Allgemeine Zeitung. Nr. 175. Augsburg, 23. Juni 1840.Belgien. Brüssel, 14 Jun. Das Gesetz über die Errichtung einer Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika (Antwerpen und New-York) ist von den Repräsentanten in ihrer Schlußsitzung der dießjährigen Session, ohne Abänderung, durch 52 Stimmen gegen 10 angenommen worden. Hiernach wäre also die Regierung ermächtigt, "die Errichtung einer solchen Schifffahrt vermittelst einer jährlichen Summe von 400,000 Fr., die aber nicht über vierzehn Jahre hinaus fortgesetzt werden darf, zu befördern. Auch darf das Unternehmen sich, wenn dieses für nützlich und möglich erkannt wird, auf andere Linien als die nach den Vereinigten Staaten ausdehnen." Ueber die Art, wie die 400,000 Fr. jährlich zu verwenden seyn werden, spricht sich das Gesetz eben so wenig aus, als über die Frage, ob und wie eine Rückerstattung dieses Geldes, im Falle des Gelingens der Unternehmung, zu erlangen sey. Alles das wird dem Ermessen der Regierung überlassen. Ueberhaupt hat man mit diesem Gegenstand mehr als vielleicht billig geeilt. Dem Ministerium war es darum zu thun, seinen Namen an dieses Unternehmen, dessen Grundidee übrigens nicht ihm, sondern dem vorigen Ministerium angehört, zu knüpfen; den meisten Gliedern der Kammer dauerte augenscheinlich die Session schon zu lange, wie wenig Bedeutendes auch während derselben zu Stande gekommen; sie sehnten sich nach Hause, und nahmen sogar zu einer Abendsitzung ihre Zuflucht, um nur recht schnell davonzukommen. So kam es denn zwischen den widerstreitenden Meinungen nicht zu einer Lösung der Schwierigkeiten, sondern die Minorität wurde durch Ueberstimmung zum Schweigen gebracht, ehe sie sich ganz ausgesprochen hatte. Im Senate, der nächstens zusammentritt, um über dieses, so wie über noch einige andere Gesetze abzustimmen, wird die Sache wahrscheinlich auch zu keinen langwierigen Eröterungen Anlaß geben. Der Klagen über Mangel an überseeischer Ausfuhr sind in den letzten Jahren so viele gewesen, daß es unpopulär wäre, gegen ein Gesetz Bedenken zu erheben, worin man das wirksamste Mittel zu erblicken glaubt, Verbindungen mit Amerika anzuknüpfen. Ohne Zweifel wird es sich indessen bald erweisen, daß ein jährlicher Zuschuß, wie der beabsichtigte, wenig fördern kann, wenn nicht der Handels- und Fabrikstand selbst mit vereinten Kräften, Umsicht und Ausdauer dahin streben, mit fremden Welttheilen Geschäfte zu machen. Sie werden sich um so mehr zusammennehmen müssen, als sie überall eine große Concurrenz und längst etablirte Kundschaften großer Nationen antreffen werden, auf deren ausgedehnteren Einfluß und Eifersucht Belgien sich gefaßt machen muß. Das Hauptverdienst des Gesetzes wird darin bestehen, den Anstoß zu geben; das Uebrige müssen vereinte Privatkräfte thun. Es ist aber eine Erfahrung, die man täglich in Belgien zu machen Gelegenheit hat, daß gerade hier, wo die Verfassung der Regierung die Hände mehr als in irgend einem andern repräsentativen Staate bindet, doch überall nur sie in Anspruch genommen, Alles von ihr gefordert, sie für Alles verantwortlich gemacht wird. - Während man nun durch Errichtung einer Dampfschifffahrtsgesellschaft, unter Mitwirkung des Staats, dem Handel mit fremden Welttheilen Bahn zu brechen suchen wird, fährt der von der Repräsentantenkammer eingesetzte, schon früher erwähnte Ausschuß fort, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob das bisherige legislative System über Handel und Schifffahrt den Bedürfnissen Belgiens entspricht oder nicht. Die Mehrzahl dieses Ausschusses besteht aus Freunden gewisser Beschränkungen, gegen die besonders der Antwerpener Handelsstand protestirt, weil sie, nach seiner Ueberzeugung, die fremden Schiffe von den belgischen Häfen entfernen würden, ohne der belgischen Industrie und Handelsmarine zu nützen. Im Vorgefühl des Resultats der Arbeiten jenes Ausschusses hat daher auch schon der Antwerpener Communalrath seinerseits einen Ausschuß