Allgemeine Zeitung. Nr. 146. Augsburg, 25. Mai 1840.hätte, und durch Hrn. Garnier-Pages ersetzt würde, dessen letzte Rede allgemein als trefflich anerkannt wurde. Die Vertheidigung des Hrn. Cousin gegen die Angriffe desselben war schwach und schlecht vorgetragen. Man schließt daraus auf seinen baldigen Austritt aus dem Cabinet. - Nach allen Nachrichten steht Hr. Thiers mit einer hohen Person im besten Vernehmen, insbesondere wegen seiner steten Nachgiebigkeit gegen dieselbe. So wie während seiner frühern Ministerien spielt er auch jetzt den Poltron nur gegen die Linke und gegen einige Journalisten, die ihn des Abends besuchen. Auch die auswärtigen Diplomaten scheinen mit ihm zufrieden; er erklärt ihnen fortwährend, er wünsche in der orientalischen Frage nur ein friedliches Einverständniß. Uebrigens bemerke ich in Betreff des Pariser [irrelevantes Material] Briefs in der Allg. Zeitung vom 13 Mai, daß Hr. Guizot in Betreff der orientalischen Frage fast ausschließlich mit dem König correspondirt. - In Betreff der Verhältnisse des Cabinets mit Hrn. Capo de Feuillide erzählt man sich, ein Freund von Talleyrand und jetzt von Thiers habe bei diesem vor etwa 10 Tagen eines Abends die drei politischen Renegaten Lerminier, Granier de Cassagnac und Capo de Feuillide angetroffen. Bekanntlich haben die beiden ersteren, frühere Liberale, sich nachher in die Dienste des Grafen Mole begeben, den Hr. Lerminier in der Revue des deux Mondes den ersten Staatsmann Europa's nannte, wofür Graf Mole ihn in seinem Salon als den ersten Publicisten Frankreichs begrüßte; nunmehr sind beide mit der Revue des deux Mondes zu Hrn. Thiers übergetreten. Das Publicum lobt Hrn. Capo de Feuillide zum Nachtheil der beiden andern, indem er wenigstens vorgezogen habe, wegzugehen, statt seine Apostasie öffentlich zur Schau zu tragen. Belgien. Brüssel, 17 Mai. Dem neuen Ministerium scheint es hauptsächlich darum zu thun, mit der gegenwärtigen Session zu Ende zu kommen, ohne sich den Chancen einer Discussion, welche die Schwäche seiner Stellung verrathen könnte, auszusetzen. Da keine Möglichkeit mehr vorhanden ist, das Budget des Kriegsdepartements vor Ende der Session gründlich zu discutiren, weil das ministerielle Interregnum zu viel Zeitverlust verursacht hat, so trug der Kriegsminister auf einen provisorischen Credit an, der bis zur nächsten Session ausreichen könnte. Er forderte 17 Millionen, die stricte nothwendig scheinen, um allen Bedürfnissen dieses Departements bis zum nächsten November oder December zu begegnen. Die Kammer dagegen wollte nur 14 Mill. bewilligen - eine Reduction, die entweder die Regierung nöthigen wird, die nächste Session vor der gewöhnlichen Zeit (am zweiten Dienstag im November) zu eröffnen, oder wenigstens gleich in den ersten Tagen abermals einen provisorischen Credit zu begehren. Dennoch enthielt sich das Ministerium jeder Protestation gegen diese der Regierung, in Beziehung auf die nächste Eröffnung der Kammern, in gewisser Hinsicht Gewalt anthuende Beschränkung. - Abbe de Foere, ein Deputirter der Stadt Brügge, der sich seit Jahren mit einem eigenen Systeme über Schifffahrt und Handel herumträgt, hatte die Motion gemacht, eine Commission zur Prüfung dessen, was im Interesse dieser Zweige zu thun sey, einzusetzen. Das Ministerium erklärte in Erwiederung auf diesen Vorschlag, es habe nichts dagegen, daß derselbe den Sectionen zur Prüfung zugewiesen werde, nur behalte es sich vor, zu begehren, daß die Ernennung der Glieder der einzusetzenden Commission von