Allgemeine Zeitung. Nr. 160. Augsburg, 8. Juni 1840.ist wie der Stolz so auch die Demuth der Demokratie." Und es ist ein Segen für die Schweiz, daß die Angriffe des Radicalismus gerade auf das Christenthum sich wendeten und dadurch neues religiöses Leben weckten. Damit enge verbunden ist die Conservirung guter Sitte und gesunder Familienverhältnisse. Nach dem gleichen Ziele wirkt auch die gehobene Geistesbildung in der Schule. Die Bedeutung dieser Zustände und das Bedürfniß solcher Auffassung ist vorzüglich in der neuesten Zeit durch die Züricher Geschichte klar geworden und damit ist denn offenbar eine neue Entwickelung eingeschlagen, welche früher oder später auch andere Kantone ergreifen wird, am besten in möglichst legaler Form und in schonenden Uebergängen. Es ist das die Periode der Conservirung eines gesunden republicanischen Volkslebens, einer veredelten und vergeistigten repräsentativen Demokratie. Die Belagerung von Morella. (Entnommen aus der noch ungedruckten Lebens- und Charakterskizze Cabrera's, von Brigadegeneral Baron v. Rahden, woraus wir schon früher einige Bruchstücke mitgetheilt.) Seit Anfang Julius (1838) hatte der Feind seine Hauptdepots von Artillerie und Lebensmitteln in Alcanniz aufzuhäufen begonnen, und unter Oraa und Pardinnas in Teruel, San Miguel und Mir in Alcanniz und Borso mit Aspiroz und Ayerbe in Castellon de la Plana ihre Division vereinigt. Unsrerseits war es unmöglich, dieß zu verhindern - ein Blick auf die Karte und die Beachtung der diesseitigen Stellung der Armee zeigt es zur Genüge; und nur zur Beobachtung der feindlichen Divisionen wurden die diesseitigen sehr schwachen Brigaden möglichst vortheilhaft aufgestellt. Ebenso zeigt sich, daß die feindlichen Colonnen in drei entgegengesetzten Richtungen, nördlich, westlich und südlich, vorzudringen beabsichtigten, wobei das Ziel entweder Morella oder Cantavieja seyn konnte; vielleicht auch beide Orte zugleich. Wiewohl nun das Project nicht leicht erschien, auf drei ganz verschiedenen Wegen, ohne alle Verbindung untereinander, in jene Hochgebirge einzudringen, so wurde doch die damit verbundene Gefahr theilweise aufgehoben, da die feindlichen Colonnen mehr als dreifache materielle Ueberlegenheit zählten, jede einzelne daher den gesammten Streitkräften Cabrera's gewachsen blieb. Anderntheils konnte es für die Truppenabtheilungen der Carlisten, welche zur Beobachtung aufgestellt waren, wenn sie sich auch rascher als der Feind zu verbinden vermochten, sehr gefährlich werden, den einen oder andern Theil des Plateau's von Truppen gänzlich zu entblößen, da weder Hülfe von außen, noch feste Punkte im Innern dessen Haltbarkeit versicherten. Größere Divisionen oder combinirte Operationen zu Gunsten des bedrängten Aragons waren aber durchaus nicht zu erwarten, da in den baskischen Provinzen und Navarra jede Thatkraft gelähmt erschien. Parteienkampf und niedriges Intriguenspiel selbst machten jede Bewegung nach außen unmöglich und neutralisirten die hochherzigen Anstrengungen und Opfer des getreuen Volks. Unter Guergue's früherm Oberbefehl wurden, wenn auch leider immer mißlungene Versuche gemacht, mit dem Heer in Aragon in Verbindung zu treten; seitdem aber Maroto die Leitung der Armee übernommen, lag es - so glaube ich mit Gewißheit - bereits in seinem Plan, systematisch den gänzlichen Untergang der Sache des Königs vorzubereiten. - Ich werde später darauf zurückkommen und Gründe zum Beweise meiner Behauptung aufstellen. Cabrera wiederholte öfters mit seiner unnachahmlichen Eigenthümlichkeit und Sicherheit: "Ich fühle mit Bestimmtheit voraus, daß Morella für mich eine Staffel zu