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Allgemeine Zeitung. Nr. 182. Augsburg, 30. Juni 1840.

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Schauspiel besuchen. Die Abreise dürfte dem Vernehmen nach nächsten Dienstag stattfinden. - Gestern, am Stiftungstage unserer Ludwig Maximilians Universität, fand eine feierliche Sitzung derselben statt, welcher der Minister des Innern, Herr v. Abel, beiwohnte. Der zeitliche Rector, geistlicher Rath Dr. Wiedemann, hielt einen Vortrag über die Geschichte der Universität, und machte die Resultate der Lösung der Preisfragen vom vorigen Jahre, so wie die neugestellten bekannt, auch das Programm zur Einweihung des neuen Universitätsgebäudes ward abgelesen. - S. k. H. der Kronprinz reisen morgen früh 3 Uhr ab, zunächst nach Regensburg, wo sie 2-3 Tage verweilen dürften, von da über Nürnberg und Erlangen nach Bamberg; nach einem kurzen Aufenthalt daselbst begeben sich S. k. H. über Würzburg nach Aschaffenburg.

Gestern begegnete ich einem Zuge Auswanderer aus dem Würtembergischen auf dem Wege nach Südrußland, der aus mehr als 50 Köpfen bestand und Greise, Kinder, junge Mädchen und schwangere Weiber unter sich zählte. Der Anblick dieser Menschen, welche trügerische Vorstellungen dem Vaterland entreißen und dem ungewissesten Schicksal entgegen führen, war traurig und niederdrückend. Theils saßen sie schweigend in ihren überdeckten Wägen, die sie wie ihre eigenen Pferde mit sich führten, theils liefen sie mit niedergeschlagenem Blick zerstreut neben her. Das ist nun schon die dritte "Colonne" - so hießen die Auswanderer ihren Zug - welche in diesem Frühjahr bloß aus dem Würtembergischen durch Franken über Hof, Dresden, Breslau, Warschau den Steppen von Südrußland entgegen zieht, sich dort anzusiedeln und die Kräfte des russischen Reichs zu vermehren. Forscht man nach dem Beweggrunde ihrer Auswanderung, so sprechen sie von zu hohen Lasten, welche den Bauernstand allerorts in Deutschland am meisten bedrückten; sodann kramen sie alles das aus, was ihnen von dem Lande der "jungen Hoffnung," wie sie das Ziel ihrer Reise nennen, vorgespiegelt worden. Es ist bemerkenswerth, daß sie den weiten Weg zu Lande auf einem sehr großen Umwege, also auf die kostspieligste und mühseligste Weise zurücklegen, da ihnen doch die Donau zu Gebote steht und sie zu Wasser Odessa weit leichter erreichen würden. Auch die Auswanderer hätten letztern Weg zu wählen gewünscht; allein die betreffende russische Gesandtschaft habe dieß verhindert und auf den ihnen ausgestellten Pässen die Straße über Breslau vorgeschrieben, damit sie österreichisches Gebiet zu berühren nicht nöthig hätten. (?) - Aus Franken, namentlich - so viel mir bekannt geworden - aus Mittel- und Oberfranken, finden ebenfalls noch immer zahlreiche Auswanderungen statt. Diese gehen jedoch, fast ohne Ausnahme, über Bremen nach Nordamerika. Die Leute verkaufen Hab und Gut und abenteuern auf der andern Erdhälfte umher; und die meisten Bauern haben mindestens schon die Frage an sich gestellt, ob sie das Beispiel der ausgezogenen Landsleute nicht befolgen sollen. Die Ursache dieser krankhaften Erscheinung ist nichts weniger als Uebervölkerung. Es gibt hier zu Lande noch beträchtliche culturfähige Strecken, die ganz unbebaut daliegen. In der bevölkertsten Gegend von Deutschland, an der untern Ruhr, Wupper, Sieg und Lippe, finden keine Auswanderungen, eher noch Einwanderungen statt; während im Paderborn'schen, wo die Bevölkerung doch nur spärlich gesäet ist, die Bauern, nachdem sie durch öffentliche und private Lasten ruinirt worden sind, sehr häufig den Wanderstab ergreifen. - Der unglückliche Fall eines Erlanger Studenten aus dem obern Fenster eines Gasthofs in Nürnberg hat zu mannichfachem Gerede Anlaß gegeben, das durchaus ungegründet ist. Die Leiche des jungen Mannes ist von seinen Commilitonen nach Erlangen abgeholt und dort auf das feierlichste beerdigt worden.