der Regierung ausgehe. Nichts ist mehr dazu geeignet, der Regierung, als Haupt der Verwaltung, ins Handwerk zu greifen, und ihre Prärogative den Kammern zum Opfer zu bringen, als die einseitige, bloß von letztern, oder von einer derselben ausgehende Einsetzung von Commissionen dieser Art. Dennoch schlug die Centralsection, indem sie sich zu Gunsten der de Foere'schen Motion aussprach, zugleich vor, daß die Commission ausschließlich von der Repräsentantenkammer ernannt werden sollte. Anstatt nun, in Uebereinstimmung mit seiner ersten Erklärung, gegen diesen Vorschlag aufzutreten, lenkte das Ministerium ein, und überließ ohne Widerspruch der Kammer diese Ernennung, nur verwahrte es sich gegen die Consequenz, als gebe es hiemit zu, daß es sich an das Resultat der Arbeiten dieser Commission zu binden habe. So ließen sich noch andere Züge anführen, die von dem Vorsatze zeugen, jedem Conflicte auszuweichen. Die Zeit zwischen der gegenwärtigen und nächsten Session wird dann das neue Cabinet darauf verwenden, seine Positionen, so viel es in seinen Kräften steht, zu verstärken. Das nächste Mittel hiezu besteht in der Entfernung aller mehr oder weniger Einfluß ausübenden Beamten, auf die es sich nicht ganz verlassen zu können glaubt. Schon ist in dem Ministerium des Innern und in der Verwaltung der Provinz Brabant hiemit der Anfang gemacht worden, wobei es sich mehr und mehr offenbart, daß man die Katholiken durch Liberale zu ersetzen sucht, das neue Ministerium mithin bei den letztern seine Stütze zu finden hofft. Ich schrieb Ihnen schon, daß dieß nicht ohne Zugeständnisse von Seite der Minister zu erlangen sey, denn nur unter der Bedingung, daß man entschieden auf ihre Seite übergehe, wollen die Liberalen ihre Mitwirkung dem neuen Cabinette zu Gute kommen lassen. Ihre Blätter erklärten dieß zu wiederholtenmalen, und die gestrige Wiedererwählung des Hrn. Lebeau im Brüsseler Wahlcollegium liefert hievon einen thatsächlichen Beweis. Hr. Lebeau war nämlich Deputirter für Brüssel, mußte sich nun aber, nachdem er zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden, einer neuen Wahl unterwerfen. Bei seiner frühern Wahl war es ihm kaum gelungen, eine Majorität für sich zu erlangen; denn er war damals gar nicht der Mann der Liberalen; diesesmal schien die Sache ebenfalls zweifelhaft. Da nun die Liberalen sich durchgehends um die hiesigen Maurerlogen gruppiren, so entspann sich eine Unterhandlung mit einem der Chefs derselben, dem Advocaten und Deputirten Verhaeghen, welcher als erste Bedingung seiner Unterstützung die Wiedereinsetzung in irgend ein bedeutendes Amt des Großmeisters der belgischen Logen, Hrn. v. Stassart, forderte, den das frühere Ministerium wegen seiner Wahlintriguen von dem Gouvernement der Provinz Brabant entfernt und pensionirt hatte. Diese Bedingung wurde zugestanden, und da die Katholiken sich diesesmal um die Wahl fast gar nicht gekümmert, so stimmten gestern von 898 Wählern 847 für Hrn. Lebeau. Schon hat eines unserer Blätter diese Thatsache divulgirt, sie dürfte daher bald zu leidenschaftlichen Erörterungen Anlaß geben. Niederlande. Haag, 18 Mai. In der Abendsitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden die Berathungen über die Gesetzentwürfe in Betreff des Budgets geschlossen. Der Gesetzentwurf zur Feststellung der Staatsausgaben für das laufende Jahr ward mit einer Stimmenmehrheit von 32 gegen 22 und der Gesetzentwurf zur Bestimmung der Staatsmittel für dieses Jahr mit einer Stimmenmehrheit von 33 gegen 21 angenommen. (Holl. Bl.) Deutschland. Karlsruhe, 18 Mai. Berathung der zweiten Kammer über das Strafgesetz. In den §§. 