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Allgemeine Zeitung. Nr. 168. Augsburg, 16. Juni 1840.

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anempfohlen worden, daß der durch eine solche Herabsetzung anscheinend verursachte Ausfall durch die leicht um das Zehnfache vermehrte Correspondenz gedeckt und überwogen werden würde, so daß im Interesse der Finanzen selbst zu einer Ermäßigung der Posttarife gerathen werden müßte.

Die in der Theorie durch analoge Schlüsse sich darstellende Richtigkeit dieses Satzes dürfte von Manchen immerhin deßhalb in Zweifel gezogen werden, weil bei dessen Anwendung das Staatseinkommen allzu sehr von den Zeitumständen und den wechselnden Conjuncturen des Handels abhängig, und mithin der Zustand der Anstalt selbst schwankend und unsicher gemacht würde. Aber es ließen sich, selbst abgesehen von der bloß financiellen Seite, aus dem höhern Gesichtspunkt des Nationalreichthums und der Politik Gründe hernehmen, die unbestreitbarer seyn dürften. Nämlich da die Post das große Vehikel für jeden Zweig der Industrie und des innern sowohl als des äußern Handels ist, beides aber ohnehin auf die mannichfaltigste Weise mit Abgaben belegt erscheint, so kann es weder billig noch staatsklug seyn, auch noch das Vehikel zu besteuern, und dadurch dem Handelsverkehr und dem davon bedingten Gedeihen der Gewerbsthätigkeit gleich im Vorhinein eine Auflage und ein belästigendes Hinderniß entgegen zu setzen. Man bedenke überdieß, daß alle Regierungen durch die Posten noch andere wichtige Vortheile genießen, von welchen in financieller Beziehung wohl einer der bedeutendsten darin besteht, daß ihre so weit verbreitete und starke Geschäftscorrespondenz mit der des Publicums unentgeltlich mitbefördert wird, was sonst nur durch eigens aufgebotene Mittel und Umlegung einer neuen Auflage bestritten werden könnte. In höherer moralischer Beziehung gewährt die Postadministration dem Staate durch die sehr beträchtliche Anzahl der Beamten das Mittel, vielen Individuen, größtentheils aus dem gebildeten Mittelstande - was hauptsächlich den Städten zu gut kommt - Anstellung und ohne Belästigung der Steuerpflichtigen anständigen Unterhalt zu verschaffen, während auf dem Lande eine noch größere Anzahl von Menschen von der Post auf Kosten der die Anstalt Benützenden lebt, und dadurch der landwirthschaftlichen Industrie zugleich ein Vorschub gegeben wird.

Es möchte daher das bei einer Postreform zu bezweckende Ziel sich dahin gestalten, daß der Staat beim unbeschränkten Fortgenuß der eben ausgewiesenen Vortheile das eigene Interesse mit jenem des Publicums durch möglichste Erleichterung, Vervielfältigung und Belebung des Verkehrs, mithin durch Befreiung von zu Klagen Anlaß gebenden Belästigungen auf das innigste zu vereinigen suche. Steht diese Ansicht fest, und wird sie zu einem Princip in der Staatsverwaltung erhoben, so zerfallen von selbst alle aus engherzig und beschränkten Finanzspeculationen von der Idee des Staatsmonopols allein ausgehenden Einwendungen, und es stellt sich die Zweckmäßigkeit, ja die durch die allgemeinen Fortschritte in der Cultur ausgesprochene Nothwendigkeit einer Reform in dem Hauptbeförderungsmittel alles geistigen Verbands und jedes industriellen und commerciellen Verkehrs unter Menschen hervor, welche nach dem großen Beispiel Englands von jeder Regierung des Continents, nach Maaßgabe ihrer eigenthümlichen Stellung, in der financiellen Gestaltung des Postwesens dem eigenthümlichen Zweck desselben gemäß vorgenommen werden sollte.

