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Allgemeine Zeitung. Nr. 159. Augsburg, 7. Juni 1840.

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bleibt. Wahrscheinlich ist in diesem gewissenhaften Bericht kein Wort von den Martern zu lesen, die nur zu deutlich auf den entstellten Körpern der unglücklichen Schlachtopfer zu sehen sind. Der Vicekönig muß diesen Vorgängen ein Ende machen, an denen persönlicher Haß, blinde Leidenschaft, Eigennutz und Handelseifersucht einen nur zu großen Antheil gehabt haben.

Ein anderer Bericht vom 23 April. Die Martern haben aufgehört. Die Unglücklichen erwarten jetzt Hülfe von einem unparteiischen und gerechten Gerichtshofe; sonst möchten sie schwerlich aus dem Abgrunde errettet werden können, in den die Erbitterung ihrer Feinde sie gestürzt hat. Es vergeht fast kein Tag, daß die Juden von unwissenden Christen nicht beschimpft würden, da sie etwas zu sehr auf Hanna-Bahry-Bey *) rechnen. - Am 24 d. M. haben der französische Consul und der Generalgouverneur von neuem die sogenannten Ueberreste des Pater Thomas verificiren wollen. Dazu wurden die drei ersten Aerzte, die im Anfange befragt worden, in das französische Consulat gerufen. Man will die ausgegrabenen Ueberreste in einen Kasten legen, der versiegelt an die medicinische Akademie nach Paris geschickt werden soll, um zu erfahren, ob es die Gebeine eines Menschen oder Thierknochen seyen.

Auszug aus einem Briefe von Hrn. v. Laurin. Alexandria, 26 April. Der Proceß nimmt für die Juden eine sehr günstige Wendung. Der Barbier erklärt, daß er durch Muhammed (el-Telli) zu seiner Anklage gegen die israelitischen Kaufleute verleitet worden sey. Dieser Mann sagte ihm, wenn er zu läugnen fortführe, so würde er zu Tode gemartert, doch wenn er nach seinem Willen aussagen wolle, soll er straflos bleiben, eine Belohnung und freies Geleit erhalten.

Hottentotten-Colonie am Katriver.

