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Allgemeine Zeitung. Nr. 162. Augsburg, 10. Juni 1840.

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verträglich ist, indem so ein neuer Beweis gegeben wird, daß die portugiesische Nation ernstlich wünscht, die fremde Schuld, die sie zur Wiederherstellung meines Thrones und ihrer eigenen Freiheit gemacht hat, zu tilgen. - Meine Herren, Ihrer Weisheit und Ihrem Patriotismus sind die besten Interessen der portugiesischen Nation, deren Wohlfahrt der erste Gegenstand meiner Sorge ist, vertraut. Nach den mancherlei Schicksalen, die sie erfahren, und der Erfahrung, die sie gewonnen, scheint endlich die Zeit gekommen zu seyn, ihre Organisation und Freiheit auf eine feste und sichere Basis zu stellen. Die Bedürfnisse der Nation sind bekannt, und sie hofft, von Ihnen ein Mittel, wenigstens die hauptsächlichsten zu decken, zu erhalten; denn alle zu befriedigen, wird lange Zeit erfordern. Ich lebe der Hoffnung, daß die Repräsentanten des Volks ihre Blicke nur auf das öffentliche Wohl richten und dahin streben werden, diesen großen Endzweck zu erreichen, indem sie sich bestreben, die portugiesische Familie unter dem Schutz gerechter Gesetze zu vereinigen, ihr Freiheit durch Erhaltung der Verfassung des Staats und ihrem Fleiße wachsende Entwicklung zu gewähren, was allein unter der Herrschaft der Ordnung und im Schatten des Friedens geschehen kann. - Die gewöhnliche Sitzung für 1840 ist eröffnet."

Großbritannien.

Gestern hat eine der größten und bedeutendsten Versammlungen stattgefunden, die man seit lange hier gesehen. Es hat sich darin aufs neue bewährt, wie viel in diesem Lande ein einzelner Mensch vermag, welcher sich geschickt der Presse zu bedienen und bei einer Idee auszuharren weiß. Der Zweck der Versammlung war die Stiftung eines neuen Vereins für die Abschaffung des Sklavenhandels, und zwar nicht so sehr durch Gesetzgebung und Unterhandlungen zwischen unserer Regierung und fremden Staaten, als durch die Beförderung eines systematischen Verkehrs mit den Negerstaaten, wodurch Handel und Gewerben, der Civilisation und vor Allem den Boten des Christenthums der Weg unter die unglücklichen Völkerschaften gebahnt werden soll, welche jetzt aus Unwissenheit das Opfer fremder Habsucht werden: dieses ist die Idee des bekannten Negerfreundes Buxton, welche sich endlich selbst Bahn gebrochen hat, und auf einmal von Hohen und Niedern, Männern von allen Religionsparteien und politischen Ansichten, vor allen jenen alten wackern Feinden der Sklaverei, den Quäkern, mit einem Eifer aufgefaßt wird, welcher den freudigsten Hoffnungen Raum gibt. Prinz Albert selbst ergriff weislich diese Gelegenheit, am öffentlichen Thun und Treiben der Nation Theil zu nehmen, und führte den Vorsitz bei einer Versammlung, von der nothwendig alles Parteiwesen ausgeschlossen seyn mußte, und deren Streben jetzt kein einziges Interesse mehr in der Nation verletzen konnte; ihn umgaben Edelleute vom höchsten Range, Bischöfe und niedrigere Geistliche von allen Secten, und Parlamentsmitglieder in Menge. Die Erzbischöfe von York und Canterbury, und der Bischof von London entschuldigten sich schriftlich wegen ihrer Abwesenheit, und schickten ihre Geldbeiträge, und selbst die verwittwete Königin ließ schreiben und sandte ihre 100 Pfund. Wie ganz anders als damals, wo Clarkson und Wilberforce in einem ähnlichen Streben jahrelang fast allein standen, und sich von der Kanzel