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Allgemeine Zeitung. Nr. 156. Augsburg, 4. Juni 1840.

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fort; der 20 war rauh und stürmisch, wiewohl es endlich zu regnen aufhörte. Den 21 immer noch empfindliche Kälte und eisige Winde mit Schneegestöber. Die Armee hoffte den folgenden Tag ihren Marsch fortsetzen zu können, was jedoch bei den grundlos gewordenen Straßen noch zweifelhaft schien. Während dieser drei Tage war das Hauptquartier zu Masada de Masnon; dort standen auch das Belagerungsgeschütz, ein Regiment Provincialgarden und das Husarenregiment Prinzessin. Der Graf v. Belascoain mit der Gardedivision lagerte bei der Einsiedelei von San Marcos, im Angesicht von Morella und etwa anderthalb Stunden vom Hauptquartier. General Ayerbe stand mit der dritten Division zu Chiva, die vierte Division war zu Horcajo. Die Resignation der Soldaten mitten in dieser peinlichen Lage wird als musterhaft geschildert. Espartero soll die Leiden seiner Krieger redlich getheilt und ihnen durch Festigkeit vorgeleuchtet haben. - O'Donnell war, wie gestern berührt, nach der Besitznahme von Cantavieja über Ares und Cati auf San Matheo marschirt, wo sich ein bedeutendes Corps Insurgenten und Cabrera selbst befinden soll. Es war am 4 Mai, daß Cabrera sich zu Morella gezeigt. Von einem Balcon herab, wo vor den auf den Knien liegenden Soldaten und Einwohnern ein Mönch die Messe las, verkündigte Cabrera den Anwesenden unter andern Lügen auch die Einnahme von Tortosa durch seine Truppen. Der Zauber seiner Person that auch dießmal seine Wirkung. Die Desertion hörte auf, und die frisch fanatisirten Rotten überlieferten sich neuen Gräueln. Nicht allein die Häuser der Stadt, deren Eigenthümer sich geflüchtet hatten, sondern auch mehrere Maiereien der Umgegend wurden von Grund aus geplündert und, was darin lebte, erwürgt. Ein Theil der Einwohner arbeitet seitdem an Barricadirung der Stadt, wozu man mehrere hundert Bäume herbeigeschleppt hat. Die Hauptkirche dient als Magazin. - Die Colonne Zurbano's, welche die Linie von Algas bewacht, ist neuerlich durch die zu den Constitutionellen übergegangenen Banden des Talanques und El Mochuelo verstärkt worden. Zurbano war am 18 Nachts von Valderobles aufgebrochen, um den Bischof von Orihuela und mehrere Mitglieder der Carlistischen Junta zu Benifasa aufzuheben. Zum Unglück hatte sich die ganze Gesellschaft bei Annäherung der Avantgarde O'Donnells, die zu gleicher Zeit zu La Cenia einrückte, bereits aus dem Staube gemacht. Zehn Bataillone Insurgenten und 800 Reiter stehen zu Bot, Mora und Mirabet, von wo sie, wenn Morella fällt, sich nach Catalonien wenden wollen. - Marconnel, nachdem er Cantavieja völlig niedergebrannt, hat mit dem 2ten, 4ten und 3ten aragonischen Bataillon, in Allem 1300 Mann, sich nach Mosqueruela gezogen, in der Absicht, wie man glaubt, um in Vereinigung mit den Banden Balmaseda's, der sich in den Gebirgen von Albarracin herumtreibt, das Land auszubeuten. - General Carbo und der Insurgentenchef Sourile schlugen sich am 20 oder 21 unweit Ripoll (Ober-Catalonien). Souvila soll den Kürzern gezogen und in Folge dieses Gefechts auch die Bande, die um Oliana streift, auf Berga zurück seyn. Die Rotte des Felip ward bei San Mori von der mobilen Colonne des Districts Figueras geworfen, wobei ihm die mitgeschleppten Geiseln wieder abgenommen wurden. Die Gesammtzahl der bewaffneten Insurgenten von Ober-Catalonien mag mit Inbegriff von 200 Chefs und Officieren noch etwa 2000 Mann betragen, die seit Monaten ohne Sold nur von Plünderung leben und ihren Unmuth nicht verhehlen. - Aus Guipuscoa erfährt man, daß der bekannte Legorburu im Lande herumschleicht und mit Hülfe Gleichgestimmter die ehemaligen Soldaten der Armee von Navarra zu neuem Aufstande vorzubereiten sucht.