627 und 628 sind wissentlich falsche Beurkundungen, die ein Beamter in Protokollen oder andern öffentlichen Urkunden macht, mit der Strafe der Urkundenfälschung hätte, und durch Hrn. Garnier-Pagès ersetzt würde, dessen letzte Rede allgemein als trefflich anerkannt wurde. Die Vertheidigung des Hrn. Cousin gegen die Angriffe desselben war schwach und schlecht vorgetragen. Man schließt daraus auf seinen baldigen Austritt aus dem Cabinet. – Nach allen Nachrichten steht Hr. Thiers mit einer hohen Person im besten Vernehmen, insbesondere wegen seiner steten Nachgiebigkeit gegen dieselbe. So wie während seiner frühern Ministerien spielt er auch jetzt den Poltron nur gegen die Linke und gegen einige Journalisten, die ihn des Abends besuchen. Auch die auswärtigen Diplomaten scheinen mit ihm zufrieden; er erklärt ihnen fortwährend, er wünsche in der orientalischen Frage nur ein friedliches Einverständniß. Uebrigens bemerke ich in Betreff des Pariser [irrelevantes Material] Briefs in der Allg. Zeitung vom 13 Mai, daß Hr. Guizot in Betreff der orientalischen Frage fast ausschließlich mit dem König correspondirt. – In Betreff der Verhältnisse des Cabinets mit Hrn. Capo de Feuillide erzählt man sich, ein Freund von Talleyrand und jetzt von Thiers habe bei diesem vor etwa 10 Tagen eines Abends die drei politischen Renegaten Lerminier, Granier de Cassagnac und Capo de Feuillide angetroffen. Bekanntlich haben die beiden ersteren, frühere Liberale, sich nachher in die Dienste des Grafen Molé begeben, den Hr. Lerminier in der Revue des deux Mondes den ersten Staatsmann Europa's nannte, wofür Graf Molé ihn in seinem Salon als den ersten Publicisten Frankreichs begrüßte; nunmehr sind beide mit der Revue des deux Mondes zu Hrn. Thiers übergetreten. Das Publicum lobt Hrn. Capo de Feuillide zum Nachtheil der beiden andern, indem er wenigstens vorgezogen habe, wegzugehen, statt seine Apostasie öffentlich zur Schau zu tragen. Belgien. Brüssel, 17 Mai. Dem neuen Ministerium scheint es hauptsächlich darum zu thun, mit der gegenwärtigen Session zu Ende zu kommen, ohne sich den Chancen einer Discussion, welche die Schwäche seiner Stellung verrathen könnte, auszusetzen. Da keine Möglichkeit mehr vorhanden ist, das Budget des Kriegsdepartements vor Ende der Session gründlich zu discutiren, weil das ministerielle Interregnum zu viel Zeitverlust verursacht hat, so trug der Kriegsminister auf einen provisorischen Credit an, der bis zur nächsten Session ausreichen könnte. Er forderte 17 Millionen, die stricte nothwendig scheinen, um allen Bedürfnissen dieses Departements bis zum nächsten November oder December zu begegnen. Die Kammer dagegen wollte nur 14 Mill. bewilligen – eine Reduction, die entweder die Regierung nöthigen wird, die nächste Session vor der gewöhnlichen Zeit (am zweiten Dienstag im November) zu eröffnen, oder wenigstens gleich in den ersten Tagen abermals einen provisorischen Credit zu begehren. Dennoch enthielt sich das Ministerium jeder Protestation gegen diese der Regierung, in Beziehung auf die nächste Eröffnung der Kammern, in gewisser Hinsicht Gewalt anthuende Beschränkung. – Abbé de Foere, ein Deputirter der Stadt Brügge, der sich seit Jahren mit einem eigenen Systeme über Schifffahrt und Handel herumträgt, hatte die Motion gemacht, eine Commission zur Prüfung dessen, was im Interesse dieser Zweige zu thun sey, einzusetzen. Das Ministerium erklärte in