Allgemeine Zeitung. Nr. 147. Augsburg, 26. Mai 1840.Volksbewußtseyns vertreten wurde. Mögen die Tories, um eines augenblicklichen Parteitriumphes willen, das Vaterland nicht in eine so große Gefahr stürzen! Frankreich. Paris, 21 Mai Die gestern erwähnte Rede des Conseilpräsidenten über die Bank füllte fast die ganze Sitzung der Deputirtenkammer vom 20 Mai aus. Nach ihm sprach Hr. Garnier-Pages nur noch wenige Worte, worauf die Kammer zur Abstimmung schritt. Ueber das beste Banksystem, sagte Hr. Thiers, sey man längst aufgeklärt. Möge man nun die gegenwärtige Organisation der französischen Bank bloß auf 25 Jahre oder auf drei Jahrhunderte verlängern, so könne man doch keine wesentliche Verbesserung einführen. Hr. Thiers ging in eine sehr ausführliche Schilderung der Einrichtung der Bank ein von ihrer Entstehung an. Ihr Capital, bei ihrer Gründung unter Napoleon, belief sich auf 30 Millionen; später wurde es auf 45 Millionen erhöht, und jede Concurrenz beseitigt. Im Jahr 1805 erlitt die Bank eine plötzliche Krise. Der damalige Finanzminister war Schuld daran. Er hatte der Bank für 6 Millionen Obligationen der Generaleinnehmer übergeben, während zugleich das in den Cassen der Generaleinnehmer befindliche baare Geld den Bankiers, welche die Finanzangelegenheiten des Staats besorgten, übergeben wurde. Als die Bank die Obligationen verwerthen wollte, fand sie die Cassen der Einnehmer leer und mußte nun gleichfalls ihre Zahlungen einstellen. Napoleon kam damals von Austerlitz, sehr zornig, daß inmitten seiner Siege die Bank zahlungsunfähig geworden, zurück. Er erhöhte hierauf ihr Capital auf 90 Millionen, und gab ihr die Organisation, welche sie seitdem unverändert beibehalten hat. "Die Bank, fuhr Hr. Thiers fort, hat seitdem Frankreich unermeßliche Dienste geleistet, namentlich in den Jahren 1830 und 1831. Wenn man auch nicht sagen kann, daß die Bank allein damals Frankreich gerettet hat, so ist es doch sicher, daß sie mächtig zur seiner Rettung beigetragen. Es gab Tage, wo der Schatz ohne den Beistand der Bank seine laufenden Zahlungen nicht hätte leisten können. Sie gab ihm 130 Millionen, als ihm alle übrigen Cassen verschlossen waren. (Bewegung.)" Hr. Thiers suchte sodann alle gegen die Bankeinrichtung vorgebrachten Argumente ihrer Gegner, namentlich des Hrn. Garnier-Pages, zu widerlegen. Die Bank discontirte im Jahr 1838 Papiere für den ungeheuern Betrag von 804 Millionen, wovon auf die dreißig Mitglieder des Bankcomite's 46 Millionen kamen; der ganze Rest von 758 Millionen traf die übrigen Kaufleute, Manufacturisten etc. Die Zahl der Unterschriften bei den zu discontirenden Papieren von drei auf zwei herabzusetzen, hält Hr. Thiers für unstatthaft. Denn Individuen, welche nur zwei Unterschriften aufbringen könnten, seyen natürlich weniger solid und zahlungsfähig, als die, welche eine Garantie von drei Unterschriften vorzulegen vermöchten. Ein weiterer Grund, daß die Bank bei dieser Forderung beharren müsse, sey die für sie vortheilhafte Existenz von Nebenbanken, welche mit zwei Unterschriften sich begnügen und dadurch der französischen Bank die Last des Untersuchens einer allzugroßen, zur Discontirung vorliegenden Masse von Papieren erleichtern. Den Termin des Disconto von drei auf vier Monate zu verlängern sey, meinte Hr. Thiers, nicht rathsam, weil Handel