wie von der Tribune herab als gefährliche Neuerer mußten verschreien lassen! Damals hätte der Hof keine Partei nehmen dürfen, selbst wenn man großherzig genug gewesen wäre, den ächt christlichen Sinn jener Edeln zu begreifen. Viele Tausende fanden damals ihren unmittelbaren Vortheil bei dem gräßlichen Menschenhandel, und die Nation, mit den Staatsmännern an ihrer Spitze, beredete sich, Großbritannien müsse zu Grunde gehen, wenn es demselben entsagte. Jetzt aber vereinigt sich mit der größeren Verbreitung von Aufklärung und einer tiefer eingedrungenen Menschenliebe das Bewußtseyn, daß aller Vortheil, welcher aus dem empörenden Verkehr fließen mag, andern Nationen zur Beute wird. Hr. Buxton hat das Publicum überzeugt, daß der Sklavenhandel jetzt weit lebhafter betrieben wird, mehr Neger ausgeführt werden und auf der Reise mehr umkommen, als je zuvor, und ferner, daß keine Verträge mit andern Mächten, keine Thätigkeit unserer Kreuzer dem Unwesen ein Ende zu machen vermöge, so lange die Vortheile desselben so lockend bleiben. Nur wenn die Negerhäuptlinge, meint er, durch Erfahrung belehrt worden, daß sie mehr europäische Waaren zu erlangen vermögen, wenn sie ihre Unterthanen friedlich den Boden bebauen lassen, als wenn sie sie als Sklaven verkaufen oder sich ihrer als Menschenjäger bedienen, werde dieser unmenschliche Handel aufhören. Die Regierung wird nun bald eine Expedition an die Sklavenküste schicken, in der Absicht, über die Mittel zu solchem friedlichen Verkehr Kunde zu sammeln, und wo es nur immer thunlich, Verbindungen mit den Landeshäuptern einzuleiten. An dieses Unternehmen will der neue Verein seine Bemühungen anknüpfen, und durch die Verbreitung nützlicher Nachrichten u. s. w. den Unternehmungsgeist unserer Handelswelt sowohl, als die Bestrebungen der Vereine für die Verbreitung des Christenthums in dieselbe Richtung lenken. Er selbst verpflichtet sich zum voraus seinerseits sich weder in Handelsunternehmungen, noch in Missionariensendungen einzulassen, weil sich bei solchen Bestrebungen kein allgemeines Zusammenwirken denken lasse. Der Prinz wurde außerordentlich gut empfangen, und die kurze, aber passende Rede, womit er, und zwar in einem guten englischen Accent, die Geschäfte des Tages eröffnete, erhielt den rauschendsten Beifall, besonders der Ausdruck "unsere Königin." - Die Regierungsbill für die Vereinigung der beiden Canadas ist inzwischen, von vielen Tories unterstützt, und mit der unbedeutendsten Opposition durch den Ausschuß im Unterhause gegangen, und soll nächsten Freitag schon zum dritten Mal verlesen werden. Die Tories haben sich entschlossen, diese bedeutende Maaßregel nicht als Parteisache zu behandeln, - sollten aber Lyndhurst und Brougham, Aberdeen und Ellenborough dieselbe vor sich vorübergehen lassen, ohne den Ministern durch irgend eine Schlappe praktisch zu beweisen, wie viel besser sie die Sache hätten machen können? Ich glaube kaum. - Der protestantische Verein soll morgen wieder eine Versammlung halten, um die Königin anzugehen, daß sie die Erziehungscommission des Geheimenrathes auflösen, und das Parlament, daß es kein Geld mehr für die Unterstützung von Schulen nach dem Regierungsplane bewilligen wolle. Dieses Streben der Kirche in England ist um so auffallender, als so eben die schottische Kirchenversammlung durch eine große Mehrheit entschieden hat, daß ihre Pfarrschulen der Beaufsichtigung der Regierungs-Inspectoren offen stehen sollen!

