Allgemeine Zeitung. Nr. 163. Augsburg, 11. Juni 1840.griechischen Priesters empfing der Communicirende den wahren Leib und das wahre Blut Christi, und man kann nicht dulden, daß er denselben in ungeweihtem ketzerischem Gefäße davon trage. Damit Christus nicht entheiligt werde, muß der, welcher ihn genoß, nachträglich geweiht werden. Dieser Satz ist nun der erste nicht bloß defensive, sondern eingreifende, mit welchem die griechische Kirche das Lutherthum, so wie die andern Confessionen nicht nur in ihren Schranken hält, sondern sie aus ihrem Gebiete zu verdrängen anfängt. Es kommt nämlich jener Fall des Abendmahlnehmens gar nicht selten vor. Alle die Tausende von lutherischen Finnen, Esthen, Letten, Deutschen, die in der russischen Armee stecken, sind nämlich sehr oft innerhalb der Gränzen des großen Reichs in dem Fall, keinen Prediger und keine Kirche ihres Glaubens in ihrer Nähe zu haben und so Jahre lang der Wohlthat des Abendmahls zu entbehren. Da sie ohnedieß verpflichtet sind, die übrigen kirchlichen Ceremonien, welche das ganze Militär machen muß, mitzumachen, so entschließen sie sich, weil sie keinen andern Weg zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse wissen, dann auch leicht, das Abendmahl nach griechischem Ritus zu nehmen, und - um doch überhaupt nur einer christlichen Religion anzugehören, nicht so ganz verlassen dazustehen - sich der griechischen Kirche anzuschließen. Ebenso ereignet es sich oft, daß Lutheraner im Innern des Reichs erkranken und aufs Sterbebette geworfen werden, wo sie des Beistandes eines lutherischen Priesters nicht theilhaftig werden können. Die toleranten russischen Priester geben ihnen gern die letzte Oelung und Tröstung - weit seltener ist es der katholische Priester, der sich ihrer erbarmt - doch müssen die Getrösteten auch in diesem Falle, wenn sie wieder genesen sollten, sich der griechischen Kirche anschließen! Auf diese Weise werden nun jährlich dem Lutherthum nicht wenige seiner Bekenner entzogen. Weit mehrere aber verlassen den einfachen Glauben ihrer Väter freiwillig oder aus Entwöhnung. Theils entlaufen und entliefen von jeher eine Menge lutherischer Esthen und Letten ihren strengen deutschen Herren, flüchteten zu den Russen in den benachbarten Gouvernements und suchten dort dadurch insbesondere Beschützer und Freunde zu erwerben, daß sie sich zur russischen Kirche bekannten, wodurch sie um so mehr der Gefahr entgingen, ihren protestantischen Herren wieder ausgeliefert zu werden. Freilich entlaufen umgekehrt auch viele russische Leibeigene ihren Herren und flüchten sich in die deutschen Ostsee-Provinzen. Doch gewinnt das Lutherthum nichts durch sie, da sie ihrer Väter Religion, wie wir schon oben bemerkten, in allen Fällen treu bleiben. Auch sonst findet man im Innern von Rußland viele protestantische Deutsche, die sich am Ende so an die Russen, an ihre religiösen und geselligen Sitten gewöhnt haben, daß sie auch in Bezug auf den Glauben ganz Russen wurden und am Ende zur griechischen Kirche übertraten. Ja man findet sogar häufiger, als man es wohl zu glauben geneigt ist, protestantische Deutsche in dem russischen Priesterstande. Namentlich aber nationalisiren in den Armeen jährlich nicht wenig Protestanten. Indessen ist zu bemerken, daß solche freiwillige Uebertritte vom Lutherthum zur griechischen Kirche doch nur in den ebengenannten Fällen sich ereignen bei den Entlaufenen und Flüchtigen unter den geringen Classen, und unter den höhern dann und wann durch allmähliche Entwöhnung - daß aber selten oder nie ein solcher förmlicher und feierlicher Uebertritt vornehmer und gebildeter Personen zum Griechenthum