Viele Ihrer Leser kennen ohne Zweifel die Beschreibung, welche Pringle in seinen südafrikanischen Skizzen von der Hottentotten-Niederlassung am Katriver auf der nördlichen Gränze der Capcolonie gemacht hat, und werden mit Vergnügen von dem glücklichen Fortgang derselben hören. Die Niederlassung besteht jetzt seit eilf Jahren, und hat sich aufs vollkommenste erprobt. Als sie zuerst von Capitän, jetzt Sir Andries Stockenstrom gegründet wurde, war die ganze holländische Partei der Capcolonie überzeugt, daß die Hottentotten sich im ersten Kaffernkrieg zu diesen und gegen die Colonisten schlagen würden, ohne von einer Menge anderer Prophezeiungen zu reden, wie z. B. daß man nichts gegründet habe als eine Diebshöhle, ein Nest von Vagabunden und Säufern u. s. w. Die Hottentotten haben dagegen im letzten Kaffernkrieg 500 Mann guter Truppen geliefert, und ihr District ist der friedlichste in der ganzen Colonie. Sie haben keine Europäer unter sich als einige Missionäre, die unter der Leitung von W. Read stehen; sie sorgen für ihre eigene Polizei, und bezahlen ihre Abgaben wie alle andern Colonisten. Ihr District besteht in vier Seitenthälern des Katriver, die von eben so vielen Gebirgsbächen bewässert sind; dennoch leiden sie, wie die ganze Colonie, von Zeit zu Zeit an Wassermangel, und obgleich sie sogleich nach ihrem Etablissement anfingen, Bewässerungscanäle zu graben, welche schon im Jahr 1832 eine Gesammtlänge von 18 englischen Meilen hatten, so fanden sie doch im letzten Jahr, daß in Zeiten ungewöhnlichen Regenmangels diese Vorkehrungen noch nicht hinreichten. Sie litten daher letztes Jahr an fast gänzlichem Mißwachs, der sie zwang, ein beträchtliches Anlehen auf Hypothek ihrer Güter in Albany zu machen. Sie setzten darauf ihre Canalarbeiten so eifrig fort, daß ihre Canäle jetzt etwa 80 englische Meilen Länge haben, und sind dadurch in Stand gesetzt worden, im letzten Herbst eine weit größere Masse Feldes anzubauen, so daß sie hoffen, im laufenden Jahr ihre Schuld abzutragen. Sie haben eine Hülfsmissionsgesellschaft, welche am 14 Januar ihre Sitzung in Balfour, einem ihrer Dörfer, hielt, und wobei sie 140 Pf. St. unterschrieben. Sie gaben dabei ein Essen, bei dem 70 Hottentotten und einige Kaffern zugegen waren, von denen einige sehr gute Reden hielten. Sie haben sechzehn Schulen gebaut; dreizehn der Schulmeister sind Hottentotten, und der General-Schulinspector der Colonie hat einen überaus günstigen Bericht über sie erstattet. Sie haben Mäßigkeitsgesellschaften, und nur wenige unter ihnen trinken geistige Getränke. Ihre Schulen sind gegenwärtig von 970 Kindern besucht, und ihre Zahl war vor zwei Jahren noch größer, aber eine Epidemie von Masern vertrieb im letzten Jahr viele Kinder vom Schulgehen. Das auffallendste ist der Einfluß, den sie auf die umliegenden Stämme ausüben. Eine Menge Kaffern haben sich in der Nähe des Katriver niedergelassen; namentlich ein Chef der Tambukis kam mit 2000 Personen und hat sich am Chuni gesetzt, um in der Nähe der Hottentotten-Niederlassung zu seyn und Prediger und Schulmeister von ihnen zu erhalten. Sie hatten im letzten Jahr gehört, daß die Buschmänner im Winterberg von Kaffernstämmen vertrieben worden seyen und sich in die Gebirge geflüchtet hätten, wo sie in Gefahr seyen, Hungers zu sterben; denn diese elenden Reste einer enterbten und unterdrückten Nation haben gar kein Eigenthum und leben nur von wilden Thieren und von Zwiebelpflanzen, welche sie aber nur in den Ebenen in hinlänglicher Menge finden. Die Hottentotten beschlossen, eine Mission an sie zu schicken, um zu versuchen, sie Ackerbau zu lehren und sie zu bekehren. Sie schickten daher einen aus ihrer Mitte als Lehrer und einige Feldarbeiter, welche letzten Ackerbau einführen und den Stamm bürgerlich organisiren sollten. Der englische Missionär Read begleitete sie. Als sie in der Gegend angekommen waren, wo man ihnen gesagt hatte, daß die Buschmänner leben, fingen sie an ein Stück Land auszusuchen, das leicht bewässert werden konnte, pflügten und besäeten es, und gruben einen Bewässerungscanal; sie errichteten Hütten und warteten auf die Buschmänner. Aber es zeigte sich Niemand; sie streiften nun im Gebirg umher und fanden endlich einige alte Weiber, denen sie erklärten, was ihre Absicht sey, und zogen so nach und nach den Stamm an sich, der sehr überrascht war, daß man etwas für ihn thun wolle. Man kann freilich noch nicht voraussehen, ob sich diese verwilderte Race bewegen lasse, sich häuslich niederzulassen; aber wenn es geschehen kann, so ist es nur durch Leute ihrer eigenen Farbe und Abkunft, wie die Hottentotten, möglich, und eben darum ist die Niederlassung der letztern am Katriver und ihr Gedeihen von so großer Wichtigkeit für ganz Südafrika.