Großbritannien.

Haus der Lords vom 26 Mai. Der aus Frankreich zurückgekehrte Lord Brougham, der, wie gewöhnlich, mit einem Haufen Bittschriften unter beiden Armen im Hause erscheint, wird von allen Anwesenden herzlich begrüßt. Er sieht gesund und munter aus, nur wegen seiner kurz geschnittenen Haare ein wenig dünner. Die Petitionen, die Lord Brougham der Reihe nach einreicht, betrafen Abschaffung der Korngesetze, Abschaffung der Kirchensteuern, Nichtannahme der Kirchenvermehrungsbill, Aufhebung der Verbindung zwischen Kirche und Staat, Reform des Medicinalwesens, Verminderung der Salzsteuer, und endlich Abbrechung des Opiumkriegs. Zur Unterstützung dieser letzten Petition bemerkt der edle Lord, daß, da der allgemeine Wunsch des Volks dagegen wäre, für das verlorne Opium einen Schadenersatz zu verlangen, auch die Regierung vermeiden solle, den bevorstehenden Krieg als einen Krieg aus Eigennutz zu führen, um nicht dereinst denselben mit denen Heinrichs VII vergleichen zu hören, von denen man sagte, sie glichen einem Schacht mit Eisen oben und Gold unten. Der Erzbischof von Dublin brachte eine Petition, von 60 Personen, darunter 30 aus dem Clerus, unterzeichnet, um Revidirung und zeitgemäße Umgestaltung der Artikel und der Liturgie der englischen Kirche, und nahm dieselbe zur Gelegenheit, das Haus von neuem (er that so zuerst 1836) an den Mangel einer kirchengesetzlichen Behörde in England zu erinnern, indem die beiden Kammern doch nicht tauglich wären, über geistliche Gegenstände Gesetze zu entwerfen. Dabei vertheidigt er sich angelegentlich gegen den Vorwurf der Neuerung, indem er bemerkt, daß der einzige Weg, auf dem man die nothwendigen Neuerungen, welche die Zeit mit sich bringt, zum besten wenden könne, darin bestehe, ihnen freiwillig entgegenzukommen. Er schlägt also die Wiedereinsetzung eines Concils (convocation) vor, wie selbes bereits hundert Jahre lang in England bestand. Der Bischof von Lincoln und der Erzbischof von Canterbury behaupten dagegen, daß der größte Theil des Clerus und der Gemeinden eine jede Neuerung in Auslegung des Dogma und in Abfassung der Liturgie mit dem entschiedensten Mißfallen aufnehmen werde. Der Bischof von Norwich spricht wieder für Umänderung, namentlich für eine gewisse Erweiterung des Glaubenssystems, und behauptet, daß er bis jetzt noch keinen Geistlichen gekannt, der mit allen von ihm unterschriebenen Glaubensartikeln unbedingt übereingestimmt hätte. Auch sey der Antrag auf Revision schon 1689 von den Würdenträgern der Kirche angenommen, und nur durch die gemeinsten Intriguen wieder rückgängig gemacht worden. Das so oft von der Masse wiederholte Geschrei: "nolumus leges Angliae mutari" halte er der Meder und Perser für würdiger als des englischen Volks. Er sey überzeugt, daß die Zeit, wo jene Aenderungen sich nicht mehr abweisen lassen, binnen kurzem kommen müsse, und dann würde man bedauern, sie nicht früher selbst eingeführt zu haben. Der Bischof von London hält Umänderungen für unnöthig, und Ernennung eines Concils gegenwärtig für unthunlich. Er beruft sich dabei auf eine Rede E. Burkes, gehalten 1772 bei Gelegenheit einer ähnlichen Petition als die vorliegende, und in welcher der große Staatsmann die Nothwendigkeit eines allgemein bindenden Glaubensgrundgesetzes - ähnlich dem Staatsgrundgesetze - zu beweisen sucht. - Die Bittschrift bleibt auf der Tafel (wird einstweilen angenommen) und das Haus vertagt sich bis Montag.