Erwiederung auf diesen Vorschlag, es habe nichts dagegen, daß derselbe den Sectionen zur Prüfung zugewiesen werde, nur behalte es sich vor, zu begehren, daß die Ernennung der Glieder der einzusetzenden Commission von der Regierung ausgehe. Nichts ist mehr dazu geeignet, der Regierung, als Haupt der Verwaltung, ins Handwerk zu greifen, und ihre Prärogative den Kammern zum Opfer zu bringen, als die einseitige, bloß von letztern, oder von einer derselben ausgehende Einsetzung von Commissionen dieser Art. Dennoch schlug die Centralsection, indem sie sich zu Gunsten der de Foere'schen Motion aussprach, zugleich vor, daß die Commission ausschließlich von der Repräsentantenkammer ernannt werden sollte. Anstatt nun, in Uebereinstimmung mit seiner ersten Erklärung, gegen diesen Vorschlag aufzutreten, lenkte das Ministerium ein, und überließ ohne Widerspruch der Kammer diese Ernennung, nur verwahrte es sich gegen die Consequenz, als gebe es hiemit zu, daß es sich an das Resultat der Arbeiten dieser Commission zu binden habe. So ließen sich noch andere Züge anführen, die von dem Vorsatze zeugen, jedem Conflicte auszuweichen. Die Zeit zwischen der gegenwärtigen und nächsten Session wird dann das neue Cabinet darauf verwenden, seine Positionen, so viel es in seinen Kräften steht, zu verstärken. Das nächste Mittel hiezu besteht in der Entfernung aller mehr oder weniger Einfluß ausübenden Beamten, auf die es sich nicht ganz verlassen zu können glaubt. Schon ist in dem Ministerium des Innern und in der Verwaltung der Provinz Brabant hiemit der Anfang gemacht worden, wobei es sich mehr und mehr offenbart, daß man die Katholiken durch Liberale zu ersetzen sucht, das neue Ministerium mithin bei den letztern seine Stütze zu finden hofft. Ich schrieb Ihnen schon, daß dieß nicht ohne Zugeständnisse von Seite der Minister zu erlangen sey, denn nur unter der Bedingung, daß man entschieden auf ihre Seite übergehe, wollen die Liberalen ihre Mitwirkung dem neuen Cabinette zu Gute kommen lassen. Ihre Blätter erklärten dieß zu wiederholtenmalen, und die gestrige Wiedererwählung des Hrn. Lebeau im Brüsseler Wahlcollegium liefert hievon einen thatsächlichen Beweis. Hr. Lebeau war nämlich Deputirter für Brüssel, mußte sich nun aber, nachdem er zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden, einer neuen Wahl unterwerfen. Bei seiner frühern Wahl war es ihm kaum gelungen, eine Majorität für sich zu erlangen; denn er war damals gar nicht der Mann der Liberalen; diesesmal schien die Sache ebenfalls zweifelhaft. Da nun die Liberalen sich durchgehends um die hiesigen Maurerlogen gruppiren, so entspann sich eine Unterhandlung mit einem der Chefs derselben, dem Advocaten und Deputirten Verhaeghen, welcher als erste Bedingung seiner Unterstützung die Wiedereinsetzung in irgend ein bedeutendes Amt des Großmeisters der belgischen Logen, Hrn. v. Stassart, forderte, den das frühere Ministerium wegen seiner Wahlintriguen von dem Gouvernement der Provinz Brabant entfernt und pensionirt hatte. Diese Bedingung wurde zugestanden, und da die Katholiken sich diesesmal um die Wahl fast gar nicht gekümmert, so stimmten gestern von 898 Wählern 847 für Hrn. Lebeau. Schon hat eines unserer Blätter diese Thatsache divulgirt, sie dürfte daher bald zu leidenschaftlichen Erörterungen Anlaß geben. Niederlande. Haag, 18 Mai. In der Abendsitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden die Berathungen über die Gesetzentwürfe in Betreff des Budgets geschlossen. Der Gesetzentwurf zur Feststellung der Staatsausgaben für das laufende Jahr ward mit einer Stimmenmehrheit von 32 gegen 22 und der Gesetzentwurf zur Bestimmung der Staatsmittel für dieses Jahr mit einer Stimmenmehrheit von 33 gegen 21 angenommen. (Holl. Bl.) Deutschland. Karlsruhe, 18 Mai. Berathung der zweiten Kammer über das Strafgesetz. In den §§. 