Frankreich.

Die Colonie Algier leidet an zwei Uebeln: an der Pariser Presse, welche ein stetes Echo ist aller Unzufriedenen, sowohl unter den Officieren, als unter den Colonisten; dann am Mangel eines fähigen Generalgouverneurs. Wäre aber auch der Generalgouverneur tüchtig, wie wäre es, wenn man stets jedes Sonnenstäubchen eines Versehens mikroskopisch vergrößern wollte, möglich, daß nicht Verwirrung und Collision entständen? Der französischen Presse fehlt es weder an Geist, noch Kritik, noch Talent; es fehlt ihr fast gänzlich an Billigkeit und leidenschaftloser Unparteilichkeit. Wie handelt die englische Presse gegen die englischen Generalgouverneure in Indien oder den andern englischen Besitzungen? Fast immer mit Vorbedacht. Diese Ruhe und Umsicht macht es allein möglich, daß Plane gefaßt werden können. Wenn aber

verträglich ist, indem so ein neuer Beweis gegeben wird, daß die portugiesische Nation ernstlich wünscht, die fremde Schuld, die sie zur Wiederherstellung meines Thrones und ihrer eigenen Freiheit gemacht hat, zu tilgen. – Meine Herren, Ihrer Weisheit und Ihrem Patriotismus sind die besten Interessen der portugiesischen Nation, deren Wohlfahrt der erste Gegenstand meiner Sorge ist, vertraut. Nach den mancherlei Schicksalen, die sie erfahren, und der Erfahrung, die sie gewonnen, scheint endlich die Zeit gekommen zu seyn, ihre Organisation und Freiheit auf eine feste und sichere Basis zu stellen. Die Bedürfnisse der Nation sind bekannt, und sie hofft, von Ihnen ein Mittel, wenigstens die hauptsächlichsten zu decken, zu erhalten; denn alle zu befriedigen, wird lange Zeit erfordern. Ich lebe der Hoffnung, daß die Repräsentanten des Volks ihre Blicke nur auf das öffentliche Wohl richten und dahin streben werden, diesen großen Endzweck zu erreichen, indem sie sich bestreben, die portugiesische Familie unter dem Schutz gerechter Gesetze zu vereinigen, ihr Freiheit durch Erhaltung der Verfassung des Staats und ihrem Fleiße wachsende Entwicklung zu gewähren, was allein unter der Herrschaft der Ordnung und im Schatten des Friedens geschehen kann. – Die gewöhnliche Sitzung für 1840 ist eröffnet.“

Großbritannien.

Gestern hat eine der größten und bedeutendsten Versammlungen stattgefunden, die man seit lange hier gesehen. Es hat sich darin aufs neue bewährt, wie viel in diesem Lande ein einzelner Mensch vermag, welcher sich geschickt der Presse zu bedienen und bei einer Idee auszuharren weiß. Der Zweck der Versammlung war die Stiftung eines neuen Vereins für die Abschaffung des Sklavenhandels, und zwar nicht so sehr durch Gesetzgebung und Unterhandlungen zwischen unserer Regierung und fremden Staaten, als durch die Beförderung eines systematischen Verkehrs mit den Negerstaaten, wodurch Handel und Gewerben, der Civilisation und vor Allem den Boten des Christenthums der Weg unter die unglücklichen Völkerschaften gebahnt werden soll, welche jetzt aus Unwissenheit das Opfer fremder Habsucht werden: dieses ist die Idee des bekannten Negerfreundes Buxton, welche sich endlich selbst Bahn gebrochen hat, und auf einmal von Hohen und Niedern, Männern von allen Religionsparteien und politischen Ansichten, vor allen jenen alten wackern Feinden der Sklaverei, den Quäkern, mit einem Eifer aufgefaßt wird, welcher den freudigsten Hoffnungen Raum gibt. Prinz Albert selbst ergriff weislich diese Gelegenheit, am öffentlichen Thun und Treiben der Nation Theil zu nehmen, und führte den Vorsitz bei einer Versammlung, von der nothwendig alles Parteiwesen ausgeschlossen seyn mußte, und deren Streben jetzt kein einziges Interesse mehr in der Nation verletzen konnte; ihn umgaben Edelleute vom höchsten Range, Bischöfe und niedrigere Geistliche von allen Secten, und Parlamentsmitglieder in Menge. Die Erzbischöfe von York und