eingesetzt, der sich mit derselben Frage beschäftigen soll, und nöthigenfalls gegen die Commission der Kammer opponirend auftreten wird. Es kann dieß zu einem seltsamen Streit führen, und zum Beweise dienen, wie unrecht das Ministerium gehabt hat, sich in dieser Angelegenheit unschlüssig und zweideutig zu betragen. In Brügge, dem Wohnsitze des Abbe Defoere, von dem die Motion zur Einsetzung eines Ausschusses ausgegangen, ist ebenfalls ein Verein von Rhederern und Kaufleuten thätig, der aber von ganz andern Grundsätzen ausgeht, als der Antwerpener. So bereiten sich denn für die nächste Session Conflicte vor, die den Ministern nicht länger erlauben werden, bei jener temporisirenden Halbheit stehen zu bleiben, womit sie bisher die Schwierigkeiten ihrer Stellung zu umgehen gesucht haben. Arabien Das Journal des Debats theilt folgenden Brief des Hrn. Edmond Combes aus Mokka in Arabien vom 13 April mit, der interessante Nachrichten über die gegenwärtige Lage des Yemen und über die fortschreitende Herrschaft der Engländer in jenen Gegenden gibt. "Ich habe Ihnen Nachrichten über Aden versprochen, und erfülle jetzt mein Wort. Die Reise zu Lande von Mokka nach Aden ist jetzt unmöglich. Die Beduinen, welche die Engländer angegriffen, verlegen die Wege, und lassen Niemand durch. Obgleich geschlagen und zurückgeworfen, geben sie die Hoffnung nicht auf, einst glücklicher zu seyn; aber ihre Art Krieg zu führen ist so veraltet, daß man mit Gewißheit sagen kann, ihre Anstrengungen werden vergeblich seyn. Ueberdieß weiß man aus frühern Zeiten schon, daß die Engländer ihre Eroberungen zu behalten wissen. Diese Erhebung der Beduinen kommt England sehr zu statten. Die englische Regierung hatte Aden für einen jährlichen Tribut von ungefähr 40,000 Fr. gekauft; der Tribut konnte ewig währen; jene Feindseligkeiten der Verkäufer haben den Engländern einen Grund gegeben, ihn zu vernichten. Sie haben eine hinreichende Macht in Aden vereinigt, die jedem Angriff die Stirne bieten kann. Doch jetzt tritt ein anderes Ereigniß ein, das für sie von der höchsten Wichtigkeit ist. Yemen und alle seine Häfen, wie Mokka, Hodeida, Locheia etc. werden von Mehemed Ali verlassen werden, ohne daß man hier den wahren Grund davon kennt. Alle Truppen, alle Beamten des Pascha's sind nach Kairo gerufen worden, und man weiß noch nicht, welche Regierung der türkischen folgen soll. Einige sagen, der Imam von Sana werde sich des Landes bemächtigen, andere, es werde den Scherifs wieder zufallen, noch andere, die Engländer wollten es in Besitz nehmen. Gewiß, Mokka am Eingang ins rothe Meer, würde ihnen trefflich zusagen. Wie dem auch sey, unter dem Vorwande, die englischen Unterthanen im Yemen zu schützen, haben sie zwei Kriegsschiffe abgeschickt, die, das eine zu Mokka, das andere zu Hodeida, Anker geworfen habe. Mehrere bedeutende Kaufleute haben sich, müde des steten Regierungswechsels im Yemen, günstig für die Besitznahme des Landes durch die Engländer ausgesprochen. Die Einwohner von Mokka aber, und besonders die Frauen, sind sehr in Besorgniß. Man fürchtet die Räubereien der Beduinen, wie sie vor einigen Jahren stattfanden, die in zahllosen Horden über das vertheidigungslose Mokka herfielen, die Frauen entführten und schändeten, plünderten und Ausschweifungen aller Art begingen. In wenigen Tagen kann sich die Stadt in gleicher Lage befinden. Sobald die Truppen des Pascha's sich eingeschifft haben, ist sie der Willkür der Beduinen preisgegeben. Schon haben die ersten Einwohner angefangen, ihre Güter in Sicherheit zu bringen, ihre Kostbarkeiten haben sie auf Schiffe gebracht, und harren ängstlich der kommenden Ereignisse. Zwar bin ich im Begriff, Mokka zu verlassen, doch da ich stets nahe genug seyn werde, um das Geschehene schnell zu erfahren, werde ich Ihnen alles Wichtige mitzutheilen nicht unterlassen. Morgen segle ich nach der Küste von Abyssinien ab." Belgien. Brüssel, 14 Jun. Das Gesetz über die Errichtung einer Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika (Antwerpen und New-York) ist von den Repräsentanten in ihrer Schlußsitzung der dießjährigen Session, ohne Abänderung, durch 52 Stimmen gegen 10 angenommen worden. Hiernach wäre also die Regierung ermächtigt, „die Errichtung einer solchen Schifffahrt vermittelst einer jährlichen Summe von 400,000 Fr., die aber nicht über vierzehn Jahre hinaus fortgesetzt werden darf, zu befördern. Auch darf das Unternehmen sich, wenn dieses für nützlich und möglich erkannt wird, auf andere Linien als die nach den Vereinigten Staaten ausdehnen.