stattfindet, wie sich deren wohl in Deutschland vom Protestantismus zum Katholicismus ereignen. Die katholische Kirche ist von einem kräftigen, wunderbaren und erhabenen Geiste beseelt. Dieser Geist hat einen prächtigen Gottesdienst, ausgezeichnete Gemälde, eine erhabene Musik und herrliche Gotteshäuser hervorgerufen. Alle diese imponirenden Früchte des katholischen Baumes, die Ideen der schmerzensreichen Mutter des duldenden Erlösers, des reinen Kindes, des heiligen Geistes, die in der katholischen Kirche mit der größten Lebendigkeit der Phantasie ausgeschmückt und im Gottesdienst dargestellt werden, vor Allem aber die den Einzelnen zum Gefühl eines Ganzen hebenden Gedanken der selbstständigen Stellung der Kirche gegenüber jeder weltlichen Macht, sind wohl im Stande einen gebildeten Geist zu umfangen und ein Gemüth zu fesseln. Daher häufig poetische, künstlerische und begeisterte Männer den kalten Protestantismus verlassen und zum eifrigen Katholicismus übergingen. Die geisterfassende Begeisterung des Katholicismus, sein erhabene Werke schaffender Enthusiasmus fehlte von jeher der griechisch-russischen Kirche, die im Vergleich mit ihm arm dasteht. Unbedeutend ist die griechisch-russische Kirchenarchitektur, völlig bedeutungslos die Kunst der Maler, welche das Griechenthum befähigte, selbst seine Musik, obgleich reizend, wunderbar die Sinne bezaubernd, ohne Tiefe, und zwar ist dieß Alles so, weil ihr der reiche, schöpferische Geist fehlt, weil sie arm ist an Idee und geistiger Energie. Natürlich ist es daher unmöglich, daß sich ein deutsches Gemüth von dem Geiste der russischen Kirche angezogen fühlen könne und zu ihr freiwillig und aus Ueberzeugung übertrete wie zum Katholicismus. Die russischen Protestanten betrachten daher auch den Gottesdienst der russischen Kirche weit mehr noch als äußeres Ceremoniell, als bloßen religiösen Gebrauch, und wenn sie sich ihm weniger feindlich gegenüber gestellt sehen, als der andern Confession, so achten sie ihn doch viel geringer, und gehen daher, weil Haß sich noch eher in Freundschaft verwandeln läßt, als Verachtung, seltener zu ihm über als zu jenem. Gewöhnung allein oder weltlicher Vortheil kann sie zu ihm überführen. Letzterer ist bei den Vornehmen und Gebildeten nicht groß, da sie alle Ehren und Aemter des Reichs als Protestanten eben so gut erlangen, denn als Griechen. Nur hie und da macht die Regierung die Erlangung gewisser Vortheile von der Bekennung zur griechischen Confession abhängig, wie z. B. neuerlich die Vorschrift, daß die Kinder der in Polen mit Gütern Beschenkten alle griechischen Glauben annehmen müßten, wenn sie in die ihren Vätern geschenkten Güter als Erben eintreten wollten. Doch ist selbst in diesen Fällen nicht schwer, Dispensation zu erlangen. (Beschluß folgt.) Großbritannien. London, 30 Mai. Es ist bekannt, daß die Katholiken Großbritanniens einen katholischen Schutzverein, den protestantischen Associationen gegenüber, gestiftet haben, der nun unter dem Namen des "katholischen Instituts" bereits seit zwei Jahren besteht und die vornehmsten Katholiken des Reichs an seiner Spitze sieht. In den letzten Tagen wurde, wie wir neulich kurz erwähnt haben, in der zu diesem Zweck gemietheten "Freimaurerhalle" in London die Jahresversammlung des Vereins gehalten. Kaum waren die Thüren geöffnet, so war auch der weite Raum bis zum Erdrücken gefüllt, die ausgezeichnetsten Katholiken des Landes, Pairs, Parlamentsmitglieder, geistliche und weltliche Herren, waren in Massen aus den entferntesten Theilen des Landes erschienen. In Abwesenheit des Präsidenten, Löffel vermischt, dem Communicirenden vom Priester in den Mund gegeben.
