Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840.zu Rom, wird einige Monate Urlaubs in Paris zubringen. Es hieß, man werde ihn abberufen; dieß scheint aber auf einem Irrthum zu beruhen. Das Ministerium denkt in diesem Augenblick nicht daran, den Grafen Latour-Maubourg zu ersetzen. Baron Morogues, Pair von Frankreich, ist in Orleans gestorben. [irrelevantes Material] Die Deputirtenkammer nahm am 19 Jun. das Einnahmenbudget mit 274 weißen gegen 26 schwarze Kugeln an. (Moniteur.) Heute (18) hat der Minister des Innern in Begleitung des Directors der schönen Künste die verschiedenen Gegenstände besichtigt, welche verfertigt wurden, um zur Versetzung der Ueberreste des Kaisers Napoleon nach Paris zu dienen. Der Sarg ist in Form eines antiken Sarkophags und so umfangreich, daß man im Stande seyn wird, die verschiedenen Särge, worein der Leichnam des Kaisers in St. Helena gelegt wurde, darin einzuschließen. Der äußere Sarg besteht aus massivem Ebenholz, mit Erzbeschlägen. Nur der Name des Kaisers Napoleon ward mit goldenen Buchstaben auf dem Deckel eingelegt; auf den Seiten sieht man ebenfalls ein N von vergoldetem Erz eingelegt. Dieser Sarg schließt einen andern bleiernen ein, der mit vergoldeten eingestochenen Zierrathen versehen ist. Auf dem Deckel dieses Sargs liest man folgende Inschrift, ebenfalls eingegraben: Napoleon Der letztere Sarg wird, so wie die Reste des Kaisers darin niedergelegt sind, vernietet werden. Das kaiserliche Sargtuch ist von violettem Sammt, mit goldenen Bienen übersäet, mit Hermelin ausgeschlagen, und von einer glänzenden Goldstickerei umgeben, worin man die Chiffre des Kaisers liest. Die Ecken sind mit einem Adler geziert, mit Sternen und Lorbeeren umgeben, darüber die Kaiserkrone. Die Mitte des Sargtuchs ist mit einem Kreuz von Silberbrocat geziert. Man hat auch zwei silberne Urnen vorbereitet, worin nöthigenfalls diejenigen verschlossen werden sollen, in welchen das Herz und die Eingeweide des Kaisers nach seinem Tode niedergelegt wurden. Eine besondere Kiste enthält die priesterlichen Zierrathen, und alles Nöthige zur Feier des Todtenamts sowohl in St. Helena, als an Bord der Belle Poule. Die Commission über das Zollgesetz hat, dem Messager zufolge, mehrere wichtige Beschlüsse in Betreff der Fragen gefaßt, welche sich auf die Leinenindustrie, auf die Tarifs für Steinkohlen, Bauholz und mehrere andere Punkte beziehen; diese Beschlüsse sollen aber erst nach Anhörung des Ministers des Ackerbaues und des Handels definitiv festgesetzt werden. Paris, 19 Jun. Gestern wurde die Errichtung eines Lehrstuhls für slavische Litteratur in der Deputirtenkammer verhandelt und mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Ich glaubte neulich, nur dem lächerlichsten der legitimistischen Journale, la France, sey es gegeben, über diesen Gegenstand eine alberne Unwissenheit und daraus hervorfließende Verachtung des Nichtgekannten an den Tag zu legen; ich irrte mich. Die gestrige Kammersitzung hat bewiesen, daß es sehr ehrbare Mitglieder der Linken gibt, die in der linguistischen Topographie gerade so weit vorgerückt, das heißt, gerade so weit zurück sind, als das Journal la France. So behauptete Hr. Auguis, das Slavische sey gar keine litterärische Sprache und enthalte keine Monumente, so daß nicht abzusehen sey, wie man eine nicht bestehende Litteratur am College de France wolle lehren lassen; betrachte man sie aber als lebende Sprache, so möge man sie an die bestehenden Lehrer der "orientalischen" Sprachen verweisen; wobei der Deputirte noch bemerkte, daß man eben so gut die Mundarten des Limousin, der Auvergne, der Basse-Bretagne lehren könnte. Darauf