Allgemeine Zeitung. Nr. 166. Augsburg, 14. Juni 1840.Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. SonntagNr. 166. 14 Juni 1840.Spanien. Bordeaux, 6 Jun. Die Eroberung Morella's bildet die wichtigste Episode im Todeskampf der Insurrection. Einige Details dürften daher nicht unwillkommen seyn. Das Feuer der Mörser dauerte auch die Nacht vom 28 auf den 29 ohne Unterbrechung fort. Um 6 Uhr Morgens schlug eine Bombe in ein Pulvermagazin; ein Artillerieobrist, ein Franciscaner-Guardian und 50 Soldaten flogen dabei in die Luft. Die Flammen in der Stadt schlugen heller auf und die Batterien der Belagerer verdoppelten ihr Feuer; das einer Batterie von 24Pfündern wirkte verheerend. Die Insurgenten fochten wie Verzweifelte (en Morella se resisten como demonios, sagt ein Brief von Ort und Stelle). Zahlreiche Mönche durchzogen die Straßen, eiferten zum Widerstand an, und versprachen nahen Entsatz durch ein französisches Corps. Hie und da stürzten Gebäude ein, in einem einzigen Hause wurden 15 Menschen unterm Schutt begraben, Schrecken war auf allen Gesichtern. Am 30 gegen 1 Uhr Morgens versuchte die Garnison heimlich aus Morella zu flüchten, aber die Posten im Lager waren wach, die Trommeln schlugen und die Ausziehenden wurden in die Stadt zurückgeworfen. Mehrere Hundert wurden abgeschnitten und gefangen. Um 5 Uhr verlangte die Besatzung zu capituliren, um 6 Uhr wurde das Feuer eingestellt, um 8 Uhr die Uebergabe auf Discretion unterzeichnet. Um 9 Uhr zog die Garnison, 2500 Mann stark, aus dem Platze und streckte die Waffen. Am 29 früh schlug General Zurbano den Cabecilla Forcadell bei Herbes, unweit Morella; Forcadell und 30 der Seinigen blieben todt, 60 wurden gefangen, der Rest zerstreut. Die Gefangenen von San Pedro und Morella wurden sofort durch die Brigade Zurbano nach Alcanniz transportirt. - Aus dem Innern lauten die Nachrichten schlecht. In Guadalajara und Umgegend war am 31 panischer Schrecken. Balmaseda mit sechs Bataillonen und zahlreicher Cavallerie war im Anmarsch gegen die Stadt. Und diesen Augenblick wählt man, um den General Concha mit seinen Truppen auf die Straße nach Valencia zur Escorte des reisenden Hofes zu schicken! - Zu Barcelona erwartete man in wenig Tagen die Königinnen, und hoffte, daß Segarra mit den Trümmern seines Corps ihnen seine Unterwerfung einsenden werde. Bordeaux, 7 Jun. Balmaseda, nachdem er eine Scheinbewegung auf Guadalajara gemacht, ist mit seinem ganzen Corps gegen Navarra aufgebrochen. Schon gestern schrieb ich Ihnen, daß seine Soldaten bei Lerma die Verbindung mit der Hauptstadt unterbrachen, und deßhalb Truppen bis von Vitoria her gegen ihn im Anmarsch waren. Heute gibt man für sicher, daß er am 1 d. mit 2000 Mann Fußvolk und 800 Reitern im Dorfe Roa eingerückt war, von wo er auf Navas de Roa marschirte, das er sofort niederbrannte. Wir wollen hoffen, daß es den ihm entgegen rückenden Bataillonen gelingen werde, ihn in seinem mordbrennerischen Zuge aufzuhalten; sollte er aber auch den Ebro überschreiten, so ist bei der allgemeinen Stimmung für die Ruhe der Provinzen nichts Ernstliches zu fürchten. Morgen das Nähere. - Eine telegraphische Depesche vom 6 Jun. steigert die Zahl der Gefangenen von Morella bis auf 3000; im Gefechte von Herbes soll Zurbano dem Feinde nur 150 Mann getödtet und deren 100 gefangen haben. Sie wissen wohl, daß man es mit den Angaben der spanischen Generale nicht so genau zu nehmen hat. Großbritannien. Der Globe äußert in Bezug auf einen Artikel des Journal des Debats über Napoleon: "Wir sind sehr geneigt, den