627 und 628 sind wissentlich falsche Beurkundungen, die ein Beamter in Protokollen oder andern öffentlichen Urkunden macht, mit der Strafe der Urkundenfälschung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="1164"/> hätte, und durch Hrn. Garnier-Pagès ersetzt würde, dessen letzte Rede allgemein als trefflich anerkannt wurde. Die Vertheidigung des Hrn. Cousin gegen die Angriffe desselben war schwach und schlecht vorgetragen. 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Er forderte 17 Millionen, die stricte nothwendig scheinen, um allen Bedürfnissen dieses Departements bis zum nächsten November oder December zu begegnen. Die Kammer dagegen wollte nur 14 Mill. bewilligen – eine Reduction, die entweder die Regierung nöthigen wird, die nächste Session vor der gewöhnlichen Zeit (am zweiten Dienstag im November) zu eröffnen, oder wenigstens gleich in den ersten Tagen abermals einen provisorischen Credit zu begehren. Dennoch enthielt sich das Ministerium jeder Protestation gegen diese der Regierung, in Beziehung auf die nächste Eröffnung der Kammern, in gewisser Hinsicht Gewalt anthuende Beschränkung. – Abbé de Foere, ein Deputirter der Stadt Brügge, der sich seit Jahren mit einem eigenen Systeme über Schifffahrt und Handel herumträgt, hatte die Motion gemacht, eine Commission zur Prüfung dessen, was im Interesse dieser Zweige zu thun sey, einzusetzen. Das Ministerium erklärte in Erwiederung auf diesen Vorschlag, es habe nichts dagegen, daß derselbe den Sectionen zur Prüfung zugewiesen werde, nur behalte es sich vor, zu begehren, daß die Ernennung der Glieder der einzusetzenden Commission von der Regierung ausgehe. Nichts ist mehr dazu geeignet, der Regierung, als Haupt der Verwaltung, ins Handwerk zu greifen, und ihre Prärogative den Kammern zum Opfer zu bringen, als die einseitige, bloß von letztern, oder von einer derselben ausgehende Einsetzung von Commissionen dieser Art. Dennoch schlug die Centralsection, indem sie sich zu Gunsten der de Foere'schen Motion aussprach, zugleich vor, daß die Commission ausschließlich von der Repräsentantenkammer ernannt werden sollte. Anstatt nun, in Uebereinstimmung mit seiner ersten Erklärung, gegen diesen Vorschlag aufzutreten, lenkte das Ministerium ein, und überließ ohne Widerspruch der Kammer diese Ernennung, nur verwahrte es sich gegen die Consequenz, als gebe es hiemit zu, daß es sich an das Resultat der Arbeiten dieser Commission zu binden habe. So ließen sich noch andere Züge anführen, die von dem Vorsatze zeugen, jedem Conflicte auszuweichen. Die Zeit zwischen der gegenwärtigen und nächsten Session wird dann das neue Cabinet darauf verwenden, seine Positionen, so viel es in seinen Kräften steht, zu verstärken. Das nächste Mittel hiezu besteht in der Entfernung aller mehr oder weniger Einfluß ausübenden Beamten, auf die es sich nicht ganz verlassen zu können glaubt. Schon ist in dem Ministerium des Innern und in der Verwaltung der Provinz Brabant hiemit der Anfang gemacht worden, wobei es sich mehr und mehr offenbart, daß man die Katholiken durch Liberale zu ersetzen sucht, das neue Ministerium mithin bei den letztern seine Stütze zu finden hofft. Ich schrieb Ihnen schon, daß dieß