“ Ueber die Art, wie die 400,000 Fr. jährlich zu verwenden seyn werden, spricht sich das Gesetz eben so wenig aus, als über die Frage, ob und wie eine Rückerstattung dieses Geldes, im Falle des Gelingens der Unternehmung, zu erlangen sey. Alles das wird dem Ermessen der Regierung überlassen. Ueberhaupt hat man mit diesem Gegenstand mehr als vielleicht billig geeilt. Dem Ministerium war es darum zu thun, seinen Namen an dieses Unternehmen, dessen Grundidee übrigens nicht ihm, sondern dem vorigen Ministerium angehört, zu knüpfen; den meisten Gliedern der Kammer dauerte augenscheinlich die Session schon zu lange, wie wenig Bedeutendes auch während derselben zu Stande gekommen; sie sehnten sich nach Hause, und nahmen sogar zu einer Abendsitzung ihre Zuflucht, um nur recht schnell davonzukommen. So kam es denn zwischen den widerstreitenden Meinungen nicht zu einer Lösung der Schwierigkeiten, sondern die Minorität wurde durch Ueberstimmung zum Schweigen gebracht, ehe sie sich ganz ausgesprochen hatte. Im Senate, der nächstens zusammentritt, um über dieses, so wie über noch einige andere Gesetze abzustimmen, wird die Sache wahrscheinlich auch zu keinen langwierigen Eröterungen Anlaß geben. Der Klagen über Mangel an überseeischer Ausfuhr sind in den letzten Jahren so viele gewesen, daß es unpopulär wäre, gegen ein Gesetz Bedenken zu erheben, worin man das wirksamste Mittel zu erblicken glaubt, Verbindungen mit Amerika anzuknüpfen. Ohne Zweifel wird es sich indessen bald erweisen, daß ein jährlicher Zuschuß, wie der beabsichtigte, wenig fördern kann, wenn nicht der Handels- und Fabrikstand selbst mit vereinten Kräften, Umsicht und Ausdauer dahin streben, mit fremden Welttheilen Geschäfte zu machen. Sie werden sich um so mehr zusammennehmen müssen, als sie überall eine große Concurrenz und längst etablirte Kundschaften großer Nationen antreffen werden, auf deren ausgedehnteren Einfluß und Eifersucht Belgien sich gefaßt machen muß. Das Hauptverdienst des Gesetzes wird darin bestehen, den Anstoß zu geben; das Uebrige müssen vereinte Privatkräfte thun. Es ist aber eine Erfahrung, die man täglich in Belgien zu machen Gelegenheit hat, daß gerade hier, wo die Verfassung der Regierung die Hände mehr als in irgend einem andern repräsentativen Staate bindet, doch überall nur sie in Anspruch genommen, Alles von ihr gefordert, sie für Alles verantwortlich gemacht wird. – Während man nun durch Errichtung einer Dampfschifffahrtsgesellschaft, unter Mitwirkung des Staats, dem Handel mit fremden Welttheilen Bahn zu brechen suchen wird, fährt der von der Repräsentantenkammer eingesetzte, schon früher erwähnte Ausschuß fort, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob das bisherige legislative System über Handel und Schifffahrt den Bedürfnissen Belgiens entspricht oder nicht. Die Mehrzahl dieses Ausschusses besteht aus Freunden gewisser Beschränkungen, gegen die besonders der Antwerpener Handelsstand protestirt, weil sie, nach seiner Ueberzeugung, die fremden Schiffe von den belgischen Häfen entfernen würden, ohne der belgischen Industrie und Handelsmarine zu nützen. Im Vorgefühl des Resultats der Arbeiten jenes Ausschusses hat daher auch schon der Antwerpener Communalrath seinerseits einen Ausschuß eingesetzt, der sich mit derselben Frage beschäftigen soll, und nöthigenfalls gegen die Commission der Kammer opponirend auftreten wird. Es