Canterbury, und der Bischof von London entschuldigten sich schriftlich wegen ihrer Abwesenheit, und schickten ihre Geldbeiträge, und selbst die verwittwete Königin ließ schreiben und sandte ihre 100 Pfund. Wie ganz anders als damals, wo Clarkson und Wilberforce in einem ähnlichen Streben jahrelang fast allein standen, und sich von der Kanzel wie von der Tribune herab als gefährliche Neuerer mußten verschreien lassen! Damals hätte der Hof keine Partei nehmen dürfen, selbst wenn man großherzig genug gewesen wäre, den ächt christlichen Sinn jener Edeln zu begreifen. Viele Tausende fanden damals ihren unmittelbaren Vortheil bei dem gräßlichen Menschenhandel, und die Nation, mit den Staatsmännern an ihrer Spitze, beredete sich, Großbritannien müsse zu Grunde gehen, wenn es demselben entsagte. Jetzt aber vereinigt sich mit der größeren Verbreitung von Aufklärung und einer tiefer eingedrungenen Menschenliebe das Bewußtseyn, daß aller Vortheil, welcher aus dem empörenden Verkehr fließen mag, andern Nationen zur Beute wird. Hr. Buxton hat das Publicum überzeugt, daß der Sklavenhandel jetzt weit lebhafter betrieben wird, mehr Neger ausgeführt werden und auf der Reise mehr umkommen, als je zuvor, und ferner, daß keine Verträge mit andern Mächten, keine Thätigkeit unserer Kreuzer dem Unwesen ein Ende zu machen vermöge, so lange die Vortheile desselben so lockend bleiben. Nur wenn die Negerhäuptlinge, meint er, durch Erfahrung belehrt worden, daß sie mehr europäische Waaren zu erlangen vermögen, wenn sie ihre Unterthanen friedlich den Boden bebauen lassen, als wenn sie sie als Sklaven verkaufen oder sich ihrer als Menschenjäger bedienen, werde dieser unmenschliche Handel aufhören. Die Regierung wird nun bald eine Expedition an die Sklavenküste schicken, in der Absicht, über die Mittel zu solchem friedlichen Verkehr Kunde zu sammeln, und wo es nur immer thunlich, Verbindungen mit den Landeshäuptern einzuleiten. An dieses Unternehmen will der neue Verein seine Bemühungen anknüpfen, und durch die Verbreitung nützlicher Nachrichten u. s. w. den Unternehmungsgeist unserer Handelswelt sowohl, als die Bestrebungen der Vereine für die Verbreitung des Christenthums in dieselbe Richtung lenken. Er selbst verpflichtet sich zum voraus seinerseits sich weder in Handelsunternehmungen, noch in Missionariensendungen einzulassen, weil sich bei solchen Bestrebungen kein allgemeines Zusammenwirken denken lasse. Der Prinz wurde außerordentlich gut empfangen, und die kurze, aber passende Rede, womit er, und zwar in einem guten englischen Accent, die Geschäfte des Tages eröffnete, erhielt den rauschendsten Beifall, besonders der Ausdruck „unsere Königin.“ – Die Regierungsbill für die Vereinigung der beiden Canadas ist inzwischen, von vielen Tories unterstützt, und mit der unbedeutendsten Opposition durch den Ausschuß im Unterhause gegangen, und soll nächsten Freitag schon zum dritten Mal verlesen werden. Die Tories haben sich entschlossen, diese bedeutende Maaßregel nicht als Parteisache zu behandeln, – sollten aber Lyndhurst und Brougham, Aberdeen und Ellenborough dieselbe vor sich vorübergehen lassen, ohne den Ministern durch irgend eine Schlappe praktisch zu beweisen, wie viel besser sie die Sache hätten machen können? Ich glaube kaum. – Der protestantische Verein soll morgen wieder eine Versammlung halten, um die Königin anzugehen, daß sie die Erziehungscommission des Geheimenrathes auflösen, und das Parlament, daß es kein Geld mehr für die Unterstützung von Schulen nach dem Regierungsplane bewilligen wolle. Dieses Streben der Kirche in England ist um so auffallender, als so eben die schottische Kirchenversammlung durch eine große Mehrheit entschieden hat, daß ihre Pfarrschulen der Beaufsichtigung der Regierungs-Inspectoren offen stehen sollen!