und Industrie sich längst an diesen Termin gewöhnt hätten, und ein plötzliches Herausreißen aus dieser Gewohnheit nur Verwirrung in den Geschäften zur Folge haben könnte. Die Festsetzung des Disconto-Betrags müsse dem Bankconseil überlassen bleiben, weil derselbe immer nach der Bewegung des Handels sich richte und daher nicht auf Jahre hinaus durch ein Gesetz bestimmt werden könne. Hr. Thiers stellte endlich noch interessante Vergleiche zwischen der französischen Bank und denen des Auslands an. (Wir werden aus diesem Theil seiner Rede einige Nachträge geben). Nach einigen kurzen Bemerkungen des Hrn. Garnier-Pages nahm die Kammer den ersten Artikel des Gesetzesentwurfs an, mit dem Amendement der Commission, demzufolge das Privilegium der Bank bis zum 31 December 1867 verlängert bleibt. [irrelevantes Material] Die Deputirtenkammer nahm in der Sitzung vom 21 Mai alle übrigen Artikel des Gesetzesentwurfs über die Bank unverändert an. Der Artikel 6 lautet: "Die Comptoirs der Bank zur Discontirung können nur durch eine königliche Ordonnanz auf das Verlangen des Generalconseils der Bank eingesetzt oder unterdrückt werden." Hr. Leyval hatte statt dieses Artikels folgende Bestimmungen vorgeschlagen: "In den Städten, wo es die Bedürfnisse des Handels erfordern, werden Discontirungscomptoirs errichtet. Ihre Einsetzung und Organisation wird durch königl. Ordonnanzen auf das Verlangen der Handelskammern regulirt." Dieses Amendement wurde vom Handelsminister, den HH. Lefebvre und Dufaure bekämpft und verworfen. Das gleiche Schicksal hatten alle übrigen Amendements. Bei der Abstimmung über den ganzen Entwurf ergaben sich 252 weiße und 58 schwarze Kugeln. Am 17 Mai starb in Paris Hr. Brochant de Villiers, Generalinspector der Bergwerke, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Bei seinem Begräbniß auf dem Kirchhof Pere Lachaise hielten Hr. Brongniart, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und Hr. Migneron, Inspector der Bergwerke, sehr ergreifende Reden, worin sie den großen Verdiensten des Verewigten ihre Huldigung darbrachten. Dieß ist der fünfte Verlust, den die Akademie seit vier Wochen erlitt. Ein Journal sagt: "Die Pairskammer hat zuweilen gewisse Oppositionsgelüste, und man dürfte sich nicht wundern, wenn sie den von der Deputirtenkammer angenommenen Entwurf der Rentenconversion verwürfe. Hr. Thiers soll ziemlich unbekümmert darüber seyn; er verbirgt seinen Freunden das Mittel nicht, das er anwenden würde, um die Kammer folgsamer zu machen: "Sollten sich, sagte er, diese Herren allzu widerspänstig zeigen, so schlage ich dem Palais Bourbon die Ehrenherstellung des Marschalls Ney vor." (Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 20 Mai. Teniah de Muzaia, 13 Mai. Marschall Valee an den Kriegsminister. Der Col von Muzaia ward gestern von der Armee nach einem glänzenden Treffen gegen die Gesammtmacht Abd-El-Kaders genommen. Die Armee baut die Straße, die nach Medeah führen soll. Unsere Verluste waren nicht sehr bedeutend. Die Prinzen befinden sich wohl. Die französische Armee hat sonach den directen Weg nach Medeah eingeschlagen, wie die Besetzung von Hausch-Musaya sogleich vermuthen ließ. Das Journal des Debats begleitet die telegraphische Depesche mit einem Commentar, und erinnert, daß der Engpaß Teniah auf dem Stammgebiet