kann dieß zu einem seltsamen Streit führen, und zum Beweise dienen, wie unrecht das Ministerium gehabt hat, sich in dieser Angelegenheit unschlüssig und zweideutig zu betragen. In Brügge, dem Wohnsitze des Abbé Defoere, von dem die Motion zur Einsetzung eines Ausschusses ausgegangen, ist ebenfalls ein Verein von Rhederern und Kaufleuten thätig, der aber von ganz andern Grundsätzen ausgeht, als der Antwerpener. So bereiten sich denn für die nächste Session Conflicte vor, die den Ministern nicht länger erlauben werden, bei jener temporisirenden Halbheit stehen zu bleiben, womit sie bisher die Schwierigkeiten ihrer Stellung zu umgehen gesucht haben. Arabien Das Journal des Débats theilt folgenden Brief des Hrn. Edmond Combes aus Mokka in Arabien vom 13 April mit, der interessante Nachrichten über die gegenwärtige Lage des Yemen und über die fortschreitende Herrschaft der Engländer in jenen Gegenden gibt. „Ich habe Ihnen Nachrichten über Aden versprochen, und erfülle jetzt mein Wort. Die Reise zu Lande von Mokka nach Aden ist jetzt unmöglich. Die Beduinen, welche die Engländer angegriffen, verlegen die Wege, und lassen Niemand durch. Obgleich geschlagen und zurückgeworfen, geben sie die Hoffnung nicht auf, einst glücklicher zu seyn; aber ihre Art Krieg zu führen ist so veraltet, daß man mit Gewißheit sagen kann, ihre Anstrengungen werden vergeblich seyn. Ueberdieß weiß man aus frühern Zeiten schon, daß die Engländer ihre Eroberungen zu behalten wissen. Diese Erhebung der Beduinen kommt England sehr zu statten. Die englische Regierung hatte Aden für einen jährlichen Tribut von ungefähr 40,000 Fr. gekauft; der Tribut konnte ewig währen; jene Feindseligkeiten der Verkäufer haben den Engländern einen Grund gegeben, ihn zu vernichten. Sie haben eine hinreichende Macht in Aden vereinigt, die jedem Angriff die Stirne bieten kann. Doch jetzt tritt ein anderes Ereigniß ein, das für sie von der höchsten Wichtigkeit ist. Yemen und alle seine Häfen, wie Mokka, Hodeida, Locheia etc. werden von Mehemed Ali verlassen werden, ohne daß man hier den wahren Grund davon kennt. Alle Truppen, alle Beamten des Pascha's sind nach Kairo gerufen worden, und man weiß noch nicht, welche Regierung der türkischen folgen soll. Einige sagen, der Imam von Sana werde sich des Landes bemächtigen, andere, es werde den Scherifs wieder zufallen, noch andere, die Engländer wollten es in Besitz nehmen. Gewiß, Mokka am Eingang ins rothe Meer, würde ihnen trefflich zusagen. Wie dem auch sey, unter dem Vorwande, die englischen Unterthanen im Yemen zu schützen, haben sie zwei Kriegsschiffe abgeschickt, die, das eine zu Mokka, das andere zu Hodeida, Anker geworfen habe. Mehrere bedeutende Kaufleute haben sich, müde des steten Regierungswechsels im Yemen, günstig für die Besitznahme des Landes durch die Engländer ausgesprochen. Die Einwohner von Mokka aber, und besonders die Frauen, sind sehr in Besorgniß. Man fürchtet die Räubereien der Beduinen, wie sie vor einigen Jahren stattfanden, die in zahllosen Horden über das vertheidigungslose Mokka herfielen, die Frauen entführten und schändeten, plünderten und Ausschweifungen aller Art begingen. In wenigen Tagen kann sich die Stadt in gleicher Lage befinden. Sobald die Truppen des Pascha's sich eingeschifft haben, ist sie der Willkür der Beduinen preisgegeben. Schon haben die ersten Einwohner angefangen, ihre Güter in Sicherheit zu bringen, ihre Kostbarkeiten haben sie auf Schiffe gebracht, und harren ängstlich der kommenden Ereignisse. Zwar bin ich im Begriff, Mokka zu verlassen, doch da ich stets nahe genug seyn werde, um das Geschehene schnell zu erfahren, werde ich Ihnen alles Wichtige mitzutheilen nicht unterlassen. Morgen segle ich nach der Küste von Abyssinien ab.“ <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0012" n="1396"/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Belgien.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Brüssel,</hi> 14 Jun.