Allgemeine Zeitung. Nr. 152. Augsburg, 31. Mai 1840.Spanien. Bordeaux, 23 Mai. O'Donnell ließ vor seinem Abmarsche von Mora die Festungswerke in die Luft sprengen. Unsere Carlisten thun sich viel auf die Wiederbesetzung von Flix und Mora (wohin die früher geflüchteten Einwohner wieder zurückgekehrt seyn sollen) zu Gute, und übertreiben den Verlust, den die Constitutionellen bei dieser Gelegenheit durch den Carlistischen Brigadier Arnau, der ihnen mit vier Bataillonen nachsetzte, erlitten. Cabrera ist diesen Herren zufolge nun vollkommen hergestellt, steht von neuem an der Spitze der Armee, und hatte, nachdem er verschiedene Punkte, und namentlich am 4, umgeben von seinem Generalstabe, eine zu San Matheo stehende Division inspicirt, seine militärische Rundreise weiter fortgesetzt. Der Enthusiasmus der königlichen Freiwilligen beim Anblicke ihres Generals sey unbeschreiblich etc. Derselben Quelle nach ist Cantavieja auf Cabrera's Befehl verbrannt und geräumt worden. Balmaseda und andere Parteigänger spielen den Meister in Neu-Castilien, Guadalaxara und Cuenca, und Maroto und die übrigen Verräther von Bergara sind durch Lepetre's blutiges Beispiel und Balmaseda's Drohungen dermaßen eingeschüchtert, daß sie sich nicht mehr aus ihren Schlupfwinkeln wagen etc. Ich gebe Ihnen diese Neuigkeiten, weil sie von Carlisten kommen, die gewöhnlich wohl unterrichtet sind, ohne aber deßhalb im geringsten dafür einzustehen. Daß übrigens das Land, selbst bis in die Nähe der Hauptstadt, von den Banden der Insurgenten durchzogen und gebrandschatzt wird, und die Gefechte, die dabei vorfallen, nicht immer zum Vortheil der Christinos ausfallen, ist leider nur zu wahr. - Von dem gräulichen Wirrwarr der Dinge in Spanien mag folgender Vorfall einen Begriff geben. Am 13 d. Nachmittags empörte sich zu Ciudad-Real die dort stehende Escadron Gendarmen (escuadron de Seguridad publica) und ermordete ihre beiden Commandanten. Sogar die Leichname der Unglücklichen wurden von den Wüthenden noch verstümmelt und verhöhnt. Diese saubern Wächter der öffentlichen Sicherheit waren nichts Anderes als Carlistische Ueberläufer, leibhafte Banditen, und befehligt von zwei Hauptleuten, die früher an ihrer Spitze die Provinz furchtbar geplündert, später aber sich der Regierung von Madrid unterworfen hatten, welche hierauf den glücklichen Einfall bekam, dieses Gesindel zu Hütern der öffentlichen Sicherheit zu befördern. Nach vollbrachter That eilte die Rotte dem Dorfe Fuente del Fresno zu, um dort die Wohnungen ihrer ermordeten Hauptleute zu plündern, wurde aber zum Glück durch eine dort stehende Abtheilung verjagt. Wohin sie von da gezogen, wußte man nicht. Der Commandant von Ciudad-Real war sogleich zu ihrer Verfolgung aufgebrochen. Warum diese Banditen eigentlich ihre Anführer getödtet, ist noch ein Räthsel. Frankreich. Das Journal des Debats hat von einem französischen Officier der Brigade des Generals d'Houdetot ein vom Teniah-el-Musaya datirtes Schreiben erhalten, also vom Schauplatz des Kampfes selbst, wo die Armee nach der Einnahme der Höhen des Atlas bivouakirte. Ein Araber brachte diesen Brief nebst einigen andern mit Gefahr seines Lebens nach Belida; der Weg war durch feindliche Maraudeurs sehr unsicher gemacht. "Der Gebirgspaß, schreibt jener Officier, war von etwa zwölf Schanzen vertheidigt, hinter welchen Abd-El-Kaders reguläre Infanterie, drei- bis viertausend Mann stark, und eine gleiche Zahl der irregulären Truppen des Emirs lagerte. Wir müssen den Beduinen Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie leisteten sehr tapfern Widerstand und wurden nur durch die bewunderungswürdige Standhaftigkeit der Angreifer überwunden. Das geringste Zaudern wäre uns verderblich geworden, und