Musaya dreimal schon von der französischen Armee überschritten worden: das erstemal vom Marschall Clauzel am 22 November 1830 mit einem Verlust von 200 Mann an Todten und Verwundeten, das zweitemal vom General Boyer, welcher der ausgehungerten Besatzung Lebensmittel zuführte; den dritten Zug unternahm General Berthezene, dessen kleines Heer auf dem Rückwege sehr beträchtlichen Verlust erlitt. (Das Journal des Debats vergißt eine vierte Expedition, welche unter dem Marschall Clauzel im Jahre 1836 stattfand). Der Engpaß Teniah ist fünf Marschstunden von Hausch-Musaya und vier von Medeah entfernt. Seine Höhe über der Ebene beträgt Volksbewußtseyns vertreten wurde. Mögen die Tories, um eines augenblicklichen Parteitriumphes willen, das Vaterland nicht in eine so große Gefahr stürzen! Frankreich. Paris, 21 Mai Die gestern erwähnte Rede des Conseilpräsidenten über die Bank füllte fast die ganze Sitzung der Deputirtenkammer vom 20 Mai aus. Nach ihm sprach Hr. Garnier-Pagès nur noch wenige Worte, worauf die Kammer zur Abstimmung schritt. Ueber das beste Banksystem, sagte Hr. Thiers, sey man längst aufgeklärt. Möge man nun die gegenwärtige Organisation der französischen Bank bloß auf 25 Jahre oder auf drei Jahrhunderte verlängern, so könne man doch keine wesentliche Verbesserung einführen. Hr. Thiers ging in eine sehr ausführliche Schilderung der Einrichtung der Bank ein von ihrer Entstehung an. Ihr Capital, bei ihrer Gründung unter Napoleon, belief sich auf 30 Millionen; später wurde es auf 45 Millionen erhöht, und jede Concurrenz beseitigt. Im Jahr 1805 erlitt die Bank eine plötzliche Krise. Der damalige Finanzminister war Schuld daran. Er hatte der Bank für 6 Millionen Obligationen der Generaleinnehmer übergeben, während zugleich das in den Cassen der Generaleinnehmer befindliche baare Geld den Bankiers, welche die Finanzangelegenheiten des Staats besorgten, übergeben wurde. Als die Bank die Obligationen verwerthen wollte, fand sie die Cassen der Einnehmer leer und mußte nun gleichfalls ihre Zahlungen einstellen. Napoleon kam damals von Austerlitz, sehr zornig, daß inmitten seiner Siege die Bank zahlungsunfähig geworden, zurück. Er erhöhte hierauf ihr Capital auf 90 Millionen, und gab ihr die Organisation, welche sie seitdem unverändert beibehalten hat. „Die Bank, fuhr Hr. Thiers fort, hat seitdem Frankreich unermeßliche Dienste geleistet, namentlich in den Jahren 1830 und 1831. Wenn man auch nicht sagen kann, daß die Bank allein damals Frankreich gerettet hat, so ist es doch sicher, daß sie mächtig zur seiner Rettung beigetragen. Es gab Tage, wo der Schatz ohne den Beistand der Bank seine laufenden Zahlungen nicht hätte leisten können. Sie gab ihm 130 Millionen, als ihm alle übrigen Cassen verschlossen waren. (Bewegung.)“ Hr. Thiers suchte sodann alle gegen die Bankeinrichtung vorgebrachten Argumente ihrer Gegner, namentlich des Hrn. Garnier-Pagès, zu widerlegen. Die Bank discontirte im Jahr 1838 Papiere für den ungeheuern Betrag von 804 Millionen, wovon auf die dreißig Mitglieder des Bankcomite's 46 Millionen kamen; der ganze Rest von 758 Millionen traf die übrigen Kaufleute, Manufacturisten etc. Die Zahl der Unterschriften bei den zu discontirenden Papieren von drei auf zwei herabzusetzen, hält Hr. Thiers für unstatthaft. Denn Individuen, welche nur zwei