*) Civil-Generalgouverneur, der in seinem Amte eine eben so große Vollmacht besitzt, wie Ibrahim Pascha in seinem Militärgouvernement. Hanna-Bahry-Bey ist Christ. (Anm. des Hrn. Cremieux.)

bleibt. Wahrscheinlich ist in diesem gewissenhaften Bericht kein Wort von den Martern zu lesen, die nur zu deutlich auf den entstellten Körpern der unglücklichen Schlachtopfer zu sehen sind. Der Vicekönig muß diesen Vorgängen ein Ende machen, an denen persönlicher Haß, blinde Leidenschaft, Eigennutz und Handelseifersucht einen nur zu großen Antheil gehabt haben.

Ein anderer Bericht vom 23 April. Die Martern haben aufgehört. Die Unglücklichen erwarten jetzt Hülfe von einem unparteiischen und gerechten Gerichtshofe; sonst möchten sie schwerlich aus dem Abgrunde errettet werden können, in den die Erbitterung ihrer Feinde sie gestürzt hat. Es vergeht fast kein Tag, daß die Juden von unwissenden Christen nicht beschimpft würden, da sie etwas zu sehr auf Hannà-Bahry-Bey *) rechnen. – Am 24 d. M. haben der französische Consul und der Generalgouverneur von neuem die sogenannten Ueberreste des Pater Thomas verificiren wollen. Dazu wurden die drei ersten Aerzte, die im Anfange befragt worden, in das französische Consulat gerufen. Man will die ausgegrabenen Ueberreste in einen Kasten legen, der versiegelt an die medicinische Akademie nach Paris geschickt werden soll, um zu erfahren, ob es die Gebeine eines Menschen oder Thierknochen seyen.

Auszug aus einem Briefe von Hrn. v. Laurin. Alexandria, 26 April. Der Proceß nimmt für die Juden eine sehr günstige Wendung. Der Barbier erklärt, daß er durch Muhammed (el-Telli) zu seiner Anklage gegen die israelitischen Kaufleute verleitet worden sey. Dieser Mann sagte ihm, wenn er zu läugnen fortführe, so würde er zu Tode gemartert, doch wenn er nach seinem Willen aussagen wolle, soll er straflos bleiben, eine Belohnung und freies Geleit erhalten.

Hottentotten-Colonie am Katriver.

