen Note Oesterreich oder eine andere verbündete Macht behandeln würden. Ich schließe meine Rede mit der Erklärung, daß allerdings hinsichtlich des Opiumhandels die Annahme eines andern Systems, welches selben weniger begünstigt, und ihn weniger mit den Regierungsacten unsers Landes zu vermengen scheint, ernstliche Betrachtung verdient, daß ich aber für jetzt kein Mittel sehe, ein solches System hervorzurufen, und eine so baldige Aenderung in dieser Sache also weder in meinem noch der Regierung Namen versprechen kann.“</p><lb/> <p>Der Herzog v. <hi rendition="#g">Wellington</hi> bemerkte dann im Wesentlichen: „Ich stimme gleichfalls für Beseitigung der vorgeschlagenen Adresse, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil das Haus weder mit den bis jetzt in China vorgefallenen Ereignissen, noch auch mit den der Regierung zu Gebot stehenden Hülfsmitteln für einen etwanigen chinesischen Krieg hinlänglich bekannt ist. 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gewisser Logorburu und ein geheimnißvoller Unbekannter, der den Pfarrer Legarra begleitet hatte und von den Führern Don Ignacio genannt wurde, scheinen allein noch flüchtig oder verborgen. – Eine geheime Junta, die von Perpignan aus zwischen dem Hofe zu Bourges und Cabrera thätige Verbindung unterhielt, wurde unlängst entdeckt und ihre sämmtlichen Papiere weggenommen. Man spricht von gefundenen Anweisungen auf den königlichen Schatz Karls V für außerordentliche Summen. Die Carlisten sind nicht wenig darüber bestürzt.
Großbritannien.
_ London, 14 Mai.
Prinz Ernst von Sachsen-Coburg hat sich am Montag (11 Mai) in Falmouth nach Lissabon eingeschifft, um seinem Vetter, dem König-Gemahl (King Consort) von Portugal einen Besuch abzustatten; er wird dann binnen sechs Wochen über England nach Deutschland zurückkehren.
Als der ermordete Lord William Russell am Vorabend seines Todes den letzten Spaziergang machte, begegnete ihm der Graf von Errol und frug ihn, wie er sich befinde. „So wohl, antwortete der Lord, daß ich eben eine neue Miethzeit meines Lebens anzutreten denke. (I am going to take a fresh lease of my life.) Die früher erwähnte Dogge ist jetzt wieder zum Vorschein gekommen, und durchläuft mit beständigem unruhigem Suchen und Winseln die Zimmer, in deren keinem sie ihren Herrn findet.
Auf die gestern erwähnte Rede des Grafen Stanhope über China (in der Oberhaussitzung vom 12 Mai) antwortete Lord Melbourne im Wesentlichen: „Die Anerkennung der Gesetze fremder Länder ist ein moralisch-politischer und commercieller Grundsatz, dessen Bündigkeit ich nicht bestreiten will; nur meine ich nicht, daß wenn es allerdings einer Regierung nicht ansteht, denjenigen ihrer Unterthanen, die jene Gesetze übertreten, Vorschub zu leisten, es ihr nun auch obliege, sie zur Befolgung derselben ihrerseits zu zwingen. Hinsichtlich China's aber ist eine entschiedene Anerkennung der chinesischen Handelsgesetze unsrer Regierung deßhalb immer unmöglich gewesen, weil der schwankende politische Zustand jenes Landes von Jahr zu Jahr eine Aenderung des daselbst befolgten politisch-commerciellen Systems erwarten ließ. Das chinesische Verbot des Opiums datirt erst von 1796, und man wird zugestehen, daß für ein Reich, das seine Geschichte auf vierzigtausend Jahre zurückführt, ein Zeitraum von 40 Jahren nur eine sehr momentane Bedeutung hat. Eben dieß fortwährend Unsichere in der das Ausland betreffenden Gesetzgebung China's hat es aber auch der brittischen Regierung unmöglich gemacht, ihren dort angestellten Agenten bestimmte Instructionen für ihr Verfahren der chinesischen Regierung gegenüber zukommen zu lassen. Was Capitän Elliot betrifft, so kann ich allerdings, bei der großen Entfernung und Neuheit der Verhältnisse, in denen er sich verwickelt findet, nicht angeben, ob die Schritte, die er gethan, immer und in jeder Rücksicht die besten gewesen sind – am wenigsten zu billigen, obwohl auch leicht zu entschuldigen durch seine kritische Lage, und überdieß seine Gereiztheit, scheint sein Feuern auf die Dschunken von Hong Kong und die veranstaltete Blokade –; doch muß ich, so weit mein Urtheil reicht, erklären, daß das Betragen dieses Officiers im Ganzen eben so besonnen und klug als fest und entschlossen