nun war freilich die Antwort unendlich schwer und unendlich leicht; schwer, weil in der That nichts schwieriger ist, als die voreingenommene Unwissenheit zu überzeugen, über alle Maßen leicht, weil es hinreichte, einige der Hauptstämme des slavischen Stammes, ihre Bevölkerung, ihre Stellung in der politischen und litterarischen Geschichte Europa's zu nennen und die Richtung wie die Fortbildung ihrer Cultur zu bezeichnen, um auf das vollständigste zu beurkunden, daß es sich von einer Neuerung handelt, die Frankreichs würdig ist, ihm zur größten Ehre gereicht und auf das vollständigste zur Bestimmung des College de France paßt. In der That, das College de France gehört keiner besondern Facultät besonders an, es umfaßt sie alle, und soll, nach der Stiftungsurkunde unter Franz dem Ersten, stets der Ausdruck des neuesten Fortschrittes, das getreue Spiegelbild der Entwickelung aller Wissenschaften seyn, den vergangenen und gegenwärtigen oder zukünftigen Forschungen zum Vermittler dienen. Mit Recht hat der Minister des öffentlichen Unterrichts auf die hohe Wichtigkeit dieses Lehrstuhles aufmerksam gemacht, in einem Augenblick besonders wo, wie er sich ausdrückte, der Hauptrepräsentant der slavischen Familie die Eine Hand über Konstantinopel ausstreckt und mit der andern an die chinesische Mauer rührt. Es bleibt nur zu wünschen, daß die schöne Aufgabe, die Hr. Cousin sich gesetzt, auch wirklich in vollem Maaße gelöst werde. Algier, 13 Jun. Wir sind immer noch ohne bestimmte Nachricht von der Expeditionsarmee nach Milianah. Einen Augenblick ging das Gerücht, der Marschall sey wieder in Blidah, nachdem er den Feldzug glücklich beendet; als man aber das Gerücht näher untersuchte, fand sich folgender Ursprung desselben. Zwei Mozabiten waren vom General Corbin mit Depeschen an den Gouverneur geschickt worden. Als sie aber nach Blidah gekommen waren, wagten sie nicht weiter vorzugehen, und gaben die Briefe dem Oberbefehlshaber dieser Stadt, der sie, wie er konnte, weiter gehen ließ. Die beiden Mozabiten sagten bei ihrer Rückkehr in Algier, um die ihnen versprochene Belohnung nicht zu verlieren, aus, der Marschall Valee sey nach Blidah zurückgekommen. Als der Betrug entdeckt war, wurde den beiden untreuen Courieren eine tüchtige Bastonade zu Theil. - Man spricht viel von einem heftigen Angriff, den General Duvivier, Obercommandant in Medeah, hätte zurückzuweisen gehabt, oder vielmehr, den er hervorgerufen hätte. Die Sache, deren Wahrheit ich gerade nicht verbürgen mag, wird also erzählt: General Duvivier, der den Feind zu einem heftigen Angriff verleiten wollte, worin er ihm großen Verlust beibringen könnte, soll an den Marschall einen Brief geschrieben haben, in welchem er sich beklagt, keine Munition mehr zu haben. Dieses Schreiben soll er Eingebornen anvertraut haben, die man ihm als heimliche Anhänger Abd-El-Kaders bezeichnete und die nicht unterließen es dem Emir zu hinterbringen. Dieser glaubte eine gute Gelegenheit zu haben, sich in den Augen der Araber, welche seit dem Angriff bei Scherschel, Medeah und den dasigen Engpässen ein wenig eingeschüchtert seyn sollen, wieder zu erheben, und soll mit aller seiner Macht vor Medeah gekommen seyn. Man habe ihn bis an die Mauern herankommen lassen, und dann mit einem so gewaltigen Musketen- und Kartätschenfeuer empfangen, daß eine Menge der Seinigen kampfunfähig geworden. Das Blutbad zu Rom, wird einige Monate Urlaubs in Paris zubringen. Es hieß, man werde ihn abberufen; dieß scheint aber auf einem Irrthum zu beruhen. Das Ministerium denkt in diesem Augenblick nicht daran, den Grafen Latour-Maubourg zu ersetzen. Baron Morogues, Pair von