Viele Ihrer Leser kennen ohne Zweifel die Beschreibung, welche Pringle in seinen südafrikanischen Skizzen von der Hottentotten-Niederlassung am Katriver auf der nördlichen Gränze der Capcolonie gemacht hat, und werden mit Vergnügen von dem glücklichen Fortgang derselben hören. Die Niederlassung besteht jetzt seit eilf Jahren, und hat sich aufs vollkommenste erprobt. Als sie zuerst von Capitän, jetzt Sir Andries Stockenstrom gegründet wurde, war die ganze holländische Partei der Capcolonie überzeugt, daß die Hottentotten sich im ersten Kaffernkrieg zu diesen und gegen die Colonisten schlagen würden, ohne von einer Menge anderer Prophezeiungen zu reden, wie z. B. daß man nichts gegründet habe als eine Diebshöhle, ein Nest von Vagabunden und Säufern u. s. w. Die Hottentotten haben dagegen im letzten Kaffernkrieg 500 Mann guter Truppen geliefert, und ihr District ist der friedlichste in der ganzen Colonie. Sie haben keine Europäer unter sich als einige Missionäre, die unter der Leitung von W. Read stehen; sie sorgen für ihre eigene Polizei, und bezahlen ihre Abgaben wie alle andern Colonisten. Ihr District besteht in vier Seitenthälern des Katriver, die von eben so vielen Gebirgsbächen bewässert sind; dennoch leiden sie, wie die ganze Colonie, von Zeit zu Zeit an Wassermangel, und obgleich sie sogleich nach ihrem Etablissement anfingen, Bewässerungscanäle zu graben, welche schon im Jahr 1832 eine Gesammtlänge von 18 englischen Meilen hatten, so fanden sie doch im letzten Jahr, daß in Zeiten ungewöhnlichen Regenmangels diese Vorkehrungen noch nicht hinreichten. Sie litten daher letztes Jahr an fast gänzlichem Mißwachs, der sie zwang, ein beträchtliches Anlehen auf Hypothek ihrer Güter in Albany zu machen. Sie setzten darauf ihre Canalarbeiten so eifrig fort, daß ihre Canäle jetzt etwa 80 englische Meilen Länge haben, und sind dadurch in Stand gesetzt worden, im letzten Herbst eine weit größere Masse Feldes anzubauen, so daß sie hoffen, im laufenden Jahr ihre Schuld abzutragen. Sie haben eine Hülfsmissionsgesellschaft, welche am 14 Januar ihre Sitzung in Balfour, einem ihrer Dörfer, hielt, und wobei sie 140 Pf. St. unterschrieben. Sie gaben dabei ein Essen, bei dem 70 Hottentotten und einige Kaffern zugegen waren, von denen einige sehr gute Reden hielten. Sie haben sechzehn Schulen gebaut; dreizehn der Schulmeister sind Hottentotten, und der General-Schulinspector der Colonie hat einen überaus günstigen Bericht über sie erstattet. Sie haben Mäßigkeitsgesellschaften, und nur wenige unter ihnen trinken geistige Getränke. Ihre Schulen sind gegenwärtig von 970 Kindern besucht, und ihre Zahl war vor zwei Jahren noch größer, aber eine Epidemie von Masern vertrieb im letzten Jahr viele Kinder vom Schulgehen. Das auffallendste ist der Einfluß, den sie auf die umliegenden Stämme ausüben. Eine Menge Kaffern haben sich in der Nähe des Katriver niedergelassen; namentlich ein Chef der Tambukis kam mit 2000 Personen und hat sich am Chuni gesetzt, um in der Nähe der Hottentotten-Niederlassung zu seyn und Prediger und Schulmeister von ihnen zu erhalten. Sie hatten im letzten Jahr gehört, daß die Buschmänner im Winterberg von Kaffernstämmen vertrieben worden seyen und sich in die Gebirge geflüchtet hätten, wo sie in Gefahr seyen, Hungers zu sterben; denn diese elenden Reste einer enterbten und unterdrückten Nation haben gar kein Eigenthum und leben nur von wilden Thieren und von Zwiebelpflanzen, welche sie aber nur in den Ebenen in hinlänglicher Menge finden. Die Hottentotten beschlossen, eine Mission an sie zu schicken, um zu versuchen, sie Ackerbau zu lehren und sie zu bekehren. Sie schickten daher einen aus ihrer Mitte als Lehrer und einige Feldarbeiter, welche letzten Ackerbau einführen und den Stamm bürgerlich organisiren sollten. Der englische Missionär Read begleitete sie. Als sie in der Gegend angekommen waren, wo man ihnen gesagt hatte, daß die Buschmänner leben, fingen sie an ein Stück Land auszusuchen, das leicht bewässert werden konnte, pflügten und besäeten es, und gruben einen Bewässerungscanal; sie errichteten Hütten und warteten auf die Buschmänner. Aber es zeigte sich Niemand; sie streiften nun im Gebirg umher und fanden endlich einige alte Weiber, denen sie erklärten, was ihre Absicht sey, und zogen so nach und nach den Stamm an sich, der sehr überrascht war, daß man etwas für ihn thun wolle. Man kann freilich noch nicht voraussehen, ob sich diese verwilderte Race bewegen lasse, sich häuslich niederzulassen; aber wenn es geschehen kann, so ist es nur durch Leute ihrer eigenen Farbe und Abkunft, wie die Hottentotten, möglich, und eben darum ist die Niederlassung der letztern am Katriver und ihr Gedeihen von so großer Wichtigkeit für ganz Südafrika.