Der Kaiser ist vorgestern (Montag) Abends 11 Uhr in der Richtung nach Kassel abgereist. Zur allgemeinen Ueberraschung hatten der Hof und alle Russen heute die Trauer abgelegt, die Damen erschienen in prächtigen weißen Toiletten; man erfährt, es sey zu Ehren des Geburtsfestes der Prinzessin Olga. Alle guten Preußen dagegen sind auch heute vom Kopf bis zu den Füßen in Schwarz gekleidet. Uebrigens ist es, als wenn man hier jenseits des finnischen Golfs wäre - überall Russen.

Die Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst ist denn vorbei. Sie war weder hier, noch in Mainz vom Wetter begünstigt, und erlitt namentlich gestern bei den Volksfestlichkeiten durch den Regen Störungen. Ueberaus glanzvoll war hier der vorgestrige Festzug vom Bibliotheksgebäude nach dem Roßmarkt, wo die Tribune mit dem herrlichen Modellmonument von Launitz stand. Wenn sich aber auch in den Straßen, durch welche der Festzug kam, viele Tausend Zuschauer zusammengedrängt hatten, und jedes Fenster der Häuser mit Köpfen vollgepfropft war, vernahm man doch keinen Jubel; die Masse sah ruhig den schönen Zug vorüberschreiten, und nur hie und da erscholl ein schwaches Vivat, das irgend einer costumirten Handwerkerzunft mit ihren Fahnen und Emblemen galt. Selbst bei dem Hauptfestact auf dem Markte zeigte sich kein Enthusiasmus. Von allen Häusern am Roßmarkt bemerkte man nur eine Wohnung festlich geschmückt, und zwar die eines Buchdruckerprincipals. Doch hatte am vorgestrigen Tage die Stadt ihr Sonntagskleid angezogen, die Läden waren geschlossen und an vielen öffentlichen Orten fanden Festmahle statt, wobei es denn fröhlich und heiter zuging. An dem auf der Mainlust stattgehabten Bankett, welchem auch die beiden regierenden Bürgermeister beiwohnten, nahmen ungefähr 500 Personen Theil. Die Reden und Toasts welche dabei ausgebracht wurden, mußten vorher zur Censur eingereicht werden, doch erhielten einige den lautesten Beifall. Bei diesem Bankett wurde auch auf Anregung des Geh. Hofraths Dr. Stiebel eine Subscription eröffnet, um das meisterhafte Denkmal von Launitz - in den Hauptfiguren Guttenberg, Fust und Schöffer darstellend - in Stein zu erhalten; 5-6000 fl. wurden unterzeichnet. Fremde Festgäste zählten wir wenige, desto mehr hatten sich gestern besonders viele Litteraten in Mainz eingefunden, wo es aber durch Ueberfüllung der Locale und die schlechte Witterung zu keiner Vereinigung kam. Bei der vertraulichen Besprechung, welche gestern Morgen im Guttenbergsaale zwischen Buchhändlern und Buchdruckern stattfinden sollte, wurden auch einige öffentliche Reden gehalten, und Hoch ausgebracht. In diesem Saale fand auch die typographische Ausstellung statt, die, wie wohl sehr ausgezeichnet, nicht so reichhaltig als die Frankfurter war. In der Festrede, welche Dr. Friedrich auf dem Roßmarkte hielt, so wie auch in dem Album unsers Festes mußten, nachdem sie schon censirt und gedruckt waren, Stellen umgedruckt werden, wodurch das Gerede von Confiscation derselben entstand. - Der k. preußische Generallieutenant und Commandant der Bundesfestung Luxemburg, du Moulin, kam gestern hier an.