nicht ohne Zugeständnisse von Seite der Minister zu erlangen sey, denn nur unter der Bedingung, daß man entschieden auf ihre Seite übergehe, wollen die Liberalen ihre Mitwirkung dem neuen Cabinette zu Gute kommen lassen. Ihre Blätter erklärten dieß zu wiederholtenmalen, und die gestrige Wiedererwählung des Hrn. Lebeau im Brüsseler Wahlcollegium liefert hievon einen thatsächlichen Beweis. Hr. Lebeau war nämlich Deputirter für Brüssel, mußte sich nun aber, nachdem er zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden, einer neuen Wahl unterwerfen. Bei seiner frühern Wahl war es ihm kaum gelungen, eine Majorität für sich zu erlangen; denn er war damals gar nicht der Mann der Liberalen; diesesmal schien die Sache ebenfalls zweifelhaft. Da nun die Liberalen sich durchgehends um die hiesigen Maurerlogen gruppiren, so entspann sich eine Unterhandlung mit einem der Chefs derselben, dem Advocaten und Deputirten Verhaeghen, welcher als erste Bedingung seiner Unterstützung die Wiedereinsetzung in irgend ein bedeutendes Amt des Großmeisters der belgischen Logen, Hrn. v. Stassart, forderte, den das frühere Ministerium wegen seiner Wahlintriguen von dem Gouvernement der Provinz Brabant entfernt und pensionirt hatte. Diese Bedingung wurde zugestanden, und da die Katholiken sich diesesmal um die Wahl fast gar nicht gekümmert, so stimmten gestern von 898 Wählern 847 für Hrn. Lebeau. 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Belgien.
_ Brüssel, 17 Mai. Dem neuen Ministerium scheint es hauptsächlich darum zu thun, mit der gegenwärtigen Session zu Ende zu kommen, ohne sich den Chancen einer Discussion, welche die Schwäche seiner Stellung verrathen könnte, auszusetzen. Da keine Möglichkeit mehr vorhanden ist, das Budget des Kriegsdepartements vor Ende der Session gründlich zu discutiren, weil das ministerielle Interregnum zu viel Zeitverlust verursacht hat, so trug der Kriegsminister auf einen provisorischen Credit an, der bis zur nächsten Session ausreichen könnte. Er forderte 17 Millionen, die stricte nothwendig scheinen, um allen Bedürfnissen dieses Departements bis zum nächsten November oder December zu begegnen. Die Kammer dagegen wollte nur 14 Mill. bewilligen – eine Reduction, die entweder die Regierung nöthigen wird, die nächste Session vor der gewöhnlichen Zeit (am zweiten Dienstag im November) zu eröffnen, oder wenigstens gleich in den ersten Tagen abermals einen provisorischen Credit zu begehren. Dennoch enthielt sich das Ministerium jeder Protestation gegen diese der Regierung, in Beziehung auf die nächste Eröffnung der Kammern, in gewisser Hinsicht Gewalt anthuende Beschränkung. – Abbé de Foere, ein Deputirter der Stadt Brügge, der sich seit Jahren mit einem eigenen Systeme über Schifffahrt und Handel herumträgt, hatte die Motion gemacht, eine Commission zur Prüfung dessen, was im Interesse dieser Zweige zu thun sey, einzusetzen. Das Ministerium erklärte in Erwiederung auf diesen Vorschlag, es habe nichts dagegen, daß derselbe den Sectionen zur Prüfung zugewiesen werde, nur behalte es sich vor, zu begehren, daß die Ernennung der Glieder der einzusetzenden Commission von der Regierung ausgehe. Nichts ist mehr dazu geeignet, der Regierung, als Haupt der Verwaltung, ins Handwerk zu greifen, und ihre Prärogative den Kammern zum Opfer zu bringen, als die einseitige, bloß von letztern, oder von einer derselben ausgehende Einsetzung von Commissionen dieser Art. Dennoch schlug die Centralsection, indem sie sich zu Gunsten der de Foere'schen Motion