Allgemeine Zeitung. Nr. 175. Augsburg, 23. Juni 1840.Zeiten von denjenigen Chinesen ausgeschieden, welche mit den Waffen in der Hand ergriffen, durch Gewalt gezwungen werden mußten, das Haupt zu beugen vor dem von Nordost aufgehenden Gestirn. Aber nicht alle Stämme und Völklein der Tungusen stiegen, von den Nachkommen des goldenen Gioro angeführt, herab in die fetten Tiefländer, welche die Gewässer des gelben Flusses und des Meersohnes bespülen; es blieb ein großer Theil zurück in den Alpengegenden der Heimath, umgränzt von den Aesten des Hing ngan Gebirges im Norden und dem langen weißen Berge (Tschang pe schan) im Süden (41 bis 56° nördl. Br.). Diese Tungusen beharrten jedoch in der freundschaftlichsten Verbindung mit den neuen stammverwandten Herren des Mittelreichs, und wurden zur Belohnung von den neuen Himmelssöhnen mit Wohlthaten überhäuft. Man unterscheidet jetzt zwischen beiden: die in China Eingedrungenen werden alte, die in der Heimath Zurückgebliebenen neue Mandschu genannt. Die Mongolen hatten als ächte Barbaren, bald nach ihrer Vertreibung aus China, die ihnen lästigen Bande der Civilisation und eines geregelten Staatslebens abgeworfen, und griffen wiederum, in den Gegenden des südlichen Gränzsaumes diesseits der Gobi bis hoch hinauf in Sibirien, von der Chalka im Südosten bis zu den Steppen der Kirgiskaisaken im Westen, zu dem alten Nomaden- und Jägerleben. Von Stammhäuptern angeführt, standen die verschiedenen Horden in eifersüchtigem Grimme gegen einander; eine jede suchte die Herrschaft zu erringen, und des Fehdewesens ward kein Ende. Schon seit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts war eine Anzahl dieser Barbaren mit den hervorragenden Man dschu in Verbindung getreten, und im Laufe des achtzehnten wurden alle Mongolen, bis auf wenige gen Westen gedrängte Stämme, gleichwie ein Theil der östlichen Türken und die buddhistische Hierarchie des nördlichen himalajischen Hochlandes durch List und Gewalt gezwungen, der überaus reinen Dynastie zu gehorchen und den tungusischen Himmelssöhnen zu Peking Heeresfolge zu leisten. Nun zog nach einer vierhundertjährigen Verwirrung der Friede wiederum ein in die Schluchten und Thäler des Altai und des Himmelgebirges (Tian schan); es herrschte Ruhe und Ordnung auf dem Hochlande, in den Wüsten und Steppen, wie auf den fruchtreichen Alpengauen Mittelasiens. So verschiedenartig wie die Völker, über welche sie herrscht, ist nun auch die bewaffnete Macht der Familie des goldenen Gioro: alte und neue Mandschu, Mongolen und und Türken, ebenbürtige und unterworfene Chinesen. Als der Große Ahne (Tai-tsu) während seiner 10jährigen Herrschaft (1616 bis 1626) die 65 Horden zu einem Ganzen, zu dem großen Volke der Mandschu vereinigte, gab er ihnen eine kriegerische Einrichtung: er brachte die ganze waffenfähige Mannschaft in eine Anzahl größerer und kleinerer Compagnien und setzte ihnen Häuptlinge höheren und niedern Ranges, nach der Weise der dem Lycurgus zugeschriebenen Verfassung. Der Hauptabtheilungen wurden acht beliebt, die sich durch verschiedenfarbige oder verschieden verzierte Fahnen - gelb, weiß, roth und blau - mit verbrämter und nicht verbrämter Einfassung auszeichneten; daher die Mandschu heutigen Tags noch das Volk der acht Banner genannt werden. Ihnen wurden dann auch diejenigen Chinesen und Mongolen, welche sich freiwillig den Mandschu ergaben, zugeordnet; sie bilden in den einzelnen Bannern besondere Abtheilungen und werden durchgängig als Ebenbürtige und Gleichberechtigte