Frankreich, ist in Orleans gestorben. [irrelevantes Material] Die Deputirtenkammer nahm am 19 Jun. das Einnahmenbudget mit 274 weißen gegen 26 schwarze Kugeln an. (Moniteur.) Heute (18) hat der Minister des Innern in Begleitung des Directors der schönen Künste die verschiedenen Gegenstände besichtigt, welche verfertigt wurden, um zur Versetzung der Ueberreste des Kaisers Napoleon nach Paris zu dienen. Der Sarg ist in Form eines antiken Sarkophags und so umfangreich, daß man im Stande seyn wird, die verschiedenen Särge, worein der Leichnam des Kaisers in St. Helena gelegt wurde, darin einzuschließen. Der äußere Sarg besteht aus massivem Ebenholz, mit Erzbeschlägen. Nur der Name des Kaisers Napoleon ward mit goldenen Buchstaben auf dem Deckel eingelegt; auf den Seiten sieht man ebenfalls ein N von vergoldetem Erz eingelegt. Dieser Sarg schließt einen andern bleiernen ein, der mit vergoldeten eingestochenen Zierrathen versehen ist. Auf dem Deckel dieses Sargs liest man folgende Inschrift, ebenfalls eingegraben: Napoléon Der letztere Sarg wird, so wie die Reste des Kaisers darin niedergelegt sind, vernietet werden. Das kaiserliche Sargtuch ist von violettem Sammt, mit goldenen Bienen übersäet, mit Hermelin ausgeschlagen, und von einer glänzenden Goldstickerei umgeben, worin man die Chiffre des Kaisers liest. Die Ecken sind mit einem Adler geziert, mit Sternen und Lorbeeren umgeben, darüber die Kaiserkrone. Die Mitte des Sargtuchs ist mit einem Kreuz von Silberbrocat geziert. Man hat auch zwei silberne Urnen vorbereitet, worin nöthigenfalls diejenigen verschlossen werden sollen, in welchen das Herz und die Eingeweide des Kaisers nach seinem Tode niedergelegt wurden. Eine besondere Kiste enthält die priesterlichen Zierrathen, und alles Nöthige zur Feier des Todtenamts sowohl in St. Helena, als an Bord der Belle Poule. Die Commission über das Zollgesetz hat, dem Messager zufolge, mehrere wichtige Beschlüsse in Betreff der Fragen gefaßt, welche sich auf die Leinenindustrie, auf die Tarifs für Steinkohlen, Bauholz und mehrere andere Punkte beziehen; diese Beschlüsse sollen aber erst nach Anhörung des Ministers des Ackerbaues und des Handels definitiv festgesetzt werden. Paris, 19 Jun. Gestern wurde die Errichtung eines Lehrstuhls für slavische Litteratur in der Deputirtenkammer verhandelt und mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Ich glaubte neulich, nur dem lächerlichsten der legitimistischen Journale, la France, sey es gegeben, über diesen Gegenstand eine alberne Unwissenheit und daraus hervorfließende Verachtung des Nichtgekannten an den Tag zu legen; ich irrte mich. Die gestrige Kammersitzung hat bewiesen, daß es sehr ehrbare Mitglieder der Linken gibt, die in der linguistischen Topographie gerade so weit vorgerückt, das heißt, gerade so weit zurück sind, als das Journal la France. So behauptete Hr. Auguis, das Slavische sey gar keine litterärische Sprache und enthalte keine Monumente, so daß nicht abzusehen sey, wie man eine nicht bestehende Litteratur am College de France wolle lehren lassen; betrachte man sie aber als lebende Sprache, so möge man sie an die bestehenden Lehrer der „orientalischen“ Sprachen verweisen; wobei der Deputirte noch bemerkte, daß man eben so gut die Mundarten des Limousin, der Auvergne, der Basse-Bretagne lehren könnte. Darauf nun war freilich die Antwort unendlich schwer und unendlich leicht; schwer, weil in der That nichts schwieriger ist, als die voreingenommene Unwissenheit zu überzeugen, über alle Maßen leicht, weil es hinreichte, einige der Hauptstämme des slavischen Stammes, ihre Bevölkerung, ihre Stellung in der politischen und litterarischen