Unterschriften aufbringen könnten, seyen natürlich weniger solid und zahlungsfähig, als die, welche eine Garantie von drei Unterschriften vorzulegen vermöchten. Ein weiterer Grund, daß die Bank bei dieser Forderung beharren müsse, sey die für sie vortheilhafte Existenz von Nebenbanken, welche mit zwei Unterschriften sich begnügen und dadurch der französischen Bank die Last des Untersuchens einer allzugroßen, zur Discontirung vorliegenden Masse von Papieren erleichtern. Den Termin des Disconto von drei auf vier Monate zu verlängern sey, meinte Hr. Thiers, nicht rathsam, weil Handel und Industrie sich längst an diesen Termin gewöhnt hätten, und ein plötzliches Herausreißen aus dieser Gewohnheit nur Verwirrung in den Geschäften zur Folge haben könnte. Die Festsetzung des Disconto-Betrags müsse dem Bankconseil überlassen bleiben, weil derselbe immer nach der Bewegung des Handels sich richte und daher nicht auf Jahre hinaus durch ein Gesetz bestimmt werden könne. Hr. Thiers stellte endlich noch interessante Vergleiche zwischen der französischen Bank und denen des Auslands an. (Wir werden aus diesem Theil seiner Rede einige Nachträge geben). Nach einigen kurzen Bemerkungen des Hrn. Garnier-Pagès nahm die Kammer den ersten Artikel des Gesetzesentwurfs an, mit dem Amendement der Commission, demzufolge das Privilegium der Bank bis zum 31 December 1867 verlängert bleibt. [irrelevantes Material] Die Deputirtenkammer nahm in der Sitzung vom 21 Mai alle übrigen Artikel des Gesetzesentwurfs über die Bank unverändert an. Der Artikel 6 lautet: „Die Comptoirs der Bank zur Discontirung können nur durch eine königliche Ordonnanz auf das Verlangen des Generalconseils der Bank eingesetzt oder unterdrückt werden.“ Hr. Leyval hatte statt dieses Artikels folgende Bestimmungen vorgeschlagen: „In den Städten, wo es die Bedürfnisse des Handels erfordern, werden Discontirungscomptoirs errichtet. Ihre Einsetzung und Organisation wird durch königl. Ordonnanzen auf das Verlangen der Handelskammern regulirt.“ Dieses Amendement wurde vom Handelsminister, den HH. Lefebvre und Dufaure bekämpft und verworfen. Das gleiche Schicksal hatten alle übrigen Amendements. Bei der Abstimmung über den ganzen Entwurf ergaben sich 252 weiße und 58 schwarze Kugeln. Am 17 Mai starb in Paris Hr. Brochant de Villiers, Generalinspector der Bergwerke, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Bei seinem Begräbniß auf dem Kirchhof Père Lachaise hielten Hr. Brongniart, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und Hr. Migneron, Inspector der Bergwerke, sehr ergreifende Reden, worin sie den großen Verdiensten des Verewigten ihre Huldigung darbrachten. Dieß ist der fünfte Verlust, den die Akademie seit vier Wochen erlitt. Ein Journal sagt: „Die Pairskammer hat zuweilen gewisse Oppositionsgelüste, und man dürfte sich nicht wundern, wenn sie den von der Deputirtenkammer angenommenen Entwurf der Rentenconversion verwürfe. Hr. Thiers soll ziemlich unbekümmert darüber seyn; er verbirgt seinen Freunden das Mittel nicht, das er anwenden würde, um die Kammer folgsamer zu machen: „Sollten sich, sagte er, diese Herren allzu widerspänstig zeigen, so schlage ich dem Palais Bourbon die Ehrenherstellung des Marschalls Ney vor.