ich weiß nicht, ob in diesem Fall viele von uns zurückgekehrt wären. Wir mußten siegen oder sterben, und zwar sterben eines elenden Todes auf nackten, abscheulichen Felsen! Gott sey gedankt, wir haben gesiegt! Es war eine schöne Waffenthat, die manchen bittern und unverständigen Tadel, der in letzter Zeit gegen die afrikanische Armee laut geworden, beschämt. Der Angriffsplan war vom Marschall Valee sehr gut entworfen und wurde vom Herzog von Orleans, der unter des Marschalls Befehlen die erste Division commandirte, mit seltener Kaltblütigkeit und glänzendem Muth ausgeführt. Was könnte man aber auch nicht ausführen mit Soldaten, wie die unsrigen, unter Anführung von Männern, wie Changarnier, Lamoriciere, Duvivier! Die Colonne des Generals Duvivier und die Zuaven des Obristen Lamoriciere griffen die Höhen zur Linken an, während der Herzog von Orleans zurückblieb, um den Paß auf der Fronte anzugreifen. Alles begab sich, wie der Marschall Valee vorausgesehen hatte. Es fehlt mir an Zeit, Ihnen die genauen Details zu berichten; hier bloß einige Bemerkungen, wie die Affaire sich im Allgemeinen zugetragen. Die Division des Herzogs von Orleans war beauftragt, die Feinde aus ihrer Stellung zu vertreiben. Ein wüthender Kampf entspann sich zuerst auf den Gipfeln, welche den Engpaß dominiren; sie waren von fünf Schanzen mit Kanonen beschützt und durch die arabische Infanterie tapfer vertheidigt. Wir mußten mit dem Bajonnet angreifen; der Kampf war kurz, aber blutig. Das 2te leichte Infanterieregiment, Lamoriciere's Zuaven, die Tirailleurs von Vincennes und das 24ste Linienregiment griffen mit bewundernswerther Tapferkeit an und erstürmten alle Schanzen mit dem Ruf: es lebe der König! Die zwölf Schanzen, von denen einige Kanonen hatten, waren sehr geschickt angelegt. Durch die Energie und die Raschheit unsers Angriffs wurde viel Unglück abgewendet. Nach der Einnahme der Gipfel mußte der Paß genommen werden. Unserer Brigade war diese Ehre vorbehalten. Durch ein keckes, äußerst schwieriges Manöver war es dem Marschall Valee gelungen, Kanonen vorrücken zu lassen, um unsern Angriff zu unterstützen. Ihm und dem feurigen Muth unserer Regimenter danken wir die Einnahme des Passes, welchen Abd-El-Kader aufs äußerste vertheidigte. General d'Houdetot hat sich sehr glänzend benommen. Der Kronprinz griff an der Spitze der Truppen an und nahm den Paß mit dem Säbel in der Faust, während die beiden Colonnen, bereits Meister der auf den Höhen errichteten Schanzen, in den Paß hinabstiegen und mit unserer Brigade sich vereinigten. Dieser Moment war wunderschön. Die Araber flohen in allen Richtungen, Kanonen und Fahnen im Stich lassend. Die französische Fahne wehte auf den erstürmten Schanzen, und die drei Farben grüßten von der Höhe des Atlas herunter. Der Ruf: es lebe der König! erschallte weithin, getragen vom Echo des Gebirges. Das Feuer des Kampfes und die Siegesbegeisterung leuchteten auf den sonngebräunten, schweißtriefenden Gesichtern. Der Kronprinz war entzückt. Sein junger Bruder, der Herzog von Aumale, Soldat von gestern her, zeigte die unerschrockene Kaltblütigkeit eines Spanien. Bordeaux, 23 Mai. O'Donnell ließ vor seinem Abmarsche von Mora die Festungswerke in die Luft sprengen. Unsere Carlisten thun sich viel auf die Wiederbesetzung von Flix und Mora (wohin die früher geflüchteten Einwohner wieder zurückgekehrt seyn sollen) zu Gute, und übertreiben den Verlust, den die Constitutionellen bei dieser Gelegenheit durch den Carlistischen Brigadier Arnau, der ihnen mit vier Bataillonen nachsetzte, erlitten. Cabrera ist diesen Herren zufolge nun vollkommen hergestellt, steht von neuem an der Spitze der Armee, und hatte, nachdem er verschiedene Punkte, und namentlich am 