Geschichte Europa's zu nennen und die Richtung wie die Fortbildung ihrer Cultur zu bezeichnen, um auf das vollständigste zu beurkunden, daß es sich von einer Neuerung handelt, die Frankreichs würdig ist, ihm zur größten Ehre gereicht und auf das vollständigste zur Bestimmung des College de France paßt. In der That, das Collège de France gehört keiner besondern Facultät besonders an, es umfaßt sie alle, und soll, nach der Stiftungsurkunde unter Franz dem Ersten, stets der Ausdruck des neuesten Fortschrittes, das getreue Spiegelbild der Entwickelung aller Wissenschaften seyn, den vergangenen und gegenwärtigen oder zukünftigen Forschungen zum Vermittler dienen. Mit Recht hat der Minister des öffentlichen Unterrichts auf die hohe Wichtigkeit dieses Lehrstuhles aufmerksam gemacht, in einem Augenblick besonders wo, wie er sich ausdrückte, der Hauptrepräsentant der slavischen Familie die Eine Hand über Konstantinopel ausstreckt und mit der andern an die chinesische Mauer rührt. Es bleibt nur zu wünschen, daß die schöne Aufgabe, die Hr. Cousin sich gesetzt, auch wirklich in vollem Maaße gelöst werde. Algier, 13 Jun. Wir sind immer noch ohne bestimmte Nachricht von der Expeditionsarmee nach Milianah. Einen Augenblick ging das Gerücht, der Marschall sey wieder in Blidah, nachdem er den Feldzug glücklich beendet; als man aber das Gerücht näher untersuchte, fand sich folgender Ursprung desselben. Zwei Mozabiten waren vom General Corbin mit Depeschen an den Gouverneur geschickt worden. Als sie aber nach Blidah gekommen waren, wagten sie nicht weiter vorzugehen, und gaben die Briefe dem Oberbefehlshaber dieser Stadt, der sie, wie er konnte, weiter gehen ließ. Die beiden Mozabiten sagten bei ihrer Rückkehr in Algier, um die ihnen versprochene Belohnung nicht zu verlieren, aus, der Marschall Valée sey nach Blidah zurückgekommen. Als der Betrug entdeckt war, wurde den beiden untreuen Courieren eine tüchtige Bastonade zu Theil. – Man spricht viel von einem heftigen Angriff, den General Duvivier, Obercommandant in Medeah, hätte zurückzuweisen gehabt, oder vielmehr, den er hervorgerufen hätte. Die Sache, deren Wahrheit ich gerade nicht verbürgen mag, wird also erzählt: General Duvivier, der den Feind zu einem heftigen Angriff verleiten wollte, worin er ihm großen Verlust beibringen könnte, soll an den Marschall einen Brief geschrieben haben, in welchem er sich beklagt, keine Munition mehr zu haben. Dieses Schreiben soll er Eingebornen anvertraut haben, die man ihm als heimliche Anhänger Abd-El-Kaders bezeichnete und die nicht unterließen es dem Emir zu hinterbringen. Dieser glaubte eine gute Gelegenheit zu haben, sich in den Augen der Araber, welche seit dem Angriff bei Scherschel, Medeah und den dasigen Engpässen ein wenig eingeschüchtert seyn sollen, wieder zu erheben, und soll mit aller seiner Macht vor Medeah gekommen seyn. Man habe ihn bis an die Mauern herankommen lassen, und dann mit einem so gewaltigen Musketen- und Kartätschenfeuer empfangen, daß eine Menge der Seinigen kampfunfähig geworden. Das Blutbad <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="1404"/> zu Rom, wird einige Monate Urlaubs in Paris zubringen. Es hieß, man werde ihn abberufen; dieß scheint aber auf einem Irrthum zu beruhen. Das Ministerium denkt in diesem Augenblick nicht daran, den Grafen Latour-Maubourg zu ersetzen.</p><lb/> <p>Baron Morogues, Pair von Frankreich, ist in Orleans gestorben.</p><lb/> <p><bibl><gap reason="insignificant"/></bibl> Die <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> nahm am 19 Jun. das Einnahmenbudget mit 274 weißen gegen 26 schwarze Kugeln an.