</dateline> <p> Das Gesetz über die Errichtung einer <hi rendition="#g">Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika</hi> (Antwerpen und New-York) ist von den Repräsentanten in ihrer Schlußsitzung der dießjährigen Session, ohne Abänderung, durch 52 Stimmen gegen 10 angenommen worden. Hiernach wäre also die Regierung ermächtigt, „die Errichtung einer solchen Schifffahrt vermittelst einer jährlichen Summe von 400,000 Fr., die aber nicht über vierzehn Jahre hinaus fortgesetzt werden darf, zu befördern. Auch darf das Unternehmen sich, wenn dieses für nützlich und möglich erkannt wird, auf andere Linien als die nach den Vereinigten Staaten ausdehnen.“ Ueber die Art, wie die 400,000 Fr. jährlich zu verwenden seyn werden, spricht sich das Gesetz eben so wenig aus, als über die Frage, ob und wie eine Rückerstattung dieses Geldes, im Falle des Gelingens der Unternehmung, zu erlangen sey. Alles das wird dem Ermessen der Regierung überlassen. Ueberhaupt hat man mit diesem Gegenstand mehr als vielleicht billig geeilt. Dem Ministerium war es darum zu thun, seinen Namen an dieses Unternehmen, dessen Grundidee übrigens nicht ihm, sondern dem vorigen Ministerium angehört, zu knüpfen; den meisten Gliedern der Kammer dauerte augenscheinlich die Session schon zu lange, wie wenig Bedeutendes auch während derselben zu Stande gekommen; sie sehnten sich nach Hause, und nahmen sogar zu einer Abendsitzung ihre Zuflucht, um nur recht schnell davonzukommen. So kam es denn zwischen den widerstreitenden Meinungen nicht zu einer Lösung der Schwierigkeiten, sondern die Minorität wurde durch Ueberstimmung zum Schweigen gebracht, ehe sie sich ganz ausgesprochen hatte. Im Senate, der nächstens zusammentritt, um über dieses, so wie über noch einige andere Gesetze abzustimmen, wird die Sache wahrscheinlich auch zu keinen langwierigen Eröterungen Anlaß geben. Der Klagen über Mangel an überseeischer Ausfuhr sind in den letzten Jahren so viele gewesen, daß es unpopulär wäre, gegen ein Gesetz Bedenken zu erheben, worin man das wirksamste Mittel zu erblicken glaubt, Verbindungen mit Amerika anzuknüpfen. Ohne Zweifel wird es sich indessen bald erweisen, daß ein jährlicher Zuschuß, wie der beabsichtigte, wenig fördern kann, wenn nicht der Handels- und Fabrikstand selbst mit vereinten Kräften, Umsicht und Ausdauer dahin streben, mit fremden Welttheilen Geschäfte zu machen. Sie werden sich um so mehr zusammennehmen müssen, als sie überall eine große Concurrenz und längst etablirte Kundschaften großer Nationen antreffen werden, auf deren ausgedehnteren Einfluß und Eifersucht Belgien sich gefaßt machen muß. Das Hauptverdienst des Gesetzes wird darin bestehen, den Anstoß zu geben; das Uebrige müssen vereinte Privatkräfte thun. Es ist aber eine Erfahrung, die man täglich in Belgien zu machen Gelegenheit hat, daß gerade hier, wo die Verfassung der Regierung die Hände mehr als in irgend einem andern repräsentativen Staate bindet, doch überall nur sie in Anspruch genommen, Alles von ihr gefordert, sie für Alles verantwortlich gemacht wird. – Während man nun durch Errichtung einer Dampfschifffahrtsgesellschaft, unter Mitwirkung des Staats, dem Handel mit fremden Welttheilen Bahn zu brechen suchen wird, fährt der von der Repräsentantenkammer eingesetzte, schon früher erwähnte Ausschuß fort, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob das bisherige legislative System über Handel und Schifffahrt den Bedürfnissen Belgiens entspricht oder nicht. Die Mehrzahl dieses Ausschusses besteht aus Freunden gewisser Beschränkungen, gegen die besonders der Antwerpener Handelsstand protestirt, weil sie, nach seiner Ueberzeugung, die fremden Schiffe von den belgischen Häfen entfernen würden, ohne der belgischen Industrie und Handelsmarine zu nützen. Im Vorgefühl des Resultats der Arbeiten jenes Ausschusses hat daher auch schon der Antwerpener Communalrath seinerseits einen Ausschuß eingesetzt, der sich mit derselben Frage beschäftigen