Frankreich.

Die Colonie Algier leidet an zwei Uebeln: an der Pariser Presse, welche ein stetes Echo ist aller Unzufriedenen, sowohl unter den Officieren, als unter den Colonisten; dann am Mangel eines fähigen Generalgouverneurs. Wäre aber auch der Generalgouverneur tüchtig, wie wäre es, wenn man stets jedes Sonnenstäubchen eines Versehens mikroskopisch vergrößern wollte, möglich, daß nicht Verwirrung und Collision entständen? Der französischen Presse fehlt es weder an Geist, noch Kritik, noch Talent; es fehlt ihr fast gänzlich an Billigkeit und leidenschaftloser Unparteilichkeit. Wie handelt die englische Presse gegen die englischen Generalgouverneure in Indien oder den andern englischen Besitzungen? Fast immer mit Vorbedacht. Diese Ruhe und Umsicht macht es allein möglich, daß Plane gefaßt werden können. Wenn aber

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Der Zweck der Versammlung war die Stiftung eines neuen Vereins für die Abschaffung des Sklavenhandels, und zwar nicht so sehr durch Gesetzgebung und Unterhandlungen zwischen unserer Regierung und fremden Staaten, als durch die Beförderung eines systematischen Verkehrs mit den Negerstaaten, wodurch Handel und Gewerben, der Civilisation und vor Allem den Boten des Christenthums der Weg unter die unglücklichen Völkerschaften gebahnt werden soll, welche jetzt aus Unwissenheit das Opfer fremder Habsucht werden: dieses ist die Idee des bekannten Negerfreundes Buxton, welche sich endlich selbst Bahn gebrochen hat, und auf einmal von Hohen und Niedern, Männern von allen Religionsparteien und politischen Ansichten, vor allen jenen alten wackern Feinden der Sklaverei, den Quäkern, mit einem Eifer aufgefaßt wird, welcher den freudigsten Hoffnungen Raum gibt. Prinz Albert selbst ergriff weislich diese Gelegenheit, am öffentlichen Thun und Treiben der Nation Theil zu nehmen, und führte den Vorsitz bei einer Versammlung, von der nothwendig alles Parteiwesen ausgeschlossen seyn mußte, und deren Streben jetzt kein einziges Interesse mehr in der Nation verletzen konnte; ihn umgaben Edelleute vom höchsten Range, Bischöfe und niedrigere Geistliche von allen Secten, und Parlamentsmitglieder in Menge. Die Erzbischöfe von York und Canterbury, und der Bischof von London entschuldigten sich schriftlich wegen ihrer Abwesenheit, und schickten ihre Geldbeiträge, und selbst die verwittwete Königin ließ schreiben und sandte ihre 100 Pfund. Wie ganz anders als damals, wo Clarkson und Wilberforce in einem ähnlichen Streben jahrelang fast allein standen, und sich von der Kanzel wie von der Tribune herab als gefährliche Neuerer mußten verschreien lassen! Damals hätte der Hof keine Partei nehmen dürfen, selbst wenn man großherzig genug gewesen wäre, den ächt christlichen Sinn jener Edeln zu begreifen. Viele Tausende fanden damals ihren unmittelbaren Vortheil bei dem gräßlichen Menschenhandel, und die Nation, mit den Staatsmännern an ihrer Spitze, beredete sich, Großbritannien müsse zu Grunde gehen, wenn es demselben entsagte. Jetzt aber vereinigt sich mit der größeren Verbreitung von Aufklärung und einer tiefer eingedrungenen Menschenliebe das Bewußtseyn, daß aller Vortheil, welcher aus dem empörenden Verkehr fließen mag, andern Nationen zur Beute wird. Hr. Buxton