</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Moniteur</hi>.) Heute (18) hat der Minister des Innern in Begleitung des Directors der schönen Künste die verschiedenen Gegenstände besichtigt, welche verfertigt wurden, um zur Versetzung der Ueberreste des Kaisers Napoleon nach Paris zu dienen. Der Sarg ist in Form eines antiken Sarkophags und so umfangreich, daß man im Stande seyn wird, die verschiedenen Särge, worein der Leichnam des Kaisers in St. Helena gelegt wurde, darin einzuschließen. Der äußere Sarg besteht aus massivem Ebenholz, mit Erzbeschlägen. Nur der Name des Kaisers <hi rendition="#g">Napoleon</hi> ward mit goldenen Buchstaben auf dem Deckel eingelegt; auf den Seiten sieht man ebenfalls ein N von vergoldetem Erz eingelegt. Dieser Sarg schließt einen andern bleiernen ein, der mit vergoldeten eingestochenen Zierrathen versehen ist. Auf dem Deckel dieses Sargs liest man folgende Inschrift, ebenfalls eingegraben:</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Napoléon</hi><lb/> Empereur et Roi<lb/> Mort à St. Hélène<lb/> Le V Mai<lb/> MDCCCXXI.</p><lb/> <p>Der letztere Sarg wird, so wie die Reste des Kaisers darin niedergelegt sind, vernietet werden. Das kaiserliche Sargtuch ist von violettem Sammt, mit goldenen Bienen übersäet, mit Hermelin ausgeschlagen, und von einer glänzenden Goldstickerei umgeben, worin man die Chiffre des Kaisers liest. Die Ecken sind mit einem Adler geziert, mit Sternen und Lorbeeren umgeben, darüber die Kaiserkrone. Die Mitte des Sargtuchs ist mit einem Kreuz von Silberbrocat geziert. Man hat auch zwei silberne Urnen vorbereitet, worin nöthigenfalls diejenigen verschlossen werden sollen, in welchen das Herz und die Eingeweide des Kaisers nach seinem Tode niedergelegt wurden. Eine besondere Kiste enthält die priesterlichen Zierrathen, und alles Nöthige zur Feier des Todtenamts sowohl in St. Helena, als an Bord der Belle Poule.</p><lb/> <p>Die Commission über das Zollgesetz hat, dem <hi rendition="#g">Messager</hi> zufolge, mehrere wichtige Beschlüsse in Betreff der Fragen gefaßt, welche sich auf die Leinenindustrie, auf die Tarifs für Steinkohlen, Bauholz und mehrere andere Punkte beziehen; diese Beschlüsse sollen aber erst nach Anhörung des Ministers des Ackerbaues und des Handels definitiv festgesetzt werden.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 19 Jun.</dateline> <p> Gestern wurde die Errichtung eines Lehrstuhls für slavische Litteratur in der Deputirtenkammer verhandelt und mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Ich glaubte neulich, nur dem lächerlichsten der legitimistischen Journale, <hi rendition="#g">la France</hi>, sey es gegeben, über diesen Gegenstand eine alberne Unwissenheit und daraus hervorfließende Verachtung des Nichtgekannten an den Tag zu legen; ich irrte mich. Die gestrige Kammersitzung hat bewiesen, daß es sehr ehrbare Mitglieder der Linken gibt, die in der linguistischen Topographie gerade so weit vorgerückt, das heißt, gerade so weit zurück sind, als das Journal <hi rendition="#g">la France</hi>. So behauptete Hr. Auguis, das Slavische sey gar keine litterärische Sprache und enthalte keine Monumente, so daß nicht abzusehen sey, wie man eine nicht bestehende Litteratur am College de France wolle lehren lassen; betrachte man sie aber als <hi rendition="#g">lebende</hi> Sprache, so möge man sie an die bestehenden Lehrer der „orientalischen“ Sprachen verweisen; wobei der Deputirte noch bemerkte, daß man eben so gut die Mundarten des Limousin, der Auvergne, der Basse-Bretagne lehren könnte. Darauf nun war freilich die Antwort unendlich schwer und unendlich leicht; schwer, weil in der That nichts