Allgemeine Zeitung. Nr. 180. Augsburg, 28. Juni 1840.Griechenland. Athen, 12 Jun. Von den beiden gelehrten deutschen Philologen und Alterthumsforschern, die längere Zeit bei uns weilten, Otfried Müller von Göttingen und Karl Göttling von Jena, hat uns der letztere, nach glücklich vollendeter Rundreise in Griechenland, heute wieder verlassen, und seine Rückreise über Italien angetreten, wo derselbe noch einige Zeit für seine Studien zu verweilen gedenkt. Auch manche Griechen sehen den litterarischen Ergebnissen von der wissenschaftlichen Reise der genannten beiden gründlichen Kenner unsers Alterthums mit Verlangen entgegen. Türkei. Von der türkischen Gränze, 17 Jun. Nach den neuesten Briefen aus Konstantinopel vom 10 war der Erzherzog Friedrich, welcher einen neuen Ausflug nach Nikomedien unternommen hatte, wieder nach Konstantinopel zurückgekehrt, traf nun aber Anstalten, diese Hauptstadt binnen kurzem zu verlassen. - In Bosnien sieht es täglich trüber aus: die christliche Bevölkerung, schon lange unter dem willkürlichen Druck der türkischen Bewohner dieser Provinz und der Regierung seufzend, hatte sich - Katholiken und Griechen - vereinigt, und theils durch die ihr mittelst des Hattischerifs von Gülhaneh zugesagten Rechte aufgeregt, theils auch durch ägyptische Emissäre bearbeitet, beschlossen, durch Gewalt der Waffen das so lange mit aller Geduld getragene türkische Joch abzuwerfen. Bereits sollen die Anführer des Aufstandes bestimmt seyn, Waffen und Munition sollen aufgekauft werden, und schon auch an die Christen in den angränzenden türkischen Provinzen Aufrufe ergangen seyn, sich mit den bosnischen Insurgenten zum gemeinschaftlichen Zweck der Emancipirung aus der drückenden Herrschaft der Moslims zu vereinigen. Es scheint sonach, daß, wie auch frühere Anzeichen vermuthen ließen, der Kampf zwischen Türken und Christen in Bosnien zuerst zum blutigen Ausbruch kommen, und damit das Signal zur völligen Auflösung der Herrschaft der Pforte gegeben wird. Wie unendlich Schade ist es, daß Serbien unter diesen Verhältnissen nicht in seiner frühern Kraft da steht! Welch' außerordentliche Vortheile könnte dieses Landes aus der weisen Benützung dieser Verhältnisse ziehen, da seine Nationalcasse wohlgefüllt, die Noth der Pforte dagegen in allen Dingen unbeschreiblich ist. Griechenland. Athen, 12 Jun. Von den beiden gelehrten deutschen Philologen und Alterthumsforschern, die längere Zeit bei uns weilten, Otfried Müller von Göttingen und Karl Göttling von Jena, hat uns der letztere, nach glücklich vollendeter Rundreise in Griechenland, heute wieder verlassen, und seine Rückreise über Italien angetreten, wo derselbe noch einige Zeit für seine Studien zu verweilen gedenkt. Auch manche Griechen sehen den litterarischen Ergebnissen von der wissenschaftlichen Reise der genannten beiden gründlichen Kenner unsers Alterthums mit Verlangen entgegen. Türkei. Von der türkischen Gränze, 17 Jun. Nach den neuesten Briefen aus Konstantinopel vom 10 war der Erzherzog Friedrich, welcher einen neuen Ausflug nach Nikomedien unternommen hatte, wieder nach Konstantinopel zurückgekehrt, traf nun aber Anstalten, diese Hauptstadt binnen kurzem zu verlassen. – In Bosnien sieht es täglich trüber aus: die christliche Bevölkerung, schon lange unter dem willkürlichen Druck der türkischen Bewohner dieser Provinz und der Regierung seufzend, hatte sich – Katholiken und Griechen – vereinigt, und theils durch die ihr mittelst des Hattischerifs von Gülhaneh zugesagten Rechte aufgeregt, theils auch durch ägyptische Emissäre bearbeitet, beschlossen, durch Gewalt der Waffen das so lange mit aller Geduld getragene türkische Joch abzuwerfen. Bereits sollen die Anführer des Aufstandes bestimmt seyn, Waffen und Munition sollen aufgekauft werden, und schon auch an die Christen in den angränzenden türkischen Provinzen Aufrufe ergangen seyn, sich mit den bosnischen Insurgenten zum gemeinschaftlichen Zweck der Emancipirung aus der drückenden Herrschaft der Moslims zu vereinigen. Es scheint sonach, daß, wie auch frühere Anzeichen vermuthen ließen, der Kampf zwischen Türken und Christen in Bosnien zuerst zum blutigen Ausbruch kommen, und damit das Signal zur völligen Auflösung der Herrschaft der Pforte gegeben wird. Wie unendlich Schade ist es, daß Serbien unter diesen Verhältnissen nicht in seiner frühern Kraft da steht! 