Aus dem eben veröffentlichten Landtagsabschied heben wir vorerst folgende Schlußstelle aus: "Wenn die getreuen Stände den Wunsch ausgesprochen haben, daß, um das Vertrauen im deutschen Volke zur Bundesversammlung zu erhöhen, die Verhandlungen derselben, wie früher, veröffentlicht, und ein die Stelle der ehemaligen deutschen Reichsgerichte vertretender Bundesstaatsgerichtshof errichtet werden möchte, welcher nach Art. 53 der Wiener Schlußacte

Schauspiel besuchen. Die Abreise dürfte dem Vernehmen nach nächsten Dienstag stattfinden. – Gestern, am Stiftungstage unserer Ludwig Maximilians Universität, fand eine feierliche Sitzung derselben statt, welcher der Minister des Innern, Herr v. Abel, beiwohnte. Der zeitliche Rector, geistlicher Rath Dr. Wiedemann, hielt einen Vortrag über die Geschichte der Universität, und machte die Resultate der Lösung der Preisfragen vom vorigen Jahre, so wie die neugestellten bekannt, auch das Programm zur Einweihung des neuen Universitätsgebäudes ward abgelesen. – S. k. H. der Kronprinz reisen morgen früh 3 Uhr ab, zunächst nach Regensburg, wo sie 2-3 Tage verweilen dürften, von da über Nürnberg und Erlangen nach Bamberg; nach einem kurzen Aufenthalt daselbst begeben sich S. k. H. über Würzburg nach Aschaffenburg.

Gestern begegnete ich einem Zuge Auswanderer aus dem Würtembergischen auf dem Wege nach Südrußland, der aus mehr als 50 Köpfen bestand und Greise, Kinder, junge Mädchen und schwangere Weiber unter sich zählte. Der Anblick dieser Menschen, welche trügerische Vorstellungen dem Vaterland entreißen und dem ungewissesten Schicksal entgegen führen, war traurig und niederdrückend. Theils saßen sie schweigend in ihren überdeckten Wägen, die sie wie ihre eigenen Pferde mit sich führten, theils liefen sie mit niedergeschlagenem Blick zerstreut neben her. Das ist nun schon die dritte „Colonne“ – so hießen die Auswanderer ihren Zug – welche in diesem Frühjahr bloß aus dem Würtembergischen durch Franken über Hof, Dresden, Breslau, Warschau den Steppen von Südrußland entgegen zieht, sich dort anzusiedeln und die Kräfte des russischen Reichs zu vermehren. Forscht man nach dem Beweggrunde ihrer Auswanderung, so sprechen sie von zu hohen Lasten, welche den Bauernstand allerorts in Deutschland am meisten bedrückten; sodann kramen sie alles das aus, was ihnen von dem Lande der „jungen Hoffnung,“ wie sie das Ziel ihrer Reise nennen, vorgespiegelt worden. Es ist bemerkenswerth, daß sie den weiten Weg zu Lande auf einem sehr großen Umwege, also auf die kostspieligste und mühseligste Weise zurücklegen, da ihnen doch die Donau zu Gebote steht und sie zu Wasser Odessa weit leichter erreichen würden. Auch die Auswanderer hätten letztern Weg zu wählen gewünscht; allein die betreffende russische Gesandtschaft habe dieß verhindert und auf den ihnen ausgestellten Pässen die Straße über Breslau vorgeschrieben, damit sie österreichisches Gebiet zu berühren nicht nöthig hätten. (?) – Aus Franken, namentlich – so viel mir bekannt geworden – aus Mittel- und Oberfranken, finden ebenfalls noch immer zahlreiche Auswanderungen statt. Diese gehen jedoch, fast ohne Ausnahme, über Bremen nach Nordamerika. Die Leute verkaufen Hab und Gut und abenteuern auf der andern Erdhälfte umher; und die meisten Bauern haben mindestens schon die Frage an sich gestellt, ob sie das Beispiel der ausgezogenen Landsleute nicht befolgen sollen. Die Ursache dieser krankhaften Erscheinung ist nichts weniger als Uebervölkerung. Es gibt hier zu Lande noch beträchtliche culturfähige Strecken, die ganz unbebaut daliegen. In der bevölkertsten Gegend von Deutschland, an der untern Ruhr, Wupper, Sieg und Lippe, finden keine Auswanderungen, eher noch Einwanderungen statt; während im Paderborn'schen, wo die Bevölkerung doch nur spärlich gesäet ist, die Bauern, nachdem sie durch öffentliche und private Lasten ruinirt worden sind, sehr häufig den Wanderstab ergreifen. – Der unglückliche Fall eines Erlanger Studenten aus dem obern Fenster eines Gasthofs in Nürnberg hat zu mannichfachem Gerede Anlaß gegeben, das durchaus ungegründet ist. Die Leiche des jungen Mannes ist von seinen Commilitonen nach Erlangen abgeholt und dort auf das feierlichste beerdigt worden.