betrachtet. Diese acht Banner sind, wie ehemals die Strelizen in Rußland und die Janitscharen im türkischen Reiche, eine Art erblicher Lehnsmiliz, welcher zu ihrem Unterhalte in wie außerhalb China's, im engern Sinne des Wortes, Militärcolonien angewiesen sind; sie bilden eine von dem andern Volke streng geschiedene Kriegerkaste mit besondern erblichen Obern verschiedenen Ranges und eigenen Gerichtsnormen, welche in der chinesischen Gesetzsammlung zwei Bücher füllen. Ja, so durchgreifend ist die Trennung, daß den Mitgliedern dieser Kaste selbst eigene Religions- und Bildungsanstalten zugewiesen wurden. Doch scheint es, daß ausnahmsweise diesen tungusischen Kschatrijas auch bürgerliche Aemter ertheilt wurden. "Das Reich und die Regierungsperiode," so singt der erhabene Herrscher Kien-long in seinem berühmten Gedichte auf Mukden (Sching-king), das alte Heimathland seiner Familie, "für beide war die Ehrenbenennung gefunden. Nach den zweien Händen wurden dann die Beamten zwiefach gesondert, und das ganze Volk achtfach getheilt, nach den acht Bildern des Buches der Wandlungen. Denn wie diese, so wandeln und gestalten sich die acht Banner in verschiedener Weise, gehen über von fünf zu drei, von drei zu fünf, darstellend die Wunder der neun Paläste." *) Die Anzahl dieser erblichen Lehnsmiliz wird in den neuesten, nach Europa gekommenen officiellen Werken des Reiches der Mitte auf zweimalhundertsechsundsechzigtausend Mann angegeben, wovon 5590 auf die höhern und niedern Officierstellen kommen. Sie sind folgendermaßen vertheilt: In der Mandschurei 40,666; in der kleinen Bucharei und in den andern Markgrafschften 15,140; in China selbst 59,113; bei den Viehheerden 10,800; in Peking und der Umgegend 123,600; in dem Palaste, als Garde 16,600. Diese 16,600 Mann bilden aber keineswegs die ganze Leibgarde des Himmelssohnes, sie ist viel bedeutender und beläuft sich, nach den zuverlässigsten Angaben, auf 23,122 Mann Infanterie und 3000 Mann Cavallerie. Diese Mannschaft ist in drei Corps getheilt, welchen die Bewachung der Hauptstadt, der kaiserlichen Lusthäuser und Gräber der Ahnen in Mukden übertragen wurde. Man wähne aber nicht, dieß sey die ganze Macht der acht Banner. Jeden bewaffneten Lehnsmann begleiten, gleichwie ehemals den Ritter, vier bis fünf Knappen und Bediente, so daß de ganze Mannschaft der acht Banner über eine Million hinaufreichen möchte. Hiebei ist die Mannschaft der im Stammlande zurückgebliebenen Tungusen-Clane, der Dauren, Ssolonen und Oruntschun nicht mit gerechnet, welche sich wenigstens auf vierzigtausend Seelen belaufen mag. Sie wird zur Bewachung der Gränzen verwendet. Jeder, auch nicht zur Lehnsmiliz gehörige Mandschu ist überdieß verpflichtet, auf den Befehl des Fürsten zu den Waffen zu eilen, und sich in wie außerhalb des Reiches den Feinden des Landes entgegen zu stellen. (Beschluß folgt.) Schwedische Zustände. IV. Zeitungswesen. Stockholm, Ende Mai. Einer der Gründe, welche das schwedische Volk, und zwar den gebildeteren Theil desselben am meisten, gegen den König Gustav IV Adolf aufreizten, war der harte Geisteszwang, womit er jede freie Entwicklung der Ideen zu hemmen versuchte. Nicht nur die einheimische Presse seufzte unter einer argwöhnischen und willkürlichen Censur, sondern auch die fremde Litteratur unterlag einer solchen, und *) Es bezieht sich diese Stelle auf die wunderlichen Linien und Geheimnisse des Buches der Wandelungen (J king), und kann ohne Kenntniß dieser nicht vollkommen verstanden werden.