soll, und nöthigenfalls gegen die Commission der Kammer opponirend auftreten wird. Es kann dieß zu einem seltsamen Streit führen, und zum Beweise dienen, wie unrecht das Ministerium gehabt hat, sich in dieser Angelegenheit unschlüssig und zweideutig zu betragen. In Brügge, dem Wohnsitze des Abbé Defoere, von dem die Motion zur Einsetzung eines Ausschusses ausgegangen, ist ebenfalls ein Verein von Rhederern und Kaufleuten thätig, der aber von ganz andern Grundsätzen ausgeht, als der Antwerpener. So bereiten sich denn für die nächste Session Conflicte vor, die den Ministern nicht länger erlauben werden, bei jener temporisirenden Halbheit stehen zu bleiben, womit sie bisher die Schwierigkeiten ihrer Stellung zu umgehen gesucht haben.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Arabien</hi> </head><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Journal des Débats</hi> theilt folgenden Brief des Hrn. <hi rendition="#g">Edmond Combes</hi> aus Mokka in Arabien vom 13 April mit, der interessante Nachrichten über die gegenwärtige Lage des Yemen und über die fortschreitende Herrschaft der Engländer in jenen Gegenden gibt. „Ich habe Ihnen Nachrichten über Aden versprochen, und erfülle jetzt mein Wort. Die Reise zu Lande von Mokka nach Aden ist jetzt unmöglich. Die Beduinen, welche die Engländer angegriffen, verlegen die Wege, und lassen Niemand durch. Obgleich geschlagen und zurückgeworfen, geben sie die Hoffnung nicht auf, einst glücklicher zu seyn; aber ihre Art Krieg zu führen ist so veraltet, daß man mit Gewißheit sagen kann, ihre Anstrengungen werden vergeblich seyn. Ueberdieß weiß man aus frühern Zeiten schon, daß die Engländer ihre Eroberungen zu behalten wissen. Diese Erhebung der Beduinen kommt England sehr zu statten. Die englische Regierung hatte Aden für einen jährlichen Tribut von ungefähr 40,000 Fr. gekauft; der Tribut konnte ewig währen; jene Feindseligkeiten der Verkäufer haben den Engländern einen Grund gegeben, ihn zu vernichten. Sie haben eine hinreichende Macht in Aden vereinigt, die jedem Angriff die Stirne bieten kann. Doch jetzt tritt ein anderes Ereigniß ein, das für sie von der höchsten Wichtigkeit ist. Yemen und alle seine Häfen, wie Mokka, Hodeida, Locheia etc. werden von Mehemed Ali verlassen werden, ohne daß man hier den wahren Grund davon kennt. Alle Truppen, alle Beamten des Pascha's sind nach Kairo gerufen worden, und man weiß noch nicht, welche Regierung der türkischen folgen soll. Einige sagen, der Imam von Sana werde sich des Landes bemächtigen, andere, es werde den Scherifs wieder zufallen, noch andere, die Engländer wollten es in Besitz nehmen. Gewiß, Mokka am Eingang ins rothe Meer, würde ihnen trefflich zusagen. Wie dem auch sey, unter dem Vorwande, die englischen Unterthanen im Yemen zu schützen, haben sie zwei Kriegsschiffe abgeschickt, die, das eine zu Mokka, das andere zu Hodeida, Anker geworfen habe. Mehrere bedeutende Kaufleute haben sich, müde des steten Regierungswechsels im Yemen, günstig für die Besitznahme des Landes durch die Engländer ausgesprochen. Die Einwohner von Mokka aber, und besonders die Frauen, sind sehr in Besorgniß. Man fürchtet die Räubereien der Beduinen, wie sie vor einigen Jahren stattfanden, die in zahllosen Horden über das vertheidigungslose Mokka herfielen, die Frauen entführten und schändeten, plünderten und Ausschweifungen aller Art begingen. In wenigen Tagen kann sich die Stadt in gleicher Lage befinden. Sobald die Truppen des Pascha's sich eingeschifft haben, ist sie der Willkür der Beduinen preisgegeben. Schon haben die ersten Einwohner angefangen, ihre Güter in Sicherheit zu bringen, ihre Kostbarkeiten haben sie auf Schiffe gebracht, und harren ängstlich der kommenden Ereignisse. Zwar bin ich im Begriff, Mokka zu verlassen, doch da ich stets nahe genug seyn werde, um das Geschehene schnell zu erfahren, werde ich Ihnen alles Wichtige mitzutheilen nicht unterlassen. Morgen segle ich nach der Küste von Abyssinien ab.“</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [1396/0012]