schwieriger ist, als die voreingenommene Unwissenheit zu überzeugen, über alle Maßen leicht, weil es hinreichte, einige der Hauptstämme des slavischen Stammes, ihre Bevölkerung, ihre Stellung in der politischen und litterarischen Geschichte Europa's zu nennen und die Richtung wie die Fortbildung ihrer Cultur zu bezeichnen, um auf das vollständigste zu beurkunden, daß es sich von einer Neuerung handelt, die Frankreichs würdig ist, ihm zur größten Ehre gereicht und auf das vollständigste zur Bestimmung des College de France paßt. In der That, das Collège de France gehört keiner besondern Facultät besonders an, es umfaßt sie alle, und soll, nach der Stiftungsurkunde unter Franz dem Ersten, stets der Ausdruck des neuesten Fortschrittes, das getreue Spiegelbild der Entwickelung aller Wissenschaften seyn, den vergangenen und gegenwärtigen oder zukünftigen Forschungen zum Vermittler dienen. Mit Recht hat der Minister des öffentlichen Unterrichts auf die hohe Wichtigkeit dieses Lehrstuhles aufmerksam gemacht, in einem Augenblick besonders wo, wie er sich ausdrückte, der Hauptrepräsentant der slavischen Familie die Eine Hand über Konstantinopel ausstreckt und mit der andern an die chinesische Mauer rührt. Es bleibt nur zu wünschen, daß die schöne Aufgabe, die Hr. Cousin sich gesetzt, auch wirklich in vollem Maaße gelöst werde.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Algier,</hi> 13 Jun.</dateline> <p> Wir sind immer noch ohne bestimmte Nachricht von der Expeditionsarmee nach Milianah. Einen Augenblick ging das Gerücht, der Marschall sey wieder in Blidah, nachdem er den Feldzug glücklich beendet; als man aber das Gerücht näher untersuchte, fand sich folgender Ursprung desselben. Zwei Mozabiten waren vom General Corbin mit Depeschen an den Gouverneur geschickt worden. Als sie aber nach Blidah gekommen waren, wagten sie nicht weiter vorzugehen, und gaben die Briefe dem Oberbefehlshaber dieser Stadt, der sie, wie er konnte, weiter gehen ließ. Die beiden Mozabiten sagten bei ihrer Rückkehr in Algier, um die ihnen versprochene Belohnung nicht zu verlieren, aus, der Marschall Valée sey nach Blidah zurückgekommen. Als der Betrug entdeckt war, wurde den beiden untreuen Courieren eine tüchtige Bastonade zu Theil. – Man spricht viel von einem heftigen Angriff, den General Duvivier, Obercommandant in Medeah, hätte zurückzuweisen gehabt, oder vielmehr, den er hervorgerufen hätte. Die Sache, deren Wahrheit ich gerade nicht verbürgen mag, wird also erzählt: General Duvivier, der den Feind zu einem heftigen Angriff verleiten wollte, worin er ihm großen Verlust beibringen könnte, soll an den Marschall einen Brief geschrieben haben, in welchem er sich beklagt, keine Munition mehr zu haben. Dieses Schreiben soll er Eingebornen anvertraut haben, die man ihm als heimliche Anhänger Abd-El-Kaders bezeichnete und die nicht unterließen es dem Emir zu hinterbringen. Dieser glaubte eine gute Gelegenheit zu haben, sich in den Augen der Araber, welche seit dem Angriff bei Scherschel, Medeah und den dasigen Engpässen ein wenig eingeschüchtert seyn sollen, wieder zu erheben, und soll mit aller seiner Macht vor Medeah gekommen seyn. Man habe ihn bis an die Mauern herankommen lassen, und dann mit einem so gewaltigen Musketen- und Kartätschenfeuer empfangen, daß eine Menge der Seinigen kampfunfähig geworden. Das Blutbad<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1404/0004]
zu Rom, wird einige Monate Urlaubs in Paris zubringen. Es hieß, man werde ihn abberufen; dieß scheint aber auf einem Irrthum zu beruhen. Das Ministerium denkt in diesem Augenblick nicht daran, den Grafen Latour-Maubourg zu ersetzen.