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Bereits sollen die Anführer des Aufstandes bestimmt seyn, Waffen und Munition sollen aufgekauft werden, und schon auch an die Christen in den angränzenden türkischen Provinzen Aufrufe ergangen seyn, sich mit den bosnischen Insurgenten zum gemeinschaftlichen Zweck der Emancipirung aus der drückenden Herrschaft der Moslims zu vereinigen. Es scheint sonach, daß, wie auch frühere Anzeichen vermuthen ließen, der Kampf zwischen Türken und Christen in Bosnien zuerst zum blutigen Ausbruch kommen, und damit das Signal zur völligen Auflösung der Herrschaft der Pforte gegeben wird. Wie unendlich Schade ist es, daß Serbien unter diesen Verhältnissen nicht in seiner frühern Kraft da steht! Welch' außerordentliche Vortheile könnte dieses Landes aus der weisen Benützung dieser Verhältnisse ziehen, da seine Nationalcasse wohlgefüllt, die Noth der Pforte dagegen in allen Dingen unbeschreiblich ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1440/0008]
Griechenland.
_ Athen, 12 Jun. Von den beiden gelehrten deutschen Philologen und Alterthumsforschern, die längere Zeit bei uns weilten, Otfried Müller von Göttingen und Karl Göttling von Jena, hat uns der letztere, nach glücklich vollendeter Rundreise in Griechenland, heute wieder verlassen, und seine Rückreise über Italien angetreten, wo derselbe noch einige Zeit für seine Studien zu verweilen gedenkt. Auch manche Griechen sehen den litterarischen Ergebnissen von der wissenschaftlichen Reise der genannten beiden gründlichen Kenner unsers Alterthums mit Verlangen entgegen.
Türkei.
_ Von der türkischen Gränze, 17 Jun. Nach den neuesten Briefen aus Konstantinopel vom 10 war der Erzherzog Friedrich, welcher einen neuen Ausflug nach Nikomedien unternommen hatte, wieder nach Konstantinopel zurückgekehrt, traf nun aber Anstalten, diese Hauptstadt binnen kurzem zu verlassen. – In Bosnien sieht es täglich trüber aus: die christliche Bevölkerung, schon lange unter dem willkürlichen Druck der türkischen Bewohner dieser Provinz und der Regierung seufzend, hatte sich – Katholiken und Griechen – vereinigt, und theils durch die ihr mittelst des Hattischerifs von Gülhaneh zugesagten Rechte aufgeregt, theils auch durch ägyptische Emissäre bearbeitet, beschlossen, durch Gewalt der Waffen das so lange mit aller Geduld getragene türkische Joch abzuwerfen. Bereits sollen die Anführer des Aufstandes bestimmt seyn, Waffen und Munition sollen aufgekauft werden, und schon auch an die Christen in den angränzenden türkischen Provinzen Aufrufe ergangen seyn, sich mit den bosnischen Insurgenten zum gemeinschaftlichen Zweck der Emancipirung aus der drückenden Herrschaft der Moslims zu vereinigen. Es scheint sonach, daß, wie auch frühere Anzeichen vermuthen ließen, der Kampf zwischen Türken und Christen in Bosnien zuerst zum blutigen Ausbruch kommen, und damit das Signal zur völligen Auflösung der Herrschaft der Pforte gegeben wird. Wie unendlich Schade ist es, daß Serbien unter diesen Verhältnissen nicht in seiner frühern Kraft da steht! Welch' außerordentliche Vortheile könnte dieses Landes aus der weisen Benützung dieser Verhältnisse ziehen, da seine Nationalcasse wohlgefüllt, die Noth der Pforte dagegen in allen Dingen unbeschreiblich ist.
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