Nur scheint es, daß mit einer bloßen Ermäßigung der Tarife im Innern der einzelnen Staaten den vorwaltenden Uebelständen noch keineswegs vollständig abgeholfen werden wird, so lange nicht zugleich für eine verhältnißmäßige Herabsetzung des ausländischen Correspondenz-Porto's Vorkehrungen getroffen werden. Dieser Punkt, in den bisherigen Artikeln noch nicht gehörig beleuchtet, unterliegt besonderen Schwierigkeiten, die sowohl die veränderte Stellung der Regierung hierin, als die Eigenthümlichkeit der geographischen Lage mit sich bringt. Denn so väterlich und vortheilhaft es erscheint, daß die Regierung durch Ermäßigung der Tarife für die Erleichterung des Verkehrs der eigenen Unterthanen Sorge trägt, so wenig kann ihr doch zugemuthet werden, daß sie bei der durch ihr Gebiet gehenden Correspondenz aus und nach fremden Staaten nicht auch beim Post-Transit, wie bei jedem andern Transit auf ihren Straßen, Flüssen, Canälen und Häfen, die Vortheile wahrnehme und benütze, die ihr die Lage des Landes darzubieten vermag; um so mehr, als hiebei auch eigenes Zuthun und besondere Kosten erheischt werden. Oder könnte man wohl billigerweise das Ansinnen stellen, daß der Staat, der den Transport der Transitcorrespondenz übernimmt, den Aufwand und die Gefahr für deren schnellste und sicherste Beförderung tragen, dabei aber auf den Ersatz seiner wirklichen Auslagen, der Mühewaltung seiner Beamten, der Haftung für Schaden u. s. w. gänzlich verzichten, und die durch Fremde verursachten größern Kosten auf seine eigenen Unterthanen umlegen soll?

Es kann hier nicht eingewendet werden, daß die Sache bei einer allgemein zu verabredenden Niederschlagung aller Transit-Vergütungen durch wechselseitige Dienstleistungen ausgeglichen werde; denn es würde sich vermöge der bedingenden geographischen Lage ergeben, daß die an den Enden unsers Welttheils gelegenen Länder Griechenland: das Königreich beider Sicilien, die Inseln im adriatischen und mittelländischen Meere, die spanische Halbinsel, Großbritannien und Irland, die Hansestädte, Dänemark, Schweden und Norwegen, nebst dem ganzen großen russischen Kaiserreich die übrigen Staaten durch keine Gegenleistung entschädigen würden; sie hätten also nur an den Vortheilen der von ihnen benützten fremden Postanstalt Antheil, nicht aber an den Lasten derselben, welche zum großen Theil die Centralstaaten, Oesterreich, Preußen und Deutschland zumal zu tragen hätten, obgleich es leicht der Fall seyn könnte, daß gerade jene bei ihrem ausgebreiteten Verkehr sehr viel zu der Vermehrung des Kostenaufwandes beitragen dürften. Ueberdieß würden durch ein so ungleiches Verhältniß in staatsrechtlicher Hinsicht die Centralregierungen mit einer Art Staatsdienstbarkeit zum fortwährenden Vortheile der oben angeführten europäischen Staaten belastet.

Ferner würde es kein vollständiges Ausgleichmittel gewähren, wenn allgemein eingeführt würde, daß in jedem Lande der Correspondent seine Briefe nach dem Ausland, und aus demselben nur bis und resp. von der Gränze seines Staates zu zahlen gehalten wäre; denn dieß würde nur bei unmittelbaren Nachbarstaaten alle Ansprüche aufheben, nicht aber für die Correspondenz der durch Zwischenstaaten getrennten Länder, da diese auf solche Weise dennoch zu unentgeltlicher Dienstleistung verpflichtet bleiben würden.

Was die Sache außerordentlich erschwert, ist nicht nur die Mannichfaltigkeit und Ungleichheit der Tarife für den ausländischen Postverkehr, sondern auch die ganz abweichenden Grundsätze, nach denen derselbe in den verschiedenen Staaten angesehen und gehandhabt wird. Während nämlich die meisten europäischen Postinstitute sich für die Transitcorrespondenz gegenseitig eine angemessene Entschädigung leisten, hat sich die spanische Regierung von jeher beharrlich geweigert, der französischen Postoffice für den Transit irgend eine Entschädigung zu entrichten, woraus sich dann ergibt, daß die Kosten der Briefe durch Frankreich nach Spanien, Portugal und Gibraltar resp. von und bis den Pyrenäen von den diesseitigen Correspondenten bestritten werden müssen. Und England, das für seine

anempfohlen worden, daß der durch eine solche Herabsetzung anscheinend verursachte Ausfall durch die leicht um das Zehnfache vermehrte Correspondenz gedeckt und überwogen werden würde, so daß im Interesse der Finanzen selbst zu einer Ermäßigung der Posttarife gerathen werden müßte.