griechischen Priesters empfing der Communicirende den wahren Leib und das wahre Blut Christi, und man kann nicht dulden, daß er denselben in ungeweihtem ketzerischem Gefäße davon trage. Damit Christus nicht entheiligt werde, muß der, welcher ihn genoß, nachträglich geweiht werden. Dieser Satz ist nun der erste nicht bloß defensive, sondern eingreifende, mit welchem die griechische Kirche das Lutherthum, so wie die andern Confessionen nicht nur in ihren Schranken hält, sondern sie aus ihrem Gebiete zu verdrängen anfängt. Es kommt nämlich jener Fall des Abendmahlnehmens gar nicht selten vor. Alle die Tausende von lutherischen Finnen, Esthen, Letten, Deutschen, die in der russischen Armee stecken, sind nämlich sehr oft innerhalb der Gränzen des großen Reichs in dem Fall, keinen Prediger und keine Kirche ihres Glaubens in ihrer Nähe zu haben und so Jahre lang der Wohlthat des Abendmahls zu entbehren. Da sie ohnedieß verpflichtet sind, die übrigen kirchlichen Ceremonien, welche das ganze Militär machen muß, mitzumachen, so entschließen sie sich, weil sie keinen andern Weg zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse wissen, dann auch leicht, das Abendmahl nach griechischem Ritus zu nehmen, und – um doch überhaupt nur einer christlichen Religion anzugehören, nicht so ganz verlassen dazustehen – sich der griechischen Kirche anzuschließen. Ebenso ereignet es sich oft, daß Lutheraner im Innern des Reichs erkranken und aufs Sterbebette geworfen werden, wo sie des Beistandes eines lutherischen Priesters nicht theilhaftig werden können. Die toleranten russischen Priester geben ihnen gern die letzte Oelung und Tröstung – weit seltener ist es der katholische Priester, der sich ihrer erbarmt – doch müssen die Getrösteten auch in diesem Falle, wenn sie wieder genesen sollten, sich der griechischen Kirche anschließen! Auf diese Weise werden nun jährlich dem Lutherthum nicht wenige seiner Bekenner entzogen. Weit mehrere aber verlassen den einfachen Glauben ihrer Väter freiwillig oder aus Entwöhnung. Theils entlaufen und entliefen von jeher eine Menge lutherischer Esthen und Letten ihren strengen deutschen Herren, flüchteten zu den Russen in den benachbarten Gouvernements und suchten dort dadurch insbesondere Beschützer und Freunde zu erwerben, daß sie sich zur russischen Kirche bekannten, wodurch sie um so mehr der Gefahr entgingen, ihren protestantischen Herren wieder ausgeliefert zu werden. Freilich entlaufen umgekehrt auch viele russische Leibeigene ihren Herren und flüchten sich in die deutschen Ostsee-Provinzen. Doch gewinnt das Lutherthum nichts durch sie, da sie ihrer Väter Religion, wie wir schon oben bemerkten, in allen Fällen treu bleiben. Auch sonst findet man im Innern von Rußland viele protestantische Deutsche, die sich am Ende so an die Russen, an ihre religiösen und geselligen Sitten gewöhnt haben, daß sie auch in Bezug auf den Glauben ganz Russen wurden und am Ende zur griechischen Kirche übertraten. Ja man findet sogar häufiger, als man es wohl zu glauben geneigt ist, protestantische Deutsche in dem russischen Priesterstande. Namentlich aber nationalisiren in den Armeen jährlich nicht wenig Protestanten. Indessen ist zu bemerken, daß solche freiwillige Uebertritte vom Lutherthum zur griechischen Kirche doch nur in den ebengenannten Fällen sich ereignen bei den Entlaufenen und Flüchtigen unter den geringen Classen, und unter den höhern dann und wann durch allmähliche Entwöhnung – daß aber selten oder nie ein solcher förmlicher und feierlicher Uebertritt vornehmer und gebildeter Personen zum Griechenthum stattfindet, wie sich deren wohl