Haus der Gemeinen. Sitzung vom 27 Mai. Unter den Petitionen ist eine unterzeichnet von dem Radicalclub von

fort; der 20 war rauh und stürmisch, wiewohl es endlich zu regnen aufhörte. Den 21 immer noch empfindliche Kälte und eisige Winde mit Schneegestöber. Die Armee hoffte den folgenden Tag ihren Marsch fortsetzen zu können, was jedoch bei den grundlos gewordenen Straßen noch zweifelhaft schien. Während dieser drei Tage war das Hauptquartier zu Masada de Masnon; dort standen auch das Belagerungsgeschütz, ein Regiment Provincialgarden und das Husarenregiment Prinzessin. Der Graf v. Belascoain mit der Gardedivision lagerte bei der Einsiedelei von San Marcos, im Angesicht von Morella und etwa anderthalb Stunden vom Hauptquartier. General Ayerbe stand mit der dritten Division zu Chiva, die vierte Division war zu Horcajo. Die Resignation der Soldaten mitten in dieser peinlichen Lage wird als musterhaft geschildert. Espartero soll die Leiden seiner Krieger redlich getheilt und ihnen durch Festigkeit vorgeleuchtet haben. – O'Donnell war, wie gestern berührt, nach der Besitznahme von Cantavieja über Ares und Cati auf San Matheo marschirt, wo sich ein bedeutendes Corps Insurgenten und Cabrera selbst befinden soll. Es war am 4 Mai, daß Cabrera sich zu Morella gezeigt. Von einem Balcon herab, wo vor den auf den Knien liegenden Soldaten und Einwohnern ein Mönch die Messe las, verkündigte Cabrera den Anwesenden unter andern Lügen auch die Einnahme von Tortosa durch seine Truppen. Der Zauber seiner Person that auch dießmal seine Wirkung. Die Desertion hörte auf, und die frisch fanatisirten Rotten überlieferten sich neuen Gräueln. Nicht allein die Häuser der Stadt, deren Eigenthümer sich geflüchtet hatten, sondern auch mehrere Maiereien der Umgegend wurden von Grund aus geplündert und, was darin lebte, erwürgt. Ein Theil der Einwohner arbeitet seitdem an Barricadirung der Stadt, wozu man mehrere hundert Bäume herbeigeschleppt hat. Die Hauptkirche dient als Magazin. – Die Colonne Zurbano's, welche die Linie von Algas bewacht, ist neuerlich durch die zu den Constitutionellen übergegangenen Banden des Talanques und El Mochuelo verstärkt worden. Zurbano war am 18 Nachts von Valderobles aufgebrochen, um den Bischof von Orihuela und mehrere Mitglieder der Carlistischen Junta zu Benifasa aufzuheben. Zum Unglück hatte sich die ganze Gesellschaft bei Annäherung der Avantgarde O'Donnells, die zu gleicher Zeit zu La Cenia einrückte, bereits aus dem Staube gemacht. Zehn Bataillone Insurgenten und 800 Reiter stehen zu Bot, Mora und Mirabet, von wo sie, wenn Morella fällt, sich nach Catalonien wenden wollen. – Marconnel, nachdem er Cantavieja völlig niedergebrannt, hat mit dem 2ten, 4ten und 3ten aragonischen Bataillon, in Allem 1300 Mann, sich nach Mosqueruela gezogen, in der Absicht, wie man glaubt, um in Vereinigung mit den Banden Balmaseda's, der sich in den Gebirgen von Albarracin herumtreibt, das Land auszubeuten. – General Carbo und der Insurgentenchef Sourile schlugen sich am 20 oder 21 unweit Ripoll (Ober-Catalonien). Souvila soll den Kürzern gezogen und in Folge dieses Gefechts auch die Bande, die um Oliana streift, auf Berga zurück seyn. Die Rotte des Felip ward bei San Mori von der mobilen Colonne des Districts Figueras geworfen, wobei ihm die mitgeschleppten Geiseln wieder abgenommen wurden. Die Gesammtzahl der bewaffneten Insurgenten von Ober-Catalonien mag mit Inbegriff von 200 Chefs und Officieren noch etwa 2000 Mann betragen, die seit Monaten ohne Sold nur von Plünderung leben und ihren Unmuth nicht verhehlen. – Aus Guipuscoa erfährt man, daß der bekannte Legorburu im Lande herumschleicht und mit Hülfe Gleichgestimmter die ehemaligen Soldaten der Armee von Navarra zu neuem Aufstande vorzubereiten sucht.