*) Civil-Generalgouverneur, der in seinem Amte eine eben so große Vollmacht besitzt, wie Ibrahim Pascha in seinem Militärgouvernement. Hannà-Bahry-Bey ist Christ. (Anm. des Hrn. Crémieux.)
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[1268/0012] bleibt. Wahrscheinlich ist in diesem gewissenhaften Bericht kein Wort von den Martern zu lesen, die nur zu deutlich auf den entstellten Körpern der unglücklichen Schlachtopfer zu sehen sind. Der Vicekönig muß diesen Vorgängen ein Ende machen, an denen persönlicher Haß, blinde Leidenschaft, Eigennutz und Handelseifersucht einen nur zu großen Antheil gehabt haben. Ein anderer Bericht vom 23 April. Die Martern haben aufgehört. Die Unglücklichen erwarten jetzt Hülfe von einem unparteiischen und gerechten Gerichtshofe; sonst möchten sie schwerlich aus dem Abgrunde errettet werden können, in den die Erbitterung ihrer Feinde sie gestürzt hat. Es vergeht fast kein Tag, daß die Juden von unwissenden Christen nicht beschimpft würden, da sie etwas zu sehr auf Hannà-Bahry-Bey *) rechnen. – Am 24 d. M. haben der französische Consul und der Generalgouverneur von neuem die sogenannten Ueberreste des Pater Thomas verificiren wollen. Dazu wurden die drei ersten Aerzte, die im Anfange befragt worden, in das französische Consulat gerufen. Man will die ausgegrabenen Ueberreste in einen Kasten legen, der versiegelt an die medicinische Akademie nach Paris geschickt werden soll, um zu erfahren, ob es die Gebeine eines Menschen oder Thierknochen seyen. Auszug aus einem Briefe von Hrn. v. Laurin. Alexandria, 26 April. Der Proceß nimmt für die Juden eine sehr günstige Wendung. Der Barbier erklärt, daß er durch Muhammed (el-Telli) zu seiner Anklage gegen die israelitischen Kaufleute verleitet worden sey. Dieser Mann sagte ihm, wenn er zu läugnen fortführe, so würde er zu Tode gemartert, doch wenn er nach seinem Willen aussagen wolle, soll er straflos bleiben, eine Belohnung und freies Geleit erhalten. Hottentotten-Colonie am Katriver. _ London, 25 Mai. Viele Ihrer Leser kennen ohne Zweifel die Beschreibung, welche Pringle in seinen südafrikanischen Skizzen von der Hottentotten-Niederlassung am Katriver auf der nördlichen Gränze der Capcolonie gemacht hat, und werden mit Vergnügen von dem glücklichen Fortgang derselben hören. Die Niederlassung besteht jetzt seit eilf Jahren, und hat sich aufs vollkommenste erprobt. Als sie zuerst von Capitän, jetzt Sir Andries Stockenstrom gegründet wurde, war die ganze holländische Partei der Capcolonie überzeugt, daß die Hottentotten sich im ersten Kaffernkrieg zu diesen und gegen die Colonisten schlagen würden, ohne von einer Menge anderer Prophezeiungen zu reden, wie z. B. daß man nichts gegründet habe als eine Diebshöhle, ein Nest von Vagabunden und Säufern u. s. w. Die Hottentotten haben dagegen im letzten Kaffernkrieg 500 Mann guter Truppen geliefert, und ihr District ist der friedlichste in der ganzen Colonie. Sie haben keine Europäer unter sich als einige Missionäre, die unter der Leitung von W. Read stehen; sie sorgen für ihre eigene Polizei, und bezahlen ihre Abgaben wie alle andern Colonisten. Ihr District besteht in vier Seitenthälern des Katriver, die von eben so vielen Gebirgsbächen bewässert sind; dennoch leiden sie, wie die ganze Colonie, von Zeit zu Zeit an Wassermangel, und obgleich sie sogleich nach ihrem Etablissement anfingen, Bewässerungscanäle zu graben, welche schon im Jahr 1832 eine Gesammtlänge von 18 englischen Meilen hatten, so fanden sie doch im letzten Jahr, daß in Zeiten ungewöhnlichen Regenmangels diese