in Deutschland vom Protestantismus zum Katholicismus ereignen. Die katholische Kirche ist von einem kräftigen, wunderbaren und erhabenen Geiste beseelt. Dieser Geist hat einen prächtigen Gottesdienst, ausgezeichnete Gemälde, eine erhabene Musik und herrliche Gotteshäuser hervorgerufen. Alle diese imponirenden Früchte des katholischen Baumes, die Ideen der schmerzensreichen Mutter des duldenden Erlösers, des reinen Kindes, des heiligen Geistes, die in der katholischen Kirche mit der größten Lebendigkeit der Phantasie ausgeschmückt und im Gottesdienst dargestellt werden, vor Allem aber die den Einzelnen zum Gefühl eines Ganzen hebenden Gedanken der selbstständigen Stellung der Kirche gegenüber jeder weltlichen Macht, sind wohl im Stande einen gebildeten Geist zu umfangen und ein Gemüth zu fesseln. Daher häufig poetische, künstlerische und begeisterte Männer den kalten Protestantismus verlassen und zum eifrigen Katholicismus übergingen. Die geisterfassende Begeisterung des Katholicismus, sein erhabene Werke schaffender Enthusiasmus fehlte von jeher der griechisch-russischen Kirche, die im Vergleich mit ihm arm dasteht. Unbedeutend ist die griechisch-russische Kirchenarchitektur, völlig bedeutungslos die Kunst der Maler, welche das Griechenthum befähigte, selbst seine Musik, obgleich reizend, wunderbar die Sinne bezaubernd, ohne Tiefe, und zwar ist dieß Alles so, weil ihr der reiche, schöpferische Geist fehlt, weil sie arm ist an Idee und geistiger Energie. Natürlich ist es daher unmöglich, daß sich ein deutsches Gemüth von dem Geiste der russischen Kirche angezogen fühlen könne und zu ihr freiwillig und aus Ueberzeugung übertrete wie zum Katholicismus. Die russischen Protestanten betrachten daher auch den Gottesdienst der russischen Kirche weit mehr noch als äußeres Ceremoniell, als bloßen religiösen Gebrauch, und wenn sie sich ihm weniger feindlich gegenüber gestellt sehen, als der andern Confession, so achten sie ihn doch viel geringer, und gehen daher, weil Haß sich noch eher in Freundschaft verwandeln läßt, als Verachtung, seltener zu ihm über als zu jenem. Gewöhnung allein oder weltlicher Vortheil kann sie zu ihm überführen. Letzterer ist bei den Vornehmen und Gebildeten nicht groß, da sie alle Ehren und Aemter des Reichs als Protestanten eben so gut erlangen, denn als Griechen. Nur hie und da macht die Regierung die Erlangung gewisser Vortheile von der Bekennung zur griechischen Confession abhängig, wie z. B. neuerlich die Vorschrift, daß die Kinder der in Polen mit Gütern Beschenkten alle griechischen Glauben annehmen müßten, wenn sie in die ihren Vätern geschenkten Güter als Erben eintreten wollten. Doch ist selbst in diesen Fällen nicht schwer, Dispensation zu erlangen. (Beschluß folgt.) Großbritannien. London, 30 Mai. Es ist bekannt, daß die Katholiken Großbritanniens einen katholischen Schutzverein, den protestantischen Associationen gegenüber, gestiftet haben, der nun unter dem Namen des „katholischen Instituts“ bereits seit zwei Jahren besteht und die vornehmsten Katholiken des Reichs an seiner Spitze sieht. In den letzten Tagen wurde, wie wir neulich kurz erwähnt haben, in der zu diesem Zweck gemietheten „Freimaurerhalle“ in London die Jahresversammlung des Vereins gehalten. Kaum waren die Thüren geöffnet, so war auch der weite Raum bis zum Erdrücken gefüllt, die ausgezeichnetsten Katholiken des Landes, Pairs, Parlamentsmitglieder, geistliche und weltliche Herren, waren in Massen aus den entferntesten Theilen des Landes erschienen. In Abwesenheit des Präsidenten, Löffel vermischt, dem Communicirenden vom Priester in den Mund gegeben.