Die in der Theorie durch analoge Schlüsse sich darstellende Richtigkeit dieses Satzes dürfte von Manchen immerhin deßhalb in Zweifel gezogen werden, weil bei dessen Anwendung das Staatseinkommen allzu sehr von den Zeitumständen und den wechselnden Conjuncturen des Handels abhängig, und mithin der Zustand der Anstalt selbst schwankend und unsicher gemacht würde. Aber es ließen sich, selbst abgesehen von der bloß financiellen Seite, aus dem höhern Gesichtspunkt des Nationalreichthums und der Politik Gründe hernehmen, die unbestreitbarer seyn dürften. Nämlich da die Post das große Vehikel für jeden Zweig der Industrie und des innern sowohl als des äußern Handels ist, beides aber ohnehin auf die mannichfaltigste Weise mit Abgaben belegt erscheint, so kann es weder billig noch staatsklug seyn, auch noch das Vehikel zu besteuern, und dadurch dem Handelsverkehr und dem davon bedingten Gedeihen der Gewerbsthätigkeit gleich im Vorhinein eine Auflage und ein belästigendes Hinderniß entgegen zu setzen. Man bedenke überdieß, daß alle Regierungen durch die Posten noch andere wichtige Vortheile genießen, von welchen in financieller Beziehung wohl einer der bedeutendsten darin besteht, daß ihre so weit verbreitete und starke Geschäftscorrespondenz mit der des Publicums unentgeltlich mitbefördert wird, was sonst nur durch eigens aufgebotene Mittel und Umlegung einer neuen Auflage bestritten werden könnte. In höherer moralischer Beziehung gewährt die Postadministration dem Staate durch die sehr beträchtliche Anzahl der Beamten das Mittel, vielen Individuen, größtentheils aus dem gebildeten Mittelstande – was hauptsächlich den Städten zu gut kommt – Anstellung und ohne Belästigung der Steuerpflichtigen anständigen Unterhalt zu verschaffen, während auf dem Lande eine noch größere Anzahl von Menschen von der Post auf Kosten der die Anstalt Benützenden lebt, und dadurch der landwirthschaftlichen Industrie zugleich ein Vorschub gegeben wird.

Es möchte daher das bei einer Postreform zu bezweckende Ziel sich dahin gestalten, daß der Staat beim unbeschränkten Fortgenuß der eben ausgewiesenen Vortheile das eigene Interesse mit jenem des Publicums durch möglichste Erleichterung, Vervielfältigung und Belebung des Verkehrs, mithin durch Befreiung von zu Klagen Anlaß gebenden Belästigungen auf das innigste zu vereinigen suche. Steht diese Ansicht fest, und wird sie zu einem Princip in der Staatsverwaltung erhoben, so zerfallen von selbst alle aus engherzig und beschränkten Finanzspeculationen von der Idee des Staatsmonopols allein ausgehenden Einwendungen, und es stellt sich die Zweckmäßigkeit, ja die durch die allgemeinen Fortschritte in der Cultur ausgesprochene Nothwendigkeit einer Reform in dem Hauptbeförderungsmittel alles geistigen Verbands und jedes industriellen und commerciellen Verkehrs unter Menschen hervor, welche nach dem großen Beispiel Englands von jeder Regierung des Continents, nach Maaßgabe ihrer eigenthümlichen Stellung, in der financiellen Gestaltung des Postwesens dem eigenthümlichen Zweck desselben gemäß vorgenommen werden sollte.