Großbritannien.

Haus der Lords vom 26 Mai. Der aus Frankreich zurückgekehrte Lord Brougham, der, wie gewöhnlich, mit einem Haufen Bittschriften unter beiden Armen im Hause erscheint, wird von allen Anwesenden herzlich begrüßt. Er sieht gesund und munter aus, nur wegen seiner kurz geschnittenen Haare ein wenig dünner. Die Petitionen, die Lord Brougham der Reihe nach einreicht, betrafen Abschaffung der Korngesetze, Abschaffung der Kirchensteuern, Nichtannahme der Kirchenvermehrungsbill, Aufhebung der Verbindung zwischen Kirche und Staat, Reform des Medicinalwesens, Verminderung der Salzsteuer, und endlich Abbrechung des Opiumkriegs. Zur Unterstützung dieser letzten Petition bemerkt der edle Lord, daß, da der allgemeine Wunsch des Volks dagegen wäre, für das verlorne Opium einen Schadenersatz zu verlangen, auch die Regierung vermeiden solle, den bevorstehenden Krieg als einen Krieg aus Eigennutz zu führen, um nicht dereinst denselben mit denen Heinrichs VII vergleichen zu hören, von denen man sagte, sie glichen einem Schacht mit Eisen oben und Gold unten. Der Erzbischof von Dublin brachte eine Petition, von 60 Personen, darunter 30 aus dem Clerus, unterzeichnet, um Revidirung und zeitgemäße Umgestaltung der Artikel und der Liturgie der englischen Kirche, und nahm dieselbe zur Gelegenheit, das Haus von neuem (er that so zuerst 1836) an den Mangel einer kirchengesetzlichen Behörde in England zu erinnern, indem die beiden Kammern doch nicht tauglich wären, über geistliche Gegenstände Gesetze zu entwerfen. Dabei vertheidigt er sich angelegentlich gegen den Vorwurf der Neuerung, indem er bemerkt, daß der einzige Weg, auf dem man die nothwendigen Neuerungen, welche die Zeit mit sich bringt, zum besten wenden könne, darin bestehe, ihnen freiwillig entgegenzukommen. Er schlägt also die Wiedereinsetzung eines Concils (convocation) vor, wie selbes bereits hundert Jahre lang in England bestand. Der Bischof von Lincoln und der Erzbischof von Canterbury behaupten dagegen, daß der größte Theil des Clerus und der Gemeinden eine jede Neuerung in Auslegung des Dogma und in Abfassung der Liturgie mit dem entschiedensten Mißfallen aufnehmen werde. Der Bischof von Norwich spricht wieder für Umänderung, namentlich für eine gewisse Erweiterung des Glaubenssystems, und behauptet, daß er bis jetzt noch keinen Geistlichen gekannt, der mit allen von ihm unterschriebenen Glaubensartikeln unbedingt übereingestimmt hätte. Auch sey der Antrag auf Revision schon 1689 von den Würdenträgern der Kirche angenommen, und nur durch die gemeinsten Intriguen wieder rückgängig gemacht worden. Das so oft von der Masse wiederholte Geschrei: „nolumus leges Angliae mutari“ halte er der Meder und Perser für würdiger als des englischen Volks. Er sey überzeugt, daß die Zeit, wo jene Aenderungen sich nicht mehr abweisen lassen, binnen kurzem kommen müsse, und dann würde man bedauern, sie nicht früher selbst eingeführt zu haben. Der Bischof von London hält Umänderungen für unnöthig, und Ernennung eines Concils gegenwärtig für unthunlich. Er beruft sich dabei auf eine Rede E. Burkes, gehalten 1772 bei Gelegenheit einer ähnlichen Petition als die vorliegende, und in welcher der große Staatsmann die Nothwendigkeit eines allgemein bindenden Glaubensgrundgesetzes – ähnlich dem Staatsgrundgesetze – zu beweisen sucht. – Die Bittschrift bleibt auf der Tafel (wird einstweilen angenommen) und das Haus vertagt sich bis Montag.