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Alle die Tausende von lutherischen Finnen, Esthen, Letten, Deutschen, die in der russischen Armee stecken, sind nämlich sehr oft innerhalb der Gränzen des großen Reichs in dem Fall, keinen Prediger und keine Kirche ihres Glaubens in ihrer Nähe zu haben und so Jahre lang der Wohlthat des Abendmahls zu entbehren. Da sie ohnedieß verpflichtet sind, die übrigen kirchlichen Ceremonien, welche das ganze Militär machen muß, mitzumachen, so entschließen sie sich, weil sie keinen andern Weg zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse wissen, dann auch leicht, das Abendmahl nach griechischem Ritus zu nehmen, und – um doch überhaupt nur einer christlichen Religion anzugehören, nicht so ganz verlassen dazustehen – sich der griechischen Kirche anzuschließen. Ebenso ereignet es sich oft, daß Lutheraner im Innern des Reichs erkranken und aufs Sterbebette geworfen werden, wo sie des Beistandes eines lutherischen Priesters nicht theilhaftig werden können. Die toleranten russischen Priester geben ihnen gern die letzte Oelung und Tröstung – weit seltener ist es der katholische Priester, der sich ihrer erbarmt – doch müssen die Getrösteten auch in diesem Falle, wenn sie wieder genesen sollten, sich der griechischen Kirche anschließen!</p><lb/> <p>Auf diese Weise werden nun jährlich dem Lutherthum nicht wenige seiner Bekenner entzogen. Weit mehrere aber verlassen den einfachen Glauben ihrer Väter freiwillig oder aus Entwöhnung. Theils entlaufen und entliefen von jeher eine Menge lutherischer Esthen und Letten ihren strengen deutschen Herren, flüchteten zu den Russen in den benachbarten Gouvernements und suchten dort dadurch insbesondere Beschützer und Freunde zu erwerben, daß sie sich zur russischen Kirche bekannten, wodurch sie um so mehr der Gefahr entgingen, ihren protestantischen Herren wieder ausgeliefert zu werden. Freilich entlaufen umgekehrt auch viele russische Leibeigene ihren Herren und flüchten sich in die deutschen Ostsee-Provinzen. Doch gewinnt das Lutherthum nichts durch sie, da sie ihrer Väter Religion, wie wir schon oben bemerkten, in allen Fällen treu bleiben. Auch sonst findet man im Innern von Rußland viele protestantische Deutsche, die sich am Ende so an die Russen, an ihre religiösen und geselligen Sitten gewöhnt haben, daß sie auch in Bezug auf den Glauben ganz Russen wurden und am Ende zur griechischen Kirche übertraten. Ja man findet sogar häufiger, als man es wohl zu glauben geneigt ist, protestantische Deutsche in dem russischen Priesterstande. Namentlich aber nationalisiren in den Armeen jährlich nicht wenig Protestanten.</p><lb/> <p>Indessen ist zu bemerken, daß solche freiwillige Uebertritte vom Lutherthum zur griechischen Kirche doch nur in den ebengenannten Fällen sich ereignen bei den Entlaufenen und Flüchtigen unter den geringen Classen, und unter den höhern dann und wann durch allmähliche Entwöhnung – daß aber selten oder nie ein solcher förmlicher und feierlicher Uebertritt vornehmer und gebildeter<note xml:id="löffel2" prev="#löffel1" place="foot" n="*)"><p>Löffel vermischt, dem Communicirenden vom Priester in den Mund gegeben.