Nur scheint es, daß mit einer bloßen Ermäßigung der Tarife im Innern der einzelnen Staaten den vorwaltenden Uebelständen noch keineswegs vollständig abgeholfen werden wird, so lange nicht zugleich für eine verhältnißmäßige Herabsetzung des ausländischen Correspondenz-Porto's Vorkehrungen getroffen werden. Dieser Punkt, in den bisherigen Artikeln noch nicht gehörig beleuchtet, unterliegt besonderen Schwierigkeiten, die sowohl die veränderte Stellung der Regierung hierin, als die Eigenthümlichkeit der geographischen Lage mit sich bringt. Denn so väterlich und vortheilhaft es erscheint, daß die Regierung durch Ermäßigung der Tarife für die Erleichterung des Verkehrs der eigenen Unterthanen Sorge trägt, so wenig kann ihr doch zugemuthet werden, daß sie bei der durch ihr Gebiet gehenden Correspondenz aus und nach fremden Staaten nicht auch beim Post-Transit, wie bei jedem andern Transit auf ihren Straßen, Flüssen, Canälen und Häfen, die Vortheile wahrnehme und benütze, die ihr die Lage des Landes darzubieten vermag; um so mehr, als hiebei auch eigenes Zuthun und besondere Kosten erheischt werden. Oder könnte man wohl billigerweise das Ansinnen stellen, daß der Staat, der den Transport der Transitcorrespondenz übernimmt, den Aufwand und die Gefahr für deren schnellste und sicherste Beförderung tragen, dabei aber auf den Ersatz seiner wirklichen Auslagen, der Mühewaltung seiner Beamten, der Haftung für Schaden u. s. w. gänzlich verzichten, und die durch Fremde verursachten größern Kosten auf seine eigenen Unterthanen umlegen soll?

Es kann hier nicht eingewendet werden, daß die Sache bei einer allgemein zu verabredenden Niederschlagung aller Transit-Vergütungen durch wechselseitige Dienstleistungen ausgeglichen werde; denn es würde sich vermöge der bedingenden geographischen Lage ergeben, daß die an den Enden unsers Welttheils gelegenen Länder Griechenland: das Königreich beider Sicilien, die Inseln im adriatischen und mittelländischen Meere, die spanische Halbinsel, Großbritannien und Irland, die Hansestädte, Dänemark, Schweden und Norwegen, nebst dem ganzen großen russischen Kaiserreich die übrigen Staaten durch keine Gegenleistung entschädigen würden; sie hätten also nur an den Vortheilen der von ihnen benützten fremden Postanstalt Antheil, nicht aber an den Lasten derselben, welche zum großen Theil die Centralstaaten, Oesterreich, Preußen und Deutschland zumal zu tragen hätten, obgleich es leicht der Fall seyn könnte, daß gerade jene bei ihrem ausgebreiteten Verkehr sehr viel zu der Vermehrung des Kostenaufwandes beitragen dürften. Ueberdieß würden durch ein so ungleiches Verhältniß in staatsrechtlicher Hinsicht die Centralregierungen mit einer Art Staatsdienstbarkeit zum fortwährenden Vortheile der oben angeführten europäischen Staaten belastet.

Ferner würde es kein vollständiges Ausgleichmittel gewähren, wenn allgemein eingeführt würde, daß in jedem Lande der Correspondent seine Briefe nach dem Ausland, und aus demselben nur bis und resp. von der Gränze seines Staates zu zahlen gehalten wäre; denn dieß würde nur bei unmittelbaren Nachbarstaaten alle Ansprüche aufheben, nicht aber für die Correspondenz der durch Zwischenstaaten getrennten Länder, da diese auf solche Weise dennoch zu unentgeltlicher Dienstleistung verpflichtet bleiben würden.

Was die Sache außerordentlich erschwert, ist nicht nur die Mannichfaltigkeit und Ungleichheit der Tarife für den ausländischen Postverkehr, sondern auch die ganz abweichenden Grundsätze, nach denen derselbe in den verschiedenen Staaten angesehen und gehandhabt wird. Während nämlich die meisten europäischen Postinstitute sich für die Transitcorrespondenz gegenseitig eine angemessene Entschädigung leisten, hat sich die spanische Regierung von jeher beharrlich geweigert, der französischen Postoffice für den Transit irgend eine Entschädigung zu entrichten, woraus sich dann ergibt, daß die Kosten der Briefe durch Frankreich nach Spanien, Portugal und Gibraltar resp. von und bis den Pyrenäen von den diesseitigen Correspondenten bestritten werden müssen. Und England, das für seine