Baron Morogues, Pair von Frankreich, ist in Orleans gestorben.
_ Die Deputirtenkammer nahm am 19 Jun. das Einnahmenbudget mit 274 weißen gegen 26 schwarze Kugeln an.
(Moniteur.) Heute (18) hat der Minister des Innern in Begleitung des Directors der schönen Künste die verschiedenen Gegenstände besichtigt, welche verfertigt wurden, um zur Versetzung der Ueberreste des Kaisers Napoleon nach Paris zu dienen. Der Sarg ist in Form eines antiken Sarkophags und so umfangreich, daß man im Stande seyn wird, die verschiedenen Särge, worein der Leichnam des Kaisers in St. Helena gelegt wurde, darin einzuschließen. Der äußere Sarg besteht aus massivem Ebenholz, mit Erzbeschlägen. Nur der Name des Kaisers Napoleon ward mit goldenen Buchstaben auf dem Deckel eingelegt; auf den Seiten sieht man ebenfalls ein N von vergoldetem Erz eingelegt. Dieser Sarg schließt einen andern bleiernen ein, der mit vergoldeten eingestochenen Zierrathen versehen ist. Auf dem Deckel dieses Sargs liest man folgende Inschrift, ebenfalls eingegraben:
Napoléon
Empereur et Roi
Mort à St. Hélène
Le V Mai
MDCCCXXI.
Der letztere Sarg wird, so wie die Reste des Kaisers darin niedergelegt sind, vernietet werden. Das kaiserliche Sargtuch ist von violettem Sammt, mit goldenen Bienen übersäet, mit Hermelin ausgeschlagen, und von einer glänzenden Goldstickerei umgeben, worin man die Chiffre des Kaisers liest. Die Ecken sind mit einem Adler geziert, mit Sternen und Lorbeeren umgeben, darüber die Kaiserkrone. Die Mitte des Sargtuchs ist mit einem Kreuz von Silberbrocat geziert. Man hat auch zwei silberne Urnen vorbereitet, worin nöthigenfalls diejenigen verschlossen werden sollen, in welchen das Herz und die Eingeweide des Kaisers nach seinem Tode niedergelegt wurden. Eine besondere Kiste enthält die priesterlichen Zierrathen, und alles Nöthige zur Feier des Todtenamts sowohl in St. Helena, als an Bord der Belle Poule.
Die Commission über das Zollgesetz hat, dem Messager zufolge, mehrere wichtige Beschlüsse in Betreff der Fragen gefaßt, welche sich auf die Leinenindustrie, auf die Tarifs für Steinkohlen, Bauholz und mehrere andere Punkte beziehen; diese Beschlüsse sollen aber erst nach Anhörung des Ministers des Ackerbaues und des Handels definitiv festgesetzt werden.