hat das Publicum überzeugt, daß der Sklavenhandel jetzt weit lebhafter betrieben wird, mehr Neger ausgeführt werden und auf der Reise mehr umkommen, als je zuvor, und ferner, daß keine Verträge mit andern Mächten, keine Thätigkeit unserer Kreuzer dem Unwesen ein Ende zu machen vermöge, so lange die Vortheile desselben so lockend bleiben. Nur wenn die Negerhäuptlinge, meint er, durch Erfahrung belehrt worden, daß sie mehr europäische Waaren zu erlangen vermögen, wenn sie ihre Unterthanen friedlich den Boden bebauen lassen, als wenn sie sie als Sklaven verkaufen oder sich ihrer als Menschenjäger bedienen, werde dieser unmenschliche Handel aufhören. Die Regierung wird nun bald eine Expedition an die Sklavenküste schicken, in der Absicht, über die Mittel zu solchem friedlichen Verkehr Kunde zu sammeln, und wo es nur immer thunlich, Verbindungen mit den Landeshäuptern einzuleiten. An dieses Unternehmen will der neue Verein seine Bemühungen anknüpfen, und durch die Verbreitung nützlicher Nachrichten u. s. w. den Unternehmungsgeist unserer Handelswelt sowohl, als die Bestrebungen der Vereine für die Verbreitung des Christenthums in dieselbe Richtung lenken. Er selbst verpflichtet sich zum voraus seinerseits sich weder in Handelsunternehmungen, noch in Missionariensendungen einzulassen, weil sich bei solchen Bestrebungen kein allgemeines Zusammenwirken denken lasse. Der Prinz wurde außerordentlich gut empfangen, und die kurze, aber passende Rede, womit er, und zwar in einem guten englischen Accent, die Geschäfte des Tages eröffnete, erhielt den rauschendsten Beifall, besonders der Ausdruck &#x201E;<hi rendition="#g">unsere</hi> Königin.&#x201C; &#x2013; Die Regierungsbill für die Vereinigung der beiden Canadas ist inzwischen, von vielen Tories unterstützt, und mit der unbedeutendsten Opposition durch den Ausschuß im Unterhause gegangen, und soll nächsten Freitag schon zum dritten Mal verlesen werden. 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[1290/0010] verträglich ist, indem so ein neuer Beweis gegeben wird, daß die portugiesische Nation ernstlich wünscht, die fremde Schuld, die sie zur Wiederherstellung meines Thrones und ihrer eigenen Freiheit gemacht hat, zu tilgen. – Meine Herren, Ihrer Weisheit und Ihrem Patriotismus sind die besten Interessen der portugiesischen Nation, deren Wohlfahrt der erste Gegenstand meiner Sorge ist, vertraut. Nach den mancherlei Schicksalen, die sie erfahren, und der Erfahrung, die sie gewonnen, scheint endlich die Zeit gekommen zu seyn, ihre Organisation und Freiheit auf eine feste und sichere Basis zu stellen. Die Bedürfnisse der Nation sind bekannt, und sie hofft, von Ihnen ein Mittel, wenigstens die hauptsächlichsten zu decken, zu erhalten; denn alle zu befriedigen, wird lange Zeit erfordern. Ich lebe der Hoffnung, daß die Repräsentanten des Volks ihre Blicke nur auf das öffentliche Wohl richten und dahin streben werden, diesen großen Endzweck zu erreichen, indem sie sich bestreben, die portugiesische Familie unter dem Schutz gerechter Gesetze zu vereinigen, ihr Freiheit durch Erhaltung der Verfassung des Staats und ihrem Fleiße wachsende Entwicklung zu gewähren, was allein unter der Herrschaft der Ordnung und im Schatten des Friedens geschehen kann. – Die gewöhnliche Sitzung für 1840 ist eröffnet.