Der Kaiser ist vorgestern (Montag) Abends 11 Uhr in der Richtung nach Kassel abgereist. Zur allgemeinen Ueberraschung hatten der Hof und alle Russen heute die Trauer abgelegt, die Damen erschienen in prächtigen weißen Toiletten; man erfährt, es sey zu Ehren des Geburtsfestes der Prinzessin Olga. Alle guten Preußen dagegen sind auch heute vom Kopf bis zu den Füßen in Schwarz gekleidet. Uebrigens ist es, als wenn man hier jenseits des finnischen Golfs wäre – überall Russen.

Die Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst ist denn vorbei. Sie war weder hier, noch in Mainz vom Wetter begünstigt, und erlitt namentlich gestern bei den Volksfestlichkeiten durch den Regen Störungen. Ueberaus glanzvoll war hier der vorgestrige Festzug vom Bibliotheksgebäude nach dem Roßmarkt, wo die Tribune mit dem herrlichen Modellmonument von Launitz stand. Wenn sich aber auch in den Straßen, durch welche der Festzug kam, viele Tausend Zuschauer zusammengedrängt hatten, und jedes Fenster der Häuser mit Köpfen vollgepfropft war, vernahm man doch keinen Jubel; die Masse sah ruhig den schönen Zug vorüberschreiten, und nur hie und da erscholl ein schwaches Vivat, das irgend einer costumirten Handwerkerzunft mit ihren Fahnen und Emblemen galt. Selbst bei dem Hauptfestact auf dem Markte zeigte sich kein Enthusiasmus. Von allen Häusern am Roßmarkt bemerkte man nur eine Wohnung festlich geschmückt, und zwar die eines Buchdruckerprincipals. Doch hatte am vorgestrigen Tage die Stadt ihr Sonntagskleid angezogen, die Läden waren geschlossen und an vielen öffentlichen Orten fanden Festmahle statt, wobei es denn fröhlich und heiter zuging. An dem auf der Mainlust stattgehabten Bankett, welchem auch die beiden regierenden Bürgermeister beiwohnten, nahmen ungefähr 500 Personen Theil. Die Reden und Toasts welche dabei ausgebracht wurden, mußten vorher zur Censur eingereicht werden, doch erhielten einige den lautesten Beifall. Bei diesem Bankett wurde auch auf Anregung des Geh. Hofraths Dr. Stiebel eine Subscription eröffnet, um das meisterhafte Denkmal von Launitz – in den Hauptfiguren Guttenberg, Fust und Schöffer darstellend – in Stein zu erhalten; 5-6000 fl. wurden unterzeichnet. Fremde Festgäste zählten wir wenige, desto mehr hatten sich gestern besonders viele Litteraten in Mainz eingefunden, wo es aber durch Ueberfüllung der Locale und die schlechte Witterung zu keiner Vereinigung kam. Bei der vertraulichen Besprechung, welche gestern Morgen im Guttenbergsaale zwischen Buchhändlern und Buchdruckern stattfinden sollte, wurden auch einige öffentliche Reden gehalten, und Hoch ausgebracht. In diesem Saale fand auch die typographische Ausstellung statt, die, wie wohl sehr ausgezeichnet, nicht so reichhaltig als die Frankfurter war. In der Festrede, welche Dr. Friedrich auf dem Roßmarkte hielt, so wie auch in dem Album unsers Festes mußten, nachdem sie schon censirt und gedruckt waren, Stellen umgedruckt werden, wodurch das Gerede von Confiscation derselben entstand. – Der k. preußische Generallieutenant und Commandant der Bundesfestung Luxemburg, du Moulin, kam gestern hier an.

Aus dem eben veröffentlichten Landtagsabschied heben wir vorerst folgende Schlußstelle aus: „Wenn die getreuen Stände den Wunsch ausgesprochen haben, daß, um das Vertrauen im deutschen Volke zur Bundesversammlung zu erhöhen, die Verhandlungen derselben, wie früher, veröffentlicht, und ein die Stelle der ehemaligen deutschen Reichsgerichte vertretender Bundesstaatsgerichtshof errichtet werden möchte, welcher nach Art. 53 der Wiener Schlußacte