Belgien.
_ Brüssel, 14 Jun. Das Gesetz über die Errichtung einer Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika (Antwerpen und New-York) ist von den Repräsentanten in ihrer Schlußsitzung der dießjährigen Session, ohne Abänderung, durch 52 Stimmen gegen 10 angenommen worden. Hiernach wäre also die Regierung ermächtigt, „die Errichtung einer solchen Schifffahrt vermittelst einer jährlichen Summe von 400,000 Fr., die aber nicht über vierzehn Jahre hinaus fortgesetzt werden darf, zu befördern. Auch darf das Unternehmen sich, wenn dieses für nützlich und möglich erkannt wird, auf andere Linien als die nach den Vereinigten Staaten ausdehnen.“ Ueber die Art, wie die 400,000 Fr. jährlich zu verwenden seyn werden, spricht sich das Gesetz eben so wenig aus, als über die Frage, ob und wie eine Rückerstattung dieses Geldes, im Falle des Gelingens der Unternehmung, zu erlangen sey. Alles das wird dem Ermessen der Regierung überlassen. Ueberhaupt hat man mit diesem Gegenstand mehr als vielleicht billig geeilt. Dem Ministerium war es darum zu thun, seinen Namen an dieses Unternehmen, dessen Grundidee übrigens nicht ihm, sondern dem vorigen Ministerium angehört, zu knüpfen; den meisten Gliedern der Kammer dauerte augenscheinlich die Session schon zu lange, wie wenig Bedeutendes auch während derselben zu Stande gekommen; sie sehnten sich nach Hause, und nahmen sogar zu einer Abendsitzung ihre Zuflucht, um nur recht schnell davonzukommen. So kam es denn zwischen den widerstreitenden Meinungen nicht zu einer Lösung der Schwierigkeiten, sondern die Minorität wurde durch Ueberstimmung zum Schweigen gebracht, ehe sie sich ganz ausgesprochen hatte. Im Senate, der nächstens zusammentritt, um über dieses, so wie über noch einige andere Gesetze abzustimmen, wird die Sache wahrscheinlich auch zu keinen langwierigen Eröterungen Anlaß geben. Der Klagen über Mangel an überseeischer Ausfuhr sind in den letzten Jahren so viele gewesen, daß es unpopulär wäre, gegen ein Gesetz Bedenken zu erheben, worin man das wirksamste Mittel zu erblicken glaubt, Verbindungen mit Amerika anzuknüpfen. Ohne Zweifel wird es sich indessen bald erweisen, daß ein jährlicher Zuschuß, wie der beabsichtigte, wenig fördern kann, wenn nicht der Handels- und Fabrikstand selbst mit vereinten Kräften, Umsicht und Ausdauer dahin streben, mit fremden Welttheilen Geschäfte zu machen. Sie werden sich um so mehr zusammennehmen müssen, als sie überall eine große Concurrenz und längst etablirte Kundschaften großer Nationen antreffen werden, auf deren ausgedehnteren Einfluß und Eifersucht Belgien sich gefaßt machen muß. Das Hauptverdienst des Gesetzes wird darin bestehen, den Anstoß zu geben; das Uebrige müssen vereinte Privatkräfte thun. Es ist aber eine Erfahrung, die man täglich in Belgien zu machen Gelegenheit hat, daß gerade hier, wo die Verfassung der Regierung die Hände mehr als in irgend einem andern repräsentativen Staate bindet, doch überall nur sie in Anspruch genommen, Alles von ihr gefordert, sie für Alles verantwortlich gemacht wird. – Während man nun durch Errichtung einer Dampfschifffahrtsgesellschaft, unter Mitwirkung des Staats, dem Handel mit fremden Welttheilen Bahn zu brechen suchen wird, fährt der von der Repräsentantenkammer eingesetzte, schon früher erwähnte Ausschuß fort, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob das bisherige legislative System über Handel und Schifffahrt den Bedürfnissen Belgiens entspricht oder nicht. Die Mehrzahl dieses Ausschusses besteht aus Freunden gewisser Beschränkungen, gegen die besonders der Antwerpener Handelsstand protestirt, weil sie, nach seiner Ueberzeugung, die fremden Schiffe von den belgischen Häfen entfernen würden, ohne der belgischen Industrie und Handelsmarine zu nützen. Im Vorgefühl des Resultats der Arbeiten jenes Ausschusses hat daher auch schon der Antwerpener Communalrath