Debats beizustimmen, daß das Andenken an Napoleon die sicherste Bürgschaft gegen Bonapartistische Grundsätze ist. Es erschiene in der That schwierig, zu sagen, was diese Grundsätze eigentlich sind. Uebertragung eines durch das Schwert gewonnenen und verlornen Anspruchs nach Verlauf einer langen Reihe von Jahren. Die Wahrheit ist, daß, weil es einen ersten Napoleon gegeben, dieß einen zweiten unmöglich macht. Er war der natürliche Erbe der Revolution; der Umschwung des Rades brachte den besten Soldaten zu oberst. Es war unvermeidlich, daß es sich wieder drehen mußte. Nur in einem Augenblick des Ueberganges nahm man seine Dictatur an; die Epoche von Napoleons wirklicher Macht war der Zeitabschnitt des öffentlichen Ekels vor allen Verbrechen und Thorheiten, die man so eben im Namen der Freiheit begangen. Napoleon bekümmerte sich wenig darum, volksthümlich zu seyn, er hatte es auch nicht nöthig. Eine starke Hand war des passiven Gehorsams einer Nation sicher, welche so eben aus den Schrecken der Anarchie hervorgegangen. Erst als Napoleons Conscriptionen so uner träglich wurden wie die Proscriptionen der sogenannten republicanischen Regierung, begann seine Macht zu wanken. Einmal über den Haufen geworfen, war Wiederherstellung unmöglich. Sie war rein persönlich und hing von dem Zauber ununterbrochenen Erfolges ab. Sie war nie über die Gränzen militärischer Popularität hinaus volksthümlich. Napoleon war Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. SonntagNr. 166. 14 Juni 1840.Spanien. Bordeaux, 6 Jun. Die Eroberung Morella's bildet die wichtigste Episode im Todeskampf der Insurrection. Einige Details dürften daher nicht unwillkommen seyn. Das Feuer der Mörser dauerte auch die Nacht vom 28 auf den 29 ohne Unterbrechung fort. Um 6 Uhr Morgens schlug eine Bombe in ein Pulvermagazin; ein Artillerieobrist, ein Franciscaner-Guardian und 50 Soldaten flogen dabei in die Luft. Die Flammen in der Stadt schlugen heller auf und die Batterien der Belagerer verdoppelten ihr Feuer; das einer Batterie von 24Pfündern wirkte verheerend. Die Insurgenten fochten wie Verzweifelte (en Morella se resisten como demonios, sagt ein Brief von Ort und Stelle). Zahlreiche Mönche durchzogen die Straßen, eiferten zum Widerstand an, und versprachen nahen Entsatz durch ein französisches Corps. Hie und da stürzten Gebäude ein, in einem einzigen Hause wurden 15 Menschen unterm Schutt begraben, Schrecken war auf allen Gesichtern. Am 30 gegen 1 Uhr Morgens versuchte die Garnison heimlich aus Morella zu flüchten, aber die Posten im Lager waren wach, die Trommeln schlugen und die Ausziehenden wurden in die Stadt zurückgeworfen. Mehrere Hundert wurden abgeschnitten und gefangen. Um 5 Uhr verlangte die Besatzung zu capituliren, um 6 Uhr wurde das Feuer eingestellt, um 8 Uhr die Uebergabe auf Discretion unterzeichnet. Um 9 Uhr zog die Garnison, 2500 Mann stark, aus dem Platze und streckte die Waffen. Am 29 früh schlug General Zurbano den Cabecilla Forcadell bei Herbes, unweit Morella; Forcadell und 30 der Seinigen blieben todt, 60 wurden gefangen, der Rest zerstreut. Die Gefangenen von San Pedro und Morella wurden sofort durch die Brigade Zurbano nach Alcañiz transportirt. – Aus dem Innern lauten die Nachrichten schlecht. In Guadalajara und Umgegend war am 31 panischer Schrecken. Balmaseda mit sechs Bataillonen und zahlreicher Cavallerie war im Anmarsch gegen die Stadt. Und diesen Augenblick wählt man, um den General Concha mit seinen Truppen auf die Straße nach Valencia zur Escorte des reisenden Hofes zu