Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Für die specifische Gaunerliteratur sind aus dieser Periode
von Wichtigkeit:

Beutelschneider, Oder Newe warhaffte vnd eygentliche Beschreibung
der Diebs Historien, Darinnen der Beutelschneider, Diebe vnd
Rauber Arglistigkeit, Verschlagenheit, Bossen, Rencke, vnd
Tücke, auch was sie für wunderliche seltzame Diebsgriffe,
Practicken, vnd Fündlein erdacht, gebraucht, vnd sonsten für
erschreckliche Mordthaten in Frankreich gestifftet vnd begangen
haben. Jn sonderlichen wahrhafften Historien vor Augen ge-
stellet. Mit sonderbaren nützlichen Observationen, Erinnerungen
vnd Warnungen der gestalt zugerichtet, daß sie menniglichen zu
nothwendiger Warnung, vnd Lehr, auch zur Ergetzlichkeit vnd
Lust zu lesen dienen. Auß dem Frantzösischen in die Hoch-
deutsche Sprache vbersetzt. Franckfurt. Jn Verlegung Johann
Beyers 1641. Drei Theile.

Obwol das Buch nur eine Uebersetzung aus dem Französischen
ist und besonders das verwegene Treiben der Gauner in Frank-
reich, namentlich in Paris, darstellt, so ist es doch für die Kennt-
niß des deutschen Gaunerthums im 16. u. 17. Jahrhundert von
bedeutender Wichtigkeit, da die innige gegenseitige Verbindung
und Beziehung des französischen und deutschen Gaunerthums und
der gemeinsame Ausfluß aus einer und derselben Quelle evident
in der Darstellung der zahlreichen Begebenheiten hervortritt. Diese
Begebenheiten gehen tief in das 16. Jahrhundert zurück, drängen
sich aber besonders seit den Hugenottenkriegen viel zahlreicher zu-
sammen und sind ein erstaunliches Zeugniß von der großen Aus-
bildung der gaunerischen Kunst und Verwegenheit jener Zeit. Man
gewinnt nicht nur ein lebendiges Bild von dem Treiben der ein-
zelnen Gruppen, wie z. B. der Rougets und Grisons, sondern
findet auch ausführlichere Biographien der einzelnen Koryphäen
und eine interessante Darlegung der gaunerschulmäßigen Ausbil-
dung und ihrer Ausbeutung des social-politischen Lebens. Be-
sonders treten die Namen de la Chesnay, la Faverie, la Pointe
und la Fontaine unter den Rougets und Grisons, ferner Carfour,

Für die ſpecifiſche Gaunerliteratur ſind aus dieſer Periode
von Wichtigkeit:

Beutelſchneider, Oder Newe warhaffte vnd eygentliche Beſchreibung
der Diebs Hiſtorien, Darinnen der Beutelſchneider, Diebe vnd
Rauber Argliſtigkeit, Verſchlagenheit, Boſſen, Rencke, vnd
Tücke, auch was ſie für wunderliche ſeltzame Diebsgriffe,
Practicken, vnd Fündlein erdacht, gebraucht, vnd ſonſten für
erſchreckliche Mordthaten in Frankreich geſtifftet vnd begangen
haben. Jn ſonderlichen wahrhafften Hiſtorien vor Augen ge-
ſtellet. Mit ſonderbaren nützlichen Obſervationen, Erinnerungen
vnd Warnungen der geſtalt zugerichtet, daß ſie menniglichen zu
nothwendiger Warnung, vnd Lehr, auch zur Ergetzlichkeit vnd
Luſt zu leſen dienen. Auß dem Frantzöſiſchen in die Hoch-
deutſche Sprache vberſetzt. Franckfurt. Jn Verlegung Johann
Beyers 1641. Drei Theile.

Obwol das Buch nur eine Ueberſetzung aus dem Franzöſiſchen
iſt und beſonders das verwegene Treiben der Gauner in Frank-
reich, namentlich in Paris, darſtellt, ſo iſt es doch für die Kennt-
niß des deutſchen Gaunerthums im 16. u. 17. Jahrhundert von
bedeutender Wichtigkeit, da die innige gegenſeitige Verbindung
und Beziehung des franzöſiſchen und deutſchen Gaunerthums und
der gemeinſame Ausfluß aus einer und derſelben Quelle evident
in der Darſtellung der zahlreichen Begebenheiten hervortritt. Dieſe
Begebenheiten gehen tief in das 16. Jahrhundert zurück, drängen
ſich aber beſonders ſeit den Hugenottenkriegen viel zahlreicher zu-
ſammen und ſind ein erſtaunliches Zeugniß von der großen Aus-
bildung der gauneriſchen Kunſt und Verwegenheit jener Zeit. Man
gewinnt nicht nur ein lebendiges Bild von dem Treiben der ein-
zelnen Gruppen, wie z. B. der Rougets und Griſons, ſondern
findet auch ausführlichere Biographien der einzelnen Koryphäen
und eine intereſſante Darlegung der gaunerſchulmäßigen Ausbil-
dung und ihrer Ausbeutung des ſocial-politiſchen Lebens. Be-
ſonders treten die Namen de la Chesnay, la Faverie, la Pointe
und la Fontaine unter den Rougets und Griſons, ferner Carfour,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0232" n="216"/>
        <p>Für die &#x017F;pecifi&#x017F;che Gaunerliteratur &#x017F;ind aus die&#x017F;er Periode<lb/>
von Wichtigkeit:</p><lb/>
        <list>
          <item>Beutel&#x017F;chneider, Oder Newe warhaffte vnd eygentliche Be&#x017F;chreibung<lb/>
der Diebs Hi&#x017F;torien, Darinnen der Beutel&#x017F;chneider, Diebe vnd<lb/>
Rauber Argli&#x017F;tigkeit, Ver&#x017F;chlagenheit, Bo&#x017F;&#x017F;en, Rencke, vnd<lb/>
Tücke, auch was &#x017F;ie für wunderliche &#x017F;eltzame Diebsgriffe,<lb/>
Practicken, vnd Fündlein erdacht, gebraucht, vnd &#x017F;on&#x017F;ten für<lb/>
er&#x017F;chreckliche Mordthaten in Frankreich ge&#x017F;tifftet vnd begangen<lb/>
haben. Jn &#x017F;onderlichen wahrhafften Hi&#x017F;torien vor Augen ge-<lb/>
&#x017F;tellet. Mit &#x017F;onderbaren nützlichen Ob&#x017F;ervationen, Erinnerungen<lb/>
vnd Warnungen der ge&#x017F;talt zugerichtet, daß &#x017F;ie menniglichen zu<lb/>
nothwendiger Warnung, vnd Lehr, auch zur Ergetzlichkeit vnd<lb/>
Lu&#x017F;t zu le&#x017F;en dienen. Auß dem Frantzö&#x017F;i&#x017F;chen in die Hoch-<lb/>
deut&#x017F;che Sprache vber&#x017F;etzt. Franckfurt. Jn Verlegung Johann<lb/>
Beyers 1641. Drei Theile.</item>
        </list><lb/>
        <p>Obwol das Buch nur eine Ueber&#x017F;etzung aus dem Franzö&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
i&#x017F;t und be&#x017F;onders das verwegene Treiben der Gauner in Frank-<lb/>
reich, namentlich in Paris, dar&#x017F;tellt, &#x017F;o i&#x017F;t es doch für die Kennt-<lb/>
niß des deut&#x017F;chen Gaunerthums im 16. u. 17. Jahrhundert von<lb/>
bedeutender Wichtigkeit, da die innige gegen&#x017F;eitige Verbindung<lb/>
und Beziehung des franzö&#x017F;i&#x017F;chen und deut&#x017F;chen Gaunerthums und<lb/>
der gemein&#x017F;ame Ausfluß aus einer und der&#x017F;elben Quelle evident<lb/>
in der Dar&#x017F;tellung der zahlreichen Begebenheiten hervortritt. Die&#x017F;e<lb/>
Begebenheiten gehen tief in das 16. Jahrhundert zurück, drängen<lb/>
&#x017F;ich aber be&#x017F;onders &#x017F;eit den Hugenottenkriegen viel zahlreicher zu-<lb/>
&#x017F;ammen und &#x017F;ind ein er&#x017F;taunliches Zeugniß von der großen Aus-<lb/>
bildung der gauneri&#x017F;chen Kun&#x017F;t und Verwegenheit jener Zeit. Man<lb/>
gewinnt nicht nur ein lebendiges Bild von dem Treiben der ein-<lb/>
zelnen Gruppen, wie z. B. der Rougets und Gri&#x017F;ons, &#x017F;ondern<lb/>
findet auch ausführlichere Biographien der einzelnen Koryphäen<lb/>
und eine intere&#x017F;&#x017F;ante Darlegung der gauner&#x017F;chulmäßigen Ausbil-<lb/>
dung und ihrer Ausbeutung des &#x017F;ocial-politi&#x017F;chen Lebens. Be-<lb/>
&#x017F;onders treten die Namen de la Chesnay, la Faverie, la Pointe<lb/>
und la Fontaine unter den Rougets und Gri&#x017F;ons, ferner Carfour,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0232] Für die ſpecifiſche Gaunerliteratur ſind aus dieſer Periode von Wichtigkeit: Beutelſchneider, Oder Newe warhaffte vnd eygentliche Beſchreibung der Diebs Hiſtorien, Darinnen der Beutelſchneider, Diebe vnd Rauber Argliſtigkeit, Verſchlagenheit, Boſſen, Rencke, vnd Tücke, auch was ſie für wunderliche ſeltzame Diebsgriffe, Practicken, vnd Fündlein erdacht, gebraucht, vnd ſonſten für erſchreckliche Mordthaten in Frankreich geſtifftet vnd begangen haben. Jn ſonderlichen wahrhafften Hiſtorien vor Augen ge- ſtellet. Mit ſonderbaren nützlichen Obſervationen, Erinnerungen vnd Warnungen der geſtalt zugerichtet, daß ſie menniglichen zu nothwendiger Warnung, vnd Lehr, auch zur Ergetzlichkeit vnd Luſt zu leſen dienen. Auß dem Frantzöſiſchen in die Hoch- deutſche Sprache vberſetzt. Franckfurt. Jn Verlegung Johann Beyers 1641. Drei Theile. Obwol das Buch nur eine Ueberſetzung aus dem Franzöſiſchen iſt und beſonders das verwegene Treiben der Gauner in Frank- reich, namentlich in Paris, darſtellt, ſo iſt es doch für die Kennt- niß des deutſchen Gaunerthums im 16. u. 17. Jahrhundert von bedeutender Wichtigkeit, da die innige gegenſeitige Verbindung und Beziehung des franzöſiſchen und deutſchen Gaunerthums und der gemeinſame Ausfluß aus einer und derſelben Quelle evident in der Darſtellung der zahlreichen Begebenheiten hervortritt. Dieſe Begebenheiten gehen tief in das 16. Jahrhundert zurück, drängen ſich aber beſonders ſeit den Hugenottenkriegen viel zahlreicher zu- ſammen und ſind ein erſtaunliches Zeugniß von der großen Aus- bildung der gauneriſchen Kunſt und Verwegenheit jener Zeit. Man gewinnt nicht nur ein lebendiges Bild von dem Treiben der ein- zelnen Gruppen, wie z. B. der Rougets und Griſons, ſondern findet auch ausführlichere Biographien der einzelnen Koryphäen und eine intereſſante Darlegung der gaunerſchulmäßigen Ausbil- dung und ihrer Ausbeutung des ſocial-politiſchen Lebens. Be- ſonders treten die Namen de la Chesnay, la Faverie, la Pointe und la Fontaine unter den Rougets und Griſons, ferner Carfour,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/232
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/232>, abgerufen am 04.12.2024.