Zeiten von denjenigen Chinesen ausgeschieden, welche mit den Waffen in der Hand ergriffen, durch Gewalt gezwungen werden mußten, das Haupt zu beugen vor dem von Nordost aufgehenden Gestirn. Aber nicht alle Stämme und Völklein der Tungusen stiegen, von den Nachkommen des goldenen Gioro angeführt, herab in die fetten Tiefländer, welche die Gewässer des gelben Flusses und des Meersohnes bespülen; es blieb ein großer Theil zurück in den Alpengegenden der Heimath, umgränzt von den Aesten des Hing ngan Gebirges im Norden und dem langen weißen Berge (Tschang pe schan) im Süden (41 bis 56° nördl. Br.). Diese Tungusen beharrten jedoch in der freundschaftlichsten Verbindung mit den neuen stammverwandten Herren des Mittelreichs, und wurden zur Belohnung von den neuen Himmelssöhnen mit Wohlthaten überhäuft. Man unterscheidet jetzt zwischen beiden: die in China Eingedrungenen werden alte, die in der Heimath Zurückgebliebenen neue Mandschu genannt. Die Mongolen hatten als ächte Barbaren, bald nach ihrer Vertreibung aus China, die ihnen lästigen Bande der Civilisation und eines geregelten Staatslebens abgeworfen, und griffen wiederum, in den Gegenden des südlichen Gränzsaumes diesseits der Gobi bis hoch hinauf in Sibirien, von der Chalka im Südosten bis zu den Steppen der Kirgiskaisaken im Westen, zu dem alten Nomaden- und Jägerleben. Von Stammhäuptern angeführt, standen die verschiedenen Horden in eifersüchtigem Grimme gegen einander; eine jede suchte die Herrschaft zu erringen, und des Fehdewesens ward kein Ende. Schon seit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts war eine Anzahl dieser Barbaren mit den hervorragenden Man dschu in Verbindung getreten, und im Laufe des achtzehnten wurden alle Mongolen, bis auf wenige gen Westen gedrängte Stämme, gleichwie ein Theil der östlichen Türken und die buddhistische Hierarchie des nördlichen himâlajischen Hochlandes durch List und Gewalt gezwungen, der überaus reinen Dynastie zu gehorchen und den tungusischen Himmelssöhnen zu Peking Heeresfolge zu leisten. Nun zog nach einer vierhundertjährigen Verwirrung der Friede wiederum ein in die Schluchten und Thäler des Altai und des Himmelgebirges (Tian schan); es herrschte Ruhe und Ordnung auf dem Hochlande, in den Wüsten und Steppen, wie auf den fruchtreichen Alpengauen Mittelasiens. So verschiedenartig wie die Völker, über welche sie herrscht, ist nun auch die bewaffnete Macht der Familie des goldenen Gioro: alte und neue Mandschu, Mongolen und und Türken, ebenbürtige und unterworfene Chinesen. Als der Große Ahne (Tai-tsu) während seiner 10jährigen Herrschaft (1616 bis 1626) die 65 Horden zu einem Ganzen, zu dem großen Volke der Mandschu vereinigte, gab er ihnen eine kriegerische Einrichtung: er brachte die ganze waffenfähige Mannschaft in eine Anzahl größerer und kleinerer Compagnien und setzte ihnen Häuptlinge höheren und niedern Ranges, nach der Weise der dem Lycurgus zugeschriebenen Verfassung. Der Hauptabtheilungen wurden acht beliebt, die sich durch verschiedenfarbige oder verschieden verzierte Fahnen – gelb, weiß, roth und blau – mit verbrämter und nicht verbrämter Einfassung auszeichneten; daher die Mandschu heutigen Tags noch das Volk der acht Banner genannt werden. Ihnen wurden dann auch diejenigen Chinesen und Mongolen, welche sich freiwillig den Mandschu ergaben, zugeordnet; sie bilden in den einzelnen Bannern besondere Abtheilungen und werden durchgängig als Ebenbürtige und Gleichberechtigte betrachtet. Diese