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[1454/0006] Schauspiel besuchen. Die Abreise dürfte dem Vernehmen nach nächsten Dienstag stattfinden. – Gestern, am Stiftungstage unserer Ludwig Maximilians Universität, fand eine feierliche Sitzung derselben statt, welcher der Minister des Innern, Herr v. Abel, beiwohnte. Der zeitliche Rector, geistlicher Rath Dr. Wiedemann, hielt einen Vortrag über die Geschichte der Universität, und machte die Resultate der Lösung der Preisfragen vom vorigen Jahre, so wie die neugestellten bekannt, auch das Programm zur Einweihung des neuen Universitätsgebäudes ward abgelesen. – S. k. H. der Kronprinz reisen morgen früh 3 Uhr ab, zunächst nach Regensburg, wo sie 2-3 Tage verweilen dürften, von da über Nürnberg und Erlangen nach Bamberg; nach einem kurzen Aufenthalt daselbst begeben sich S. k. H. über Würzburg nach Aschaffenburg. _ Aus Franken, 23 Jun. Gestern begegnete ich einem Zuge Auswanderer aus dem Würtembergischen auf dem Wege nach Südrußland, der aus mehr als 50 Köpfen bestand und Greise, Kinder, junge Mädchen und schwangere Weiber unter sich zählte. Der Anblick dieser Menschen, welche trügerische Vorstellungen dem Vaterland entreißen und dem ungewissesten Schicksal entgegen führen, war traurig und niederdrückend. Theils saßen sie schweigend in ihren überdeckten Wägen, die sie wie ihre eigenen Pferde mit sich führten, theils liefen sie mit niedergeschlagenem Blick zerstreut neben her. Das ist nun schon die dritte „Colonne“ – so hießen die Auswanderer ihren Zug – welche in diesem Frühjahr bloß aus dem Würtembergischen durch Franken über Hof, Dresden, Breslau, Warschau den Steppen von Südrußland entgegen zieht, sich dort anzusiedeln und die Kräfte des russischen Reichs zu vermehren. Forscht man nach dem Beweggrunde ihrer Auswanderung, so sprechen sie von zu hohen Lasten, welche den Bauernstand allerorts in Deutschland am meisten bedrückten; sodann kramen sie alles das aus, was ihnen von dem Lande der „jungen Hoffnung,“ wie sie das Ziel ihrer Reise nennen, vorgespiegelt worden. Es ist bemerkenswerth, daß sie den weiten Weg zu Lande auf einem sehr großen Umwege, also auf die kostspieligste und mühseligste Weise zurücklegen, da ihnen doch die Donau zu Gebote steht und sie zu Wasser Odessa weit leichter erreichen würden. Auch die Auswanderer hätten letztern Weg zu wählen gewünscht; allein die betreffende russische Gesandtschaft habe dieß verhindert und auf den ihnen ausgestellten Pässen die Straße über Breslau vorgeschrieben, damit sie österreichisches Gebiet zu berühren nicht nöthig hätten. (?) – Aus Franken, namentlich – so viel mir bekannt geworden – aus Mittel- und Oberfranken, finden ebenfalls noch immer zahlreiche Auswanderungen statt. Diese gehen jedoch, fast ohne Ausnahme, über Bremen nach Nordamerika. Die Leute verkaufen Hab und Gut und abenteuern auf der andern Erdhälfte umher; und die meisten Bauern haben mindestens schon die Frage an sich gestellt, ob sie das Beispiel der ausgezogenen Landsleute nicht befolgen sollen. Die Ursache dieser krankhaften Erscheinung ist nichts weniger als Uebervölkerung. Es gibt hier zu Lande noch beträchtliche culturfähige Strecken, die ganz unbebaut daliegen. In der bevölkertsten Gegend von Deutschland, an der untern Ruhr, Wupper, Sieg und Lippe, finden keine Auswanderungen, eher noch Einwanderungen statt; während im Paderborn'schen, wo die Bevölkerung doch nur spärlich gesäet ist, die Bauern, nachdem sie durch öffentliche und private Lasten ruinirt worden sind, sehr häufig den Wanderstab ergreifen. – Der unglückliche Fall eines Erlanger Studenten aus dem obern Fenster eines Gasthofs in Nürnberg hat zu mannichfachem Gerede Anlaß gegeben, das durchaus ungegründet ist. Die Leiche des jungen Mannes ist von seinen Commilitonen nach Erlangen abgeholt und dort auf das