</p></note> Personen zum Griechenthum stattfindet, wie sich deren wohl in Deutschland vom Protestantismus zum Katholicismus ereignen. Die katholische Kirche ist von einem kräftigen, wunderbaren und erhabenen Geiste beseelt. Dieser Geist hat einen prächtigen Gottesdienst, ausgezeichnete Gemälde, eine erhabene Musik und herrliche Gotteshäuser hervorgerufen. Alle diese imponirenden Früchte des katholischen Baumes, die Ideen der schmerzensreichen Mutter des duldenden Erlösers, des reinen Kindes, des heiligen Geistes, die in der katholischen Kirche mit der größten Lebendigkeit der Phantasie ausgeschmückt und im Gottesdienst dargestellt werden, vor Allem aber die den Einzelnen zum Gefühl eines Ganzen hebenden Gedanken der selbstständigen Stellung der Kirche gegenüber jeder weltlichen Macht, sind wohl im Stande einen gebildeten Geist zu umfangen und ein Gemüth zu fesseln. Daher häufig poetische, künstlerische und begeisterte Männer den kalten Protestantismus verlassen und zum eifrigen Katholicismus übergingen. Die geisterfassende Begeisterung des Katholicismus, sein erhabene Werke schaffender Enthusiasmus fehlte von jeher der griechisch-russischen Kirche, die im Vergleich mit ihm arm dasteht. Unbedeutend ist die griechisch-russische Kirchenarchitektur, völlig bedeutungslos die Kunst der Maler, welche das Griechenthum befähigte, selbst seine Musik, obgleich reizend, wunderbar die Sinne bezaubernd, ohne Tiefe, und zwar ist dieß Alles so, weil ihr der reiche, schöpferische Geist fehlt, weil sie arm ist an Idee und geistiger Energie. Natürlich ist es daher unmöglich, daß sich ein deutsches Gemüth von dem Geiste der russischen Kirche angezogen fühlen könne und zu ihr freiwillig und aus Ueberzeugung übertrete wie zum Katholicismus. Die russischen Protestanten betrachten daher auch den Gottesdienst der russischen Kirche weit mehr noch als äußeres Ceremoniell, als bloßen religiösen Gebrauch, und wenn sie sich ihm weniger feindlich gegenüber gestellt sehen, als der andern Confession, so achten sie ihn doch viel geringer, und gehen daher, weil Haß sich noch eher in Freundschaft verwandeln läßt, als Verachtung, seltener zu ihm über als zu jenem. Gewöhnung allein oder weltlicher Vortheil kann sie zu ihm überführen. Letzterer ist bei den Vornehmen und Gebildeten nicht groß, da sie alle Ehren und Aemter des Reichs als Protestanten eben so gut erlangen, denn als Griechen. Nur hie und da macht die Regierung die Erlangung gewisser Vortheile von der Bekennung zur griechischen Confession abhängig, wie z. B. neuerlich die Vorschrift, daß die Kinder der in Polen mit Gütern Beschenkten alle griechischen Glauben annehmen müßten, wenn sie in die ihren Vätern geschenkten Güter als Erben eintreten wollten. 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griechischen Priesters empfing der Communicirende den wahren Leib und das wahre Blut Christi, und man kann nicht dulden, daß er denselben in ungeweihtem ketzerischem Gefäße davon trage. Damit Christus nicht entheiligt werde, muß der, welcher ihn genoß, nachträglich geweiht werden.