acht Banner sind, wie ehemals die Strelizen in Rußland und die Janitscharen im türkischen Reiche, eine Art erblicher Lehnsmiliz, welcher zu ihrem Unterhalte in wie außerhalb China's, im engern Sinne des Wortes, Militärcolonien angewiesen sind; sie bilden eine von dem andern Volke streng geschiedene Kriegerkaste mit besondern erblichen Obern verschiedenen Ranges und eigenen Gerichtsnormen, welche in der chinesischen Gesetzsammlung zwei Bücher füllen. Ja, so durchgreifend ist die Trennung, daß den Mitgliedern dieser Kaste selbst eigene Religions- und Bildungsanstalten zugewiesen wurden. Doch scheint es, daß ausnahmsweise diesen tungusischen Kschatrijas auch bürgerliche Aemter ertheilt wurden. „Das Reich und die Regierungsperiode,“ so singt der erhabene Herrscher Kien-long in seinem berühmten Gedichte auf Mukden (Sching-king), das alte Heimathland seiner Familie, „für beide war die Ehrenbenennung gefunden. Nach den zweien Händen wurden dann die Beamten zwiefach gesondert, und das ganze Volk achtfach getheilt, nach den acht Bildern des Buches der Wandlungen. Denn wie diese, so wandeln und gestalten sich die acht Banner in verschiedener Weise, gehen über von fünf zu drei, von drei zu fünf, darstellend die Wunder der neun Paläste.“ *) Die Anzahl dieser erblichen Lehnsmiliz wird in den neuesten, nach Europa gekommenen officiellen Werken des Reiches der Mitte auf zweimalhundertsechsundsechzigtausend Mann angegeben, wovon 5590 auf die höhern und niedern Officierstellen kommen. Sie sind folgendermaßen vertheilt: In der Mandschurei 40,666; in der kleinen Bucharei und in den andern Markgrafschften 15,140; in China selbst 59,113; bei den Viehheerden 10,800; in Peking und der Umgegend 123,600; in dem Palaste, als Garde 16,600. Diese 16,600 Mann bilden aber keineswegs die ganze Leibgarde des Himmelssohnes, sie ist viel bedeutender und beläuft sich, nach den zuverlässigsten Angaben, auf 23,122 Mann Infanterie und 3000 Mann Cavallerie. Diese Mannschaft ist in drei Corps getheilt, welchen die Bewachung der Hauptstadt, der kaiserlichen Lusthäuser und Gräber der Ahnen in Mukden übertragen wurde. Man wähne aber nicht, dieß sey die ganze Macht der acht Banner. Jeden bewaffneten Lehnsmann begleiten, gleichwie ehemals den Ritter, vier bis fünf Knappen und Bediente, so daß de ganze Mannschaft der acht Banner über eine Million hinaufreichen möchte. Hiebei ist die Mannschaft der im Stammlande zurückgebliebenen Tungusen-Clane, der Dauren, Ssolonen und Oruntschun nicht mit gerechnet, welche sich wenigstens auf vierzigtausend Seelen belaufen mag. Sie wird zur Bewachung der Gränzen verwendet. Jeder, auch nicht zur Lehnsmiliz gehörige Mandschu ist überdieß verpflichtet, auf den Befehl des Fürsten zu den Waffen zu eilen, und sich in wie außerhalb des Reiches den Feinden des Landes entgegen zu stellen. (Beschluß folgt.) Schwedische Zustände. IV. Zeitungswesen. Stockholm, Ende Mai. Einer der Gründe, welche das schwedische Volk, und zwar den gebildeteren Theil desselben am meisten, gegen den König Gustav IV Adolf aufreizten, war der harte Geisteszwang, womit er jede freie Entwicklung der Ideen zu hemmen versuchte. Nicht nur die einheimische Presse seufzte unter einer argwöhnischen und willkürlichen Censur, sondern auch die fremde Litteratur unterlag einer solchen, und *) Es bezieht sich diese Stelle auf die wunderlichen Linien und Geheimnisse des Buches der Wandelungen (J king), und kann ohne Kenntniß dieser nicht vollkommen verstanden werden.