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[1340/0012] anempfohlen worden, daß der durch eine solche Herabsetzung anscheinend verursachte Ausfall durch die leicht um das Zehnfache vermehrte Correspondenz gedeckt und überwogen werden würde, so daß im Interesse der Finanzen selbst zu einer Ermäßigung der Posttarife gerathen werden müßte. Die in der Theorie durch analoge Schlüsse sich darstellende Richtigkeit dieses Satzes dürfte von Manchen immerhin deßhalb in Zweifel gezogen werden, weil bei dessen Anwendung das Staatseinkommen allzu sehr von den Zeitumständen und den wechselnden Conjuncturen des Handels abhängig, und mithin der Zustand der Anstalt selbst schwankend und unsicher gemacht würde. Aber es ließen sich, selbst abgesehen von der bloß financiellen Seite, aus dem höhern Gesichtspunkt des Nationalreichthums und der Politik Gründe hernehmen, die unbestreitbarer seyn dürften. Nämlich da die Post das große Vehikel für jeden Zweig der Industrie und des innern sowohl als des äußern Handels ist, beides aber ohnehin auf die mannichfaltigste Weise mit Abgaben belegt erscheint, so kann es weder billig noch staatsklug seyn, auch noch das Vehikel zu besteuern, und dadurch dem Handelsverkehr und dem davon bedingten Gedeihen der Gewerbsthätigkeit gleich im Vorhinein eine Auflage und ein belästigendes Hinderniß entgegen zu setzen. Man bedenke überdieß, daß alle Regierungen durch die Posten noch andere wichtige Vortheile genießen, von welchen in financieller Beziehung wohl einer der bedeutendsten darin besteht, daß ihre so weit verbreitete und starke Geschäftscorrespondenz mit der des Publicums unentgeltlich mitbefördert wird, was sonst nur durch eigens aufgebotene Mittel und Umlegung einer neuen Auflage bestritten werden könnte. In höherer moralischer Beziehung gewährt die Postadministration dem Staate durch die sehr beträchtliche Anzahl der Beamten das Mittel, vielen Individuen, größtentheils aus dem gebildeten Mittelstande – was hauptsächlich den Städten zu gut kommt – Anstellung und ohne Belästigung der Steuerpflichtigen anständigen Unterhalt zu verschaffen, während auf dem Lande eine noch größere Anzahl von Menschen von der Post auf Kosten der die Anstalt Benützenden lebt, und dadurch der landwirthschaftlichen Industrie zugleich ein Vorschub gegeben wird. Es möchte daher das bei einer Postreform zu bezweckende Ziel sich dahin gestalten, daß der Staat beim unbeschränkten Fortgenuß der eben ausgewiesenen Vortheile das eigene Interesse mit jenem des Publicums durch möglichste Erleichterung, Vervielfältigung und Belebung des Verkehrs, mithin durch Befreiung von zu Klagen Anlaß gebenden Belästigungen auf das innigste zu vereinigen suche. Steht diese Ansicht fest, und wird sie zu einem Princip in der Staatsverwaltung erhoben, so zerfallen von selbst alle aus engherzig und beschränkten Finanzspeculationen von der Idee des Staatsmonopols allein ausgehenden Einwendungen, und es stellt sich die Zweckmäßigkeit, ja die durch die allgemeinen Fortschritte in der Cultur ausgesprochene Nothwendigkeit einer Reform in dem Hauptbeförderungsmittel alles geistigen Verbands und jedes industriellen und commerciellen Verkehrs unter Menschen hervor, welche nach dem großen Beispiel Englands von jeder Regierung des Continents, nach Maaßgabe ihrer eigenthümlichen Stellung, in der financiellen Gestaltung des Postwesens dem eigenthümlichen Zweck desselben gemäß vorgenommen werden sollte. Nur scheint es, daß mit einer bloßen Ermäßigung der Tarife im Innern der einzelnen Staaten den vorwaltenden Uebelständen noch keineswegs vollständig abgeholfen werden wird, so lange nicht zugleich für eine verhältnißmäßige Herabsetzung des ausländischen Correspondenz-Porto's Vorkehrungen getroffen werden. Dieser Punkt, in den bisherigen Artikeln noch nicht gehörig beleuchtet, unterliegt besonderen Schwierigkeiten, die