4, umgeben von seinem Generalstabe, eine zu San Matheo stehende Division inspicirt, seine militärische Rundreise weiter fortgesetzt. Der Enthusiasmus der königlichen Freiwilligen beim Anblicke ihres Generals sey unbeschreiblich etc. Derselben Quelle nach ist Cantavieja auf Cabrera's Befehl verbrannt und geräumt worden. Balmaseda und andere Parteigänger spielen den Meister in Neu-Castilien, Guadalaxara und Cuenca, und Maroto und die übrigen Verräther von Bergara sind durch Lepétre's blutiges Beispiel und Balmaseda's Drohungen dermaßen eingeschüchtert, daß sie sich nicht mehr aus ihren Schlupfwinkeln wagen etc. Ich gebe Ihnen diese Neuigkeiten, weil sie von Carlisten kommen, die gewöhnlich wohl unterrichtet sind, ohne aber deßhalb im geringsten dafür einzustehen. Daß übrigens das Land, selbst bis in die Nähe der Hauptstadt, von den Banden der Insurgenten durchzogen und gebrandschatzt wird, und die Gefechte, die dabei vorfallen, nicht immer zum Vortheil der Christinos ausfallen, ist leider nur zu wahr. – Von dem gräulichen Wirrwarr der Dinge in Spanien mag folgender Vorfall einen Begriff geben. Am 13 d. Nachmittags empörte sich zu Ciudad-Real die dort stehende Escadron Gendarmen (escuadron de Seguridad publica) und ermordete ihre beiden Commandanten. Sogar die Leichname der Unglücklichen wurden von den Wüthenden noch verstümmelt und verhöhnt. Diese saubern Wächter der öffentlichen Sicherheit waren nichts Anderes als Carlistische Ueberläufer, leibhafte Banditen, und befehligt von zwei Hauptleuten, die früher an ihrer Spitze die Provinz furchtbar geplündert, später aber sich der Regierung von Madrid unterworfen hatten, welche hierauf den glücklichen Einfall bekam, dieses Gesindel zu Hütern der öffentlichen Sicherheit zu befördern. Nach vollbrachter That eilte die Rotte dem Dorfe Fuente del Fresno zu, um dort die Wohnungen ihrer ermordeten Hauptleute zu plündern, wurde aber zum Glück durch eine dort stehende Abtheilung verjagt. Wohin sie von da gezogen, wußte man nicht. Der Commandant von Ciudad-Real war sogleich zu ihrer Verfolgung aufgebrochen. Warum diese Banditen eigentlich ihre Anführer getödtet, ist noch ein Räthsel. Frankreich. Das Journal des Débats hat von einem französischen Officier der Brigade des Generals d'Houdetot ein vom Teniah-el-Musaya datirtes Schreiben erhalten, also vom Schauplatz des Kampfes selbst, wo die Armee nach der Einnahme der Höhen des Atlas bivouakirte. Ein Araber brachte diesen Brief nebst einigen andern mit Gefahr seines Lebens nach Belida; der Weg war durch feindliche Maraudeurs sehr unsicher gemacht. „Der Gebirgspaß, schreibt jener Officier, war von etwa zwölf Schanzen vertheidigt, hinter welchen Abd-El-Kaders reguläre Infanterie, drei- bis viertausend Mann stark, und eine gleiche Zahl der irregulären Truppen des Emirs lagerte. Wir müssen den Beduinen Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie leisteten sehr tapfern Widerstand und wurden nur durch die bewunderungswürdige Standhaftigkeit der Angreifer überwunden. Das geringste Zaudern wäre uns verderblich geworden, und ich weiß nicht, ob in diesem Fall viele von uns zurückgekehrt wären. Wir mußten siegen oder sterben, und zwar sterben eines elenden Todes auf nackten, abscheulichen Felsen! Gott sey gedankt, wir haben gesiegt! Es war eine schöne Waffenthat, die manchen bittern und unverständigen Tadel, der in letzter Zeit gegen die afrikanische Armee laut geworden, beschämt. Der Angriffsplan war vom Marschall Valée sehr gut entworfen und wurde vom Herzog von Orleans, der unter des Marschalls Befehlen die erste Division commandirte, mit seltener Kaltblütigkeit und glänzendem Muth ausgeführt. Was könnte man aber auch nicht ausführen mit Soldaten, wie die unsrigen, unter