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Schon seit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts war eine Anzahl dieser Barbaren mit den hervorragenden Man dschu in Verbindung getreten, und im Laufe des achtzehnten wurden alle Mongolen, bis auf wenige gen Westen gedrängte Stämme, gleichwie ein Theil der östlichen Türken und die buddhistische Hierarchie des nördlichen himâlajischen Hochlandes durch List und Gewalt gezwungen, der überaus reinen Dynastie zu gehorchen und den tungusischen Himmelssöhnen zu Peking Heeresfolge zu leisten. Nun zog nach einer vierhundertjährigen Verwirrung der Friede wiederum ein in die Schluchten und Thäler des Altai und des Himmelgebirges (Tian schan); es herrschte Ruhe und Ordnung auf dem Hochlande, in den Wüsten und Steppen, wie auf den fruchtreichen Alpengauen Mittelasiens. 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Doch scheint es, daß ausnahmsweise diesen tungusischen Kschatrijas auch bürgerliche Aemter ertheilt wurden. „Das Reich und die Regierungsperiode,“ so singt der erhabene Herrscher Kien-long in seinem berühmten Gedichte auf Mukden (Sching-king), das alte Heimathland seiner Familie, „für beide war die Ehrenbenennung gefunden. Nach den zweien Händen wurden dann die Beamten zwiefach gesondert, und das ganze Volk achtfach getheilt, nach den acht Bildern des Buches der Wandlungen. 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Diese 16,600 Mann bilden aber keineswegs die ganze Leibgarde des Himmelssohnes, sie ist viel bedeutender und beläuft sich, nach den zuverlässigsten Angaben, auf 23,122 Mann Infanterie und 3000 Mann Cavallerie. Diese Mannschaft ist in drei Corps getheilt, welchen die Bewachung der Hauptstadt, der kaiserlichen Lusthäuser und Gräber der Ahnen in Mukden übertragen wurde.</p><lb/> <p>Man wähne aber nicht, dieß sey die ganze Macht der acht Banner. Jeden bewaffneten Lehnsmann begleiten, gleichwie ehemals den Ritter, vier bis fünf Knappen und Bediente, so daß de ganze Mannschaft der acht Banner <hi rendition="#g">über eine Million</hi> hinaufreichen möchte. Hiebei ist die Mannschaft der im Stammlande zurückgebliebenen Tungusen-Clane, der Dauren, Ssolonen und Oruntschun nicht mit gerechnet, welche sich wenigstens auf <hi rendition="#g">vierzigtausend</hi> Seelen belaufen mag. Sie wird zur Bewachung der Gränzen verwendet. 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Zeiten von denjenigen Chinesen ausgeschieden, welche mit den Waffen in der Hand ergriffen, durch Gewalt gezwungen werden mußten, das Haupt zu beugen vor dem von Nordost aufgehenden Gestirn. Aber nicht alle Stämme und Völklein der Tungusen stiegen, von den Nachkommen des goldenen Gioro angeführt, herab in die fetten Tiefländer, welche die Gewässer des gelben Flusses und des Meersohnes bespülen; es blieb ein großer Theil zurück in den Alpengegenden der Heimath, umgränzt von den Aesten des Hing ngan Gebirges im Norden und dem langen weißen Berge (Tschang pe schan) im Süden (41 bis 56° nördl. Br.). Diese Tungusen beharrten jedoch in der freundschaftlichsten Verbindung mit den neuen stammverwandten Herren des Mittelreichs, und wurden zur Belohnung von den neuen Himmelssöhnen mit Wohlthaten überhäuft. Man unterscheidet jetzt zwischen beiden: die in China Eingedrungenen werden alte, die in der Heimath Zurückgebliebenen neue Mandschu genannt.