schicken! – Zu Barcelona erwartete man in wenig Tagen die Königinnen, und hoffte, daß Segarra mit den Trümmern seines Corps ihnen seine Unterwerfung einsenden werde. Bordeaux, 7 Jun. Balmaseda, nachdem er eine Scheinbewegung auf Guadalajara gemacht, ist mit seinem ganzen Corps gegen Navarra aufgebrochen. Schon gestern schrieb ich Ihnen, daß seine Soldaten bei Lerma die Verbindung mit der Hauptstadt unterbrachen, und deßhalb Truppen bis von Vitoria her gegen ihn im Anmarsch waren. Heute gibt man für sicher, daß er am 1 d. mit 2000 Mann Fußvolk und 800 Reitern im Dorfe Roa eingerückt war, von wo er auf Navas de Roa marschirte, das er sofort niederbrannte. Wir wollen hoffen, daß es den ihm entgegen rückenden Bataillonen gelingen werde, ihn in seinem mordbrennerischen Zuge aufzuhalten; sollte er aber auch den Ebro überschreiten, so ist bei der allgemeinen Stimmung für die Ruhe der Provinzen nichts Ernstliches zu fürchten. Morgen das Nähere. – Eine telegraphische Depesche vom 6 Jun. steigert die Zahl der Gefangenen von Morella bis auf 3000; im Gefechte von Herbes soll Zurbano dem Feinde nur 150 Mann getödtet und deren 100 gefangen haben. Sie wissen wohl, daß man es mit den Angaben der spanischen Generale nicht so genau zu nehmen hat. Großbritannien. Der Globe äußert in Bezug auf einen Artikel des Journal des Débats über Napoleon: „Wir sind sehr geneigt, den Débats beizustimmen, daß das Andenken an Napoleon die sicherste Bürgschaft gegen Bonapartistische Grundsätze ist. Es erschiene in der That schwierig, zu sagen, was diese Grundsätze eigentlich sind. Uebertragung eines durch das Schwert gewonnenen und verlornen Anspruchs nach Verlauf einer langen Reihe von Jahren. Die Wahrheit ist, daß, weil es einen ersten Napoleon gegeben, dieß einen zweiten unmöglich macht. Er war der natürliche Erbe der Revolution; der Umschwung des Rades brachte den besten Soldaten zu oberst. Es war unvermeidlich, daß es sich wieder drehen mußte. Nur in einem Augenblick des Ueberganges nahm man seine Dictatur an; die Epoche von Napoleons wirklicher Macht war der Zeitabschnitt des öffentlichen Ekels vor allen Verbrechen und Thorheiten, die man so eben im Namen der Freiheit begangen. Napoleon bekümmerte sich wenig darum, volksthümlich zu seyn, er hatte es auch nicht nöthig. Eine starke Hand war des passiven Gehorsams einer Nation sicher, welche so eben aus den Schrecken der Anarchie hervorgegangen. Erst als Napoleons Conscriptionen so uner träglich wurden wie die Proscriptionen der sogenannten republicanischen Regierung, begann seine Macht zu wanken. Einmal über den Haufen geworfen, war Wiederherstellung unmöglich. Sie war rein persönlich und hing von dem Zauber ununterbrochenen Erfolges ab. Sie war nie über die Gränzen militärischer Popularität hinaus volksthümlich. Napoleon war <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="1321"/><lb/> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="main">Augsburger Allgemeine Zeitung.</titlePart><lb/> <titlePart type="jImprimatur">Mit allerhöchsten Privilegien.</titlePart> </docTitle><lb/> <docImprint> <docDate>Sonntag</docDate> </docImprint><lb/> <titlePart type="volume">Nr. 166.</titlePart><lb/> <docImprint> <docDate>14 Juni 1840.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Spanien.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Bordeaux,</hi> 6 Jun.