feierlichste beerdigt worden. _ Ems, 24 Jun. Der Kaiser ist vorgestern (Montag) Abends 11 Uhr in der Richtung nach Kassel abgereist. Zur allgemeinen Ueberraschung hatten der Hof und alle Russen heute die Trauer abgelegt, die Damen erschienen in prächtigen weißen Toiletten; man erfährt, es sey zu Ehren des Geburtsfestes der Prinzessin Olga. Alle guten Preußen dagegen sind auch heute vom Kopf bis zu den Füßen in Schwarz gekleidet. Uebrigens ist es, als wenn man hier jenseits des finnischen Golfs wäre – überall Russen. _ Frankfurt a. M., 26 Jun. Die Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst ist denn vorbei. Sie war weder hier, noch in Mainz vom Wetter begünstigt, und erlitt namentlich gestern bei den Volksfestlichkeiten durch den Regen Störungen. Ueberaus glanzvoll war hier der vorgestrige Festzug vom Bibliotheksgebäude nach dem Roßmarkt, wo die Tribune mit dem herrlichen Modellmonument von Launitz stand. Wenn sich aber auch in den Straßen, durch welche der Festzug kam, viele Tausend Zuschauer zusammengedrängt hatten, und jedes Fenster der Häuser mit Köpfen vollgepfropft war, vernahm man doch keinen Jubel; die Masse sah ruhig den schönen Zug vorüberschreiten, und nur hie und da erscholl ein schwaches Vivat, das irgend einer costumirten Handwerkerzunft mit ihren Fahnen und Emblemen galt. Selbst bei dem Hauptfestact auf dem Markte zeigte sich kein Enthusiasmus. Von allen Häusern am Roßmarkt bemerkte man nur eine Wohnung festlich geschmückt, und zwar die eines Buchdruckerprincipals. Doch hatte am vorgestrigen Tage die Stadt ihr Sonntagskleid angezogen, die Läden waren geschlossen und an vielen öffentlichen Orten fanden Festmahle statt, wobei es denn fröhlich und heiter zuging. An dem auf der Mainlust stattgehabten Bankett, welchem auch die beiden regierenden Bürgermeister beiwohnten, nahmen ungefähr 500 Personen Theil. Die Reden und Toasts welche dabei ausgebracht wurden, mußten vorher zur Censur eingereicht werden, doch erhielten einige den lautesten Beifall. Bei diesem Bankett wurde auch auf Anregung des Geh. Hofraths Dr. Stiebel eine Subscription eröffnet, um das meisterhafte Denkmal von Launitz – in den Hauptfiguren Guttenberg, Fust und Schöffer darstellend – in Stein zu erhalten; 5-6000 fl. wurden unterzeichnet. Fremde Festgäste zählten wir wenige, desto mehr hatten sich gestern besonders viele Litteraten in Mainz eingefunden, wo es aber durch Ueberfüllung der Locale und die schlechte Witterung zu keiner Vereinigung kam. Bei der vertraulichen Besprechung, welche gestern Morgen im Guttenbergsaale zwischen Buchhändlern und Buchdruckern stattfinden sollte, wurden auch einige öffentliche Reden gehalten, und Hoch ausgebracht. In diesem Saale fand auch die typographische Ausstellung statt, die, wie wohl sehr ausgezeichnet, nicht so reichhaltig als die Frankfurter war. In der Festrede, welche Dr. Friedrich auf dem Roßmarkte hielt, so wie auch in dem Album unsers Festes mußten, nachdem sie schon censirt und gedruckt waren, Stellen umgedruckt werden, wodurch das Gerede von Confiscation derselben entstand. – Der k. preußische Generallieutenant und Commandant der Bundesfestung Luxemburg, du Moulin, kam gestern hier an. _ Dresden. Aus dem eben veröffentlichten Landtagsabschied heben wir vorerst folgende Schlußstelle aus: „Wenn die getreuen Stände den Wunsch ausgesprochen haben, daß, um das Vertrauen im deutschen Volke zur Bundesversammlung zu erhöhen, die Verhandlungen derselben, wie früher, veröffentlicht, und ein die Stelle der ehemaligen deutschen Reichsgerichte vertretender Bundesstaatsgerichtshof errichtet werden möchte, welcher nach Art. 53 der Wiener Schlußacte

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 182. Augsburg, 30. Juni 1840, S. 1454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_182_18400630/6>, abgerufen am 21.11.2024.