neuen Ehren oder ein weites Grab für mich und alle meine Braven werden wird." Ziehen wir nun noch in Betracht, daß, durch die militärisch wichtige Lage von Alcanniz, kaum 12 Stunden von Morella entfernt, in einer fruchtbaren Ebene, überreich an allen Hülfsmitteln, um eine Armee zu unterhalten und in ungestörter Verbindung mit Saragossa, der Feind sein Unternehmen, Morella zu belagern, selbst bei unvorhergesehenen Fällen, sicher vorbereiten und basiren konnte, so stellt es sich klar genug dar, daß die Würfel für Cabrera's Geschick bei Eröffnung dieses zweiten Theils des Feldzuges 1838 entscheidend fallen mußten. Wenn es auffallend erscheint, daß Cabrera die Isolirung der anmarschirenden feindlichen Colonnen nicht benutzte, um über dieselben herzufallen, so kann man als gewiß annehmen, daß es des Carlistischen Feldherrn Absicht war, den Feind in seine Hochgebirge und Schluchten hereinzulocken, durch Hin- und Hermärsche zu ermüden, von seinen Magazinen völlig abzuschneiden, um ihn alsdann mit einem Hauptschlage zu vernichten. Zudem muß man berücksichtigen, daß, wenn auch die diesseitigen Colonnen sich auf den kürzern Linien bewegten, die Localität des Terrains durchaus keine Verbindung untereinander zuließ und, einzeln genommen, jede dieser Colonnen der feindlichen gegenüber zu schwach war. Als jedoch am 27 die Divisionen von Aragon und Tortosa sich einander so genähert hatten, daß eine Combination zum Gefecht zulässig und das Terrain bei la Mata, wo die Colonne San Miguels erst eine tief eingeschnittene Schlucht und dann den steilen Höhenzug passiren mußte, der die Verbindung zwischen Morella und Cantavieja sichert, und dieß die vortheilhafteste Gelegenheit darbot, den Feind zu überfallen, so eilte Cabrera, nur 2 Bataillone unter Merino zur Beobachtung Oraa's zurücklassend, nach la Cuba auf der Crete des Gebirgsrückens, postirte 3 Bataillone unter dem Obersten Pertigas an dem Ausgange der eben angeführten Schlucht bei la Mata, und Llagostera, durch einen schnell veränderten Abmarsch seiner Division sich auf die Arrieregarde von San Miguel werfend, mußte den Feind in diese Schlucht vorwärts treiben. Dieß Alles gelang vollkommen, da San Miguel, nur 6 Bataillone und 300 Pferde stark, zwischen zwei Carlistischen Divisionen gedrängt, nicht mehr zurück konnte und aufs schnellste seine Verbindung mit Oraa, welcher bereits in Ares angelangt war, aufsuchen mußte. Cabrera mit zwei auserlesenen Bataillonen und sämmtlicher Cavallerie hatte sich in einen Hinterhalt gelegt und hoffte die gänzliche Vernichtung San Miguels herbeizuführen. Schon war der entscheidende Moment gekommen, als Oberst Pertegas aus böser Absicht, Mißverständniß oder Furcht seinen Posten aufgab, die Bataillone San Miguels nunmehr unangetastet das Defilee passirten und ihre Cavallerie, über Cinctorres hinaustrabend, die Verbindung mit Oraa bewerkstelligte. Cabrera und Llagostera, beinahe nach einer Stunde Zeitverlust, da sie das verabredete Zeichen Pertegas' immer sehnlicher, aber immer umsonst erwarteten, warfen sich nun auf die Arrieregarde San Miguels, und erreichten solche bei Cinctorres. Obgleich ihr großen Verlust zufügend, war dennoch das Vorhaben gänzlich mißlungen; es war um so schmerzlicher, da Oraa denselben Tag durch eine geschickte Bewegung den ihn beobachtenden Merino getäuscht und dadurch seine Vereinigung mit Borso erreicht hatte. Diesem gelang es seinerseits Forcadell aus dem Wege zu drängen. So waren am 29 Julius die drei Colonnen des Feindes auf der hohen Sierra südlich eine halbe Stunde von Morella vereinigt, und die Absicht, diesen Ort zu belagern, ist wie der Stolz so auch die Demuth der Demokratie.