</dateline> <p> Die Eroberung Morella's bildet die wichtigste Episode im Todeskampf der Insurrection. Einige Details dürften daher nicht unwillkommen seyn. Das Feuer der Mörser dauerte auch die Nacht vom 28 auf den 29 ohne Unterbrechung fort. Um 6 Uhr Morgens schlug eine Bombe in ein Pulvermagazin; ein Artillerieobrist, ein Franciscaner-Guardian und 50 Soldaten flogen dabei in die Luft. Die Flammen in der Stadt schlugen heller auf und die Batterien der Belagerer verdoppelten ihr Feuer; das einer Batterie von 24Pfündern wirkte verheerend. Die Insurgenten fochten wie Verzweifelte (en Morella se resisten como demonios, sagt ein Brief von Ort und Stelle). Zahlreiche Mönche durchzogen die Straßen, eiferten zum Widerstand an, und versprachen nahen Entsatz durch ein französisches Corps. Hie und da stürzten Gebäude ein, in einem einzigen Hause wurden 15 Menschen unterm Schutt begraben, Schrecken war auf allen Gesichtern. Am 30 gegen 1 Uhr Morgens versuchte die Garnison heimlich aus Morella zu flüchten, aber die Posten im Lager waren wach, die Trommeln schlugen und die Ausziehenden wurden in die Stadt zurückgeworfen. Mehrere Hundert wurden abgeschnitten und gefangen. Um 5 Uhr verlangte die Besatzung zu capituliren, um 6 Uhr wurde das Feuer eingestellt, um 8 Uhr die Uebergabe auf Discretion unterzeichnet. Um 9 Uhr zog die Garnison, 2500 Mann stark, aus dem Platze und streckte die Waffen. Am 29 früh schlug General Zurbano den Cabecilla Forcadell bei Herbes, unweit Morella; Forcadell und 30 der Seinigen blieben todt, 60 wurden gefangen, der Rest zerstreut. Die Gefangenen von San Pedro und Morella wurden sofort durch die Brigade Zurbano nach Alcañiz transportirt. – Aus dem Innern lauten die Nachrichten schlecht. In Guadalajara und Umgegend war am 31 panischer Schrecken. Balmaseda mit sechs Bataillonen und zahlreicher Cavallerie war im Anmarsch gegen die Stadt. Und diesen Augenblick wählt man, um den General Concha mit seinen Truppen auf die Straße nach Valencia zur Escorte des reisenden Hofes zu schicken! – Zu Barcelona erwartete man in wenig Tagen die Königinnen, und hoffte, daß Segarra mit den Trümmern seines Corps ihnen seine Unterwerfung einsenden werde.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Bordeaux,</hi> 7 Jun.</dateline> <p> Balmaseda, nachdem er eine Scheinbewegung auf Guadalajara gemacht, ist mit seinem ganzen Corps gegen Navarra aufgebrochen. Schon gestern schrieb ich Ihnen, daß seine Soldaten bei Lerma die Verbindung mit der Hauptstadt unterbrachen, und deßhalb Truppen bis von Vitoria her gegen ihn im Anmarsch waren. Heute gibt man für sicher, daß er am 1 d. mit 2000 Mann Fußvolk und 800 Reitern im Dorfe Roa eingerückt war, von wo er auf Navas de Roa marschirte, das er sofort niederbrannte. Wir wollen hoffen, daß es den ihm entgegen rückenden Bataillonen gelingen werde, ihn in seinem mordbrennerischen Zuge aufzuhalten; sollte er aber auch den Ebro überschreiten, so ist bei der allgemeinen Stimmung für die Ruhe der Provinzen nichts Ernstliches zu fürchten. Morgen das Nähere. – Eine telegraphische Depesche vom 6 Jun. steigert die Zahl der Gefangenen von Morella bis auf 3000; im Gefechte von Herbes soll Zurbano dem Feinde nur 150 Mann getödtet und deren 100 gefangen haben. Sie wissen wohl, daß man es mit den Angaben der spanischen Generale nicht so genau zu nehmen hat.