Die Mongolen hatten als ächte Barbaren, bald nach ihrer Vertreibung aus China, die ihnen lästigen Bande der Civilisation und eines geregelten Staatslebens abgeworfen, und griffen wiederum, in den Gegenden des südlichen Gränzsaumes diesseits der Gobi bis hoch hinauf in Sibirien, von der Chalka im Südosten bis zu den Steppen der Kirgiskaisaken im Westen, zu dem alten Nomaden- und Jägerleben. Von Stammhäuptern angeführt, standen die verschiedenen Horden in eifersüchtigem Grimme gegen einander; eine jede suchte die Herrschaft zu erringen, und des Fehdewesens ward kein Ende. Schon seit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts war eine Anzahl dieser Barbaren mit den hervorragenden Man dschu in Verbindung getreten, und im Laufe des achtzehnten wurden alle Mongolen, bis auf wenige gen Westen gedrängte Stämme, gleichwie ein Theil der östlichen Türken und die buddhistische Hierarchie des nördlichen himâlajischen Hochlandes durch List und Gewalt gezwungen, der überaus reinen Dynastie zu gehorchen und den tungusischen Himmelssöhnen zu Peking Heeresfolge zu leisten. Nun zog nach einer vierhundertjährigen Verwirrung der Friede wiederum ein in die Schluchten und Thäler des Altai und des Himmelgebirges (Tian schan); es herrschte Ruhe und Ordnung auf dem Hochlande, in den Wüsten und Steppen, wie auf den fruchtreichen Alpengauen Mittelasiens. So verschiedenartig wie die Völker, über welche sie herrscht, ist nun auch die bewaffnete Macht der Familie des goldenen Gioro: alte und neue Mandschu, Mongolen und und Türken, ebenbürtige und unterworfene Chinesen.
Als der Große Ahne (Tai-tsu) während seiner 10jährigen Herrschaft (1616 bis 1626) die 65 Horden zu einem Ganzen, zu dem großen Volke der Mandschu vereinigte, gab er ihnen eine kriegerische Einrichtung: er brachte die ganze waffenfähige Mannschaft in eine Anzahl größerer und kleinerer Compagnien und setzte ihnen Häuptlinge höheren und niedern Ranges, nach der Weise der dem Lycurgus zugeschriebenen Verfassung. Der Hauptabtheilungen wurden acht beliebt, die sich durch verschiedenfarbige oder verschieden verzierte Fahnen – gelb, weiß, roth und blau – mit verbrämter und nicht verbrämter Einfassung auszeichneten; daher die Mandschu heutigen Tags noch das Volk der acht Banner genannt werden. Ihnen wurden dann auch diejenigen Chinesen und Mongolen, welche sich freiwillig den Mandschu ergaben, zugeordnet; sie bilden in den einzelnen Bannern besondere Abtheilungen und werden durchgängig als Ebenbürtige und Gleichberechtigte betrachtet. Diese acht Banner sind, wie ehemals die Strelizen in Rußland und die Janitscharen im türkischen Reiche, eine Art erblicher Lehnsmiliz, welcher zu ihrem Unterhalte in wie außerhalb China's, im engern Sinne des Wortes, Militärcolonien angewiesen sind; sie bilden eine von dem andern Volke streng geschiedene Kriegerkaste mit besondern erblichen Obern verschiedenen Ranges und eigenen Gerichtsnormen, welche in der chinesischen Gesetzsammlung zwei Bücher füllen. Ja, so durchgreifend ist die Trennung, daß den