Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.nicht etwa allein aus dem unleugbar vorhandenen Nothstande Zweites Kapitel. B. Etymologische Ableitung des Wortes "Gauner". Unter Gauner versteht man den Dieb und Betrüger, Zunächst führt man die Schreibung Jauner und Gauner Das Wort Jauner ist jüdisch-deutschen Ursprungs. Schon nicht etwa allein aus dem unleugbar vorhandenen Nothſtande Zweites Kapitel. B. Etymologiſche Ableitung des Wortes „Gauner“. Unter Gauner verſteht man den Dieb und Betrüger, Zunächſt führt man die Schreibung Jauner und Gauner Das Wort Jauner iſt jüdiſch-deutſchen Urſprungs. Schon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0021" n="5"/> nicht etwa allein aus dem unleugbar vorhandenen Nothſtande<lb/> der deutſchen Polizei, ſondern auch aus jener tief in das ſittliche<lb/> und ſocial-politiſche Leben eingreifenden Bedeutſamkeit des Gau-<lb/> nerthums begreifen lerne, daß mit einer ſcharfen Fremden- und<lb/> Paßpolizei und mit dem ſtrengen Gensdarmendienſt auf Land-<lb/> ſtraßen, Bahnhöfen und in Wirthshäuſern nicht das Meiſte und<lb/> Beſte abgethan iſt, um dem Gaunerthum mit Nachdruck entgegen-<lb/> zutreten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#fr">Zweites Kapitel.</hi><lb/> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">B.</hi> Etymologiſche Ableitung des Wortes „Gauner“.</hi> </head><lb/> <p>Unter <hi rendition="#g">Gauner</hi> verſteht man den Dieb und Betrüger,<lb/> welcher den Diebſtahl und Betrug gewerbsmäßig und nach be-<lb/> ſtimmten Kunſtregeln betreibt. Das Wort <hi rendition="#g">Gauner</hi>, welches<lb/> der Gaunerſprache ſelbſt durchaus fremd iſt, wird verſchieden ab-<lb/> geleitet.</p><lb/> <p>Zunächſt führt man die Schreibung <hi rendition="#g">Jauner</hi> und <hi rendition="#g">Gauner</hi><lb/> auf, und entſcheidet ſich für die eine oder die andere als die rich-<lb/> tigere, ohne recht eigentlich weitere Gründe dabei anzugeben.<lb/> Selbſt Schäffer, welcher in ſeinem „Abriß des Jauner- und<lb/> Bettelweſens“ beſtändig die Schreibung <hi rendition="#g">Jauner</hi> hat, erklärt<lb/> nur kurzhin die Schreibung <hi rendition="#g">Gauner</hi> für die <hi rendition="#g">richtigere</hi>, indem<lb/> er es von dem niederſächſiſchen Beiworte <hi rendition="#g">gau</hi> ableitet. Beide<lb/> Schreibungen, <hi rendition="#g">Jauner</hi> und <hi rendition="#g">Gauner</hi>, haben jedoch ihre ſehr<lb/> beſtimmte und unterſchiedliche Ableitung und Bedeutung.</p><lb/> <p>Das Wort <hi rendition="#g">Jauner</hi> iſt jüdiſch-deutſchen Urſprungs. Schon<lb/> ein flüchtiger Blick auf die jüdiſch-deutſche Sprache überzeugt<lb/> von der vorwiegenden Neigung dieſes Jdioms, die urſprünglich<lb/> einfachen Vocale gedehnt und diphthongirt auszuſprechen, und<lb/> von der Leichtigkeit, mit welcher dies bei der Eigenthümlichkeit<lb/> des jüdiſch-deutſchen Vocalismus möglich iſt. So z. B. iſt im<lb/> Jüdiſch-Deutſchen <hi rendition="#g">haulechen (holchen, alchen)</hi>, gehen, vom<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0021]
nicht etwa allein aus dem unleugbar vorhandenen Nothſtande
der deutſchen Polizei, ſondern auch aus jener tief in das ſittliche
und ſocial-politiſche Leben eingreifenden Bedeutſamkeit des Gau-
nerthums begreifen lerne, daß mit einer ſcharfen Fremden- und
Paßpolizei und mit dem ſtrengen Gensdarmendienſt auf Land-
ſtraßen, Bahnhöfen und in Wirthshäuſern nicht das Meiſte und
Beſte abgethan iſt, um dem Gaunerthum mit Nachdruck entgegen-
zutreten.
Zweites Kapitel.
B. Etymologiſche Ableitung des Wortes „Gauner“.
Unter Gauner verſteht man den Dieb und Betrüger,
welcher den Diebſtahl und Betrug gewerbsmäßig und nach be-
ſtimmten Kunſtregeln betreibt. Das Wort Gauner, welches
der Gaunerſprache ſelbſt durchaus fremd iſt, wird verſchieden ab-
geleitet.
Zunächſt führt man die Schreibung Jauner und Gauner
auf, und entſcheidet ſich für die eine oder die andere als die rich-
tigere, ohne recht eigentlich weitere Gründe dabei anzugeben.
Selbſt Schäffer, welcher in ſeinem „Abriß des Jauner- und
Bettelweſens“ beſtändig die Schreibung Jauner hat, erklärt
nur kurzhin die Schreibung Gauner für die richtigere, indem
er es von dem niederſächſiſchen Beiworte gau ableitet. Beide
Schreibungen, Jauner und Gauner, haben jedoch ihre ſehr
beſtimmte und unterſchiedliche Ableitung und Bedeutung.
Das Wort Jauner iſt jüdiſch-deutſchen Urſprungs. Schon
ein flüchtiger Blick auf die jüdiſch-deutſche Sprache überzeugt
von der vorwiegenden Neigung dieſes Jdioms, die urſprünglich
einfachen Vocale gedehnt und diphthongirt auszuſprechen, und
von der Leichtigkeit, mit welcher dies bei der Eigenthümlichkeit
des jüdiſch-deutſchen Vocalismus möglich iſt. So z. B. iſt im
Jüdiſch-Deutſchen haulechen (holchen, alchen), gehen, vom
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