</p><lb/> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Globe</hi> äußert in Bezug auf einen Artikel des Journal des Débats über Napoleon: „Wir sind sehr geneigt, den Débats beizustimmen, daß das Andenken an Napoleon die sicherste Bürgschaft gegen Bonapartistische Grundsätze ist. Es erschiene in der That schwierig, zu sagen, was diese Grundsätze eigentlich sind. Uebertragung eines durch das Schwert gewonnenen und verlornen Anspruchs nach Verlauf einer langen Reihe von Jahren. Die Wahrheit ist, daß, weil es einen ersten Napoleon gegeben, dieß einen zweiten unmöglich macht. Er war der natürliche Erbe der Revolution; der Umschwung des Rades brachte den besten Soldaten zu oberst. Es war unvermeidlich, daß es sich wieder drehen mußte. Nur in einem Augenblick des Ueberganges nahm man seine Dictatur an; die Epoche von Napoleons wirklicher Macht war der Zeitabschnitt des öffentlichen Ekels vor allen Verbrechen und Thorheiten, die man so eben im Namen der Freiheit begangen. Napoleon bekümmerte sich wenig darum, volksthümlich zu seyn, er hatte es auch nicht nöthig. Eine starke Hand war des passiven Gehorsams einer Nation sicher, welche so eben aus den Schrecken der Anarchie hervorgegangen. Erst als Napoleons Conscriptionen so uner träglich wurden wie die Proscriptionen der sogenannten republicanischen Regierung, begann seine Macht zu wanken. Einmal über den Haufen geworfen, war Wiederherstellung unmöglich. Sie war rein persönlich und hing von dem Zauber ununterbrochenen Erfolges ab. Sie war nie über die Gränzen militärischer Popularität hinaus volksthümlich. Napoleon war<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1321/0001]
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 166.
14 Juni 1840. Spanien.
_ Bordeaux, 6 Jun. Die Eroberung Morella's bildet die wichtigste Episode im Todeskampf der Insurrection. Einige Details dürften daher nicht unwillkommen seyn. Das Feuer der Mörser dauerte auch die Nacht vom 28 auf den 29 ohne Unterbrechung fort. Um 6 Uhr Morgens schlug eine Bombe in ein Pulvermagazin; ein Artillerieobrist, ein Franciscaner-Guardian und 50 Soldaten flogen dabei in die Luft. Die Flammen in der Stadt schlugen heller auf und die Batterien der Belagerer verdoppelten ihr Feuer; das einer Batterie von 24Pfündern wirkte verheerend. Die Insurgenten fochten wie Verzweifelte (en Morella se resisten como demonios, sagt ein Brief von Ort und Stelle). Zahlreiche Mönche durchzogen die Straßen, eiferten zum Widerstand an, und versprachen nahen Entsatz durch ein französisches Corps. Hie und da stürzten Gebäude ein, in einem einzigen Hause wurden 15 Menschen unterm Schutt begraben, Schrecken war auf allen Gesichtern. Am 30 gegen 1 Uhr Morgens versuchte die Garnison heimlich aus Morella zu flüchten, aber die Posten im Lager waren wach, die Trommeln schlugen und die Ausziehenden wurden in die Stadt zurückgeworfen. Mehrere Hundert wurden abgeschnitten und gefangen. Um 5 Uhr verlangte die Besatzung zu capituliren, um 6 Uhr wurde das Feuer eingestellt, um 8 Uhr die Uebergabe auf Discretion unterzeichnet. Um 9 Uhr zog die Garnison, 2500 Mann stark, aus dem Platze und streckte die Waffen. Am 29 früh schlug General Zurbano den Cabecilla Forcadell bei Herbes, unweit Morella; Forcadell und 30 der Seinigen blieben todt, 60 wurden gefangen, der Rest zerstreut. Die Gefangenen von San Pedro und Morella wurden sofort durch die Brigade Zurbano nach Alcañiz transportirt. – Aus dem Innern lauten die Nachrichten schlecht. In Guadalajara und Umgegend war am 31 panischer Schrecken. Balmaseda mit sechs Bataillonen und zahlreicher Cavallerie war im Anmarsch gegen die Stadt. Und diesen Augenblick wählt man, um den General Concha mit seinen Truppen auf die Straße nach Valencia zur Escorte des reisenden Hofes zu schicken! – Zu Barcelona erwartete man in wenig Tagen die Königinnen, und hoffte, daß Segarra mit den Trümmern seines Corps ihnen seine Unterwerfung einsenden werde.