“ (Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 20 Mai. Teniah de Muzaïa, 13 Mai. Marschall Valée an den Kriegsminister. Der Col von Muzaïa ward gestern von der Armee nach einem glänzenden Treffen gegen die Gesammtmacht Abd-El-Kaders genommen. Die Armee baut die Straße, die nach Medeah führen soll. Unsere Verluste waren nicht sehr bedeutend. Die Prinzen befinden sich wohl. Die französische Armee hat sonach den directen Weg nach Medeah eingeschlagen, wie die Besetzung von Hausch-Musaya sogleich vermuthen ließ. Das Journal des Débats begleitet die telegraphische Depesche mit einem Commentar, und erinnert, daß der Engpaß Teniah auf dem Stammgebiet Musaya dreimal schon von der französischen Armee überschritten worden: das erstemal vom Marschall Clauzel am 22 November 1830 mit einem Verlust von 200 Mann an Todten und Verwundeten, das zweitemal vom General Boyer, welcher der ausgehungerten Besatzung Lebensmittel zuführte; den dritten Zug unternahm General Berthezéne, dessen kleines Heer auf dem Rückwege sehr beträchtlichen Verlust erlitt. (Das Journal des Débats vergißt eine vierte Expedition, welche unter dem Marschall Clauzel im Jahre 1836 stattfand). Der Engpaß Teniah ist fünf Marschstunden von Hausch-Musaya und vier von Medeah entfernt. Seine Höhe über der Ebene beträgt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="1172"/> Volksbewußtseyns vertreten wurde. 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Thiers ging in eine sehr ausführliche Schilderung der Einrichtung der Bank ein von ihrer Entstehung an. Ihr Capital, bei ihrer Gründung unter Napoleon, belief sich auf 30 Millionen; später wurde es auf 45 Millionen erhöht, und jede Concurrenz beseitigt. Im Jahr 1805 erlitt die Bank eine plötzliche Krise. Der damalige Finanzminister war Schuld daran. Er hatte der Bank für 6 Millionen Obligationen der Generaleinnehmer übergeben, während zugleich das in den Cassen der Generaleinnehmer befindliche baare Geld den Bankiers, welche die Finanzangelegenheiten des Staats besorgten, übergeben wurde. Als die Bank die Obligationen verwerthen wollte, fand sie die Cassen der Einnehmer leer und mußte nun gleichfalls ihre Zahlungen einstellen. Napoleon kam damals von Austerlitz, sehr zornig, daß inmitten seiner Siege die Bank zahlungsunfähig geworden, zurück. Er erhöhte hierauf ihr Capital auf 90 Millionen, und gab ihr die Organisation, welche sie seitdem unverändert beibehalten hat. „Die Bank, fuhr Hr. Thiers fort, hat seitdem Frankreich unermeßliche Dienste geleistet, namentlich in den Jahren 1830 und 1831. Wenn man auch nicht sagen kann, daß die Bank allein damals Frankreich gerettet hat, so ist es doch sicher, daß sie mächtig zur seiner Rettung beigetragen. Es gab Tage, wo der Schatz ohne den Beistand der Bank seine laufenden Zahlungen nicht hätte leisten können. Sie gab ihm 130 Millionen, als ihm alle übrigen Cassen verschlossen waren. (Bewegung.)