Anführung von Männern, wie Changarnier, Lamoricière, Duvivier! Die Colonne des Generals Duvivier und die Zuaven des Obristen Lamoricière griffen die Höhen zur Linken an, während der Herzog von Orleans zurückblieb, um den Paß auf der Fronte anzugreifen. Alles begab sich, wie der Marschall Valée vorausgesehen hatte. Es fehlt mir an Zeit, Ihnen die genauen Details zu berichten; hier bloß einige Bemerkungen, wie die Affaire sich im Allgemeinen zugetragen. Die Division des Herzogs von Orleans war beauftragt, die Feinde aus ihrer Stellung zu vertreiben. Ein wüthender Kampf entspann sich zuerst auf den Gipfeln, welche den Engpaß dominiren; sie waren von fünf Schanzen mit Kanonen beschützt und durch die arabische Infanterie tapfer vertheidigt. Wir mußten mit dem Bajonnet angreifen; der Kampf war kurz, aber blutig. Das 2te leichte Infanterieregiment, Lamoricière's Zuaven, die Tirailleurs von Vincennes und das 24ste Linienregiment griffen mit bewundernswerther Tapferkeit an und erstürmten alle Schanzen mit dem Ruf: es lebe der König! Die zwölf Schanzen, von denen einige Kanonen hatten, waren sehr geschickt angelegt. Durch die Energie und die Raschheit unsers Angriffs wurde viel Unglück abgewendet. Nach der Einnahme der Gipfel mußte der Paß genommen werden. Unserer Brigade war diese Ehre vorbehalten. Durch ein keckes, äußerst schwieriges Manöver war es dem Marschall Valée gelungen, Kanonen vorrücken zu lassen, um unsern Angriff zu unterstützen. Ihm und dem feurigen Muth unserer Regimenter danken wir die Einnahme des Passes, welchen Abd-El-Kader aufs äußerste vertheidigte. General d'Houdetot hat sich sehr glänzend benommen. Der Kronprinz griff an der Spitze der Truppen an und nahm den Paß mit dem Säbel in der Faust, während die beiden Colonnen, bereits Meister der auf den Höhen errichteten Schanzen, in den Paß hinabstiegen und mit unserer Brigade sich vereinigten. Dieser Moment war wunderschön. Die Araber flohen in allen Richtungen, Kanonen und Fahnen im Stich lassend. Die französische Fahne wehte auf den erstürmten Schanzen, und die drei Farben grüßten von der Höhe des Atlas herunter. Der Ruf: es lebe der König! erschallte weithin, getragen vom Echo des Gebirges. Das Feuer des Kampfes und die Siegesbegeisterung leuchteten auf den sonngebräunten, schweißtriefenden Gesichtern. Der Kronprinz war entzückt. Sein junger Bruder, der Herzog von Aumale, Soldat von gestern her, zeigte die unerschrockene Kaltblütigkeit eines <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0009" n="1209"/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Spanien.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Bordeaux,</hi> 23 Mai.</dateline> <p> O'Donnell ließ vor seinem Abmarsche von Mora die Festungswerke in die Luft sprengen. 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Balmaseda und andere Parteigänger spielen den Meister in Neu-Castilien, Guadalaxara und Cuenca, und Maroto und die übrigen Verräther von Bergara sind durch Lepétre's blutiges Beispiel und Balmaseda's Drohungen dermaßen eingeschüchtert, daß sie sich nicht mehr aus ihren Schlupfwinkeln wagen etc. Ich gebe Ihnen diese Neuigkeiten, weil sie von Carlisten kommen, die gewöhnlich wohl unterrichtet sind, ohne aber deßhalb im geringsten dafür einzustehen. Daß übrigens das Land, selbst bis in die Nähe der Hauptstadt, von den Banden der Insurgenten durchzogen und gebrandschatzt wird, und die Gefechte, die dabei vorfallen, nicht immer zum Vortheil der Christinos ausfallen, ist leider nur zu wahr. – Von dem gräulichen Wirrwarr der Dinge in Spanien mag folgender Vorfall einen Begriff geben. Am 13 d. Nachmittags empörte sich zu Ciudad-Real die dort stehende Escadron Gendarmen (escuadron de Seguridad publica) und