sowohl die veränderte Stellung der Regierung hierin, als die Eigenthümlichkeit der geographischen Lage mit sich bringt. Denn so väterlich und vortheilhaft es erscheint, daß die Regierung durch Ermäßigung der Tarife für die Erleichterung des Verkehrs der eigenen Unterthanen Sorge trägt, so wenig kann ihr doch zugemuthet werden, daß sie bei der durch ihr Gebiet gehenden Correspondenz aus und nach fremden Staaten nicht auch beim Post-Transit, wie bei jedem andern Transit auf ihren Straßen, Flüssen, Canälen und Häfen, die Vortheile wahrnehme und benütze, die ihr die Lage des Landes darzubieten vermag; um so mehr, als hiebei auch eigenes Zuthun und besondere Kosten erheischt werden. Oder könnte man wohl billigerweise das Ansinnen stellen, daß der Staat, der den Transport der Transitcorrespondenz übernimmt, den Aufwand und die Gefahr für deren schnellste und sicherste Beförderung tragen, dabei aber auf den Ersatz seiner wirklichen Auslagen, der Mühewaltung seiner Beamten, der Haftung für Schaden u. s. w. gänzlich verzichten, und die durch Fremde verursachten größern Kosten auf seine eigenen Unterthanen umlegen soll? Es kann hier nicht eingewendet werden, daß die Sache bei einer allgemein zu verabredenden Niederschlagung aller Transit-Vergütungen durch wechselseitige Dienstleistungen ausgeglichen werde; denn es würde sich vermöge der bedingenden geographischen Lage ergeben, daß die an den Enden unsers Welttheils gelegenen Länder Griechenland: das Königreich beider Sicilien, die Inseln im adriatischen und mittelländischen Meere, die spanische Halbinsel, Großbritannien und Irland, die Hansestädte, Dänemark, Schweden und Norwegen, nebst dem ganzen großen russischen Kaiserreich die übrigen Staaten durch keine Gegenleistung entschädigen würden; sie hätten also nur an den Vortheilen der von ihnen benützten fremden Postanstalt Antheil, nicht aber an den Lasten derselben, welche zum großen Theil die Centralstaaten, Oesterreich, Preußen und Deutschland zumal zu tragen hätten, obgleich es leicht der Fall seyn könnte, daß gerade jene bei ihrem ausgebreiteten Verkehr sehr viel zu der Vermehrung des Kostenaufwandes beitragen dürften. Ueberdieß würden durch ein so ungleiches Verhältniß in staatsrechtlicher Hinsicht die Centralregierungen mit einer Art Staatsdienstbarkeit zum fortwährenden Vortheile der oben angeführten europäischen Staaten belastet. Ferner würde es kein vollständiges Ausgleichmittel gewähren, wenn allgemein eingeführt würde, daß in jedem Lande der Correspondent seine Briefe nach dem Ausland, und aus demselben nur bis und resp. von der Gränze seines Staates zu zahlen gehalten wäre; denn dieß würde nur bei unmittelbaren Nachbarstaaten alle Ansprüche aufheben, nicht aber für die Correspondenz der durch Zwischenstaaten getrennten Länder, da diese auf solche Weise dennoch zu unentgeltlicher Dienstleistung verpflichtet bleiben würden. Was die Sache außerordentlich erschwert, ist nicht nur die Mannichfaltigkeit und Ungleichheit der Tarife für den ausländischen Postverkehr, sondern auch die ganz abweichenden Grundsätze, nach denen derselbe in den verschiedenen Staaten angesehen und gehandhabt wird. Während nämlich die meisten europäischen Postinstitute sich für die Transitcorrespondenz gegenseitig eine angemessene Entschädigung leisten, hat sich die spanische Regierung von jeher beharrlich geweigert, der französischen Postoffice für den Transit irgend eine Entschädigung zu entrichten, woraus sich dann ergibt, daß die Kosten der Briefe durch Frankreich nach Spanien, Portugal und Gibraltar resp. von und bis den Pyrenäen von den diesseitigen Correspondenten bestritten werden müssen. Und England, das für seine

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 168. Augsburg, 16. Juni 1840, S. 1340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_168_18400616/12>, abgerufen am 24.11.2024.