“ Hr. Thiers suchte sodann alle gegen die Bankeinrichtung vorgebrachten Argumente ihrer Gegner, namentlich des Hrn. Garnier-Pagès, zu widerlegen. Die Bank discontirte im Jahr 1838 Papiere für den ungeheuern Betrag von 804 Millionen, wovon auf die dreißig Mitglieder des Bankcomite's 46 Millionen kamen; der ganze Rest von 758 Millionen traf die übrigen Kaufleute, Manufacturisten etc. Die Zahl der Unterschriften bei den zu discontirenden Papieren von drei auf zwei herabzusetzen, hält Hr. Thiers für unstatthaft. Denn Individuen, welche nur zwei Unterschriften aufbringen könnten, seyen natürlich weniger solid und zahlungsfähig, als die, welche eine Garantie von drei Unterschriften vorzulegen vermöchten. Ein weiterer Grund, daß die Bank bei dieser Forderung beharren müsse, sey die für sie vortheilhafte Existenz von Nebenbanken, welche mit zwei Unterschriften sich begnügen und dadurch der französischen Bank die Last des Untersuchens einer allzugroßen, zur Discontirung vorliegenden Masse von Papieren erleichtern. Den Termin des Disconto von drei auf vier Monate zu verlängern sey, meinte Hr. Thiers, nicht rathsam, weil Handel und Industrie sich längst an diesen Termin gewöhnt hätten, und ein plötzliches Herausreißen aus dieser Gewohnheit nur Verwirrung in den Geschäften zur Folge haben könnte. Die Festsetzung des Disconto-Betrags müsse dem Bankconseil überlassen bleiben, weil derselbe immer nach der Bewegung des Handels sich richte und daher nicht auf Jahre hinaus durch ein Gesetz bestimmt werden könne. Hr. Thiers stellte endlich noch interessante Vergleiche zwischen der französischen Bank und denen des Auslands an. (Wir werden aus diesem Theil seiner Rede einige Nachträge geben). Nach einigen kurzen Bemerkungen des Hrn. 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Das gleiche Schicksal hatten alle übrigen Amendements. Bei der Abstimmung über den ganzen Entwurf ergaben sich 252 weiße und 58 schwarze Kugeln.</p><lb/> <p>Am 17 Mai starb in Paris Hr. Brochant de Villiers, Generalinspector der Bergwerke, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Bei seinem Begräbniß auf dem Kirchhof Père Lachaise hielten Hr. Brongniart, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und Hr. Migneron, Inspector der Bergwerke, sehr ergreifende Reden, worin sie den großen Verdiensten des Verewigten ihre Huldigung darbrachten. Dieß ist der fünfte Verlust, den die Akademie seit vier Wochen erlitt.</p><lb/> <p>Ein Journal sagt: „Die Pairskammer hat zuweilen gewisse Oppositionsgelüste, und man dürfte sich nicht wundern, wenn sie den von der Deputirtenkammer angenommenen Entwurf der Rentenconversion verwürfe. Hr. Thiers soll ziemlich unbekümmert darüber seyn; er verbirgt seinen Freunden das Mittel nicht, das er anwenden würde, um die Kammer folgsamer zu machen: „Sollten sich, sagte er, diese Herren allzu widerspänstig zeigen, so schlage ich dem Palais Bourbon die Ehrenherstellung des Marschalls Ney vor.“</p> </div><lb/> <div n="2"> <dateline/> <p>(<hi rendition="#g">Moniteur</hi>.) Telegraphische Depesche. <hi rendition="#b">Toulon,</hi> 20 Mai. <hi rendition="#g">Teniah de Muzaïa</hi>, 13 Mai. Marschall Valée an den Kriegsminister. Der Col von Muzaïa ward gestern von der Armee nach einem glänzenden Treffen gegen die Gesammtmacht Abd-El-Kaders genommen. Die Armee baut die Straße, die nach Medeah führen soll. Unsere Verluste waren nicht sehr bedeutend. Die Prinzen befinden sich wohl.</p><lb/> <p>Die französische Armee hat sonach den directen Weg nach Medeah eingeschlagen, wie die Besetzung von Hausch-Musaya sogleich vermuthen ließ. 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Volksbewußtseyns vertreten wurde. Mögen die Tories, um eines augenblicklichen Parteitriumphes willen, das Vaterland nicht in eine so große Gefahr stürzen!
Frankreich.