ermordete ihre beiden Commandanten. Sogar die Leichname der Unglücklichen wurden von den Wüthenden noch verstümmelt und verhöhnt. Diese saubern Wächter der öffentlichen Sicherheit waren nichts Anderes als Carlistische Ueberläufer, leibhafte Banditen, und befehligt von zwei Hauptleuten, die früher an ihrer Spitze die Provinz furchtbar geplündert, später aber sich der Regierung von Madrid unterworfen hatten, welche hierauf den glücklichen Einfall bekam, dieses Gesindel zu Hütern der öffentlichen Sicherheit zu befördern. Nach vollbrachter That eilte die Rotte dem Dorfe Fuente del Fresno zu, um dort die Wohnungen ihrer ermordeten Hauptleute zu plündern, wurde aber zum Glück durch eine dort stehende Abtheilung verjagt. Wohin sie von da gezogen, wußte man nicht. Der Commandant von Ciudad-Real war sogleich zu ihrer Verfolgung aufgebrochen. 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Wir müssen den Beduinen Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie leisteten sehr tapfern Widerstand und wurden nur durch die bewunderungswürdige Standhaftigkeit der Angreifer überwunden. Das geringste Zaudern wäre uns verderblich geworden, und ich weiß nicht, ob in diesem Fall viele von uns zurückgekehrt wären. Wir mußten siegen oder sterben, und zwar sterben eines elenden Todes auf nackten, abscheulichen Felsen! Gott sey gedankt, wir haben gesiegt! Es war eine schöne Waffenthat, die manchen bittern und unverständigen Tadel, der in letzter Zeit gegen die afrikanische Armee laut geworden, beschämt. Der Angriffsplan war vom Marschall Valée sehr gut entworfen und wurde vom Herzog von Orleans, der unter des Marschalls Befehlen die erste Division commandirte, mit seltener Kaltblütigkeit und glänzendem Muth ausgeführt. Was könnte man aber auch nicht ausführen mit Soldaten, wie die unsrigen, unter Anführung von Männern, wie Changarnier, Lamoricière, Duvivier! Die Colonne des Generals Duvivier und die Zuaven des Obristen Lamoricière griffen die Höhen zur Linken an, während der Herzog von Orleans zurückblieb, um den Paß auf der Fronte anzugreifen. Alles begab sich, wie der Marschall Valée vorausgesehen hatte. Es fehlt mir an Zeit, Ihnen die genauen Details zu berichten; hier bloß einige Bemerkungen, wie die Affaire sich im Allgemeinen zugetragen. Die Division des Herzogs von Orleans war beauftragt, die Feinde aus ihrer Stellung zu vertreiben. Ein wüthender Kampf entspann sich zuerst auf den Gipfeln, welche den Engpaß dominiren; sie waren von fünf Schanzen mit Kanonen beschützt und durch die arabische Infanterie tapfer vertheidigt. Wir mußten mit dem Bajonnet angreifen; der Kampf war kurz, aber blutig. Das 2te leichte Infanterieregiment, Lamoricière's Zuaven, die Tirailleurs von Vincennes und das 24ste Linienregiment griffen mit bewundernswerther Tapferkeit an und erstürmten alle Schanzen mit dem Ruf: es lebe der König! Die zwölf Schanzen, von denen einige Kanonen hatten, waren sehr geschickt angelegt. Durch die Energie und die Raschheit unsers Angriffs wurde viel Unglück abgewendet. Nach der Einnahme der Gipfel mußte der Paß genommen werden. Unserer Brigade war diese Ehre vorbehalten. Durch ein keckes, äußerst schwieriges Manöver war es dem Marschall Valée gelungen, Kanonen vorrücken zu lassen, um unsern Angriff zu unterstützen. Ihm und dem feurigen Muth unserer Regimenter danken wir die Einnahme des Passes, welchen Abd-El-Kader aufs äußerste vertheidigte. General d'Houdetot hat sich sehr glänzend benommen. Der Kronprinz griff an der Spitze der Truppen an und nahm den Paß mit dem Säbel in der Faust, während die beiden Colonnen, bereits Meister der auf den Höhen errichteten Schanzen, in den Paß hinabstiegen und mit unserer Brigade sich vereinigten. Dieser Moment war