“ Und es ist ein Segen für die Schweiz, daß die Angriffe des Radicalismus gerade auf das Christenthum sich wendeten und dadurch neues religiöses Leben weckten. Damit enge verbunden ist die Conservirung guter Sitte und gesunder Familienverhältnisse. Nach dem gleichen Ziele wirkt auch die gehobene Geistesbildung in der Schule. Die Bedeutung dieser Zustände und das Bedürfniß solcher Auffassung ist vorzüglich in der neuesten Zeit durch die Züricher Geschichte klar geworden und damit ist denn offenbar eine neue Entwickelung eingeschlagen, welche früher oder später auch andere Kantone ergreifen wird, am besten in möglichst legaler Form und in schonenden Uebergängen. Es ist das die Periode der Conservirung eines gesunden republicanischen Volkslebens, einer veredelten und vergeistigten repräsentativen Demokratie. Die Belagerung von Morella. (Entnommen aus der noch ungedruckten Lebens- und Charakterskizze Cabrera's, von Brigadegeneral Baron v. Rahden, woraus wir schon früher einige Bruchstücke mitgetheilt.) Seit Anfang Julius (1838) hatte der Feind seine Hauptdepots von Artillerie und Lebensmitteln in Alcañiz aufzuhäufen begonnen, und unter Oraa und Pardiñas in Teruel, San Miguel und Mir in Alcañiz und Borso mit Aspiroz und Ayerbe in Castellon de la Plana ihre Division vereinigt. Unsrerseits war es unmöglich, dieß zu verhindern – ein Blick auf die Karte und die Beachtung der diesseitigen Stellung der Armee zeigt es zur Genüge; und nur zur Beobachtung der feindlichen Divisionen wurden die diesseitigen sehr schwachen Brigaden möglichst vortheilhaft aufgestellt. Ebenso zeigt sich, daß die feindlichen Colonnen in drei entgegengesetzten Richtungen, nördlich, westlich und südlich, vorzudringen beabsichtigten, wobei das Ziel entweder Morella oder Cantavieja seyn konnte; vielleicht auch beide Orte zugleich. Wiewohl nun das Project nicht leicht erschien, auf drei ganz verschiedenen Wegen, ohne alle Verbindung untereinander, in jene Hochgebirge einzudringen, so wurde doch die damit verbundene Gefahr theilweise aufgehoben, da die feindlichen Colonnen mehr als dreifache materielle Ueberlegenheit zählten, jede einzelne daher den gesammten Streitkräften Cabrera's gewachsen blieb. Anderntheils konnte es für die Truppenabtheilungen der Carlisten, welche zur Beobachtung aufgestellt waren, wenn sie sich auch rascher als der Feind zu verbinden vermochten, sehr gefährlich werden, den einen oder andern Theil des Plateau's von Truppen gänzlich zu entblößen, da weder Hülfe von außen, noch feste Punkte im Innern dessen Haltbarkeit versicherten. Größere Divisionen oder combinirte Operationen zu Gunsten des bedrängten Aragons waren aber durchaus nicht zu erwarten, da in den baskischen Provinzen und Navarra jede Thatkraft gelähmt erschien. Parteienkampf und niedriges Intriguenspiel selbst machten jede Bewegung nach außen unmöglich und neutralisirten die hochherzigen Anstrengungen und Opfer des getreuen Volks. Unter Guergue's früherm Oberbefehl wurden, wenn auch leider immer mißlungene Versuche gemacht, mit dem Heer in Aragon in Verbindung zu treten; seitdem aber Maroto die Leitung der Armee übernommen, lag es – so glaube ich mit Gewißheit – bereits in seinem Plan, systematisch den gänzlichen Untergang der Sache des Königs vorzubereiten. – Ich werde später darauf zurückkommen und Gründe zum Beweise meiner Behauptung aufstellen. Cabrera wiederholte öfters mit seiner unnachahmlichen Eigenthümlichkeit und Sicherheit: „Ich fühle mit Bestimmtheit voraus, daß Morella für mich eine Staffel zu neuen Ehren oder ein weites Grab für mich und alle meine Braven werden wird.“ Ziehen wir nun noch in Betracht, daß, durch die militärisch wichtige Lage von Alcañiz, kaum 12 Stunden von Morella entfernt, in einer fruchtbaren Ebene, überreich an allen Hülfsmitteln, um eine Armee zu unterhalten und in ungestörter Verbindung mit Saragossa, der Feind sein Unternehmen, Morella zu belagern, selbst bei unvorhergesehenen Fällen, sicher vorbereiten und basiren konnte, so stellt es sich klar genug dar, daß die Würfel für Cabrera's Geschick bei Eröffnung dieses zweiten Theils des Feldzuges 1838 entscheidend fallen mußten. Wenn es auffallend erscheint, daß Cabrera die Isolirung der anmarschirenden feindlichen Colonnen nicht benutzte, um über dieselben herzufallen, so kann man als gewiß annehmen, daß es des Carlistischen Feldherrn Absicht war, den Feind in seine Hochgebirge und Schluchten hereinzulocken, durch Hin- und Hermärsche zu ermüden, von seinen Magazinen völlig abzuschneiden, um ihn alsdann mit einem Hauptschlage zu vernichten. Zudem muß man berücksichtigen, daß, wenn auch die diesseitigen Colonnen sich auf den kürzern Linien bewegten, die Localität des Terrains durchaus keine Verbindung untereinander zuließ und, einzeln genommen, jede dieser Colonnen der feindlichen gegenüber zu schwach war. Als jedoch am 27 die Divisionen von Aragon und Tortosa sich einander so genähert hatten, daß eine Combination zum Gefecht zulässig und das Terrain bei la Mata, wo die Colonne San Miguels erst eine tief eingeschnittene Schlucht und dann den steilen Höhenzug passiren mußte, der die Verbindung zwischen Morella und Cantavieja sichert, und dieß die vortheilhafteste Gelegenheit darbot, den Feind zu überfallen, so eilte Cabrera, nur 2 Bataillone unter Merino zur Beobachtung Oraa's zurücklassend, nach la Cuba auf der Crête des Gebirgsrückens, postirte 3 Bataillone unter dem Obersten Pertigas an dem Ausgange der eben angeführten Schlucht bei la Mata, und Llagostera, durch einen schnell veränderten Abmarsch seiner Division sich auf die Arrièregarde von San Miguel werfend, mußte den Feind in diese Schlucht vorwärts treiben. Dieß Alles gelang vollkommen, da San Miguel, nur 6 Bataillone und 300 Pferde stark, zwischen zwei Carlistischen Divisionen gedrängt, nicht mehr zurück konnte und aufs schnellste seine Verbindung mit Oraa, welcher bereits in Ares angelangt war, aufsuchen mußte. Cabrera mit zwei auserlesenen Bataillonen und sämmtlicher Cavallerie hatte sich in einen Hinterhalt gelegt und hoffte die gänzliche Vernichtung San Miguels herbeizuführen. Schon war der entscheidende Moment gekommen, als Oberst Pertegas aus böser Absicht, Mißverständniß oder Furcht seinen Posten aufgab, die Bataillone San Miguels nunmehr unangetastet das Defilée passirten und ihre Cavallerie, über Cinctorres hinaustrabend, die Verbindung mit Oraa bewerkstelligte. Cabrera und Llagostera, beinahe nach einer Stunde Zeitverlust, da sie das verabredete Zeichen Pertegas' immer sehnlicher, aber immer umsonst erwarteten, warfen sich nun auf die Arrièregarde San Miguels, und erreichten solche bei Cinctorres. Obgleich ihr großen Verlust zufügend, war dennoch das Vorhaben gänzlich mißlungen; es war um so schmerzlicher, da Oraa denselben Tag durch eine geschickte Bewegung den ihn beobachtenden Merino getäuscht und dadurch seine Vereinigung mit Borso erreicht hatte. Diesem gelang es seinerseits Forcadell aus dem Wege zu drängen. So waren am 29 Julius die drei Colonnen des Feindes auf der hohen Sierra südlich eine halbe Stunde von Morella vereinigt, und die Absicht, diesen Ort zu belagern, <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0011" n="1275"/> ist wie der Stolz so auch die Demuth der Demokratie.