gewesen ist. Besonders lobenswerth scheint mir die Entschlossenheit, mit der er Hrn. Dent, den er nach des edlen Grafen Ansicht, den chinesischen Gerichten hätte überantworten müssen, vielmehr nicht ausgeliefert, sondern gegen jede Gewaltthätigkeit sicher gestellt hat. Meint der edle Lord, daß die Annahme seiner Adresse alle unsre Feindseligkeiten mit China wirklich beendigen würde? Sie würde die Feindseligkeiten nicht verhindern, und die Unterhandlungen nur verwirren. Es thut mir leid, daß der Genuß des Opiums in China vorherrscht, ebenso wie es mir leid thut, daß die Leute sich bei uns in geistigen Getränken berauschen. So viel ich weiß, fand es sich noch unter allen Nationen, denen der Genuß von Wein und andern geistigen Getränken durch Sitte oder Religion verboten wurde, daß sie zu andern aufregenden oder betäubenden Mitteln griffen, die in der Regel viel schädlicher wirken. Daß diese Mittel auch beliebter werden können, wundert mich. Denn besteht nicht das Verführerische und mithin Gefährliche von Wein und gebrannten Wassern darin, daß sie mit ihrer berauschenden Kraft auch einen angenehmen Geschmack verbinden? Das Opium ist dagegen durchaus nichts anderes als berauschend, und der Genuß desselben scheint deßhalb weit weniger verführerisch, als der Genuß unsrer geistigen Getränke, die zugleich sehr gut schmecken. (Gelächter.) Indessen zeigt die Erfahrung das Gegentheil, und was die Nichtunterdrückbarkeit des Opiumhandels betrifft, so springt solche bei einem Blick auf die zahllose Bevölkerung China's und auf den schrankenlosen Durst dieser Bevölkerung nach Opium leicht in die Augen. Und wodurch sollte ferner der Anbau des Mohns auf den großen Landstrecken im brittisch-indischen Reiche, die jetzt damit bedeckt sind, ersetzt werden? Ja, wollte selbst unsre Regierung in den unmittelbar von ihr abhängigen Provinzen dieses Reichs den Mohnbau unterdrücken, so würde er doch in den andern unabhängigen Provinzen, z. B. im Pendschab und im Sind, ungestört fortdauern, und den (von uns nicht controlirbaren) brittischen Kaufleuten fortdauernde Mittel zur Betreibung jenes einträglichen Handels liefern. Der in des edlen Lords Adresse auszusprechende Wunsch für vollkommene Unterdrückung des Opiumhandels bezweckt demnach etwas vollkommen Unmögliches, und wir würden durch Aussprechen desselben nichts thun, als bei den andern Staaten trügerische Erwartungen und vielleicht den Verdacht erwecken, daß wir damit, wie mit unsern Beschlüssen gegen den Sklavenhandel vielmehr bezwecken, andere Staaten von einem gewinnreichen Geschäft abzuhalten, als selbst aufrichtig davon abzustehen. Ein anderer Grund aber, warum mir die Annahme der vorgeschlagenen Adresse unräthlich scheint, ist der, daß wir dadurch das Betragen der chinesischen Behörden gegen uns öffentlich billigen, und uns mithin einen der Ausgangspunkte für künftige etwanige Verhandlungen mit China im voraus zerstören würden. Nicht zu gedenken, daß der Styl, in dem die Adresse unser Verhältniß zu China darstellt, keineswegs der passende ist, sondern China so behandelt, wie wir etwa in einer diplomatischen Note Oesterreich oder eine andere verbündete Macht behandeln würden. Ich schließe meine Rede mit der Erklärung, daß allerdings hinsichtlich des Opiumhandels die Annahme eines andern Systems, welches selben weniger begünstigt, und ihn weniger mit den Regierungsacten unsers Landes zu vermengen scheint, ernstliche Betrachtung verdient, daß ich aber für jetzt kein Mittel sehe, ein solches System hervorzurufen, und eine so baldige Aenderung in dieser Sache also weder in meinem noch der Regierung Namen versprechen kann.“
Der Herzog v. Wellington bemerkte dann im Wesentlichen: „Ich stimme gleichfalls für Beseitigung der vorgeschlagenen Adresse, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil das Haus weder mit den bis jetzt in China vorgefallenen Ereignissen, noch auch mit den der Regierung zu Gebot stehenden Hülfsmitteln für einen etwanigen chinesischen Krieg hinlänglich bekannt ist. Ich wenigstens würde, wenn die Adresse zur Abstimmung käme, eben so wenig gegen als für dieselbe abstimmen mögen: nicht dagegen, weil ich besorgte, die Regierung
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