Dieser Satz ist nun der erste nicht bloß defensive, sondern eingreifende, mit welchem die griechische Kirche das Lutherthum, so wie die andern Confessionen nicht nur in ihren Schranken hält, sondern sie aus ihrem Gebiete zu verdrängen anfängt. Es kommt nämlich jener Fall des Abendmahlnehmens gar nicht selten vor. Alle die Tausende von lutherischen Finnen, Esthen, Letten, Deutschen, die in der russischen Armee stecken, sind nämlich sehr oft innerhalb der Gränzen des großen Reichs in dem Fall, keinen Prediger und keine Kirche ihres Glaubens in ihrer Nähe zu haben und so Jahre lang der Wohlthat des Abendmahls zu entbehren. Da sie ohnedieß verpflichtet sind, die übrigen kirchlichen Ceremonien, welche das ganze Militär machen muß, mitzumachen, so entschließen sie sich, weil sie keinen andern Weg zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse wissen, dann auch leicht, das Abendmahl nach griechischem Ritus zu nehmen, und – um doch überhaupt nur einer christlichen Religion anzugehören, nicht so ganz verlassen dazustehen – sich der griechischen Kirche anzuschließen. Ebenso ereignet es sich oft, daß Lutheraner im Innern des Reichs erkranken und aufs Sterbebette geworfen werden, wo sie des Beistandes eines lutherischen Priesters nicht theilhaftig werden können. Die toleranten russischen Priester geben ihnen gern die letzte Oelung und Tröstung – weit seltener ist es der katholische Priester, der sich ihrer erbarmt – doch müssen die Getrösteten auch in diesem Falle, wenn sie wieder genesen sollten, sich der griechischen Kirche anschließen!
Auf diese Weise werden nun jährlich dem Lutherthum nicht wenige seiner Bekenner entzogen. Weit mehrere aber verlassen den einfachen Glauben ihrer Väter freiwillig oder aus Entwöhnung. Theils entlaufen und entliefen von jeher eine Menge lutherischer Esthen und Letten ihren strengen deutschen Herren, flüchteten zu den Russen in den benachbarten Gouvernements und suchten dort dadurch insbesondere Beschützer und Freunde zu erwerben, daß sie sich zur russischen Kirche bekannten, wodurch sie um so mehr der Gefahr entgingen, ihren protestantischen Herren wieder ausgeliefert zu werden. Freilich entlaufen umgekehrt auch viele russische Leibeigene ihren Herren und flüchten sich in die deutschen Ostsee-Provinzen. Doch gewinnt das Lutherthum nichts durch sie, da sie ihrer Väter Religion, wie wir schon oben bemerkten, in allen Fällen treu bleiben. Auch sonst findet man im Innern von Rußland viele protestantische Deutsche, die sich am Ende so an die Russen, an ihre religiösen und geselligen Sitten gewöhnt haben, daß sie auch in Bezug auf den Glauben ganz Russen wurden und am Ende zur griechischen Kirche übertraten. Ja man findet sogar häufiger, als man es wohl zu glauben geneigt ist, protestantische Deutsche in dem russischen Priesterstande. Namentlich aber nationalisiren in den Armeen jährlich nicht wenig Protestanten.