“ Und es ist ein Segen für die Schweiz, daß die Angriffe des Radicalismus gerade auf das Christenthum sich wendeten und dadurch neues religiöses Leben weckten. Damit enge verbunden ist die Conservirung guter Sitte und gesunder Familienverhältnisse. Nach dem gleichen Ziele wirkt auch die gehobene Geistesbildung in der Schule. Die Bedeutung dieser Zustände und das Bedürfniß solcher Auffassung ist vorzüglich in der neuesten Zeit durch die Züricher Geschichte klar geworden und damit ist denn offenbar eine neue Entwickelung eingeschlagen, welche früher oder später auch andere Kantone ergreifen wird, am besten in möglichst legaler Form und in schonenden Uebergängen. Es ist das die Periode der Conservirung eines gesunden republicanischen Volkslebens, einer veredelten und vergeistigten repräsentativen Demokratie.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Belagerung von Morella</hi>.</hi> </head><lb/> <p>(Entnommen aus der noch ungedruckten Lebens- und Charakterskizze Cabrera's, von Brigadegeneral Baron v. 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Wiewohl nun das Project nicht leicht erschien, auf drei ganz verschiedenen Wegen, ohne alle Verbindung untereinander, in jene Hochgebirge einzudringen, so wurde doch die damit verbundene Gefahr theilweise aufgehoben, da die feindlichen Colonnen mehr als dreifache materielle Ueberlegenheit zählten, jede einzelne daher den gesammten Streitkräften Cabrera's gewachsen blieb. Anderntheils konnte es für die Truppenabtheilungen der Carlisten, welche zur Beobachtung aufgestellt waren, wenn sie sich auch rascher als der Feind zu verbinden vermochten, sehr gefährlich werden, den einen oder andern Theil des Plateau's von Truppen gänzlich zu entblößen, da weder Hülfe von außen, noch feste Punkte im Innern dessen Haltbarkeit versicherten.</p><lb/> <p>Größere Divisionen oder combinirte Operationen zu Gunsten des bedrängten Aragons waren aber durchaus nicht zu erwarten, da in den baskischen Provinzen und Navarra jede Thatkraft gelähmt erschien. 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Unter Guergue's früherm Oberbefehl wurden, wenn auch leider immer mißlungene Versuche gemacht, mit dem Heer in Aragon in Verbindung zu treten; seitdem aber Maroto die Leitung der Armee übernommen, lag es – so glaube ich mit Gewißheit – bereits in seinem Plan, systematisch den gänzlichen Untergang der Sache des Königs vorzubereiten. – Ich werde später darauf zurückkommen und Gründe zum Beweise meiner Behauptung aufstellen.</p><lb/> <p>Cabrera wiederholte öfters mit seiner unnachahmlichen Eigenthümlichkeit und Sicherheit: „Ich fühle mit Bestimmtheit voraus, daß Morella für mich eine Staffel zu neuen Ehren oder ein weites Grab für mich und alle meine Braven werden wird.“</p><lb/> <p>Ziehen wir nun noch in Betracht, daß, durch die militärisch wichtige Lage von Alcañiz, kaum 12 Stunden von Morella entfernt, in einer fruchtbaren Ebene, überreich an allen Hülfsmitteln, um eine Armee zu unterhalten und in ungestörter Verbindung mit Saragossa, der Feind sein Unternehmen, Morella zu belagern, selbst bei unvorhergesehenen Fällen, sicher vorbereiten und basiren konnte, so stellt es sich klar genug dar, daß die Würfel für Cabrera's Geschick bei Eröffnung dieses zweiten Theils des Feldzuges 1838 entscheidend fallen mußten.</p><lb/> <p>Wenn es auffallend erscheint, daß Cabrera die Isolirung der anmarschirenden feindlichen Colonnen nicht benutzte, um über dieselben herzufallen, so kann man als gewiß annehmen, daß es des Carlistischen Feldherrn Absicht war, den Feind in seine Hochgebirge und Schluchten hereinzulocken, durch Hin- und Hermärsche zu ermüden, von seinen Magazinen völlig abzuschneiden, um ihn alsdann mit einem Hauptschlage zu vernichten. Zudem muß man berücksichtigen, daß, wenn auch die diesseitigen Colonnen sich auf den kürzern Linien bewegten, die Localität des Terrains durchaus keine Verbindung untereinander zuließ und, einzeln genommen, jede dieser Colonnen der feindlichen gegenüber zu schwach war. Als jedoch am 27 die Divisionen von Aragon und Tortosa sich einander so genähert hatten, daß eine Combination zum Gefecht zulässig und das Terrain bei la Mata, wo die Colonne San Miguels erst eine tief eingeschnittene Schlucht und dann den steilen Höhenzug passiren mußte, der die Verbindung zwischen Morella und Cantavieja sichert, und dieß die vortheilhafteste Gelegenheit darbot, den Feind zu überfallen, so eilte Cabrera, nur 2 Bataillone unter Merino zur Beobachtung Oraa's zurücklassend, nach la Cuba auf der Crête des Gebirgsrückens, postirte 3 Bataillone unter dem Obersten Pertigas an dem Ausgange der eben angeführten Schlucht bei la Mata, und Llagostera, durch einen schnell veränderten Abmarsch seiner Division sich auf die Arrièregarde von San Miguel werfend, mußte den Feind in diese Schlucht vorwärts treiben. Dieß Alles gelang vollkommen, da San Miguel, nur 6 Bataillone und 300 Pferde stark, zwischen zwei Carlistischen Divisionen gedrängt, nicht mehr zurück konnte und aufs schnellste seine Verbindung mit Oraa, welcher bereits in Ares angelangt war, aufsuchen mußte. Cabrera mit zwei auserlesenen Bataillonen und sämmtlicher Cavallerie hatte sich in einen Hinterhalt gelegt und hoffte die gänzliche Vernichtung San Miguels herbeizuführen.</p><lb/> <p>Schon war der entscheidende Moment gekommen, als Oberst Pertegas aus böser Absicht, Mißverständniß oder Furcht seinen Posten aufgab, die Bataillone San Miguels nunmehr unangetastet das Defilée passirten und ihre Cavallerie, über Cinctorres hinaustrabend, die Verbindung mit Oraa bewerkstelligte. Cabrera und Llagostera, beinahe nach einer Stunde Zeitverlust, da sie das verabredete Zeichen Pertegas' immer sehnlicher, aber immer umsonst erwarteten, warfen sich nun auf die Arrièregarde San Miguels, und erreichten solche bei Cinctorres. Obgleich ihr großen Verlust zufügend, war dennoch das Vorhaben gänzlich mißlungen; es war um so schmerzlicher, da Oraa denselben Tag durch eine geschickte Bewegung den ihn beobachtenden Merino getäuscht und dadurch seine Vereinigung mit Borso erreicht hatte. Diesem gelang es seinerseits Forcadell aus dem Wege zu drängen. So waren am 29 Julius die drei Colonnen des Feindes auf der hohen Sierra südlich eine halbe Stunde von Morella vereinigt, und die Absicht, diesen Ort zu belagern,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1275/0011]
ist wie der Stolz so auch die Demuth der Demokratie.“ Und es ist ein Segen für die Schweiz, daß die Angriffe des Radicalismus gerade auf das Christenthum sich wendeten und dadurch neues religiöses Leben weckten. Damit enge verbunden ist die Conservirung guter Sitte und gesunder Familienverhältnisse. Nach dem gleichen Ziele wirkt auch die gehobene Geistesbildung in der Schule. Die Bedeutung dieser Zustände und das Bedürfniß solcher Auffassung ist vorzüglich in der neuesten Zeit durch die Züricher Geschichte klar geworden und damit ist denn offenbar eine neue Entwickelung eingeschlagen, welche früher oder später auch andere Kantone ergreifen wird, am besten in möglichst legaler Form und in schonenden Uebergängen. Es ist das die Periode der Conservirung eines gesunden republicanischen Volkslebens, einer veredelten und vergeistigten repräsentativen Demokratie.