Vorkehrungen noch nicht hinreichten. Sie litten daher letztes Jahr an fast gänzlichem Mißwachs, der sie zwang, ein beträchtliches Anlehen auf Hypothek ihrer Güter in Albany zu machen. Sie setzten darauf ihre Canalarbeiten so eifrig fort, daß ihre Canäle jetzt etwa 80 englische Meilen Länge haben, und sind dadurch in Stand gesetzt worden, im letzten Herbst eine weit größere Masse Feldes anzubauen, so daß sie hoffen, im laufenden Jahr ihre Schuld abzutragen. Sie haben eine Hülfsmissionsgesellschaft, welche am 14 Januar ihre Sitzung in Balfour, einem ihrer Dörfer, hielt, und wobei sie 140 Pf. St. unterschrieben. Sie gaben dabei ein Essen, bei dem 70 Hottentotten und einige Kaffern zugegen waren, von denen einige sehr gute Reden hielten. Sie haben sechzehn Schulen gebaut; dreizehn der Schulmeister sind Hottentotten, und der General-Schulinspector der Colonie hat einen überaus günstigen Bericht über sie erstattet. Sie haben Mäßigkeitsgesellschaften, und nur wenige unter ihnen trinken geistige Getränke. Ihre Schulen sind gegenwärtig von 970 Kindern besucht, und ihre Zahl war vor zwei Jahren noch größer, aber eine Epidemie von Masern vertrieb im letzten Jahr viele Kinder vom Schulgehen. Das auffallendste ist der Einfluß, den sie auf die umliegenden Stämme ausüben. Eine Menge Kaffern haben sich in der Nähe des Katriver niedergelassen; namentlich ein Chef der Tambukis kam mit 2000 Personen und hat sich am Chuni gesetzt, um in der Nähe der Hottentotten-Niederlassung zu seyn und Prediger und Schulmeister von ihnen zu erhalten. Sie hatten im letzten Jahr gehört, daß die Buschmänner im Winterberg von Kaffernstämmen vertrieben worden seyen und sich in die Gebirge geflüchtet hätten, wo sie in Gefahr seyen, Hungers zu sterben; denn diese elenden Reste einer enterbten und unterdrückten Nation haben gar kein Eigenthum und leben nur von wilden Thieren und von Zwiebelpflanzen, welche sie aber nur in den Ebenen in hinlänglicher Menge finden. Die Hottentotten beschlossen, eine Mission an sie zu schicken, um zu versuchen, sie Ackerbau zu lehren und sie zu bekehren. Sie schickten daher einen aus ihrer Mitte als Lehrer und einige Feldarbeiter, welche letzten Ackerbau einführen und den Stamm bürgerlich organisiren sollten. Der englische Missionär Read begleitete sie. Als sie in der Gegend angekommen waren, wo man ihnen gesagt hatte, daß die Buschmänner leben, fingen sie an ein Stück Land auszusuchen, das leicht bewässert werden konnte, pflügten und besäeten es, und gruben einen Bewässerungscanal; sie errichteten Hütten und warteten auf die Buschmänner. Aber es zeigte sich Niemand; sie streiften nun im Gebirg umher und fanden endlich einige alte Weiber, denen sie erklärten, was ihre Absicht sey, und zogen so nach und nach den Stamm an sich, der sehr überrascht war, daß man etwas für ihn thun wolle. Man kann freilich noch nicht voraussehen, ob sich diese verwilderte Race bewegen lasse, sich häuslich niederzulassen; aber wenn es geschehen kann, so ist es nur durch Leute ihrer eigenen Farbe und Abkunft, wie die Hottentotten, möglich, und eben darum ist die Niederlassung der letztern am Katriver und ihr Gedeihen von so großer Wichtigkeit für ganz Südafrika. *) Civil-Generalgouverneur, der in seinem Amte eine eben so große Vollmacht besitzt, wie Ibrahim Pascha in seinem Militärgouvernement. Hannà-Bahry-Bey ist Christ. (Anm. des Hrn. Crémieux.)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 159. Augsburg, 7. Juni 1840, S. 1268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_159_18400607/12>, abgerufen am 23.11.2024.