Haus der Gemeinen. Sitzung vom 27 Mai. Unter den Petitionen ist eine unterzeichnet von dem Radicalclub von

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[1242/0002] fort; der 20 war rauh und stürmisch, wiewohl es endlich zu regnen aufhörte. Den 21 immer noch empfindliche Kälte und eisige Winde mit Schneegestöber. Die Armee hoffte den folgenden Tag ihren Marsch fortsetzen zu können, was jedoch bei den grundlos gewordenen Straßen noch zweifelhaft schien. Während dieser drei Tage war das Hauptquartier zu Masada de Masnon; dort standen auch das Belagerungsgeschütz, ein Regiment Provincialgarden und das Husarenregiment Prinzessin. Der Graf v. Belascoain mit der Gardedivision lagerte bei der Einsiedelei von San Marcos, im Angesicht von Morella und etwa anderthalb Stunden vom Hauptquartier. General Ayerbe stand mit der dritten Division zu Chiva, die vierte Division war zu Horcajo. Die Resignation der Soldaten mitten in dieser peinlichen Lage wird als musterhaft geschildert. Espartero soll die Leiden seiner Krieger redlich getheilt und ihnen durch Festigkeit vorgeleuchtet haben. – O'Donnell war, wie gestern berührt, nach der Besitznahme von Cantavieja über Ares und Cati auf San Matheo marschirt, wo sich ein bedeutendes Corps Insurgenten und Cabrera selbst befinden soll. Es war am 4 Mai, daß Cabrera sich zu Morella gezeigt. Von einem Balcon herab, wo vor den auf den Knien liegenden Soldaten und Einwohnern ein Mönch die Messe las, verkündigte Cabrera den Anwesenden unter andern Lügen auch die Einnahme von Tortosa durch seine Truppen. Der Zauber seiner Person that auch dießmal seine Wirkung. Die Desertion hörte auf, und die frisch fanatisirten Rotten überlieferten sich neuen Gräueln. Nicht allein die Häuser der Stadt, deren Eigenthümer sich geflüchtet hatten, sondern auch mehrere Maiereien der Umgegend wurden von Grund aus geplündert und, was darin lebte, erwürgt. Ein Theil der Einwohner arbeitet seitdem an Barricadirung der Stadt, wozu man mehrere hundert Bäume herbeigeschleppt hat. Die Hauptkirche dient als Magazin. – Die Colonne Zurbano's, welche die Linie von Algas bewacht, ist neuerlich durch die zu den Constitutionellen übergegangenen Banden des Talanques und El Mochuelo verstärkt worden. Zurbano war am 18 Nachts von Valderobles aufgebrochen, um den Bischof von Orihuela und mehrere Mitglieder der Carlistischen Junta zu Benifasa aufzuheben. Zum Unglück hatte sich die ganze Gesellschaft bei Annäherung der Avantgarde O'Donnells, die zu gleicher Zeit zu La Cenia einrückte, bereits aus dem Staube gemacht. Zehn Bataillone Insurgenten und 800 Reiter stehen zu Bot, Mora und Mirabet, von wo sie, wenn Morella fällt, sich nach Catalonien wenden wollen. – Marconnel, nachdem er Cantavieja völlig niedergebrannt, hat mit dem 2ten, 4ten und 3ten aragonischen Bataillon, in Allem 1300 Mann, sich nach Mosqueruela gezogen, in der Absicht, wie man glaubt, um in Vereinigung mit den Banden Balmaseda's, der sich in den Gebirgen von Albarracin herumtreibt, das Land auszubeuten. – General Carbo und der Insurgentenchef Sourile schlugen sich am 20 oder 21 unweit Ripoll (Ober-Catalonien). Souvila soll den Kürzern gezogen und in Folge dieses Gefechts auch die Bande, die um Oliana streift, auf Berga zurück seyn. Die Rotte des Felip ward bei San Mori von der mobilen Colonne des Districts Figueras geworfen, wobei ihm die mitgeschleppten Geiseln wieder abgenommen wurden. Die Gesammtzahl der bewaffneten Insurgenten von Ober-Catalonien mag mit Inbegriff von 200 Chefs und Officieren noch etwa 2000 Mann betragen, die seit Monaten ohne Sold nur von Plünderung leben und ihren Unmuth nicht verhehlen. – Aus Guipuscoa erfährt man, daß der bekannte Legorburu im Lande herumschleicht und mit Hülfe Gleichgestimmter die ehemaligen Soldaten der Armee von