Die Belagerung von Morella.
(Entnommen aus der noch ungedruckten Lebens- und Charakterskizze Cabrera's, von Brigadegeneral Baron v. Rahden, woraus wir schon früher einige Bruchstücke mitgetheilt.)
Seit Anfang Julius (1838) hatte der Feind seine Hauptdepots von Artillerie und Lebensmitteln in Alcañiz aufzuhäufen begonnen, und unter Oraa und Pardiñas in Teruel, San Miguel und Mir in Alcañiz und Borso mit Aspiroz und Ayerbe in Castellon de la Plana ihre Division vereinigt. Unsrerseits war es unmöglich, dieß zu verhindern – ein Blick auf die Karte und die Beachtung der diesseitigen Stellung der Armee zeigt es zur Genüge; und nur zur Beobachtung der feindlichen Divisionen wurden die diesseitigen sehr schwachen Brigaden möglichst vortheilhaft aufgestellt. Ebenso zeigt sich, daß die feindlichen Colonnen in drei entgegengesetzten Richtungen, nördlich, westlich und südlich, vorzudringen beabsichtigten, wobei das Ziel entweder Morella oder Cantavieja seyn konnte; vielleicht auch beide Orte zugleich. Wiewohl nun das Project nicht leicht erschien, auf drei ganz verschiedenen Wegen, ohne alle Verbindung untereinander, in jene Hochgebirge einzudringen, so wurde doch die damit verbundene Gefahr theilweise aufgehoben, da die feindlichen Colonnen mehr als dreifache materielle Ueberlegenheit zählten, jede einzelne daher den gesammten Streitkräften Cabrera's gewachsen blieb. Anderntheils konnte es für die Truppenabtheilungen der Carlisten, welche zur Beobachtung aufgestellt waren, wenn sie sich auch rascher als der Feind zu verbinden vermochten, sehr gefährlich werden, den einen oder andern Theil des Plateau's von Truppen gänzlich zu entblößen, da weder Hülfe von außen, noch feste Punkte im Innern dessen Haltbarkeit versicherten.
Größere Divisionen oder combinirte Operationen zu Gunsten des bedrängten Aragons waren aber durchaus nicht zu erwarten, da in den baskischen Provinzen und Navarra jede Thatkraft gelähmt erschien. Parteienkampf und niedriges Intriguenspiel selbst machten jede Bewegung nach außen unmöglich und neutralisirten die hochherzigen Anstrengungen und Opfer des getreuen Volks. Unter Guergue's früherm Oberbefehl wurden, wenn auch leider immer mißlungene Versuche gemacht, mit dem Heer in Aragon in Verbindung zu treten; seitdem aber Maroto die Leitung der Armee übernommen, lag es – so glaube ich mit Gewißheit – bereits in seinem Plan, systematisch den gänzlichen Untergang der Sache des Königs vorzubereiten. – Ich werde später darauf zurückkommen und Gründe zum Beweise meiner Behauptung aufstellen.