_ Paris, 19 Jun. Gestern wurde die Errichtung eines Lehrstuhls für slavische Litteratur in der Deputirtenkammer verhandelt und mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Ich glaubte neulich, nur dem lächerlichsten der legitimistischen Journale, la France, sey es gegeben, über diesen Gegenstand eine alberne Unwissenheit und daraus hervorfließende Verachtung des Nichtgekannten an den Tag zu legen; ich irrte mich. Die gestrige Kammersitzung hat bewiesen, daß es sehr ehrbare Mitglieder der Linken gibt, die in der linguistischen Topographie gerade so weit vorgerückt, das heißt, gerade so weit zurück sind, als das Journal la France. So behauptete Hr. Auguis, das Slavische sey gar keine litterärische Sprache und enthalte keine Monumente, so daß nicht abzusehen sey, wie man eine nicht bestehende Litteratur am College de France wolle lehren lassen; betrachte man sie aber als lebende Sprache, so möge man sie an die bestehenden Lehrer der „orientalischen“ Sprachen verweisen; wobei der Deputirte noch bemerkte, daß man eben so gut die Mundarten des Limousin, der Auvergne, der Basse-Bretagne lehren könnte. Darauf nun war freilich die Antwort unendlich schwer und unendlich leicht; schwer, weil in der That nichts schwieriger ist, als die voreingenommene Unwissenheit zu überzeugen, über alle Maßen leicht, weil es hinreichte, einige der Hauptstämme des slavischen Stammes, ihre Bevölkerung, ihre Stellung in der politischen und litterarischen Geschichte Europa's zu nennen und die Richtung wie die Fortbildung ihrer Cultur zu bezeichnen, um auf das vollständigste zu beurkunden, daß es sich von einer Neuerung handelt, die Frankreichs würdig ist, ihm zur größten Ehre gereicht und auf das vollständigste zur Bestimmung des College de France paßt. In der That, das Collège de France gehört keiner besondern Facultät besonders an, es umfaßt sie alle, und soll, nach der Stiftungsurkunde unter Franz dem Ersten, stets der Ausdruck des neuesten Fortschrittes, das getreue Spiegelbild der Entwickelung aller Wissenschaften seyn, den vergangenen und gegenwärtigen oder zukünftigen Forschungen zum Vermittler dienen. Mit Recht hat der Minister des öffentlichen Unterrichts auf die hohe Wichtigkeit dieses Lehrstuhles aufmerksam gemacht, in einem Augenblick besonders wo, wie er sich ausdrückte, der Hauptrepräsentant der slavischen Familie die Eine Hand über Konstantinopel ausstreckt und mit der andern an die chinesische Mauer rührt. Es bleibt nur zu wünschen, daß die schöne Aufgabe, die Hr. Cousin sich gesetzt, auch wirklich in vollem Maaße gelöst werde.
_ Algier, 13 Jun. Wir sind immer noch ohne bestimmte Nachricht von der Expeditionsarmee nach Milianah. Einen Augenblick ging das Gerücht, der Marschall sey wieder in Blidah, nachdem er den Feldzug glücklich beendet; als man aber das Gerücht näher untersuchte, fand sich folgender Ursprung desselben. Zwei Mozabiten waren vom General Corbin mit Depeschen an den Gouverneur geschickt worden. Als sie aber nach Blidah gekommen waren, wagten sie nicht weiter vorzugehen, und gaben die Briefe dem Oberbefehlshaber dieser Stadt, der sie, wie er konnte, weiter gehen ließ. Die beiden Mozabiten sagten bei ihrer Rückkehr in Algier, um die ihnen versprochene Belohnung nicht zu verlieren, aus, der Marschall Valée sey nach Blidah zurückgekommen. Als der Betrug entdeckt war, wurde den beiden untreuen Courieren eine tüchtige Bastonade zu Theil. – Man spricht viel von einem heftigen Angriff, den General Duvivier, Obercommandant in Medeah, hätte zurückzuweisen gehabt, oder vielmehr, den er hervorgerufen hätte. Die Sache, deren Wahrheit ich gerade nicht verbürgen mag, wird also erzählt: General Duvivier, der den Feind zu einem heftigen Angriff verleiten wollte, worin er ihm großen Verlust beibringen könnte, soll an den Marschall einen Brief geschrieben haben, in welchem er sich beklagt, keine Munition mehr zu haben. Dieses Schreiben soll er Eingebornen anvertraut haben, die man ihm als heimliche Anhänger Abd-El-Kaders bezeichnete und die nicht unterließen es dem Emir zu hinterbringen. Dieser glaubte eine gute Gelegenheit zu haben, sich in den Augen der Araber, welche seit dem Angriff bei Scherschel, Medeah und den dasigen Engpässen ein wenig eingeschüchtert seyn sollen, wieder zu erheben, und soll mit aller seiner Macht vor Medeah gekommen seyn. Man habe ihn bis an die Mauern herankommen lassen, und dann mit einem so gewaltigen Musketen- und Kartätschenfeuer empfangen, daß eine Menge der Seinigen kampfunfähig geworden. Das Blutbad
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |