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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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hebräischen halach ([fremdsprachliches Material - fehlt]), er ist gegangen; lau für lo ([fremdsprachliches Material - fehlt]), nicht;
pleite für pleto ([fremdsprachliches Material - fehlt]), Bankrott, Flucht; chaule für chole
([fremdsprachliches Material - fehlt]), krank u. s. w. So ist denn entsprechend Jauner und
Jaunen nichts anderes als das Juner und Junen, welches
sich schon in der ältesten deutschen Urkunde des Gaunerthums,
in dem handschriftlichen Mandat des Raths zu Basel aus dem
15. Jahrhundert, und als Joner und Jonen in den Notabilien
des Liber Vagatorum und im Vocabular der ältesten rothwelschen
Grammatik findet, wo jedoch überall der Juner oder Joner
unter dem beschränkten Begriff von Spieler 1) aufgefaßt ist. Es
ist eine nur durch die mittelalterliche und spätere heillos flache
und schiefe Auffassung des deutschen Zauber- und Gaunerwesens
einigermaßen erklärliche, sprach-geschichtliche und polizei-geschichtliche
Merkwürdigkeit, wie diese beschränkte Auffassung der ältesten deut-
schen Gaunerurkunde so permanent bleiben konnte, während doch
das Jaunen eine so durchaus bestimmte, wenn auch weitgreifende
Praxis hatte, und wie dann aber auch wieder die nach dem
ungeheuern materiellen und sittlichen Ruin des Dreißigjährigen
Kriegs mit Anfang des vorigen Jahrhunderts sich aufraffende
Justiz plötzlich alle räuberische und gaunerische Thätigkeit, ohne
alle Unterscheidung mit dem Ausdruck Jauner bezeichnete, und
diesen Ausdruck vorzüglich mit Hülfe der zahlreich geförderten
Jaunerlisten zum stehenden technischen Terminus machte. Jetzt
wurde nun aber damit zu viel bezeichnet, wie früher die ältesten
Urkunden zu wenig damit angedeutet hatten. Junen oder
Jonen, verwilderte, verkürzte Form von Jedionen 2), welche
Bezeichnung schon sehr früh aus der jüdischen Zaubermystik in
die christliche überging, ist nämlich nur der Jnbegriff der gesamm-

1) Bonav. Vulcanius ("De literis et lingua Getarum sive Gothorum"
Leyden 1597) übersetzt jedoch schon (S. 108) das Jonen mit fallere. Aehn-
lich lautende Wörter führt er (S. 84) in dem "Index vocab. Cantabri-
corum
" an: Jan, comedere; Jauna, dominus; welche jedoch zum Jonen
ebenso wenig in Beziehung stehen wie Gauner zum jüdisch-deutschen Gannew
(hebr. [fremdsprachliches Material - fehlt], ganab, er hat gestohlen), welche Ableitung auch wol versucht ist.
2) Vom hebr. [fremdsprachliches Material - fehlt] (joda), wissen, kennen, erkennen u. s. w. Das Wort

hebräiſchen halach ([fremdsprachliches Material – fehlt]), er iſt gegangen; lau für lo ([fremdsprachliches Material – fehlt]), nicht;
pleite für pleto ([fremdsprachliches Material – fehlt]), Bankrott, Flucht; chaule für chole
([fremdsprachliches Material – fehlt]), krank u. ſ. w. So iſt denn entſprechend Jauner und
Jaunen nichts anderes als das Juner und Junen, welches
ſich ſchon in der älteſten deutſchen Urkunde des Gaunerthums,
in dem handſchriftlichen Mandat des Raths zu Baſel aus dem
15. Jahrhundert, und als Joner und Jonen in den Notabilien
des Liber Vagatorum und im Vocabular der älteſten rothwelſchen
Grammatik findet, wo jedoch überall der Juner oder Joner
unter dem beſchränkten Begriff von Spieler 1) aufgefaßt iſt. Es
iſt eine nur durch die mittelalterliche und ſpätere heillos flache
und ſchiefe Auffaſſung des deutſchen Zauber- und Gaunerweſens
einigermaßen erklärliche, ſprach-geſchichtliche und polizei-geſchichtliche
Merkwürdigkeit, wie dieſe beſchränkte Auffaſſung der älteſten deut-
ſchen Gaunerurkunde ſo permanent bleiben konnte, während doch
das Jaunen eine ſo durchaus beſtimmte, wenn auch weitgreifende
Praxis hatte, und wie dann aber auch wieder die nach dem
ungeheuern materiellen und ſittlichen Ruin des Dreißigjährigen
Kriegs mit Anfang des vorigen Jahrhunderts ſich aufraffende
Juſtiz plötzlich alle räuberiſche und gauneriſche Thätigkeit, ohne
alle Unterſcheidung mit dem Ausdruck Jauner bezeichnete, und
dieſen Ausdruck vorzüglich mit Hülfe der zahlreich geförderten
Jaunerliſten zum ſtehenden techniſchen Terminus machte. Jetzt
wurde nun aber damit zu viel bezeichnet, wie früher die älteſten
Urkunden zu wenig damit angedeutet hatten. Junen oder
Jonen, verwilderte, verkürzte Form von Jedionen 2), welche
Bezeichnung ſchon ſehr früh aus der jüdiſchen Zaubermyſtik in
die chriſtliche überging, iſt nämlich nur der Jnbegriff der geſamm-

1) Bonav. Vulcanius („De literis et lingua Getarum sive Gothorum
Leyden 1597) überſetzt jedoch ſchon (S. 108) das Jonen mit fallere. Aehn-
lich lautende Wörter führt er (S. 84) in dem „Index vocab. Cantabri-
corum
“ an: Jan, comedere; Jauna, dominus; welche jedoch zum Jonen
ebenſo wenig in Beziehung ſtehen wie Gauner zum jüdiſch-deutſchen Gannew
(hebr. [fremdsprachliches Material – fehlt], ganab, er hat geſtohlen), welche Ableitung auch wol verſucht iſt.
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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/22>, abgerufen am 21.11.2024.