_ Paris, 21 Mai
Die gestern erwähnte Rede des Conseilpräsidenten über die Bank füllte fast die ganze Sitzung der Deputirtenkammer vom 20 Mai aus. Nach ihm sprach Hr. Garnier-Pagès nur noch wenige Worte, worauf die Kammer zur Abstimmung schritt. Ueber das beste Banksystem, sagte Hr. Thiers, sey man längst aufgeklärt. Möge man nun die gegenwärtige Organisation der französischen Bank bloß auf 25 Jahre oder auf drei Jahrhunderte verlängern, so könne man doch keine wesentliche Verbesserung einführen. Hr. Thiers ging in eine sehr ausführliche Schilderung der Einrichtung der Bank ein von ihrer Entstehung an. Ihr Capital, bei ihrer Gründung unter Napoleon, belief sich auf 30 Millionen; später wurde es auf 45 Millionen erhöht, und jede Concurrenz beseitigt. Im Jahr 1805 erlitt die Bank eine plötzliche Krise. Der damalige Finanzminister war Schuld daran. Er hatte der Bank für 6 Millionen Obligationen der Generaleinnehmer übergeben, während zugleich das in den Cassen der Generaleinnehmer befindliche baare Geld den Bankiers, welche die Finanzangelegenheiten des Staats besorgten, übergeben wurde. Als die Bank die Obligationen verwerthen wollte, fand sie die Cassen der Einnehmer leer und mußte nun gleichfalls ihre Zahlungen einstellen. Napoleon kam damals von Austerlitz, sehr zornig, daß inmitten seiner Siege die Bank zahlungsunfähig geworden, zurück. Er erhöhte hierauf ihr Capital auf 90 Millionen, und gab ihr die Organisation, welche sie seitdem unverändert beibehalten hat. „Die Bank, fuhr Hr. Thiers fort, hat seitdem Frankreich unermeßliche Dienste geleistet, namentlich in den Jahren 1830 und 1831. Wenn man auch nicht sagen kann, daß die Bank allein damals Frankreich gerettet hat, so ist es doch sicher, daß sie mächtig zur seiner Rettung beigetragen. Es gab Tage, wo der Schatz ohne den Beistand der Bank seine laufenden Zahlungen nicht hätte leisten können. Sie gab ihm 130 Millionen, als ihm alle übrigen Cassen verschlossen waren. (Bewegung.)“ Hr. Thiers suchte sodann alle gegen die Bankeinrichtung vorgebrachten Argumente ihrer Gegner, namentlich des Hrn. Garnier-Pagès, zu widerlegen. Die Bank discontirte im Jahr 1838 Papiere für den ungeheuern Betrag von 804 Millionen, wovon auf die dreißig Mitglieder des Bankcomite's 46 Millionen kamen; der ganze Rest von 758 Millionen traf die übrigen Kaufleute, Manufacturisten etc. Die Zahl der Unterschriften bei den zu discontirenden Papieren von drei auf zwei herabzusetzen, hält Hr. Thiers für unstatthaft. Denn Individuen, welche nur zwei Unterschriften aufbringen könnten, seyen natürlich weniger solid und zahlungsfähig, als die, welche eine Garantie von drei Unterschriften vorzulegen vermöchten. Ein weiterer Grund, daß die Bank bei dieser Forderung beharren müsse, sey die für sie vortheilhafte Existenz von Nebenbanken, welche mit zwei Unterschriften sich begnügen und dadurch der französischen Bank die Last des Untersuchens einer allzugroßen, zur Discontirung vorliegenden Masse von Papieren erleichtern. Den Termin des Disconto von drei auf vier Monate zu verlängern sey, meinte Hr. Thiers, nicht rathsam, weil Handel und Industrie sich längst an diesen Termin gewöhnt hätten, und ein plötzliches Herausreißen aus dieser Gewohnheit nur Verwirrung in den Geschäften zur Folge haben könnte. Die Festsetzung des Disconto-Betrags müsse dem Bankconseil überlassen bleiben, weil derselbe immer nach der Bewegung des Handels sich richte und daher nicht auf Jahre hinaus durch ein Gesetz bestimmt werden könne. Hr. Thiers stellte endlich noch interessante Vergleiche zwischen der französischen Bank und denen des Auslands an. (Wir werden aus diesem Theil seiner Rede einige Nachträge geben). Nach einigen kurzen Bemerkungen des Hrn. Garnier-Pagès nahm die Kammer den ersten Artikel des Gesetzesentwurfs an, mit dem Amendement der Commission, demzufolge das Privilegium der Bank bis zum 31 December 1867 verlängert bleibt.