wunderschön. Die Araber flohen in allen Richtungen, Kanonen und Fahnen im Stich lassend. Die französische Fahne wehte auf den erstürmten Schanzen, und die drei Farben grüßten von der Höhe des Atlas herunter. Der Ruf: es lebe der König! erschallte weithin, getragen vom Echo des Gebirges. Das Feuer des Kampfes und die Siegesbegeisterung leuchteten auf den sonngebräunten, schweißtriefenden Gesichtern. Der Kronprinz war entzückt. Sein junger Bruder, der Herzog von Aumale, Soldat von gestern her, zeigte die unerschrockene Kaltblütigkeit eines<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1209/0009]
Spanien.
_ Bordeaux, 23 Mai. O'Donnell ließ vor seinem Abmarsche von Mora die Festungswerke in die Luft sprengen. Unsere Carlisten thun sich viel auf die Wiederbesetzung von Flix und Mora (wohin die früher geflüchteten Einwohner wieder zurückgekehrt seyn sollen) zu Gute, und übertreiben den Verlust, den die Constitutionellen bei dieser Gelegenheit durch den Carlistischen Brigadier Arnau, der ihnen mit vier Bataillonen nachsetzte, erlitten. Cabrera ist diesen Herren zufolge nun vollkommen hergestellt, steht von neuem an der Spitze der Armee, und hatte, nachdem er verschiedene Punkte, und namentlich am 4, umgeben von seinem Generalstabe, eine zu San Matheo stehende Division inspicirt, seine militärische Rundreise weiter fortgesetzt. Der Enthusiasmus der königlichen Freiwilligen beim Anblicke ihres Generals sey unbeschreiblich etc. Derselben Quelle nach ist Cantavieja auf Cabrera's Befehl verbrannt und geräumt worden. Balmaseda und andere Parteigänger spielen den Meister in Neu-Castilien, Guadalaxara und Cuenca, und Maroto und die übrigen Verräther von Bergara sind durch Lepétre's blutiges Beispiel und Balmaseda's Drohungen dermaßen eingeschüchtert, daß sie sich nicht mehr aus ihren Schlupfwinkeln wagen etc. Ich gebe Ihnen diese Neuigkeiten, weil sie von Carlisten kommen, die gewöhnlich wohl unterrichtet sind, ohne aber deßhalb im geringsten dafür einzustehen. Daß übrigens das Land, selbst bis in die Nähe der Hauptstadt, von den Banden der Insurgenten durchzogen und gebrandschatzt wird, und die Gefechte, die dabei vorfallen, nicht immer zum Vortheil der Christinos ausfallen, ist leider nur zu wahr. – Von dem gräulichen Wirrwarr der Dinge in Spanien mag folgender Vorfall einen Begriff geben. Am 13 d. Nachmittags empörte sich zu Ciudad-Real die dort stehende Escadron Gendarmen (escuadron de Seguridad publica) und ermordete ihre beiden Commandanten. Sogar die Leichname der Unglücklichen wurden von den Wüthenden noch verstümmelt und verhöhnt. Diese saubern Wächter der öffentlichen Sicherheit waren nichts Anderes als Carlistische Ueberläufer, leibhafte Banditen, und befehligt von zwei Hauptleuten, die früher an ihrer Spitze die Provinz furchtbar geplündert, später aber sich der Regierung von Madrid unterworfen hatten, welche hierauf den glücklichen Einfall bekam, dieses Gesindel zu Hütern der öffentlichen Sicherheit zu befördern. Nach vollbrachter That eilte die Rotte dem Dorfe Fuente del Fresno zu, um dort die Wohnungen ihrer ermordeten Hauptleute zu plündern, wurde aber zum Glück durch eine dort stehende Abtheilung verjagt. Wohin sie von da gezogen, wußte man nicht. Der Commandant von Ciudad-Real war sogleich zu ihrer Verfolgung aufgebrochen. Warum diese Banditen eigentlich ihre Anführer getödtet, ist noch ein Räthsel.
Frankreich.
Das Journal des Débats hat von einem französischen Officier der Brigade des Generals d'Houdetot ein vom Teniah-el-Musaya datirtes Schreiben erhalten, also vom Schauplatz des Kampfes selbst, wo die Armee nach der Einnahme der Höhen des Atlas bivouakirte. Ein Araber brachte diesen Brief nebst einigen andern mit Gefahr seines Lebens nach Belida; der Weg war durch feindliche Maraudeurs sehr unsicher gemacht. „Der Gebirgspaß, schreibt jener Officier, war von etwa zwölf Schanzen vertheidigt, hinter welchen Abd-El-Kaders reguläre Infanterie, drei- bis viertausend Mann stark, und eine gleiche Zahl der irregulären Truppen des Emirs lagerte. Wir müssen den Beduinen Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie leisteten sehr tapfern Widerstand und wurden nur durch die bewunderungswürdige Standhaftigkeit der Angreifer überwunden. Das geringste Zaudern wäre uns verderblich geworden, und ich weiß nicht, ob in diesem Fall viele von uns zurückgekehrt wären. Wir mußten siegen oder sterben, und zwar sterben eines elenden Todes auf nackten, abscheulichen Felsen! Gott sey gedankt, wir haben gesiegt! Es war eine schöne Waffenthat, die manchen bittern und unverständigen Tadel, der in letzter Zeit gegen die afrikanische Armee laut geworden, beschämt. Der Angriffsplan war vom Marschall Valée sehr gut entworfen und wurde vom Herzog von Orleans, der unter des Marschalls Befehlen die erste Division commandirte, mit seltener Kaltblütigkeit und glänzendem Muth ausgeführt. Was könnte man aber auch nicht ausführen mit Soldaten, wie die unsrigen, unter Anführung von Männern, wie Changarnier, Lamoricière, Duvivier! Die Colonne des Generals Duvivier und die Zuaven des Obristen Lamoricière griffen die Höhen zur Linken an, während der Herzog von Orleans zurückblieb, um den Paß auf der Fronte anzugreifen. Alles begab sich, wie der Marschall Valée vorausgesehen hatte. Es fehlt mir an Zeit, Ihnen die genauen Details zu berichten; hier bloß einige Bemerkungen, wie die Affaire sich im Allgemeinen zugetragen. Die Division des Herzogs von Orleans war beauftragt, die Feinde aus ihrer Stellung zu vertreiben. Ein wüthender Kampf entspann sich zuerst auf den Gipfeln, welche den Engpaß dominiren; sie waren von fünf Schanzen mit Kanonen beschützt und durch die arabische Infanterie tapfer vertheidigt. Wir mußten mit dem Bajonnet angreifen; der Kampf war kurz, aber blutig. Das 2te leichte Infanterieregiment, Lamoricière's Zuaven, die Tirailleurs von Vincennes und das 24ste Linienregiment griffen mit bewundernswerther Tapferkeit an und erstürmten alle Schanzen mit dem Ruf: es lebe der König! Die zwölf Schanzen, von denen einige Kanonen hatten, waren sehr geschickt angelegt. Durch die Energie und die Raschheit unsers Angriffs wurde viel Unglück abgewendet. Nach der Einnahme der Gipfel mußte der Paß genommen werden. Unserer Brigade war diese Ehre vorbehalten. Durch ein keckes, äußerst schwieriges Manöver war es dem Marschall Valée gelungen, Kanonen vorrücken zu lassen, um unsern Angriff zu unterstützen. Ihm und dem feurigen Muth unserer Regimenter danken wir die Einnahme des Passes, welchen Abd-El-Kader aufs äußerste vertheidigte. General d'Houdetot hat sich sehr glänzend benommen. Der Kronprinz griff an der Spitze der Truppen an und nahm den Paß mit dem Säbel in der Faust, während die beiden Colonnen, bereits Meister der auf den Höhen errichteten Schanzen, in den Paß hinabstiegen und mit unserer Brigade sich vereinigten. Dieser Moment war wunderschön. Die Araber flohen in allen Richtungen, Kanonen und Fahnen im Stich lassend. Die französische Fahne wehte auf den erstürmten Schanzen, und die drei Farben grüßten von der Höhe des Atlas herunter. Der Ruf: es lebe der König! erschallte weithin, getragen vom Echo des Gebirges. Das Feuer des Kampfes und die Siegesbegeisterung leuchteten auf den sonngebräunten, schweißtriefenden Gesichtern. Der Kronprinz war entzückt. Sein junger Bruder, der Herzog von Aumale, Soldat von gestern her, zeigte die unerschrockene Kaltblütigkeit eines
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