Indessen ist zu bemerken, daß solche freiwillige Uebertritte vom Lutherthum zur griechischen Kirche doch nur in den ebengenannten Fällen sich ereignen bei den Entlaufenen und Flüchtigen unter den geringen Classen, und unter den höhern dann und wann durch allmähliche Entwöhnung – daß aber selten oder nie ein solcher förmlicher und feierlicher Uebertritt vornehmer und gebildeter *) Personen zum Griechenthum stattfindet, wie sich deren wohl in Deutschland vom Protestantismus zum Katholicismus ereignen. Die katholische Kirche ist von einem kräftigen, wunderbaren und erhabenen Geiste beseelt. Dieser Geist hat einen prächtigen Gottesdienst, ausgezeichnete Gemälde, eine erhabene Musik und herrliche Gotteshäuser hervorgerufen. Alle diese imponirenden Früchte des katholischen Baumes, die Ideen der schmerzensreichen Mutter des duldenden Erlösers, des reinen Kindes, des heiligen Geistes, die in der katholischen Kirche mit der größten Lebendigkeit der Phantasie ausgeschmückt und im Gottesdienst dargestellt werden, vor Allem aber die den Einzelnen zum Gefühl eines Ganzen hebenden Gedanken der selbstständigen Stellung der Kirche gegenüber jeder weltlichen Macht, sind wohl im Stande einen gebildeten Geist zu umfangen und ein Gemüth zu fesseln. Daher häufig poetische, künstlerische und begeisterte Männer den kalten Protestantismus verlassen und zum eifrigen Katholicismus übergingen. Die geisterfassende Begeisterung des Katholicismus, sein erhabene Werke schaffender Enthusiasmus fehlte von jeher der griechisch-russischen Kirche, die im Vergleich mit ihm arm dasteht. Unbedeutend ist die griechisch-russische Kirchenarchitektur, völlig bedeutungslos die Kunst der Maler, welche das Griechenthum befähigte, selbst seine Musik, obgleich reizend, wunderbar die Sinne bezaubernd, ohne Tiefe, und zwar ist dieß Alles so, weil ihr der reiche, schöpferische Geist fehlt, weil sie arm ist an Idee und geistiger Energie. Natürlich ist es daher unmöglich, daß sich ein deutsches Gemüth von dem Geiste der russischen Kirche angezogen fühlen könne und zu ihr freiwillig und aus Ueberzeugung übertrete wie zum Katholicismus. Die russischen Protestanten betrachten daher auch den Gottesdienst der russischen Kirche weit mehr noch als äußeres Ceremoniell, als bloßen religiösen Gebrauch, und wenn sie sich ihm weniger feindlich gegenüber gestellt sehen, als der andern Confession, so achten sie ihn doch viel geringer, und gehen daher, weil Haß sich noch eher in Freundschaft verwandeln läßt, als Verachtung, seltener zu ihm über als zu jenem. Gewöhnung allein oder weltlicher Vortheil kann sie zu ihm überführen. Letzterer ist bei den Vornehmen und Gebildeten nicht groß, da sie alle Ehren und Aemter des Reichs als Protestanten eben so gut erlangen, denn als Griechen. Nur hie und da macht die Regierung die Erlangung gewisser Vortheile von der Bekennung zur griechischen Confession abhängig, wie z. B. neuerlich die Vorschrift, daß die Kinder der in Polen mit Gütern Beschenkten alle griechischen Glauben annehmen müßten, wenn sie in die ihren Vätern geschenkten Güter als Erben eintreten wollten. Doch ist selbst in diesen Fällen nicht schwer, Dispensation zu erlangen.
(Beschluß folgt.)
Großbritannien.
_ London, 30 Mai. Es ist bekannt, daß die Katholiken Großbritanniens einen katholischen Schutzverein, den protestantischen Associationen gegenüber, gestiftet haben, der nun unter dem Namen des „katholischen Instituts“ bereits seit zwei Jahren besteht und die vornehmsten Katholiken des Reichs an seiner Spitze sieht. In den letzten Tagen wurde, wie wir neulich kurz erwähnt haben, in der zu diesem Zweck gemietheten „Freimaurerhalle“ in London die Jahresversammlung des Vereins gehalten. Kaum waren die Thüren geöffnet, so war auch der weite Raum bis zum Erdrücken gefüllt, die ausgezeichnetsten Katholiken des Landes, Pairs, Parlamentsmitglieder, geistliche und weltliche Herren, waren in Massen aus den entferntesten Theilen des Landes erschienen. In Abwesenheit des Präsidenten,
*) Löffel vermischt, dem Communicirenden vom Priester in den Mund gegeben.
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