Navarra zu neuem Aufstande vorzubereiten sucht. Großbritannien. _ London, 28 Mai. Haus der Lords vom 26 Mai. Der aus Frankreich zurückgekehrte Lord Brougham, der, wie gewöhnlich, mit einem Haufen Bittschriften unter beiden Armen im Hause erscheint, wird von allen Anwesenden herzlich begrüßt. Er sieht gesund und munter aus, nur wegen seiner kurz geschnittenen Haare ein wenig dünner. Die Petitionen, die Lord Brougham der Reihe nach einreicht, betrafen Abschaffung der Korngesetze, Abschaffung der Kirchensteuern, Nichtannahme der Kirchenvermehrungsbill, Aufhebung der Verbindung zwischen Kirche und Staat, Reform des Medicinalwesens, Verminderung der Salzsteuer, und endlich Abbrechung des Opiumkriegs. Zur Unterstützung dieser letzten Petition bemerkt der edle Lord, daß, da der allgemeine Wunsch des Volks dagegen wäre, für das verlorne Opium einen Schadenersatz zu verlangen, auch die Regierung vermeiden solle, den bevorstehenden Krieg als einen Krieg aus Eigennutz zu führen, um nicht dereinst denselben mit denen Heinrichs VII vergleichen zu hören, von denen man sagte, sie glichen einem Schacht mit Eisen oben und Gold unten. Der Erzbischof von Dublin brachte eine Petition, von 60 Personen, darunter 30 aus dem Clerus, unterzeichnet, um Revidirung und zeitgemäße Umgestaltung der Artikel und der Liturgie der englischen Kirche, und nahm dieselbe zur Gelegenheit, das Haus von neuem (er that so zuerst 1836) an den Mangel einer kirchengesetzlichen Behörde in England zu erinnern, indem die beiden Kammern doch nicht tauglich wären, über geistliche Gegenstände Gesetze zu entwerfen. Dabei vertheidigt er sich angelegentlich gegen den Vorwurf der Neuerung, indem er bemerkt, daß der einzige Weg, auf dem man die nothwendigen Neuerungen, welche die Zeit mit sich bringt, zum besten wenden könne, darin bestehe, ihnen freiwillig entgegenzukommen. Er schlägt also die Wiedereinsetzung eines Concils (convocation) vor, wie selbes bereits hundert Jahre lang in England bestand. Der Bischof von Lincoln und der Erzbischof von Canterbury behaupten dagegen, daß der größte Theil des Clerus und der Gemeinden eine jede Neuerung in Auslegung des Dogma und in Abfassung der Liturgie mit dem entschiedensten Mißfallen aufnehmen werde. Der Bischof von Norwich spricht wieder für Umänderung, namentlich für eine gewisse Erweiterung des Glaubenssystems, und behauptet, daß er bis jetzt noch keinen Geistlichen gekannt, der mit allen von ihm unterschriebenen Glaubensartikeln unbedingt übereingestimmt hätte. Auch sey der Antrag auf Revision schon 1689 von den Würdenträgern der Kirche angenommen, und nur durch die gemeinsten Intriguen wieder rückgängig gemacht worden. Das so oft von der Masse wiederholte Geschrei: „nolumus leges Angliae mutari“ halte er der Meder und Perser für würdiger als des englischen Volks. Er sey überzeugt, daß die Zeit, wo jene Aenderungen sich nicht mehr abweisen lassen, binnen kurzem kommen müsse, und dann würde man bedauern, sie nicht früher selbst eingeführt zu haben. Der Bischof von London hält Umänderungen für unnöthig, und Ernennung eines Concils gegenwärtig für unthunlich. Er beruft sich dabei auf eine Rede E. Burkes, gehalten 1772 bei Gelegenheit einer ähnlichen Petition als die vorliegende, und in welcher der große Staatsmann die Nothwendigkeit eines allgemein bindenden Glaubensgrundgesetzes – ähnlich dem Staatsgrundgesetze – zu beweisen sucht. – Die Bittschrift bleibt auf der Tafel (wird einstweilen angenommen) und das Haus vertagt sich bis Montag. Haus der Gemeinen. Sitzung vom 27 Mai. Unter den Petitionen ist eine unterzeichnet von dem Radicalclub von

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 156. Augsburg, 4. Juni 1840, S. 1242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_156_18400604/2>, abgerufen am 21.11.2024.