“ Großbritannien. London, 2 Jun. Gestern hat eine der größten und bedeutendsten Versammlungen stattgefunden, die man seit lange hier gesehen. Es hat sich darin aufs neue bewährt, wie viel in diesem Lande ein einzelner Mensch vermag, welcher sich geschickt der Presse zu bedienen und bei einer Idee auszuharren weiß. Der Zweck der Versammlung war die Stiftung eines neuen Vereins für die Abschaffung des Sklavenhandels, und zwar nicht so sehr durch Gesetzgebung und Unterhandlungen zwischen unserer Regierung und fremden Staaten, als durch die Beförderung eines systematischen Verkehrs mit den Negerstaaten, wodurch Handel und Gewerben, der Civilisation und vor Allem den Boten des Christenthums der Weg unter die unglücklichen Völkerschaften gebahnt werden soll, welche jetzt aus Unwissenheit das Opfer fremder Habsucht werden: dieses ist die Idee des bekannten Negerfreundes Buxton, welche sich endlich selbst Bahn gebrochen hat, und auf einmal von Hohen und Niedern, Männern von allen Religionsparteien und politischen Ansichten, vor allen jenen alten wackern Feinden der Sklaverei, den Quäkern, mit einem Eifer aufgefaßt wird, welcher den freudigsten Hoffnungen Raum gibt. Prinz Albert selbst ergriff weislich diese Gelegenheit, am öffentlichen Thun und Treiben der Nation Theil zu nehmen, und führte den Vorsitz bei einer Versammlung, von der nothwendig alles Parteiwesen ausgeschlossen seyn mußte, und deren Streben jetzt kein einziges Interesse mehr in der Nation verletzen konnte; ihn umgaben Edelleute vom höchsten Range, Bischöfe und niedrigere Geistliche von allen Secten, und Parlamentsmitglieder in Menge. Die Erzbischöfe von York und Canterbury, und der Bischof von London entschuldigten sich schriftlich wegen ihrer Abwesenheit, und schickten ihre Geldbeiträge, und selbst die verwittwete Königin ließ schreiben und sandte ihre 100 Pfund. Wie ganz anders als damals, wo Clarkson und Wilberforce in einem ähnlichen Streben jahrelang fast allein standen, und sich von der Kanzel wie von der Tribune herab als gefährliche Neuerer mußten verschreien lassen! Damals hätte der Hof keine Partei nehmen dürfen, selbst wenn man großherzig genug gewesen wäre, den ächt christlichen Sinn jener Edeln zu begreifen. Viele Tausende fanden damals ihren unmittelbaren Vortheil bei dem gräßlichen Menschenhandel, und die Nation, mit den Staatsmännern an ihrer Spitze, beredete sich, Großbritannien müsse zu Grunde gehen, wenn es demselben entsagte. Jetzt aber vereinigt sich mit der größeren Verbreitung von Aufklärung und einer tiefer eingedrungenen Menschenliebe das Bewußtseyn, daß aller Vortheil, welcher aus dem empörenden Verkehr fließen mag, andern Nationen zur Beute wird. Hr. Buxton hat das Publicum überzeugt, daß der Sklavenhandel jetzt weit lebhafter betrieben wird, mehr Neger ausgeführt werden und auf der Reise mehr umkommen, als je zuvor, und ferner, daß keine Verträge mit andern Mächten, keine Thätigkeit unserer Kreuzer dem Unwesen ein Ende zu machen vermöge, so lange die Vortheile desselben so lockend bleiben. Nur wenn die Negerhäuptlinge, meint er, durch Erfahrung belehrt worden, daß sie mehr europäische Waaren zu erlangen vermögen, wenn sie ihre Unterthanen friedlich den Boden bebauen