aussprach, zugleich vor, daß die Commission ausschließlich von der Repräsentantenkammer ernannt werden sollte. Anstatt nun, in Uebereinstimmung mit seiner ersten Erklärung, gegen diesen Vorschlag aufzutreten, lenkte das Ministerium ein, und überließ ohne Widerspruch der Kammer diese Ernennung, nur verwahrte es sich gegen die Consequenz, als gebe es hiemit zu, daß es sich an das Resultat der Arbeiten dieser Commission zu binden habe. So ließen sich noch andere Züge anführen, die von dem Vorsatze zeugen, jedem Conflicte auszuweichen. Die Zeit zwischen der gegenwärtigen und nächsten Session wird dann das neue Cabinet darauf verwenden, seine Positionen, so viel es in seinen Kräften steht, zu verstärken. Das nächste Mittel hiezu besteht in der Entfernung aller mehr oder weniger Einfluß ausübenden Beamten, auf die es sich nicht ganz verlassen zu können glaubt. Schon ist in dem Ministerium des Innern und in der Verwaltung der Provinz Brabant hiemit der Anfang gemacht worden, wobei es sich mehr und mehr offenbart, daß man die Katholiken durch Liberale zu ersetzen sucht, das neue Ministerium mithin bei den letztern seine Stütze zu finden hofft. Ich schrieb Ihnen schon, daß dieß nicht ohne Zugeständnisse von Seite der Minister zu erlangen sey, denn nur unter der Bedingung, daß man entschieden auf ihre Seite übergehe, wollen die Liberalen ihre Mitwirkung dem neuen Cabinette zu Gute kommen lassen. Ihre Blätter erklärten dieß zu wiederholtenmalen, und die gestrige Wiedererwählung des Hrn. Lebeau im Brüsseler Wahlcollegium liefert hievon einen thatsächlichen Beweis. Hr. Lebeau war nämlich Deputirter für Brüssel, mußte sich nun aber, nachdem er zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden, einer neuen Wahl unterwerfen. Bei seiner frühern Wahl war es ihm kaum gelungen, eine Majorität für sich zu erlangen; denn er war damals gar nicht der Mann der Liberalen; diesesmal schien die Sache ebenfalls zweifelhaft. Da nun die Liberalen sich durchgehends um die hiesigen Maurerlogen gruppiren, so entspann sich eine Unterhandlung mit einem der Chefs derselben, dem Advocaten und Deputirten Verhaeghen, welcher als erste Bedingung seiner Unterstützung die Wiedereinsetzung in irgend ein bedeutendes Amt des Großmeisters der belgischen Logen, Hrn. v. Stassart, forderte, den das frühere Ministerium wegen seiner Wahlintriguen von dem Gouvernement der Provinz Brabant entfernt und pensionirt hatte. Diese Bedingung wurde zugestanden, und da die Katholiken sich diesesmal um die Wahl fast gar nicht gekümmert, so stimmten gestern von 898 Wählern 847 für Hrn. Lebeau. Schon hat eines unserer Blätter diese Thatsache divulgirt, sie dürfte daher bald zu leidenschaftlichen Erörterungen Anlaß geben.
Niederlande.
_ Haag, 18 Mai. In der Abendsitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden die Berathungen über die Gesetzentwürfe in Betreff des Budgets geschlossen. Der Gesetzentwurf zur Feststellung der Staatsausgaben für das laufende Jahr ward mit einer Stimmenmehrheit von 32 gegen 22 und der Gesetzentwurf zur Bestimmung der Staatsmittel für dieses Jahr mit einer Stimmenmehrheit von 33 gegen 21 angenommen. (Holl. Bl.)
Deutschland.
_ Karlsruhe, 18 Mai. Berathung der zweiten Kammer über das Strafgesetz. In den §§. 627 und 628 sind wissentlich falsche Beurkundungen, die ein Beamter in Protokollen oder andern öffentlichen Urkunden macht, mit der Strafe der Urkundenfälschung
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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