Cabrera wiederholte öfters mit seiner unnachahmlichen Eigenthümlichkeit und Sicherheit: „Ich fühle mit Bestimmtheit voraus, daß Morella für mich eine Staffel zu neuen Ehren oder ein weites Grab für mich und alle meine Braven werden wird.“
Ziehen wir nun noch in Betracht, daß, durch die militärisch wichtige Lage von Alcañiz, kaum 12 Stunden von Morella entfernt, in einer fruchtbaren Ebene, überreich an allen Hülfsmitteln, um eine Armee zu unterhalten und in ungestörter Verbindung mit Saragossa, der Feind sein Unternehmen, Morella zu belagern, selbst bei unvorhergesehenen Fällen, sicher vorbereiten und basiren konnte, so stellt es sich klar genug dar, daß die Würfel für Cabrera's Geschick bei Eröffnung dieses zweiten Theils des Feldzuges 1838 entscheidend fallen mußten.
Wenn es auffallend erscheint, daß Cabrera die Isolirung der anmarschirenden feindlichen Colonnen nicht benutzte, um über dieselben herzufallen, so kann man als gewiß annehmen, daß es des Carlistischen Feldherrn Absicht war, den Feind in seine Hochgebirge und Schluchten hereinzulocken, durch Hin- und Hermärsche zu ermüden, von seinen Magazinen völlig abzuschneiden, um ihn alsdann mit einem Hauptschlage zu vernichten. Zudem muß man berücksichtigen, daß, wenn auch die diesseitigen Colonnen sich auf den kürzern Linien bewegten, die Localität des Terrains durchaus keine Verbindung untereinander zuließ und, einzeln genommen, jede dieser Colonnen der feindlichen gegenüber zu schwach war. Als jedoch am 27 die Divisionen von Aragon und Tortosa sich einander so genähert hatten, daß eine Combination zum Gefecht zulässig und das Terrain bei la Mata, wo die Colonne San Miguels erst eine tief eingeschnittene Schlucht und dann den steilen Höhenzug passiren mußte, der die Verbindung zwischen Morella und Cantavieja sichert, und dieß die vortheilhafteste Gelegenheit darbot, den Feind zu überfallen, so eilte Cabrera, nur 2 Bataillone unter Merino zur Beobachtung Oraa's zurücklassend, nach la Cuba auf der Crête des Gebirgsrückens, postirte 3 Bataillone unter dem Obersten Pertigas an dem Ausgange der eben angeführten Schlucht bei la Mata, und Llagostera, durch einen schnell veränderten Abmarsch seiner Division sich auf die Arrièregarde von San Miguel werfend, mußte den Feind in diese Schlucht vorwärts treiben. Dieß Alles gelang vollkommen, da San Miguel, nur 6 Bataillone und 300 Pferde stark, zwischen zwei Carlistischen Divisionen gedrängt, nicht mehr zurück konnte und aufs schnellste seine Verbindung mit Oraa, welcher bereits in Ares angelangt war, aufsuchen mußte. Cabrera mit zwei auserlesenen Bataillonen und sämmtlicher Cavallerie hatte sich in einen Hinterhalt gelegt und hoffte die gänzliche Vernichtung San Miguels herbeizuführen.
Schon war der entscheidende Moment gekommen, als Oberst Pertegas aus böser Absicht, Mißverständniß oder Furcht seinen Posten aufgab, die Bataillone San Miguels nunmehr unangetastet das Defilée passirten und ihre Cavallerie, über Cinctorres hinaustrabend, die Verbindung mit Oraa bewerkstelligte. Cabrera und Llagostera, beinahe nach einer Stunde Zeitverlust, da sie das verabredete Zeichen Pertegas' immer sehnlicher, aber immer umsonst erwarteten, warfen sich nun auf die Arrièregarde San Miguels, und erreichten solche bei Cinctorres. Obgleich ihr großen Verlust zufügend, war dennoch das Vorhaben gänzlich mißlungen; es war um so schmerzlicher, da Oraa denselben Tag durch eine geschickte Bewegung den ihn beobachtenden Merino getäuscht und dadurch seine Vereinigung mit Borso erreicht hatte. Diesem gelang es seinerseits Forcadell aus dem Wege zu drängen. So waren am 29 Julius die drei Colonnen des Feindes auf der hohen Sierra südlich eine halbe Stunde von Morella vereinigt, und die Absicht, diesen Ort zu belagern,
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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