lassen, als wenn sie sie als Sklaven verkaufen oder sich ihrer als Menschenjäger bedienen, werde dieser unmenschliche Handel aufhören. Die Regierung wird nun bald eine Expedition an die Sklavenküste schicken, in der Absicht, über die Mittel zu solchem friedlichen Verkehr Kunde zu sammeln, und wo es nur immer thunlich, Verbindungen mit den Landeshäuptern einzuleiten. An dieses Unternehmen will der neue Verein seine Bemühungen anknüpfen, und durch die Verbreitung nützlicher Nachrichten u. s. w. den Unternehmungsgeist unserer Handelswelt sowohl, als die Bestrebungen der Vereine für die Verbreitung des Christenthums in dieselbe Richtung lenken. Er selbst verpflichtet sich zum voraus seinerseits sich weder in Handelsunternehmungen, noch in Missionariensendungen einzulassen, weil sich bei solchen Bestrebungen kein allgemeines Zusammenwirken denken lasse. Der Prinz wurde außerordentlich gut empfangen, und die kurze, aber passende Rede, womit er, und zwar in einem guten englischen Accent, die Geschäfte des Tages eröffnete, erhielt den rauschendsten Beifall, besonders der Ausdruck „unsere Königin.“ – Die Regierungsbill für die Vereinigung der beiden Canadas ist inzwischen, von vielen Tories unterstützt, und mit der unbedeutendsten Opposition durch den Ausschuß im Unterhause gegangen, und soll nächsten Freitag schon zum dritten Mal verlesen werden. Die Tories haben sich entschlossen, diese bedeutende Maaßregel nicht als Parteisache zu behandeln, – sollten aber Lyndhurst und Brougham, Aberdeen und Ellenborough dieselbe vor sich vorübergehen lassen, ohne den Ministern durch irgend eine Schlappe praktisch zu beweisen, wie viel besser sie die Sache hätten machen können? Ich glaube kaum. – Der protestantische Verein soll morgen wieder eine Versammlung halten, um die Königin anzugehen, daß sie die Erziehungscommission des Geheimenrathes auflösen, und das Parlament, daß es kein Geld mehr für die Unterstützung von Schulen nach dem Regierungsplane bewilligen wolle. Dieses Streben der Kirche in England ist um so auffallender, als so eben die schottische Kirchenversammlung durch eine große Mehrheit entschieden hat, daß ihre Pfarrschulen der Beaufsichtigung der Regierungs-Inspectoren offen stehen sollen! Frankreich. Paris, 2 Jun. Die Colonie Algier leidet an zwei Uebeln: an der Pariser Presse, welche ein stetes Echo ist aller Unzufriedenen, sowohl unter den Officieren, als unter den Colonisten; dann am Mangel eines fähigen Generalgouverneurs. Wäre aber auch der Generalgouverneur tüchtig, wie wäre es, wenn man stets jedes Sonnenstäubchen eines Versehens mikroskopisch vergrößern wollte, möglich, daß nicht Verwirrung und Collision entständen? Der französischen Presse fehlt es weder an Geist, noch Kritik, noch Talent; es fehlt ihr fast gänzlich an Billigkeit und leidenschaftloser Unparteilichkeit. Wie handelt die englische Presse gegen die englischen Generalgouverneure in Indien oder den andern englischen Besitzungen? Fast immer mit Vorbedacht. Diese Ruhe und Umsicht macht es allein möglich, daß Plane gefaßt werden können. Wenn aber

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 162. Augsburg, 10. Juni 1840, S. 1290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_162_18400610/10>, abgerufen am 28.04.2024.