Mitgliedern dieser Kaste selbst eigene Religions- und Bildungsanstalten zugewiesen wurden. Doch scheint es, daß ausnahmsweise diesen tungusischen Kschatrijas auch bürgerliche Aemter ertheilt wurden. „Das Reich und die Regierungsperiode,“ so singt der erhabene Herrscher Kien-long in seinem berühmten Gedichte auf Mukden (Sching-king), das alte Heimathland seiner Familie, „für beide war die Ehrenbenennung gefunden. Nach den zweien Händen wurden dann die Beamten zwiefach gesondert, und das ganze Volk achtfach getheilt, nach den acht Bildern des Buches der Wandlungen. Denn wie diese, so wandeln und gestalten sich die acht Banner in verschiedener Weise, gehen über von fünf zu drei, von drei zu fünf, darstellend die Wunder der neun Paläste.“ *)
Die Anzahl dieser erblichen Lehnsmiliz wird in den neuesten, nach Europa gekommenen officiellen Werken des Reiches der Mitte auf zweimalhundertsechsundsechzigtausend Mann angegeben, wovon 5590 auf die höhern und niedern Officierstellen kommen. Sie sind folgendermaßen vertheilt: In der Mandschurei 40,666; in der kleinen Bucharei und in den andern Markgrafschften 15,140; in China selbst 59,113; bei den Viehheerden 10,800; in Peking und der Umgegend 123,600; in dem Palaste, als Garde 16,600. Diese 16,600 Mann bilden aber keineswegs die ganze Leibgarde des Himmelssohnes, sie ist viel bedeutender und beläuft sich, nach den zuverlässigsten Angaben, auf 23,122 Mann Infanterie und 3000 Mann Cavallerie. Diese Mannschaft ist in drei Corps getheilt, welchen die Bewachung der Hauptstadt, der kaiserlichen Lusthäuser und Gräber der Ahnen in Mukden übertragen wurde.
Man wähne aber nicht, dieß sey die ganze Macht der acht Banner. Jeden bewaffneten Lehnsmann begleiten, gleichwie ehemals den Ritter, vier bis fünf Knappen und Bediente, so daß de ganze Mannschaft der acht Banner über eine Million hinaufreichen möchte. Hiebei ist die Mannschaft der im Stammlande zurückgebliebenen Tungusen-Clane, der Dauren, Ssolonen und Oruntschun nicht mit gerechnet, welche sich wenigstens auf vierzigtausend Seelen belaufen mag. Sie wird zur Bewachung der Gränzen verwendet. Jeder, auch nicht zur Lehnsmiliz gehörige Mandschu ist überdieß verpflichtet, auf den Befehl des Fürsten zu den Waffen zu eilen, und sich in wie außerhalb des Reiches den Feinden des Landes entgegen zu stellen.
(Beschluß folgt.)
Schwedische Zustände.
IV. Zeitungswesen.
_ Stockholm, Ende Mai. Einer der Gründe, welche das schwedische Volk, und zwar den gebildeteren Theil desselben am meisten, gegen den König Gustav IV Adolf aufreizten, war der harte Geisteszwang, womit er jede freie Entwicklung der Ideen zu hemmen versuchte. Nicht nur die einheimische Presse seufzte unter einer argwöhnischen und willkürlichen Censur, sondern auch die fremde Litteratur unterlag einer solchen, und
*) Es bezieht sich diese Stelle auf die wunderlichen Linien und Geheimnisse des Buches der Wandelungen (J king), und kann ohne Kenntniß dieser nicht vollkommen verstanden werden.
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