seinerseits einen Ausschuß eingesetzt, der sich mit derselben Frage beschäftigen soll, und nöthigenfalls gegen die Commission der Kammer opponirend auftreten wird. Es kann dieß zu einem seltsamen Streit führen, und zum Beweise dienen, wie unrecht das Ministerium gehabt hat, sich in dieser Angelegenheit unschlüssig und zweideutig zu betragen. In Brügge, dem Wohnsitze des Abbé Defoere, von dem die Motion zur Einsetzung eines Ausschusses ausgegangen, ist ebenfalls ein Verein von Rhederern und Kaufleuten thätig, der aber von ganz andern Grundsätzen ausgeht, als der Antwerpener. So bereiten sich denn für die nächste Session Conflicte vor, die den Ministern nicht länger erlauben werden, bei jener temporisirenden Halbheit stehen zu bleiben, womit sie bisher die Schwierigkeiten ihrer Stellung zu umgehen gesucht haben.
Arabien
Das Journal des Débats theilt folgenden Brief des Hrn. Edmond Combes aus Mokka in Arabien vom 13 April mit, der interessante Nachrichten über die gegenwärtige Lage des Yemen und über die fortschreitende Herrschaft der Engländer in jenen Gegenden gibt. „Ich habe Ihnen Nachrichten über Aden versprochen, und erfülle jetzt mein Wort. Die Reise zu Lande von Mokka nach Aden ist jetzt unmöglich. Die Beduinen, welche die Engländer angegriffen, verlegen die Wege, und lassen Niemand durch. Obgleich geschlagen und zurückgeworfen, geben sie die Hoffnung nicht auf, einst glücklicher zu seyn; aber ihre Art Krieg zu führen ist so veraltet, daß man mit Gewißheit sagen kann, ihre Anstrengungen werden vergeblich seyn. Ueberdieß weiß man aus frühern Zeiten schon, daß die Engländer ihre Eroberungen zu behalten wissen. Diese Erhebung der Beduinen kommt England sehr zu statten. Die englische Regierung hatte Aden für einen jährlichen Tribut von ungefähr 40,000 Fr. gekauft; der Tribut konnte ewig währen; jene Feindseligkeiten der Verkäufer haben den Engländern einen Grund gegeben, ihn zu vernichten. Sie haben eine hinreichende Macht in Aden vereinigt, die jedem Angriff die Stirne bieten kann. Doch jetzt tritt ein anderes Ereigniß ein, das für sie von der höchsten Wichtigkeit ist. Yemen und alle seine Häfen, wie Mokka, Hodeida, Locheia etc. werden von Mehemed Ali verlassen werden, ohne daß man hier den wahren Grund davon kennt. Alle Truppen, alle Beamten des Pascha's sind nach Kairo gerufen worden, und man weiß noch nicht, welche Regierung der türkischen folgen soll. Einige sagen, der Imam von Sana werde sich des Landes bemächtigen, andere, es werde den Scherifs wieder zufallen, noch andere, die Engländer wollten es in Besitz nehmen. Gewiß, Mokka am Eingang ins rothe Meer, würde ihnen trefflich zusagen. Wie dem auch sey, unter dem Vorwande, die englischen Unterthanen im Yemen zu schützen, haben sie zwei Kriegsschiffe abgeschickt, die, das eine zu Mokka, das andere zu Hodeida, Anker geworfen habe. Mehrere bedeutende Kaufleute haben sich, müde des steten Regierungswechsels im Yemen, günstig für die Besitznahme des Landes durch die Engländer ausgesprochen. Die Einwohner von Mokka aber, und besonders die Frauen, sind sehr in Besorgniß. Man fürchtet die Räubereien der Beduinen, wie sie vor einigen Jahren stattfanden, die in zahllosen Horden über das vertheidigungslose Mokka herfielen, die Frauen entführten und schändeten, plünderten und Ausschweifungen aller Art begingen. In wenigen Tagen kann sich die Stadt in gleicher Lage befinden. Sobald die Truppen des Pascha's sich eingeschifft haben, ist sie der Willkür der Beduinen preisgegeben. Schon haben die ersten Einwohner angefangen, ihre Güter in Sicherheit zu bringen, ihre Kostbarkeiten haben sie auf Schiffe gebracht, und harren ängstlich der kommenden Ereignisse. Zwar bin ich im Begriff, Mokka zu verlassen, doch da ich stets nahe genug seyn werde, um das Geschehene schnell zu erfahren, werde ich Ihnen alles Wichtige mitzutheilen nicht unterlassen. Morgen segle ich nach der Küste von Abyssinien ab.“
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