_ Die Deputirtenkammer nahm in der Sitzung vom 21 Mai alle übrigen Artikel des Gesetzesentwurfs über die Bank unverändert an. Der Artikel 6 lautet: „Die Comptoirs der Bank zur Discontirung können nur durch eine königliche Ordonnanz auf das Verlangen des Generalconseils der Bank eingesetzt oder unterdrückt werden.“ Hr. Leyval hatte statt dieses Artikels folgende Bestimmungen vorgeschlagen: „In den Städten, wo es die Bedürfnisse des Handels erfordern, werden Discontirungscomptoirs errichtet. Ihre Einsetzung und Organisation wird durch königl. Ordonnanzen auf das Verlangen der Handelskammern regulirt.“ Dieses Amendement wurde vom Handelsminister, den HH. Lefebvre und Dufaure bekämpft und verworfen. Das gleiche Schicksal hatten alle übrigen Amendements. Bei der Abstimmung über den ganzen Entwurf ergaben sich 252 weiße und 58 schwarze Kugeln.
Am 17 Mai starb in Paris Hr. Brochant de Villiers, Generalinspector der Bergwerke, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Bei seinem Begräbniß auf dem Kirchhof Père Lachaise hielten Hr. Brongniart, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und Hr. Migneron, Inspector der Bergwerke, sehr ergreifende Reden, worin sie den großen Verdiensten des Verewigten ihre Huldigung darbrachten. Dieß ist der fünfte Verlust, den die Akademie seit vier Wochen erlitt.
Ein Journal sagt: „Die Pairskammer hat zuweilen gewisse Oppositionsgelüste, und man dürfte sich nicht wundern, wenn sie den von der Deputirtenkammer angenommenen Entwurf der Rentenconversion verwürfe. Hr. Thiers soll ziemlich unbekümmert darüber seyn; er verbirgt seinen Freunden das Mittel nicht, das er anwenden würde, um die Kammer folgsamer zu machen: „Sollten sich, sagte er, diese Herren allzu widerspänstig zeigen, so schlage ich dem Palais Bourbon die Ehrenherstellung des Marschalls Ney vor.“
(Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 20 Mai. Teniah de Muzaïa, 13 Mai. Marschall Valée an den Kriegsminister. Der Col von Muzaïa ward gestern von der Armee nach einem glänzenden Treffen gegen die Gesammtmacht Abd-El-Kaders genommen. Die Armee baut die Straße, die nach Medeah führen soll. Unsere Verluste waren nicht sehr bedeutend. Die Prinzen befinden sich wohl.
Die französische Armee hat sonach den directen Weg nach Medeah eingeschlagen, wie die Besetzung von Hausch-Musaya sogleich vermuthen ließ. Das Journal des Débats begleitet die telegraphische Depesche mit einem Commentar, und erinnert, daß der Engpaß Teniah auf dem Stammgebiet Musaya dreimal schon von der französischen Armee überschritten worden: das erstemal vom Marschall Clauzel am 22 November 1830 mit einem Verlust von 200 Mann an Todten und Verwundeten, das zweitemal vom General Boyer, welcher der ausgehungerten Besatzung Lebensmittel zuführte; den dritten Zug unternahm General Berthezéne, dessen kleines Heer auf dem Rückwege sehr beträchtlichen Verlust erlitt. (Das Journal des Débats vergißt eine vierte Expedition, welche unter dem Marschall Clauzel im Jahre 1836 stattfand). Der Engpaß Teniah ist fünf Marschstunden von Hausch-Musaya und vier von Medeah entfernt. Seine Höhe über der Ebene beträgt
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
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