_ Bordeaux, 7 Jun. Balmaseda, nachdem er eine Scheinbewegung auf Guadalajara gemacht, ist mit seinem ganzen Corps gegen Navarra aufgebrochen. Schon gestern schrieb ich Ihnen, daß seine Soldaten bei Lerma die Verbindung mit der Hauptstadt unterbrachen, und deßhalb Truppen bis von Vitoria her gegen ihn im Anmarsch waren. Heute gibt man für sicher, daß er am 1 d. mit 2000 Mann Fußvolk und 800 Reitern im Dorfe Roa eingerückt war, von wo er auf Navas de Roa marschirte, das er sofort niederbrannte. Wir wollen hoffen, daß es den ihm entgegen rückenden Bataillonen gelingen werde, ihn in seinem mordbrennerischen Zuge aufzuhalten; sollte er aber auch den Ebro überschreiten, so ist bei der allgemeinen Stimmung für die Ruhe der Provinzen nichts Ernstliches zu fürchten. Morgen das Nähere. – Eine telegraphische Depesche vom 6 Jun. steigert die Zahl der Gefangenen von Morella bis auf 3000; im Gefechte von Herbes soll Zurbano dem Feinde nur 150 Mann getödtet und deren 100 gefangen haben. Sie wissen wohl, daß man es mit den Angaben der spanischen Generale nicht so genau zu nehmen hat.
Großbritannien.
Der Globe äußert in Bezug auf einen Artikel des Journal des Débats über Napoleon: „Wir sind sehr geneigt, den Débats beizustimmen, daß das Andenken an Napoleon die sicherste Bürgschaft gegen Bonapartistische Grundsätze ist. Es erschiene in der That schwierig, zu sagen, was diese Grundsätze eigentlich sind. Uebertragung eines durch das Schwert gewonnenen und verlornen Anspruchs nach Verlauf einer langen Reihe von Jahren. Die Wahrheit ist, daß, weil es einen ersten Napoleon gegeben, dieß einen zweiten unmöglich macht. Er war der natürliche Erbe der Revolution; der Umschwung des Rades brachte den besten Soldaten zu oberst. Es war unvermeidlich, daß es sich wieder drehen mußte. Nur in einem Augenblick des Ueberganges nahm man seine Dictatur an; die Epoche von Napoleons wirklicher Macht war der Zeitabschnitt des öffentlichen Ekels vor allen Verbrechen und Thorheiten, die man so eben im Namen der Freiheit begangen. Napoleon bekümmerte sich wenig darum, volksthümlich zu seyn, er hatte es auch nicht nöthig. Eine starke Hand war des passiven Gehorsams einer Nation sicher, welche so eben aus den Schrecken der Anarchie hervorgegangen. Erst als Napoleons Conscriptionen so uner träglich wurden wie die Proscriptionen der sogenannten republicanischen Regierung, begann seine Macht zu wanken. Einmal über den Haufen geworfen, war Wiederherstellung unmöglich. Sie war rein persönlich und hing von dem Zauber ununterbrochenen Erfolges ab. Sie war nie über die Gränzen militärischer Popularität hinaus volksthümlich. Napoleon war
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |